Leitsatz (amtlich)

Die Kosten für die Verpackung von Druckerzeugnissen durch eine Banderoliermaschine mit angebautem Schrumpftunnel gehören zu den Vertriebskosten und nicht zu den Herstellungskosten der Druckerzeugnisse.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2; BerlinFG § 19 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt in Berlin (West) eine Druckerei. Sie stellt Zeitschriften, Kataloge, sonstige Drucksachen aller Art, Etiketten usw. her. Ihre Abnehmer sind Verlage, Werbeunternehmen und Markenartikelfirmen. Im Jahre . . . erwarb die Klägerin eine Banderoliermaschine mit angebautem Schrumpftunnel. Auf die Anschaffungskosten gewährte ihr der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) eine Investitionszulage von 10 v. H. Die Klägerin begehrt dagegen eine Zulage von 25 v. H., weil sie der Meinung ist, daß die beiden Maschinen der Fertigung dienen.

Die Druckerzeugnisse werden je nach den Wünschen der Kunden in bestimmter Stückzahl von den Produktionsmaschinen abgezählt. Das Bündel wird dann von Hand in die Banderoliermaschine eingelegt, wo ihm von oben und unten eine Folie zugeführt wird. Anschließend durchläuft das Bündel den aus Heiz- und Kühlstrecke bestehenden Schrumpftunnel, in dem das Paket zugeschweißt wird. Die fertigen "Schrumpfbündel" werden dann auf Paletten oder in Kartons verpackt.

Das FA sieht in der Schrumpffolie nicht eine Innenverpackung, sondern eine Außenverpackung, die nicht mehr der Herstellung, sondern dem Vertrieb diene. Erzeugnis der Klägerin sei nicht das Bündel, sondern die einzelne Drucksache in der Form, in der sie alle Handelsstufen bis zum Endabnehmer durchlaufe.

Auch die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) rechnete ebenfalls das Banderolieren mit einer Schrumpffolie nicht mehr zur Herstellung. Dazu gehöre eine Verpackung nur, wenn sie Bestandteil des Erzeugnisses werde und in dieser Form bis zum Endabnehmer gelange. Hier habe aber nicht die Klägerin die Verpakkung bestimmt, sondern sie habe sich nach den Vertriebsbelangen ihrer Kunden oder nach der Einsatzhöhe der bei den Abnehmern eingesetzten Weiterverarbeitungsmaschinen gerichtet.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Revision. Sie rügt, daß das FG den Begriff der Fertigung verkannt habe. Sie trägt vor: Zum Vertriebsbereich gehöre nur die Verpackung, die allein durch die Erfordernisse des Versandes und des Transportes an den Abnehmer bestimmt werde. Darunter fielen die Paletten und Kartons. Die Schrumpffolien gehörten in ihrem Betrieb dagegen noch zur Herstellung. Denn sie verkaufe nicht einzelne Drucksachen, sondern Schrumpfbündel mit bestimmter Stückzahl. Das FG Berlin habe in seinem Urteil vom 15. September 1971 II 204/69 (Entscheidungen der Finanzgerichte 1972 S. 3) entschieden, daß der Fertigungsprozeß erst beendet sei, wenn das Produkt in die Form gebracht sei, in der es vom Hersteller veräußert werde. Erst dann sei das Erzeugnis verkaufsreif. In Übereinstimmung damit würden die streitigen Maschinen in ihrer Kostenrechnung auf der Kostenstelle "Buchbinderei und Weiterverarbeitung" geführt werden.

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des FG-Urteils vom 17. Dezember 1975 und unter Änderung des Investitionszulagenbescheids vom 9. Juli 1974 ihr eine weitere Investitionszulage von ... DM zu gewähren.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Maschinen in einem Betrieb (einer Betriebstätte) des verarbeitenden Gewerbes dienen nach der Rechtsprechung (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 11. Oktober 1973 VIII R 139/72, BFHE 110, 450, BStBl II 1974, 43, und vom 29. März 1976 III R 171/72, BFHE 118, 514, BStBl II 1976, 409) nur dann unmittelbar oder mittelbar der Fertigung i. S. von § 19 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG), wenn ihr Wertverzehr (Absetzung für Abnutzung - AfA -) in die Herstellungskosten der Halb- und Fertigerzeugnisse nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) eingeht. Das ist nicht der Fall bei Maschinen und Geräten, die dem Vertriebsbereich zuzurechnen sind. Denn Vertriebskosten zählen weder nach Handelsrecht (§ 153 Abs. 2 des Aktiengesetzes - AktG -) noch nach Steuerrecht (vgl. Abschn. 33 Abs. 2 der Einkommensteuer-Richtlinien) zu den Herstellungskosten.

2. Verpackungskosten werden nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum den Vertriebskosten zugerechnet (wegen der Literaturnachweise vgl. BFH-Entscheidung vom 3. März 1978 III R 30/76 (BStBl II 1978, 412). Eine Ausnahme wird nur dann gemacht, wenn die Verpackung notwendig ist, um das Erzeugnis in den Verkehr bringen zu können. Das ist bei Flüssigkeiten und in weitem Umfang auch bei Lebensmitteln der Fall, die ohne Umschließung nicht verkaufsfähig sind (z. B. bei Bier in Flaschen, Milch in Tüten, Pulverkaffee in Gläsern, Brotscheiben in Folien usw.). In diesen Fällen wird die Warenumschließung nach der Verkehrsauffassung Bestandteil des Erzeugnisses und ist mit diesem als Sachganzes zu bewerten. Im Anschluß an Schindele (Die steuerliche Betriebsprüfung 1963 S. 163) spricht man in diesen Fällen von einer Innenverpackung, im Gegensatz zur Außenverpackung, die nicht mehr der Herstellung, sondern dem Vertrieb zugerechnet wird.

3. Die Schrumpffolien der Klägerin sind nicht Innenverpackung in diesem Sinne. Denn das von der Klägerin hergestellte Erzeugnis ist die einzelne Druckschrift, zu der die Folie nicht als notwendiger Bestandteil hinzutritt. Die Klägerin trägt denn auch selbst vor, daß sie in Einzelfällen ihre Erzeugnisse auch lose in Kartons ohne Banderolen (Folien) verkauft, wenn der Kunde die besonderen Kosten für die Zähl- und Bündelarbeit sparen will.

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, daß der Kunde der Klägerin die Verkaufseinheiten im Einzelfall aufgibt. Die Klägerin trägt dazu vor, daß der Kunde ihr die Stückzahl und das Banderolieren vorschreibe, weil er das Produkt nur in dieser und nicht in einer anderen Form gebrauchen kann. Darauf kann es jedoch nach Auffassung des Senats nicht ankommen. Die Grenze zwischen dem Herstellungs- und dem Vertriebsbereich kann bei dem gleichen Produkt nicht je nach dem individuellen Kundenwunsch anders gezogen werden. Man muß für die Abgrenzung vielmehr auf das Produkt selbst abstellen. Von einer zum Herstellungsbereich gehörenden Innenverpackung kann nur gesprochen werden, wenn sie von der Eigenart des Produkts (z. B. bei Flüssigkeiten) gefordert wird. Dabei kann sich allerdings die Verkehrsauffassung am Markt ändern (z. B. beim Übergang von offener zur verpackten Milch).

Die technische Herstellung der Erzeugnisse der Klägerin ist somit mit dem Druck und dem Binden bzw. Heften der Druckschriften abgeschlossen. Auf die Verkaufseinheiten der Klägerin als Herstellerbetrieb kann in diesem Zusammenhang nicht abgestellt werden. Der Auffassung des FG Berlin in seinem Urteil II 204/69 kann der Senat deshalb nicht folgen. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG ist das einzelne Wirtschaftsgut mit den Herstellungskosten zu bewerten. Wirtschaftsgut in diesem Sinne ist aber das einzelne Druckerzeugnis und nicht das Schrumpfbündel mit wechselnder Stückzahl.

 

Fundstellen

Haufe-Index 72767

BStBl II 1978, 413

BFHE 1979, 73

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