Entscheidungsstichwort (Thema)

Aktivierung von Belieferungsrechten aus Abonnentenverträgen - Bewertung sog. Sprungrückstellungen - Kapitalbeteiligung als Sonderbetriebsvermögen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Belieferungsrechte aus Abonnentenverträgen dürfen sowohl handels- als auch steuerrechtlich nur als immaterielle Wirtschaftsgüter aktiviert werden, wenn sie entgeltlich erworben worden sind. Das Entgelt muß sich auf den Vorgang des Erwerbs als solchen beziehen. Es genügt nicht, daß gelegentlich des Erwerbs irgendwelche Aufwendungen entstanden sind.

2. Unbestrittene Rückgriffsansprüche sind bei der Bewertung sog. Sprungrückstellungen risikomindernd gegenzurechnen (Anschluß an das Urteil des X.Senats vom 17. Februar 1993 X R 60/89, BFHE 170, 397, BStBl II 1993, 437).

 

Orientierungssatz

Die Zuordnung einer Kapitalbeteiligung zum Sonderbetriebsvermögen erfordert auch bei einer engen wirtschaftlichen Verflechtung, daß der Mitunternehmer über seine Beteiligung an der Kapitalgesellschaft seinen Willen im Interesse der Personengesellschaft durchsetzen kann.

 

Normenkette

AktG § 152 Abs. 7, § 153 Abs. 3, § 156 Abs. 4; EStG § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 3, Nrn. 2-3, § 15 Abs. 1 Nr. 2; HGB § 246 Abs. 2, § 248 Abs. 2, § 249 Abs. 1 S. 1, § 252 Abs. 1 Nr. 3, § 253 Abs. 1 S. 2

 

Tatbestand

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin zu 1 (Klägerin zu 1) betreibt einen Buch- und Zeitschriftenverlag in der Rechtsform einer KG. Persönlich haftender Gesellschafter ist mit einem Kapitalanteil von 90 v.H. der zur Geschäftsführung und Vertretung berufene Kläger und Revisionskläger zu 2 (Kläger zu 2). Kommanditistin war in den Streitjahren die zwischenzeitlich ausgeschiedene Ehefrau des Komplementärs mit einem Kapitalanteil von 10 v.H., die Klägerin und Revisionsklägerin zu 3 (Klägerin zu 3).

Das Unternehmen der Klägerin zu 1 ist auf dem Gebiet des Zeitschriftenvertriebs (Werbung und Vertrieb von Belieferungsrechten) tätig. Die Klägerin zu 1 läßt hauptsächlich für die X-Vertriebsgesellschaft und die Y-GmbH durch die A Verwaltungs- und Organisations-GmbH (A) Abonnenten werben. Die Gesellschaftsanteile an der A halten der Kläger zu 2 und zwei weitere Gesellschafter. Die A unterhält in mehreren Städten Annahmebüros, über die sie Pressevertriebsagenten anwirbt und zur Werbung von Abonnenten einsetzt.

Die A setzte Werbeleiter ein, denen jeweils zwei bis drei Organisationsleiter unterstanden, die ihrerseits zwei bis drei Kolonnenleiter führten, von denen jeder mehrere Einzelwerber betreute.

Grundlage ihrer Tätigkeiten waren auf jeder Stufe Handelsvertreterverträge mit der A. Die Einzelwerber erhielten für jeden vermittelten Auftrag unter Übergabe der Bestellscheine Provisionen. Die Kolonnenführer, Organisationsleiter und Werbeleiter bezogen darauf eine Superprovision, deren Höhe sich an der Zahl und dem Wert der vermittelten Verträge orientierte. Die Einzelwerber rechneten wöchentlich unmittelbar mit der A ab. Diese führte Provisionskonten und Kautionskonten, auf denen sie eine 20%ige Kaution zur Sicherung evtl. anfallender Springer einbehielt.

Die Klägerin zu 1 hatte am 7.April 1978 mit der A ebenfalls einen Handelsvertreter-Vertrag geschlossen. Die A hatte für den Unternehmer (KG) zu günstigsten Konditionen Abonnements zu vermitteln (§ 2). Sie erhielt --ausschließlich-- eine objektbezogene Provision nach gesonderter Vereinbarung (§ 3), und zwar bei der wöchentlich vorgesehenen Übergabe der Abonnementsaufträge. Anstelle einer Kaution sollten notleidende Aufträge gegen neue aufgerechnet werden.

Die Klägerin zu 1 aktivierte die Belieferungsrechte in den Jahresabschlüssen zum 31.Dezember 1982 und 1983 nicht.

Während die Klägerin zu 1 1981 sämtliche Belieferungsrechte selber nutzte und die Abonnenten mit Zeitschriften belieferte, hat sie derartige Rechte ab 1982 entgeltlich an Dritte zur Verwaltung und Belieferung weitergegeben (X Vertriebsgesellschaft), Z-GmbH & Co. KG (Z).

Die Klägerin zu 1 verpflichtete sich, die Provision für notleidende Belieferungsrechte zu erstatten.

Die Klägerin zu 1 hat für dieses Risiko sog. Sprungrückstellungen gebildet, und zwar auf den 31.Dezember 1982 in Höhe von 820 000 DM und zum 31.Dezember 1983 in Höhe von 415 334 DM. In dieser Höhe rechnete sie mit Rückbelastungen innerhalb von acht Monaten.

Der Kläger zu 2 war ferner an der Z-GmbH mit einer Stammeinlage von 10 000 DM neben zwei weiteren Gesellschaftern zu einem Drittel beteiligt. Die Z-GmbH war persönlich haftende Gesellschafterin der Z, an welcher auch die Klägerin zu 1 als Kommanditistin mit einem Kapitalanteil von 3 000 DM beteiligt war.

Zur Geschäftsführung und Vertretung der Z-GmbH waren sämtliche Gesellschafter berufen.

Die Gesellschafter der Z-GmbH vereinbarten privatschriftlich am 26.November 1982, daß der Kläger zu 2 aus der Gesellschaft ausscheiden und die verbleibenden Gesellschafter seinen Geschäftsanteil zum Nennwert je hälftig übernehmen sollten. Die Gesellschafter legten ferner über die weitere Zusammenarbeit fest (Ziff.4), daß die Abonnementsverträge der Firmen, an denen der Kläger zu 2 zum Zeitpunkt des Abschlusses der vorliegenden Vereinbarung beteiligt war, sowie Verträge von Mitarbeitern und Mitarbeiterfirmen der A und der Klägerin zu 1, welche zur Zeit bei der Z verwaltet würden, mindestens fünf Jahre, gerechnet vom 1.Januar 1983, in der Verwaltung der Z oder deren Rechtsnachfolger verbleiben sollten.

Der Kläger zu 2 schied mit Wirkung zum 1.Januar 1983 gegen eine Abfindung von 210 000 DM auch als Geschäftsführer der Z-GmbH aus.

Am selben Tage verkaufte die Z-GmbH an die Klägerin zu 1 Abonnentenbestände in Höhe von netto 894 240 DM. Mit notariellem Vertrag vom 3.Februar 1983 wurde das Ausscheiden des Klägers zu 2 aus der Z-GmbH zum 1.Januar 1983 und die Zustimmung der A sowie der Gesellschafter beurkundet.

Dem Kläger zu 2 flossen im Jahr 1983 außerdem Beteiligungserträge aus der Z-GmbH in Höhe von 378 125 DM zu.

Im Anschluß an eine Betriebsprüfung aktivierte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) zum 31.Dezember 1982 und zum 31.Dezember 1983 Belieferungsrechte bei der Klägerin zu 1, die er im Schätzungswege mit jeweils 2,94 Mio DM ansetzte. Die Sprungrückstellungen kürzte er um die Rückgriffsansprüche der Klägerin zu 1 gegenüber der A. Im Ergebnis passivierte er die Rückstellung nur in Höhe des Gewinnaufschlags von 4 DM pro Belieferungsrecht, und zwar zum 31.Dezember 1982 mit 20 000 DM und zum 31.Dezember 1983 mit 16 000 DM. Die A war in den Streitjahren ausnahmslos rückbelastet worden.

Außerdem erfaßte das FA die Beteiligung des Klägers zu 2 an der Z-GmbH als dessen Sonderbetriebsvermögen II beim Unternehmen der Klägerin zu 1. Es vertrat die Auffassung, für die Veräußerung der von der Z-GmbH an die Klägerin zu 1 gelieferten Abonnentenrechte wäre von fremden Dritten der doppelte Preis zu erzielen gewesen. In Höhe dieser Differenz von 894 240 DM netto nahm es deshalb im Jahr 1982 einen Veräußerungserlös des Klägers zu 2 für die Abtretung seiner GmbH-Beteiligung an. Für 1983 erfaßte es die Beteiligungserträge in Höhe von 378 125 DM ebenfalls als Sonderbetriebseinnahmen des Klägers zu 2.

Das FA erließ gemäß § 164 Abs.2 der Abgabenordnung (AO 1977) unter dem 5.November 1987 einen entsprechend geänderten Sammelfeststellungsbescheid für die Jahre 1981 bis 1983. Die "namens unserer Mandanten" mit Schreiben vom 27.November 1987 eingelegten Einsprüche hatten nur teilweise Erfolg. Für 1982 stellte das FA den Gewinn auf 660 458 DM (bisher: 875 476 DM) und für 1983 einen Verlust von 450 989 DM (bisher: 224 574 DM) fest. Die Feststellung des Gewinns für 1982 erging hinsichtlich der Höhe des Veräußerungserlöses gemäß § 165 Abs.1 AO 1977 vorläufig.

Mit der Klage wandten sich die Kläger unverändert gegen die Aktivierung der Belieferungsrechte, die Kürzung der Sprungrückstellung und die Erfassung der Beteiligung an der Z-GmbH als Sonderbetriebsvermögen II.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab.

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts (§ 5 Abs.2, § 6 Abs.1 Nr.3, § 5 Abs.1 des Einkommensteuergesetzes --EStG-- i.V.m. § 246 Abs.2 des Handelsgesetzbuches --HGB--; § 15 Abs.1 Satz 1 Nr.2 EStG), hilfsweise formellen Rechts.

Die Belieferungsrechte seien zu Unrecht aktiviert worden.

Die A sei Handelsvertreterin der Klägerin zu 1 gewesen.

Die KG habe an die A für die von ihr als Handelsvertreterin erbrachten Werbeleistungen Provisionen gezahlt. Diese seien als laufende Vertriebskosten nicht aktivierungspflichtig. Es handele sich um keine einmaligen, sondern laufende, regelmäßig wiederkehrende Aufwendungen (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29.Oktober 1969 I R 93/64, BFHE 97, 350, BStBl II 1970, 178, und vom 6.März 1970 III R 20/66, BFHE 99, 50, BStBl II 1970, 489). Das vom FG angezogene BFH-Urteil vom 28.Oktober 1987 II R 224/82 (BFHE 151, 198, BStBl II 1988, 50) betreffe demgegenüber die Frage, ob die Überlassung bereits entstandener Belieferungsrechte zur Nutzung als entgeltlicher Rechtserwerb zu beurteilen sei.

Im übrigen habe die Klägerin in der Klageschrift vom 15.September 1989 konkrete Einwendungen gegen die Höhe der Schätzung vorgebracht. Das FG habe den Sachverhalt insoweit jedoch unzureichend aufgeklärt.

Bei der Bewertung der Sprungrückstellungen dürften die jeweils erst nach den Bilanzstichtagen entstandenen Rückgriffsansprüche gegen die Zulieferer nicht unter Durchbrechung des Saldierungsverbots abgezogen werden. Die Rückgriffsansprüche seien nach den dafür bestehenden Regeln zu aktivieren (§ 246 Abs.2 HGB i.V.m. § 5 Abs.1 Satz 1 EStG).

Zu Unrecht sei die Beteiligung des Klägers zu 2 an der Z-GmbH als Sonderbetriebsvermögen II bei der KG behandelt worden. Die Z-GmbH sei als Komplementärin vorwiegend geschäftsführend für die Z tätig geworden. Die KG habe nicht zur Z-GmbH, sondern zur Z ständige Geschäftsbeziehungen unterhalten. Gemäß Ausschlußklausel habe die A auch nicht zur Z in Konkurrenz treten dürfen. Die Z habe zum 31.Dezember 1983 ca. 90 000 Abonnenten der KG betreut. Unzutreffend sei die Annahme des FG, der Kläger zu 2 habe anläßlich seines Ausscheidens aus der Z-GmbH noch wichtige Verpflichtungen in bezug auf die KG durchsetzen können. Vielmehr habe die Z im eigenen Interesse und auf Wunsch der Erwerber des Geschäftsanteils des Klägers zu 2, die einträglichen Geschäftsbeziehungen mit der KG auf fünf Jahre sichern wollen. Der für die Klägerin zu 1 verwaltete Bestand habe ca. 15 v.H. des Gesamtbestandes der Z ausgemacht. Ein sofortiger Abzug hätte erhebliche wirtschaftliche Probleme mit sich gebracht. Die Z sei im übrigen ein reiner Dienstleistungsbetrieb.

Die Kläger beantragen sinngemäß, unter Aufhebung des Urteils des FG und Abänderung des geänderten Gewinnfeststellungsbescheides vom 5.November 1987 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.Mai 1989 den Gewinn ohne Aktivierung von Belieferungsrechten, unter Passivierung der Sprungrückstellung in der bilanzierten Höhe und ohne Zurechnung der Beteiligung des Klägers zu 2 an der Z-GmbH zum Sonderbetriebsvermögen II bei der Klägerin zu 1 festzustellen, hilfsweise, die Vorentscheidung wegen der Höhe des Wertansatzes für die Belieferungsrechte aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und teilweisen Stattgabe der Klage (§ 126 Abs.3 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Das FG hat zu Recht bei der Bemessung der Sprungrückstellungen die Rückgriffsansprüche der Klägerin zu 1 gegen die A betragsmindernd berücksichtigt. Hingegen dürfen die Belieferungsrechte mangels eines entgeltlichen Erwerbs durch die Klägerin zu 1 nicht aktiviert werden. Ebensowenig liegen hinsichtlich der Beteiligung des Klägers zu 2 an der Z-GmbH die Voraussetzungen für Sonderbetriebsvermögen bei der Klägerin zu 1 vor.

1. Die Klage auch der Kläger zu 2 und 3 ist zulässig (vgl. auch BFH-Urteil vom 28.Februar 1990 I R 156/86, BFHE 160, 123, BStBl II 1990, 696). Sie haben, wie die Klägerin zu 1, erfolglos ein Vorverfahren durchgeführt (§ 44 Abs.1 FGO).

Das FA hat die Einspruchsentscheidung zwar nur gegen die Klägerin zu 1 gerichtet. Der Einspruch ist jedoch eindeutig "namens und im Auftrag unserer Mandanten" eingelegt worden (vgl. Einspruchsschreiben vom 27.November 1987).

Der BFH hat hinsichtlich der Sachurteilsvoraussetzungen (hier des erfolglos durchgeführten Vorverfahrens) ggf. eigene Tatsachenfeststellungen zu treffen (BFH-Urteil vom 24.September 1985 IX R 47/83, BFHE 145, 299, BStBl II 1986, 268) und kann auch den bereits vom FG gewürdigten Tatsachenstoff eigenständig würdigen.

Die Einspruchsentscheidung ist danach mit der Maßgabe zu berichtigen, daß sie sich gegen sämtliche Kläger als Rechtsbehelfsführer richtet (vgl. dazu auch Urteil vom 23.Oktober 1990 VIII R 142/85, BFHE 162, 99, BStBl II 1991, 401, 403).

2. a) Die Belieferungsrechte aus Abonnentenverträgen stellen handels- und steuerrechtlich immaterielle Wirtschaftsgüter dar (vgl. zum immateriellen Wirtschaftsgut BFH-Urteile vom 10.August 1989 X R 176-177/87, BFHE 158, 53, BStBl II 1990, 15; vom 18.Januar 1989 X R 10/86, BFHE 156, 110, BStBl II 1989, 549, 550; zum Belieferungsrecht BFH-Urteile vom 14.März 1979 I R 37/75, BFHE 127, 386, BStBl II 1979, 470, 472; vom 26.Februar 1975 I R 72/73, BFHE 115, 243, BStBl II 1976, 13; vom 5.August 1970 I R 180/66, BFHE 100, 89, BStBl II 1970, 804, 805; Urteil des Reichsfinanzhofs --RFH-- vom 12.Februar 1941 VI 303/40, RStBl 1941, 499). Hierzu gehören neben Gegenständen im Sinne des bürgerlichen Rechts alle vermögenswerten Vorteile des Betriebes, einschließlich tatsächlicher Zustände und konkreter Möglichkeiten, sofern ihnen im Geschäftsverkehr ein selbständiger Wert beigelegt wird und sie --allein oder mit dem Betrieb-- verkehrsfähig sind (BFH-Urteil vom 26.August 1992 I R 24/91, BFHE 169, 163, BStBl II 1992, 977 m.w.N.).

b) Der Senat braucht die Merkmale der Belieferungsrechte als immaterielle Wirtschaftsgüter nicht im einzelnen zu prüfen; denn eine Aktivierung von Belieferungsrechten kommt jedenfalls mangels entgeltlichen Erwerbs durch die Klägerin zu 1 nicht in Betracht.

aa) In den Streitjahren durften immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens nur aktiviert werden, wenn sie entgeltlich erworben worden waren (vgl. § 153 Abs.3 des Aktiengesetzes 1965 --AktG--, jetzt § 248 Abs.2 HGB, § 5 Abs.2 EStG). § 153 Abs.3 AktG galt als Grundsatz ordnungsmäßiger Bilanzierung auch für die Klägerin zu 1. § 5 Abs.2 EStG hat die Maßgeblichkeit dieses Grundsatzes ordnungsmäßiger Buchführung für die Steuerbilanz bestätigt (BFH-Urteil in BFHE 115, 243, BStBl II 1976, 13).

bb) Die Belieferungsrechte sollten dem Betrieb der Klägerin zu 1 auf Dauer dienen. Sie stellen danach Vermögensgegenstände und Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens dar (vgl. § 247 Abs.2 HGB; BFH-Urteil vom 1.Juni 1989 IV R 64/88, BFHE 157, 185, BStBl II 1989, 830).

cc) Indessen fehlt es an einem entgeltlichen Erwerb der Belieferungsrechte durch die Klägerin zu 1.

Nach § 5 Abs.2 EStG darf ein immaterielles Wirtschaftsgut in der Steuerbilanz nur aktiviert werden, wenn es entgeltlich erworben worden ist. Das Entgelt muß sich auf den Vorgang des abgeleiteten Erwerbs des immateriellen Wirtschaftsguts als solchen beziehen und nach den Vorstellungen beider Vertragsteile die Gegenleistung für die erlangten Vorteile darstellen.

Da die Bestimmung des Wertes immaterieller Wirtschaftsgüter unsicher ist, kann auf eine objektiv feststellbare Gegenleistung in Gestalt effektiver Anschaffungskosten, durch welche der Wert am Markt bestätigt wird, nicht verzichtet werden. § 5 Abs.2 EStG will ebenso wie § 153 Abs.3 AktG (jetzt § 248 Abs.2 HGB) verhindern, daß Aufwendungen für selbst hergestellte immaterielle Wirtschaftsgüter als Anlagevermögen ausgewiesen werden (BFH-Urteile in BFHE 169, 163, BStBl II 1992, 977, 981, und vom 20.August 1986 I R 150/82, BFHE 149, 25, BStBl II 1987, 455, 457). Das --ggf. auch erst durch die Vereinbarung mit dem Vertragspartner begründete-- immaterielle Wirtschaftsgut (vgl. BFHE 169, 163, BStBl II 1992, 977 m.w.N.) muß Gegenstand eines gegenseitigen Vertrages sein, bei dem Leistung und Gegenleistung nach kaufmännischen Gesichtspunkten gegeneinander abgewogen werden und bei dem die Leistung der einen Vertragspartei in der Übertragung des Wirtschaftsgutes besteht (vgl. BFH- Urteile vom 12.August 1982 IV R 184/79, BFHE 136, 280, BStBl II 1982, 696, 699; BFHE 115, 243, BStBl II 1976, 13, 14). Für die Zuordnung von Aufwendungen zu den Anschaffungskosten ist insbesondere der mit ihnen verfolgte Zweck maßgebend (BFH-Urteile vom 10.Dezember 1992 XI R 45/88, BFHE 170, 487, BStBl II 1993, 538 zu Konzeptionskosten; vom 13.Oktober 1983 IV R 160/78, BFHE 139, 273, BStBl II 1984, 101; Urteil des erkennenden Senats vom 23.Juni 1981 VIII R 43/79, BFHE 134, 255, BStBl II 1982, 56, 58 m.w.N.). Danach genügt es nicht, daß gelegentlich des Erwerbs des immateriellen Wirtschaftsguts irgendwelche Aufwendungen entstanden sind. Vielmehr muß sich das Entgelt auf den Vorgang des abgeleiteten Erwerbs des immateriellen Wirtschaftsguts als solchen beziehen (BFH-Urteil vom 13.Dezember 1984 VIII R 249/80, BFHE 143, 50, BStBl II 1985, 289).

dd) Die Klägerin zu 1 hat die sog. Belieferungsscheine in Vollzug des mit der A geschlossenen Handelsvertretervertrages vom 7.April 1978 erhalten. Handelsvertreterin kann auch eine juristische Person sein (Baumbach/Duden/Hopt, Handelsgesetzbuch, 28.Aufl., § 84 Anm.1 D). Auch die Untervertreter in der Werbekette sind Handelsvertreter (vgl. § 84 Abs.3 HGB), und zwar im Verhältnis zum Hauptvertreter (vgl. Baumbach/Duden/ Hopt, a.a.O., § 84 Anm.4 C; Sonnenschein in Heymann, Handelsgesetzbuch, § 84 Rz.20). Der Handelsvertretervertrag ist ein Dienstvertrag über eine Geschäftsbesorgung, die entweder die Vermittlung oder den Abschluß von Geschäften zum Gegenstand hat (vgl. § 86 Abs.1 HGB). Gemäß § 667 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ist der Handelsvertreter verpflichtet, dem Unternehmer alles, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben. Der Handelsvertreter hat seinerseits Anspruch auf Provision für alle während des Vertragsverhältnisses abgeschlossenen Geschäfte, die auf seine Tätigkeit zurückzuführen sind. Es handelt sich um eine nach dem Umfang vergütungspflichtiger Einzelgeschäfte bemessene Zahlung als Dienstentgelt (vgl. Baumbach/Duden/Hopt, a.a.O., § 87 Anm.1 B).

Nichts anderes haben die Parteien im Streitfall vertraglich festgelegt. Gemäß § 2 des Handelsvertretervertrages hatte die A für die Klägerin zu 1 zu günstigsten Konditionen Abonnements zu vermitteln und erhielt dafür eine objektbezogene Provision aufgrund einer gesonderten Vereinbarung bezüglich des Preises (§ 3). Soweit der Vertrag in § 1 Abs.1 bestimmt, daß der Unternehmer vom Handelsvertreter neu geworbene Zeitschriften-Abonnenten-Aufträge "kauft", kann der Verwendung dieses Begriffes nach dem gesamten Inhalt des Vertrages (§§ 133, 157 BGB) nicht die Bedeutung zukommen, daß sich die A i.S. von § 433 Abs.1 BGB verpflichtet, bei ihr entstandene Lieferrechte gegen einen Kaufpreis (vgl. § 433 Abs.2 BGB) zu übertragen. Die A sollte eindeutig als Handelsvertreterin nur Geschäfte vermitteln, und zwar gegen Provision.

Die Behandlung von Provisionsaufwendungen als Entgelt würde auch dem steuerrechtlichen Zweck des Aktivierungsverbotes nach § 5 Abs.2 EStG widersprechen. Danach müssen Erwerb und Entgelt im Verhältnis von Leistung und Gegenleistung stehen und der Wert des immateriellen Wirtschaftsgutes muß durch das entgeltliche Erwerbsgeschäft seine objektivierte Bestätigung am Markt gefunden haben. Die Provision als Tätigkeitsvergütung erfüllt diese Ansprüche nicht (vgl. auch BFH-Urteile vom 26.Februar 1975 I R 32/73, BFHE 115, 238, BStBl II 1975, 443, 445; in BFHE 100, 89, BStBl II 1970, 804, 805; vom 29.Oktober 1969 I 93/64, BFHE 97, 350, BStBl II 1970, 178 m.w.N.; vom 6.März 1970 III R 20/66, BFHE 99, 50, BStBl II 1970, 489), weil Vermittlungsprovisionen keine einmaligen, sondern laufende, regelmäßig wiederkehrende Aufwendungen darstellten.

Danach handelt es sich bei den im Rahmen der wöchentlichen Übergabe von Abonnementsaufträgen fälligen Provisionen um sofort abzugsfähige Betriebsausgaben.

3. Zu Recht hat das FG bei der Bemessung der Sprungrückstellung die Möglichkeit des Rückgriffs betragsmindernd berücksichtigt.

a) Die Klägerin zu 1 hat für alle vor dem jeweiligen Bilanzstichtag vermittelten und mit Provisionen vergüteten, jedoch erst danach durchgeführten Abonnements-Belieferungsrechte Sprungrückstellungen für notleidend werdende Verträge gebildet. Derartige Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten sind gemäß § 5 Abs.1 EStG i.V.m. § 249 Abs.1 Satz 1 HGB (in den Streitjahren § 152 Abs.7 AktG) zu bilden, weil die Erstattungspflicht hinsichtlich einzelner Provisionen der Höhe nach ungewiß, die Inanspruchnahme der Klägerin zu 1 hingegen nach den Feststellungen des FG wahrscheinlich war (vgl. BFH-Urteil vom 30.Juni 1983 IV R 41/81, BFHE 140, 30, BStBl II 1984, 263).

Die Klägerin zu 1 ist jeweils von den Erwerbern der Belieferungsrechte auch rückbelastet worden.

b) Der X.Senat hat nach Zulassung der Revision durch den erkennenden Senat mit Urteil vom 17.Februar 1993 X R 60/89 (BFHE 170, 397, BStBl II 1993, 437) entschieden, daß am Bilanzstichtag bestehende unbestrittene Rückgriffsansprüche entweder zu aktivieren seien, anderenfalls solche Regreßansprüche bei der Rückstellungsbildung als rückstellungsbegrenzende Merkmale nach Wahrscheinlichkeitsgesichtspunkten zu berücksichtigen seien und eine solche Verrechnung weder gegen den Einzelbewertungsgrundsatz (§ 252 Abs.1 Nr.3 HGB), noch gegen das Saldierungsverbot (§ 246 Abs.2 HGB), noch gegen den Teilwertgedanken (§ 6 Abs.1 Nr.1 Satz 3 EStG) verstoße.

Handelsrechtlich sind Rückstellungen nur in Höhe des Betrages anzusetzen, der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig ist (§ 253 Abs.1 Satz 2 HGB; zuvor § 156 Abs.4 AktG). Auch steuerrechtlich darf darüber nicht hinausgegangen werden (§ 6 Abs.1 Nr.3, Nr.2 EStG --Ansatz des Erfüllungsbetrages--; BFH-Urteil vom 12.Dezember 1990 I R 153/86, BFHE 163, 146, BStBl II 1991, 479).

Der X.Senat (a.a.O.) sieht es als geboten an, auch die risikomindernden Umstände bei wirtschaftlich noch nicht entstandenen Rückgriffsansprüchen bei der Bewertung der Rückstellung kompensierend zu berücksichtigen, soweit sie

- in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der drohenden Inanspruchnahme stehen,

- sie in rechtlich verbindlicher Weise der Entstehung oder Erfüllung der Verbindlichkeit zwangsläufig nachfolgen und

- vollwertig sind, weil sie vom Rückgriffsschuldner nicht bestritten werden und dessen Bonität nicht zweifelhaft ist.

Der erkennende Senat schließt sich dieser neueren Rechtsprechung des X.Senats an.

c) Daraus folgt, daß die Rückgriffsansprüche der Klägerin zu 1 gegen die A grundsätzlich bei der Bewertung der Sprungrückstellung risikomindernd gegengerechnet werden dürfen.

Die Klägerin zu 1 hat ausschließlich Abonnementsverträge berücksichtigt, die erst nach dem jeweiligen Bilanzstichtag durchgeführt worden sind. Die Rückgriffsansprüche gegen die A waren zu diesem Zeitpunkt wirtschaftlich noch nicht entstanden, konnten also auch noch nicht aktiviert werden. Es besteht auch ein unmittelbarer Zusammenhang dieser Ansprüche mit den gegen die Klägerin zu 1 gerichteten Rückgriffsforderungen. Die A ist im streitigen Feststellungszeitraum ausnahmslos rückbelastet worden, ohne daß sie die Berechtigung bestritten hätte oder ihre Bonität zu Zweifeln Anlaß gegeben hätte.

Gegen die Höhe der Rückstellungen im übrigen sind keine Einwendungen erhoben worden.

4. Entgegen der Auffassung des FG kann die Beteiligung des Klägers zu 2 an der Z-GmbH nicht als dessen Sonderbetriebsvermögen bei der Klägerin zu 1 angesetzt werden.

a) Zum Betriebsvermögen (§§ 4 Abs.1, 5 EStG) einer gewerblich tätigen Mitunternehmerschaft gehören nicht nur die im Gesamthandseigentum der Personengesellschaft stehenden Wirtschaftsgüter. Nach ständiger Rechtsprechung zählen hierzu notwendig auch Wirtschaftsgüter, die einem Mitunternehmer gehören, jedoch kraft ihrer Funktion dem Betrieb der Personengesellschaft (Sonderbetriebsvermögen I) oder der Beteiligung des Mitunternehmers (Sonderbetriebsvermögen II) dienen (§ 15 Abs.1 Nr.2 EStG; BFH-Urteile vom 23.Januar 1992 XI R 36/88, BFHE 167, 491, BStBl II 1992, 721 m.w.N.; vom 19.Februar 1991 VIII R 65/89, BFHE 164, 315, BStBl II 1991, 789). Als Wirtschaftsgut im Sonderbetriebsvermögen kommt auch die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft in Betracht. Dies ist für den Mitunternehmer einer GmbH & Co. KG hinsichtlich der Anteile des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH bejaht worden. Der Kommanditist muß aufgrund seiner Stellung als Anteilseigner der geschäftsführenden GmbH die Möglichkeit haben, über diese Beteiligung auf die Geschäftsführung der KG einen besonderen Einfluß auszuüben und diese letztlich mitzubestimmen (BFH-Urteil vom 31.Oktober 1989 VIII R 374/83, BFHE 159, 434, BStBl II 1990, 677). Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn die Komplementär-GmbH neben ihrer Geschäftsführertätigkeit für die KG noch eine eigenständige Tätigkeit von nicht ganz untergeordneter Bedeutung ausübt (BFH- Urteile vom 11.Dezember 1990 VIII R 14/87, BFHE 164, 20, BStBl II 1991, 510; vom 12.November 1985 VIII R 286/81, BFHE 145, 62, BStBl II 1986, 55).

Die Eigenschaft einer Beteiligung an einer --anderen-- Kapitalgesellschaft kann sich auch aus der Art der Geschäftsbeziehungen zwischen dieser und der Personengesellschaft ergeben (Urteil des erkennenden Senats vom 7.Juli 1992 VIII R 2/87, BFHE 168, 322 m.w.N., BStBl II 1993, 328).

Kennzeichnend für diese Gestaltung ist eine besonders enge wirtschaftliche Verflechtung der Art, daß die eine Gesellschaft eine wesentliche wirtschaftliche Funktion der anderen erfüllt. Die Unterhaltung von Geschäftsbeziehungen, wie sie üblicherweise auch mit anderen Unternehmen besteht, reicht deshalb grundsätzlich nicht aus, selbst wenn diese Geschäftsbeziehungen besonders intensiv sind (vgl. Urteile in BFHE 168, 322 m.w.N., BStBl II 1993, 328 und Anmerkung o.V. in Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1992, 686; ferner vom 24.Juli 1990 VIII R 226/84, BFH/NV 1991, 588).

Auch bei einer engen wirtschaftlichen Verflechtung erfordert die Zuordnung der Kapitalbeteiligung zum Sonderbetriebsvermögen, daß der Mitunternehmer über seine Beteiligung an der Kapitalgesellschaft seinen Willen im Interesse der Personengesellschaft durchsetzen kann (BFHE 167, 491, BStBl II 1992, 721 unter II. 3. c m.w.N.).

b) Im Streitfall sind indessen keine Umstände ersichtlich, die die Annahme einer nach der ständigen Rechtsprechung notwendigen engen wirtschaftlichen Verflechtung zwischen der Z und der Klägerin zu 1 rechtfertigen könnten. Vor allem aber fehlt der beherrschende Einfluß des Klägers zu 2 auf die Z. Dieser war nur an der persönlich haftenden Z-GmbH beteiligt und an dieser wiederum nur zu 33 1/3 v.H. --neben zwei weiteren fremden Gesellschaftern-- am Stammkapital (vgl. auch § 47 Abs.1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung).

5. Danach waren auf die begründete Revision das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Gewinnfeststellungsbescheide vom 5.November 1987 für 1982 und 1983 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.Mai 1989 abzuändern. Dem FA wird gemäß § 100 Abs.2 Satz 2 FGO aufgegeben, den Gewinn aus Gewerbebetrieb 1982 und 1983 unter Berücksichtigung der Ausführungen zu Ziff.II. 2-4 anderweitig festzustellen und nach dem nicht streitigen Gewinnverteilungsschlüssel zu verteilen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 64739

BStBl II 1994, 444

BFHE 174, 31

BFHE 1995, 31

BB 1994, 1046

BB 1994, 1046-1047 (LT)

DB 1994, 1061-1063 (LT)

DStR 1994, 746-747 (KT)

HFR 1994, 461-462 (LT)

StE 1994, 294 (K)

WPg 1994, 540-541 (LT)

StRK, ImmWG R.34 (LT)

Information StW 1994, 572 (KT)

NJW 1994, 2976

NJW 1994, 2976 (L)

KFR, 6/94, S 333-334 (H 12/1994) (LT)

BuW 1994, 419 (K)

BBK, Fach 17 1559-1562 (14/1994) (KT)

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