Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Gewerbesteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Fragen, ob dem Eigentümer eines Hauses, in dem Zimmer an Dirnen vermietet werden, die Vergünstigung des § 7 b EStG (erhöhte Absetzung für Wohngebäude) gewährt werden kann und unter welchen Voraussetzungen in den Fällen dieser Art die Zimmervermietung eine gewerbliche Tätigkeit darstellt.

 

Normenkette

EStG § 7b/1; GewStG § 2 Abs. 1

 

Tatbestand

Der Bf. baute in den Jahren 1950 bis 1953 in A. die von ihm erworbenen Gebäude B-Straße 1 und 2 wieder auf. Die Gebäude liegen in einer Straße, die durch eiserne Tore mit Fußgängerschleusen von der übrigen Stadt abgesondert ist und in der hauptsächlich Dirnen wohnen. Auch die Gebäude des Bf. werden durch zimmerweise Vermietung an Dirnen genutzt. Die Zimmer hat der Bf. mit dem erforderlichen Inventar ausgestattet.

Streitig ist,

ob es sich bei den beiden Gebäuden um Wohngebäude im Sinne des § 7 b EStG handelt und deshalb die erhöhten Absetzungen für Abnutzungen nach dieser Vorschrift beansprucht werden können,

ob es sich, soweit die beiden Häuser in Betracht kommen, um Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) oder um Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) handelt.

Das Finanzamt veranlagte den Bf. für die Jahre 1950 bis 1953 zunächst im wesentlichen seiner Erklärung gemäß zur Einkommensteuer. Es gewährte dem Bf. für die Jahre 1951 bis 1953 die beantragte Steuervergünstigung. Auf Grund einer im November 1956 durchgeführten Betriebsprüfung berichtigte das Finanzamt am 27. Juni 1957 die vor dem 20. Februar 1957 rechtskräftig gewordenen Einkommensteuerbescheide. Hierbei versagte es unter anderem die bisher gewährte Steuervergünstigung nach § 7 b EStG. Es ließ auf die Gebäude nur eine jährliche Abschreibung für Abnutzung von 1,5 v. H. der Herstellungskosten zu. In derselben Weise ist das Finanzamt bei den erstmaligen Einkommensteuerveranlagungen 1954 und 1955 verfahren. Es ging hierbei davon aus, daß der Bau von Häusern zur Zimmervermietung kein Wohnungsbau im Sinne des § 7 b EStG sei.

Auf den Einspruch des Bf. versagte der Steuerausschuß dem Bf. ebenfalls die Steuervergünstigung des § 7 b EStG.

Mit der Berufung machte der Bf. unter anderem geltend, er unterhalte weder ein Bordell noch einen bordellartigen Betrieb, auch sorge er in den Häusern nicht für Ruhe und Ordnung. Er übe in ihnen auch keine Verkaufstätigkeit aus. Er beschränke sich vielmehr darauf, den Dirnen die gemieteten Räume zu Wohnzwecken zu überlassen. Darüber hinaus gewähre er keinerlei Leistungen. Seine verwaltende Tätigkeit sei gering. Er lasse sie, wie das in jedem größeren Miethaus üblich sei, jeweils durch eine Hausmeisterin gegen überlassung einer mietfreien Wohnung ausüben.

Das Finanzgericht kam nach eingehender Vernehmung der in den beiden hier in Betracht kommenden Häusern tätigen Verwalterinnen zu dem Ergebnis, daß im Streitfall besondere Umstände gegeben seien, die die Nutzbarmachung der Grundstücke zu einer gewerblichen Tätigkeit machten. Das Finanzamt habe demgemäß dem Bf. die Steuervergünstigung des § 7 b EStG zu Recht versagt.

Mit der Rb. rügt der Bf. Nichtanwendung bzw. unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts sowie einen Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten. Unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens macht er unter anderem geltend, er müsse die Auffassung des Finanzgerichts zurückweisen, daß er mit Hilfe seiner beiden Hausverwalterinnen, wenn auch nicht im strafrechtlichen, so doch im steuerrechtlichen Sinne einen bordellartigen Betrieb aufgezogen habe und daß er kommerziell an den Einnahmen eines derartigen Betriebes beteiligt sei. Nach seiner Ansicht liege keine Beteiligung am allgemeinen Wirtschaftsleben vor, wenn er möblierte Einzelzimmer an unter Sittenkontrolle stehende Mädchen zu einem Mietpreis in fester Höhe vermiete.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist nicht begründet.

Zutreffend hat das Finanzgericht auf das Urteil des Obersten Finanzgerichtshofs IV 61/49 vom 25. November 1949 (Steuer und Wirtschaft 1950 Nr. 28) hingewiesen. Nach dem Urteil des Obersten Finanzgerichtshofs ist die Nutzbarmachung eines Grundstücks durch Vermietung in der Regel zwar kein Gewerbe. Treten aber besondere Umstände hinzu, die die Tätigkeit zu einer solchen gewerblicher Art machen, so ist nach dem Urteil, dem der erkennende Senat bereits in einem nicht veröffentlichten Urteil beigetreten ist, das Vorliegen eines Gewerbebetriebs zu bejahen. Die Entscheidung des Obersten Finanzgerichtshofs weist mit Recht darauf hin, daß es die Verhältnisse in einem Hause der hier in Betracht kommenden Art mit sich bringen, daß der Vermieter sich nicht darauf beschränken kann, lediglich eine verwaltende Tätigkeit auszuüben, daß vielmehr seine Aufgabe darin besteht, für Ruhe und Ordnung zu sorgen innerhalb eines Kreises, dessen Gepflogenheiten von denen einer bürgerlichen Lebensführung wesentlich abweichen. Eine solche Tätigkeit - auf diese kommt es bei der Beurteilung entscheidend an - hat auch der Bf. entfaltet, indem er zwei Hausverwalterinnen, die in den beiden Häusern wohnen, eingesetzt hat, die für Ruhe und Ordnung, unter anderem auch für die Einhaltung der sittenpolizeilichen Vorschriften, sorgen. Die Hausverwalterinnen ziehen von den Dirnen die Zimmermieten täglich ein, die 6 bis 7 DM täglich betragen. Diese Zimmermiete erhöht sich um einen Zuschlag von insgesamt 2 bis 3 DM für Heizung und Beleuchtung. Hinzu kommt, daß nach den Feststellungen des Finanzgerichts die Hausverwalterinnen den Dirnen Flaschenbier und alkoholfreie Getränke verkauft haben. Die eine Hausverwalterin hatte darüber hinaus an die Dirnen von vornherein auch Gummiwaren abgegeben. Die zweite Hausverwalterin tut das nach den Feststellungen des Finanzgerichts neuerdings ebenfalls. Bei dieser Sachlage handelt es sich im Streitfall nicht um die überlassung von Räumen im üblichen Sinne. Vielmehr ähnelt die Art der Beherbergung mehr dem Betrieb eines Hotels oder einer Fremdenpension. An dieser Beurteilung vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß einzelne Dirnen ihre Zimmer für längere Zeiträume innehaben. Auch insoweit steht im Vordergrund die kommerzielle Ausnutzung der einzelnen Räume mit besonderer Richtung auf die Ausübung der gewerbsmäßigen Unzucht. Die Vermietertätigkeit des Bf. ist somit als gewerbliche Tätigkeit anzusehen. Der Senat hat deshalb auch in der Rechtsbeschwerdesache des Bf. betreffend die Gewerbesteuer die Gewerbesteuerpflicht hinsichtlich der Zimmervermietung bejaht.

Nach alledem sind die Vorinstanzen auch zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, daß die hier in Betracht kommenden Gebäude in erster Linie nicht Wohnzwecken, sondern einer von dem Bf. in den Häusern ausgeübten gewerblichen Tätigkeit dienen. Die Steuervergünstigung des § 7 b EStG konnte hiernach nicht gewährt werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410178

BStBl III 1961, 518

BFHE 1962, 692

BFHE 73, 692

StRK, EStG:7b R 49

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