Leitsatz (amtlich)

Richten Eltern durch Vertrag zugunsten ihrer Kinder ein Sparkonto ein, dann sind die darauf geleisteten Einlagen und die Erträge daraus den Kindern zuzurechnen, wenn die Eltern bei Abschluß des Vertrags über die Einrichtung des Sparkontos und bei der Einzahlung der Einlagen den Willen hatten, die Guthabenforderung den Kindern sofort zuzuwenden, und dieser Wille für die Bank erkennbar war.

 

Normenkette

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 4; BGB § 328

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) eröffnete 1965 auf die Namen seiner vier minderjährigen Kinder (geboren 1954, 1955, 1957 und 1960) bei der A-Bank und der B-Bank mit jeweils gleichhohen Einlagen Sparkonten. Die Sparbücher verwahrte der Kläger. Der Beklagte und Revisionskläger (FA) rechnete die Guthabenzinsen (1965 187,70 DM, 1966 569,39 DM) dem Kläger als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu.

Das FG gab der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage statt und führte zur Begründung im wesentlichen aus: Die Anlegung eines Sparbuchs auf den Namen eines anderen könne ein Indiz dafür sein, daß der Begünstigte Gläubiger des Guthabens habe werden sollen. Als weitere Beweisanzeichen für die Gläubigerschaft des Dritten, die in der Regel hinzukommen müßten, kämen in Betracht, daß der Sparkontenanleger und die Bank vereinbart hätten, der Dritte solle Gläubiger des Guthabens sein, daß dem Begünstigten die Anlage des Sparkontos zu seinen Gunsten mitgeteilt und daß ihm das Sparbuch übergeben werde. Im vorliegenden Fall seien die Sparkonten bei der A-Bank ausdrücklich mit Gläubigerrecht der Kinder angelegt worden, wie die Ablichtungen der Kontoeröffnungsanträge und die Zeugenaussage des Leiters der A-Bank ergeben hätten. Nach dem Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung habe er auch bei der Einzahlung der Spareinlagen bei der B-Bank klar zum Ausdruck gebracht, daß seine Kinder Gläubiger der Forderung aus dem Sparvertrag werden sollten. Ferner habe er seine Kinder von der Anlage der Sparkonten und der Tatsache unterrichtet, daß er die Sparbücher verwahre. Dem Antrag des FA, eine Auskunft der B-Bank darüber einzuholen, "wer nach Ihrer Ansicht bei den hier streitigen Sparkonten Gläubiger der Sparforderung gewesen sei", habe das Gericht nicht stattgegeben, weil dieser Beweisantrag auf eine Rechtsauskunft gerichtet gewesen sei. Außerdem sei der Sachverhalt aufgrund des Vortrags des Klägers, der vorgelegten Sparbücher und der Ablichtungen der bei der A-Bank angelegten Kontoblätter sowie der Zeugenaussage des Leiters der A-Bank mit hinreichender Sicherheit geklärt.

Mit der wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision rügt das FA mangelnde Aufklärung des Sachverhalts und Verletzung materiellen Rechts.

Es beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, daß die Kinder des Klägers Gläubiger der Guthabenforderungen aus den vom Kläger im eigenen Namen zugunsten seiner Kinder abgeschlossenen Sparverträgen waren und die von den Banken aufgrund dieser Darlehen geleisteten Zinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG) den Kindern zuzurechnen sind. Nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte kommt es für die Frage, wer bei Abschluß eines Sparvertrages zugunsten eines Dritten Inhaber der Guthabenforderung wird, allein auf den für die Bank erkennbaren Willen dessen an, der den Sparvertrag zugunsten des Dritten mit der Bank abschließt und die Einzahlung leistet (vgl. Urteile des BGH vom 9. Februar 1972 VIII ZR 128/70, Wertpapier-Mitteilungen 1972 S. 383 - WM 1972, 383 -; vom 29. April 1970 VIII ZR 49/69, Lindenmaier-Möhring, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs, § 328 BGB Nr. 42; vom 9. November 1966 VIII ZR 73/64, BGHZ 46, 198; vom 10. Oktober 1966 II ZR 290/63, WM 1966, 1246; vom 22./23. Juni 1965 III ZR 251/63, WM 1965, 897; vom 20. November 1958 VII ZR 4/58, BGHZ 28, 368, und vom 25. Juni 1956 II ZR 270/54, BGHZ 21, 148; vgl. auch Canaris, Neue Juristische Wochenschrift 1973 S. 825). Denn die Bank geht den Sparvertrag in der Regel zu Rechten dessen ein, den ihr Kontrahent für sie erkennbar berechtigen will, weil sie ihre Interessen durch Vereinbarung der eigenen Bankbedingungen wahrt, sie mit befreiender Wirkung grundsätzlich an jeden Inhaber des Sparbuchs das Guthaben zurückzahlen kann (§§ 808, 362 BGB) und das Sparkonto nicht passiv werden kann.

Ob ein derartiger Wille des Klägers bei der Einrichtung der Sparkonten und der Leistung der Einlage für die Banken nach den objektiven Umständen erkennbar war, gehört dem Bereich der Tatsachenwürdigung des FG an (vgl. BGH-Urteil VII ZR 4/58). Das Ergebnis dieser Tatsachenwürdigung, daß im vorliegenden Fall für die Banken der Wille des Klägers erkennbar war, den begünstigten Kindern die Guthabenforderungen schon mit der Einrichtung der Sparkonten zuzuwenden, verstößt weder gegen die Denkgesetze noch gegen allgemeine Erfahrungsgrundsätze. Im Fall der A-Bank hatte der Kläger die Gläubigerschaft der Kinder nicht nur in den Sparbüchern vermerken lassen, sondern durch entsprechende Eintragungen in den Kontoeröffnungsanträgen die begünstigten Kinder ausdrücklich als Gläubiger bezeichnet.

Die Feststellung des FG, daß der Kläger auch gegenüber der B-Bank den Willen geäußert habe, die begünstigten Kinder zu Gläubigern der Guthabenforderungen zu machen, hat das FA mit der Revision nicht angefochten. Seine in diesem Zusammenhang erhobene Rüge betrifft lediglich die Ablehnung des Antrags, die Auskunft der B-Bank darüber einzuholen, wer nach deren Ansicht Gläubiger der Guthabenforderungen gewesen sei. Diese Rüge ist überdies eine Sachrüge, weil es nach der Rechtsauffassung des FG nur darauf ankam, welcher Vertragswille des Klägers für die B-Bank objektiv erkennbar war, nicht darauf, wen die B-Bank tatsächlich für den Guthabengläubiger hielt.

In Fällen der vorliegenden Art hat der Besitz am Sparbuch nicht dasjenige Gewicht, das er nach der herrschenden Meinung in Fällen der Errichtung von Sparkonten auf fremden Namen hat (vgl. Canaris, a. a. O.; Urteil des RFH vom 8. Juli 1942 VI 124/42, RStBl 1942, 933). Denn die Eltern sind zum Besitz der Sparbücher jedenfalls kraft ihrer elterlichen Gewalt berechtigt (§ 1638 BGB). Zwar ist dieser Besitz Fremdbesitz; für die Anwendung des § 808 BGB kommt es jedoch nicht darauf an, ob derjenige, der der Bank das Sparbuch vorlegt, Fremdbesitzer oder Eigenbesitzer ist und wie die Eltern im Verhältnis zueinander den elterlichen Besitz wahrnehmen.

Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger über die Zinsen verfügt habe und damit als wirtschaftlicher Inhaber der Guthabenforderung zu betrachten sei, fehlen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 72189

BStBl II 1977, 205

BFHE 1977, 391

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