Entscheidungsstichwort (Thema)

Beurteilung eines zwischen nahen Angehörigen geschlossenen Vertrages

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Gesamtwürdigung im Rahmen der Beurteilung, ob ein zwischen nahen Angehörigen geschlossener Vertrag der Besteuerung zugrunde zu legen ist, können auch zeitlich vor dem Streitjahr liegende Umstände herangezogen werden (Abgrenzung vom BFH-Urteil vom 8. März 1962 IV 165/60 U, BFHE 74, 584, BStBl III 1962, 217).

 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a, § 12 Nrn. 1-2

 

Verfahrensgang

FG Münster (Entscheidung vom 05.02.2002; Aktenzeichen 6 K 6565/99 E; EFG 2002, 812)

 

Tatbestand

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Kaufmann und bezieht u.a. aus einer Beteiligung an einer GmbH & Co. KG (KG) Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Mit notariellem Vertrag vom 16. Februar 1987 hatte die Mutter des Klägers (M) ihren Kommanditanteil an dieser KG zu je 1/2 an den Kläger und dessen Bruder (B) übertragen. Im Gegenzug hatten der Kläger und B an M eine lebenslange Versorgungsrente zu erbringen. Zu deren Höhe heißt es im Vertrag: "Diese Rente beträgt 16% des jährlichen Restgewinns der Kommanditgesellschaft (nach Abzug von Eigenkapitalzinsen und Tätigkeitsvergütungen), mindestens jedoch 2.500 DM pro Monat." Die Anwendbarkeit von § 323 der Zivilprozessordnung (ZPO) sollte "ausdrücklich nicht ausgeschlossen" sein. Ferner war M berechtigt, eine "angemessene Neufestsetzung" des Mindestbetrags der Rente zu verlangen, wenn sich der Preisindex für die Lebenshaltungskosten aller privaten Haushalte um mindestens 10 % änderte.

In der Folgezeit erwirtschaftete die KG mit Ausnahme weniger Jahre hohe Verluste. Während des gesamten Zeitraums von 1987 bis 1998 wurde nur die Mindestrente von 2 500 DM monatlich gezahlt. Im Einzelnen stellen sich die Ergebnisse der KG sowie die Rentenzahlungen wie folgt dar (alle Beträge in DM):

Jahr

Ergebnis der KG

16 % des

Ergebnisses

Rentenzahlung

kumuliertes

Ergebnis der KG

1987

100 081

16 012

25 000

100 081

1988

32 175

5 148

30 000

132 256

1989

./. 116 308

0

30 000

15 948

1990

231 278

37 004

30 000

247 226

1991

./. 234 783

0

30 000

12 443

1992

./. 727 874

0

30 000

./. 715 431

1993

./. 577 249

0

30 000

./. 1 292 680

1994

./. 101 210

0

30 000

./. 1 393 890

1995

(Streitjahr)

./. 478 525

0

30 000

./. 1 872 415

1996

785 123

125 619

30 000

./. 1 087 292

1997

20 948

3 351

30 000

./. 1 066 344

1998

272 814

43 650

30 000

./. 793 530

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1995 machte der Kläger den auf ihn entfallenden Anteil an den Zahlungen in Höhe von 15 000 DM als dauernde Last geltend. Im angefochtenen Einkommensteuer-Änderungsbescheid berücksichtigte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) diesen Betrag nicht mehr. Er vertrat die Auffassung, der Vertrag sei nicht entsprechend der getroffenen Vereinbarung durchgeführt worden, weil M im Jahr 1990 aufgrund der damaligen Gewinnsituation der KG Anspruch auf eine Sonderzahlung über den Mindestbetrag der Rente hinaus gehabt hätte.

Seinen Einspruch begründete der Kläger damit, dass die Vertragsparteien die Berechnungsformel für den Rentenbetrag dahin gehend verstanden hätten, dass nicht der Bilanzgewinn, sondern der Gewinn abzüglich eines aufgelaufenen Verlustvortrags zugrunde zu legen sei. Denn Gewinnanteile, die mit einem bestehenden Verlustvortrag zu saldieren seien, dürften auch nicht entnommen werden. Danach hätte sich für das Jahr 1990 wegen des im Jahr 1989 angefallenen Verlusts von vornherein kein Anspruch der M auf Zahlung einer den Mindestbetrag übersteigenden Rente ergeben.

Dem folgte das FA in der Einspruchsentscheidung nicht. Vielmehr vertrat es die Auffassung, der maßgebende Gewinn sei im Vertrag so präzise definiert, dass nicht auf das Vorhandensein eines Verlustvortrags abgestellt werden könne. Die nicht vertragsgemäße Durchführung im Jahr 1990 schließe den Abzug in allen Folgejahren auch dann aus, wenn der Vertrag wieder vereinbarungsgemäß durchgeführt werde.

Die Klage, deren Gegenstand der Änderungsbescheid vom 3. Januar 2001 wurde, hatte Erfolg (Entscheidungen der Finanzgerichte ―EFG― 2002, 812). Das Finanzgericht (FG) legte den Vertrag zwar ebenso wie das FA dahin aus, dass der Begriff "jährlicher Restgewinn" eine Verrechnung mit Verlustvorträgen ausschließe. Dies gelte umso mehr, als dem Handelsgesetzbuch (HGB) ein Verlustvortrag im Bereich der Gewinnermittlung der KG fremd sei (§§ 120, 167 HGB). Jedoch hindere das Prinzip der Abschnittsbesteuerung (§ 2 Abs. 7 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes ―EStG―) die Berücksichtigung der für das Jahr 1990 gewonnenen Erkenntnisse im Streitjahr, weil der Beurteilung nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 8. März 1962 IV 165/60 U (BFHE 74, 584, BStBl III 1962, 217) nur der jeweils streitige Veranlagungszeitraum unterliege. Unerheblich sei, dass M von der vereinbarten Wertsicherungsklausel keinen Gebrauch gemacht habe. Denn diese setze für eine Rentenanpassung nicht nur eine Änderung des Preisindex, sondern zusätzlich ein entsprechendes Verlangen der M voraus. Dazu sei diese aber nicht verpflichtet gewesen.

Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG. In den Jahren 1990, 1996 und 1998 sei der Rentenbetrag nicht entsprechend der Vereinbarung berechnet worden. Die vom FG herangezogene BFH-Entscheidung zur Abschnittsbesteuerung könne auf den Streitfall nicht übertragen werden, da sie zur steuerrechtlichen Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses ergangen sei. Im Gegensatz zu einem Arbeitsvertrag, dessen Konditionen jährlich geändert werden könnten, würden Versorgungsleistungen jedoch in der Regel auf die Lebenszeit des Berechtigten festgelegt und könnten nicht jährlich beliebig neu ausgehandelt werden.

Das FA beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Auf einen Hinweis des erkennenden Senats auf den BFH-Beschluss vom 12. Mai 2003 GrS 1/00 (BFHE 202, 464, BStBl II 2004, 95) haben die Beteiligten übereinstimmend die Auffassung vertreten, dass im Streitfall eine existenzsichernde Wirtschaftseinheit ("Typus 1") übergeben worden sei und es sich ―abgesehen von der Frage der tatsächlichen Durchführung― grundsätzlich um eine dauernde Last handele.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet.

Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der nicht spruchreifen Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).

1. Die ―für die vom FG vorgenommene Vertragsauslegung tragende― Auffassung der Vorinstanz, dem HGB sei das Instrument des Verlustvortrags im Bereich der Gewinnermittlung der KG fremd, ist rechtsfehlerhaft.

Der Senat ist an die vom FG vorgenommene Auslegung der Berechnungsformel im Versorgungsvertrag nicht gebunden. Zwar gehört die Auslegung von Verträgen grundsätzlich zum Bereich der tatsächlichen Feststellungen i.S. des § 118 Abs. 2 FGO. Die Bindungswirkung entfällt jedoch, wenn die Auslegung des FG anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt (BFH-Urteil vom 23. Januar 2003 IV R 75/00, BFHE 201, 278, BStBl II 2003, 467, m.w.N.).

a) Zwar ist dem FG zuzugeben, dass im Wortlaut des Vertrages vom 16. Februar 1987 eine Verlustverrechnung nicht ausdrücklich angeordnet worden ist und im Jahr des Vertragsschlusses auch noch kein förmlicher Ausweis eines Verlustvortrags im Jahresabschluss der GmbH & Co. KG erforderlich war (vgl. aber nunmehr ―seit In-Kraft-Treten des Kapitalgesellschaften- und Co-Richtlinie-Gesetzes vom 24. Februar 2000, BGBl I 2000, 154― § 264a Abs. 1 i.V.m. § 266 Abs. 3 A. IV. sowie § 264c Abs. 2 Satz 1 HGB n.F.).

Indes kann ein Kommanditist nach der während des gesamten hier maßgebenden Zeitraums unverändert geltenden Vorschrift des § 169 Abs. 1 Satz 2 HGB die Auszahlung des auf ihn entfallenden Gewinnanteils nicht fordern, solange sein Kapitalanteil durch Verlust unter den auf die bedungene Einlage geleisteten Betrag herabgemindert ist oder durch die Auszahlung unter diesen Betrag herabgemindert werden würde. Auch wenn zum Zwecke der Durchführung dieser Norm ein förmlicher Ausweis eines Verlustvortrags nicht erforderlich ist, setzt sie doch notwendig voraus, dass der Verlustanteil des Kommanditisten ermittelt und für künftige Geschäftsjahre festgehalten wird (Weipert in Ebenroth/Boujong/Joost, Handelsgesetzbuch, 2001, § 167 Rn. 19). Anders könnte die in § 169 Abs. 1 Satz 2 HGB angeordnete Entnahmesperre bis zur Deckung früherer Verlustanteile mit künftigen Gewinnanteilen (dazu auch BFH-Urteil vom 26. September 1996 IV R 105/94, BFHE 182, 33, BStBl II 1997, 277, unter 3.a aa; Schilling in Staub, Handelsgesetzbuch, Großkommentar, 4. Aufl., § 169 Rn. 6, § 167 Rn. 8 ―Stand 1987―; v. Gerkan in Röhricht/Graf v. Westphalen, Handelsgesetzbuch, 2. Aufl. 2001, § 167 Rn. 12, § 169 Rn. 4 ff.; Grunewald in Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, 2002, § 169 Rn. 3) nicht praktiziert werden.

b) Das Vorhandensein einer solchen gesetzlichen Entnahmesperre stellt zugleich ein gewichtiges Indiz gegen die vom FG vertretene Auslegung der vertraglichen Berechnungsformel dar. Denn ein Versorgungsvertrag beruht auf dem Gedanken der vorbehaltenen Vermögenserträge (vgl. nur BFH-Beschluss vom 5. Juli 1990 GrS 4-6/89, BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847, unter C.II.1 mit zahlreichen Nachweisen auf die Rechtsprechung der Zivilgerichte). Wenn aber die übergebene existenzsichernde Wirtschaftseinheit ihrer Natur nach schwankende Erträge abwirft, liegt es nahe, eine Vereinbarung zu treffen, die den Übergeber ―abgesehen von einer Mindestversorgung― an Mehrerträgen nur dann partizipieren lässt, wenn diese dem Übernehmer auch tatsächlich zur Verfügung stehen, nicht aber, wenn sie wegen der Verrechnung mit zwischenzeitlich aufgelaufenen Verlusten von vornherein nicht entnommen werden können. Auch aus Sicht des Übergebers kann dieser sich nur solche Erträge vorbehalten, die ―wäre er weiterhin Inhaber der übertragenen Wirtschaftseinheit― ihm selbst zugute gekommen wären.

c) Die Auslegung des FG geht danach von unzutreffenden rechtlichen Grundlagen aus. Der Senat kann die erforderliche Auslegung indes nicht selbst vornehmen, weil das FG nicht alle dafür maßgebenden Umstände festgestellt hat. Zwar wird angesichts des fortgeschrittenen Alters der M deren Vernehmung zur Frage des mit der gewählten Formulierung Gewollten möglicherweise nicht mehr in Betracht kommen, doch bietet sich eine Vernehmung des am Vertrag ebenfalls beteiligten Bruders des Klägers an.

Ferner könnte für die Auslegung von Interesse sein, wie sich die Ertragslage der KG in den Jahren vor und nach dem Vertragsschluss darstellte: Sofern die Ertragslage bereits damals durch die starken Schwankungen der Folgezeit gekennzeichnet war bzw. solche Schwankungen für die nähere Zukunft absehbar waren, hätte für die Parteien Anlass bestanden, die Frage einer Verlustverrechnung ausdrücklich zu regeln. Haben sie dies trotz Kenntnis der Problematik nicht ausdrücklich getan, spräche dies dafür, dass sie bei der Ermittlung des Rentenbetrags keine Verrechnung aktueller Gewinne mit aufgelaufenen Verlusten vornehmen wollten. Waren die Erträge damals jedoch noch nicht von so starken Schwankungen wie in der Folgezeit gekennzeichnet, hatten die Parteien möglicherweise keinen Anlass, diese Frage ausdrücklich zu regeln. Dann wäre eine ergänzende Vertragsauslegung (§§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ―BGB―) geboten, bei der wiederum entscheidend zu berücksichtigen wäre, dass der Kläger die in einzelnen Jahren ab 1990 auf ihn entfallenden Gewinnanteile wegen der durch § 169 Abs. 1 Satz 2 HGB angeordneten vorrangigen Verlustdeckung gar nicht hätte entnehmen können.

Bei der Auslegung wird auch zu berücksichtigen sein, dass das Auftreten unvorhergesehener Gewinnschwankungen in der hier gegebenen Größenordnung gleichzeitig zu einer Abänderung der Leistungen i.S. des § 323 ZPO berechtigen dürfte; die Anwendbarkeit des § 323 ZPO ist im Versorgungsvertrag "ausdrücklich nicht ausgeschlossen".

2. Sollte auch die erneute Auslegung der Berechnungsformel des Versorgungsvertrages zu dem Ergebnis führen, dass M im Jahre 1990 nicht den vollen ihr zustehenden Rentenbetrag erhalten hat, wäre das FG allerdings ―wie die Revision zu Recht rügt― nicht durch den Grundsatz der Abschnittsbesteuerung gehindert, diese Abweichung als ein Indiz im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung der steuerrechtlichen Anerkennung des zwischen nahen Angehörigen abgeschlossenen Vertrages im Streitjahr 1995 zu berücksichtigen.

a) Nach § 2 Abs. 7 Satz 1, 2 EStG ist die Einkommensteuer eine Jahressteuer; die Grundlagen für ihre Festsetzung sind jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln. Die Einkommensteuer wird nach Ablauf des Kalenderjahres (Veranlagungszeitraum) nach dem Einkommen veranlagt, das der Steuerpflichtige in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat (§ 25 Abs. 1 EStG).

aa) Die genannten Normen sind indes vor allem technischer Natur (so auch Tipke/Lang, Steuerrecht, 17. Aufl. 2002, § 9 Rn. 44, m.w.N.; Blümich/Stuhrmann, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, Kommentar, 15. Aufl., § 2 EStG Rn. 103; ausführlich Zugmaier in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 21. Aufl., § 2 EStG Anm. 901 ―Stand Juli 2001―; a.A. Kirchhof in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 2 Rn. H 2 ―Stand September 1992―; Kirchhof, Kompaktkommentar Einkommensteuergesetz, 3. Aufl. 2003, § 2 Rn. 154); sie dienen der praktikablen Abwicklung des Veranlagungsverfahrens. Materiell-rechtliche Grundsätze können aus diesen Vorschriften nur mit großer Zurückhaltung abgeleitet werden. Jedenfalls sind bei der Festsetzung der Einkommensteuer auch außerhalb des Steuerabschnitts liegende Tatsachen und Umstände zu beachten (ebenso Rose, Der Betrieb 1994, 851; Schmidt/ Seeger, Einkommensteuergesetz, 22. Aufl. 2003, § 2 Rn. 93; Kaminski in Korn, Einkommensteuergesetz, § 2 Rn. 198 ―Stand Januar 2001―).

bb) Maßgebend für die Beurteilung, ob ein zwischen nahen Angehörigen abgeschlossener Vertrag trotz gewisser Abweichungen vom Fremdüblichen bzw. vertraglich Vereinbarten der Besteuerung zugrunde zu legen ist, ist die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten (BFH-Urteile vom 7. Mai 1996 IX R 69/94, BFHE 180, 377, BStBl II 1997, 196; vom 26. Juni 1996 X R 155/94, BFH/NV 1997, 182; vom 28. Januar 1997 IX R 23/94, BFHE 182, 542, BStBl II 1997, 655; vom 10. November 1998 VIII R 28/97, BFH/NV 1999, 616, und vom 14. Mai 2003 X R 14/99, BFH/NV 2003, 1547, unter II.1.). Mit dem Wesen der in diesen Fällen vorzunehmenden zusammenfassenden Würdigung wäre eine Beschränkung auf solche Tatsachen, die ausschließlich dem Streitjahr zugeordnet werden können, unvereinbar.

Entsprechend geht auch die ständige Rechtsprechung zu der ―mit der Gesamtwürdigung im Rahmen der Prüfung der steuerrechtlichen Anerkennung eines Rechtsverhältnisses unter nahen Angehörigen insoweit vergleichbaren― Frage der Feststellung des Vorhandenseins von Gewinnerzielungsabsicht davon aus, dass dabei sowohl die Verhältnisse eines bereits abgelaufenen Zeitraums wichtige Anhaltspunkte bieten können (BFH-Entscheidungen vom 6. März 1980 IV R 182/78, BFHE 131, 18, BStBl II 1980, 718; vom 29. Oktober 1981 IV R 138/78, BFHE 134, 339, BStBl II 1982, 381, unter 1.; vom 22. Juli 1982 IV R 74/79, BFHE 136, 459, BStBl II 1983, 2; vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, unter C.IV.3.c bb (1), und vom 22. April 1998 XI R 10/97, BFHE 186, 206, BStBl II 1998, 663, unter II.1.) als auch aus der weiteren Entwicklung nach dem Streitjahr Schlüsse gezogen werden dürfen (BFH-Urteile vom 18. März 1976 IV R 113/73, BFHE 118, 447, BStBl II 1976, 485, und vom 19. November 1985 VIII R 4/83, BFHE 145, 375, BStBl II 1986, 289, unter 2.d); zu zahlreichen weiteren Beispielen für die Berücksichtigung periodenübergreifender Zusammenhänge vgl. Handzik in Littmann/Bitz/Pust (Das Einkommensteuerrecht, 15. Aufl., § 2 EStG Rn. 362, 363, Stand Mai 2002).

cc) Der Senat kann offen lassen, ob er insoweit von dem vom FG herangezogenen BFH-Urteil in BFHE 74, 584, BStBl III 1962, 217 abweicht. Denn selbst wenn dies der Fall sein sollte, käme eine Anrufung des Großen Senats nach § 11 Abs. 3 FGO infolge der Überleitungsvorschrift des § 184 Abs. 2 Nr. 5 FGO nicht in Betracht (vgl. dazu auch BFH-Urteil vom 21. März 1989 IX R 58/86, BFHE 156, 201, BStBl II 1989, 778 a.E.): Bei dem genannten Urteil handelt es sich lediglich um eine "U-Entscheidung", nicht aber um eine nach § 64 der Reichsabgabenordnung (in der Fassung vor der Aufhebung durch § 162 Nr. 8 FGO vom 6. Oktober 1965, BGBl I 1965, 1477) veröffentlichte "S-Entscheidung". Soweit dieses Urteil von der späteren Rechtsprechung noch zitiert wurde, bezog sich dies jeweils nur auf die allgemeinen Ausführungen zur Anerkennung von Arbeitsverhältnissen zwischen Ehegatten, nicht aber auf die ―später nie wiederholten― Ausführungen zur Beschränkung des Fremdvergleichs durch den Grundsatz der Abschnittsbesteuerung.

b) Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass bei der Beurteilung der Frage, ob ein ―ohnehin regelmäßig nur zwischen nahen Angehörigen abgeschlossener― Versorgungsvertrag tatsächlich durchgeführt worden ist, weniger ein Vergleich zu Verträgen zwischen fremden Dritten im Mittelpunkt der Gesamtwürdigung steht, sondern vielmehr die Frage zu beantworten ist, ob der Vereinbarung von beiden Vertragsparteien rechtliche Bindungswirkung beigemessen wird (vgl. das zur amtlichen Veröffentlichung bestimmte Senatsurteil vom heutigen Tage X R 14/01 unter II.6.). Dies kann trotz einer Abweichung von der vertraglich vereinbarten Höhe der ―ohnehin abänderbaren― Versorgungsleistungen der Fall sein, wenn sich diese Abweichung nicht als willkürlich darstellt. Auch zur Frage der Bedeutung der unterbliebenen Berufung auf die vereinbarte Wertsicherungsklausel verweist der Senat auf sein Urteil X R 14/01.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1167234

BFH/NV 2004, 1149

BStBl II 2004, 722

BFHE 2004, 451

BFHE 205, 451

BB 2004, 1549

BB 2004, 2447

DB 2004, 1471

DStRE 2004, 873

DStZ 2004, 505

HFR 2004, 744

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