Leitsatz (amtlich)

Die Züchterprämie nach der Rennordnung ist jedenfalls dann kein Entgelt, wenn der Züchter zugleich der Halter des siegreichen Pferdes ist (Abweichung vom RFH-Urteil V 133/41 vom 13. Februar 1942, RStBl 1942, 543).

 

Normenkette

UStG 1951 § 1 Nr. 1, § 4 Nr. 19; BGB § 657

 

Tatbestand

Der Kläger (Revisionsbeklagter und Revisionskläger - Steuerpflichtiger -) züchtete in seinem landwirtschaftlichen Betrieb eigene Pferde, mit denen er sich an Pferderennen beteiligte. Er gewann dabei in den dem Streit zugrunde liegenden Veranlagungszeiträumen insgesamt an Rennpreisen und Züchterprämien ... DM. Diese Beträge zog das FA zur Berechnung der Umsatzsteuer (4 %) heran. Die Steuern wurden auf insgesamt ... DM festgesetzt. Der Kläger sieht sich dadurch in seinen Rechten verletzt. Er ist der Auffassung, ein konkreter Leistungsaustausch habe nicht stattgefunden; jedenfalls aber sei die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 19 UStG anzuwenden.

Das FG hat im angefochtenen Urteil die Veranlagungen um insgesamt ... DM herabgesetzt und die Klage im übrigen abgewiesen. Es hat dazu ausgeführt: Für die Berechnung der Umsatzsteuer sei zu unterscheiden zwischen den Rennpreisen und den Züchterprämien. Im Einvernehmen mit den Beteiligten schätzte es die Einnahmen aus den Züchterprämien auf ... DM. Diese Einnahmen seien entsprechend den Ausführungen im Urteil des RFH V 133/41 vom 13. Februar 1942 (RStBl 1942, 543) Entgelte für Umsätze des Züchters. Derartige Umsätze seien aber nach § 4 Nr. 19 UStG steuerfrei. Der Züchter erhalte die Prämie nach Nr. ... der Rennordnung dafür, daß er das siegreiche Tier gezüchtet habe und zur Zeit des Preisrennens noch Pferdezucht treibe. Diese Voraussetzungen hätten beim Steuerpflichtigen vorgelegen. Damit seien auch die Merkmale des § 4 Nr. 19 erfüllt, wonach eine Leistung, die in der Aufzucht von Vieh innerhalb eines landwirtschaftlichen Betriebs im Inland bestehe, steuerfrei bleibe. Der BFH habe allerdings im Urteil V 230/59 vom 27. September 1962 (HFR 1963, 91) die Auffassung vertreten, § 4 Nr. 19 UStG sei nur für das Halten und die Aufzucht fremden Viehs anzuwenden. Diese Meinung sei im vorliegenden Falle entscheidungserheblich, da der Steuerpflichtige die Züchterprämien für Pferde erhalten habe, deren Eigentümer er selbst gewesen sei. Das FG könne aber abweichend von seiner eigenen früheren Rechtsprechung dieser Gesetzesauslegung nicht mehr beipflichten. Es sei zwar richtig, daß die Gesetzesmaterialien für die Rechtsansicht des BFH sprächen und überhaupt die Meinung vorgeherrscht habe, das Halten und die Aufzucht eigenen Viehs könne unter keinem Gesichtspunkt eine Leistung im umsatzsteuerrechtlichen Sinne sein. Diese Ansicht werde aber durch den vorliegenden Fall widerlegt. Da nach herrschenden Auslegungsgrundsätzen für die Anwendung eines Gesetzes nicht die gesetzgeberischen Motive, sondern der objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgebend seien und auf den streitbefangenen Fall nicht nur der Wortlaut, sondern auch Sinn und Zweck der Vorschrift (Förderung der Tierzucht im Rahmen der Landwirtschaft) zuträfen, müsse die Steuerfreiheit für die die Prämienzahlungen auslösenden Leistungen des Steuerpflichtigen gewährt werden.

Anders verhalte es sich mit den Leistungen, die den Rennpreisen zugrunde gelegen hätten. Diese bestünden in der Teilnahme an den Rennen und könnten weder als Nebenleistungen von Lieferungen (den künftigen Verkauf des Zuchtpferdes) noch als "Halten und Aufzucht von Vieh" beurteilt werden. Soweit sich deshalb der Kläger gegen die Heranziehung der Rennpreise zur Umsatzsteuer wende, sei die Klage unbegründet.

Gegen diese Entscheidung hat das FA insoweit die wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassene Revision eingelegt als der Klage stattgegegeben wurde. Der Steuerpflichtige hat sich dem Rechtsmittel noch vor Ablauf der Frist zur Einlegung der Revision angeschlossen, aber sein Rechtsmittel nicht begründet.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

1. Die Revision des FA hat keinen Erfolg.

Nach dem bereits genannten Urteil des RFH V 133/41 sind die Züchterprämien Entgelte für Leistungen, die einer öffentlichen Auslobung nach § 657 BGB entsprechen. Dabei ist die Aufzucht des im Rennen erfolgreichen Pferdes neben dem Fortbestand einer Pferdezucht im Zeitpunkt des Rennens die Hauptbedingung der Auslobung, die in der Person des Züchters erfüllt sein muß. Sie ist die Handlung oder der Erfolg im Sinne des § 657 BGB, der den Auslobenden zur Zahlung der Belohnung gerade an den Züchter verpflichtet. Daneben ist freilich auch die erfolgreiche Teilnahme des Pferdes beim Rennen eine nicht hinwegzudenkende Bedingung der Belohnung, weil die Züchterprämie an den Rennpreis gekoppelt ist. Diese Bedingung hat aber für die rechtliche Prüfung, ob die Belohnung ein Entgelt für die Züchter-"Leistung" ist - im Gegensatz zu der vom FA vertretenen Auffassung - keine Bedeutung. Denn die der Belohnung zugrunde liegende Leistung - das Teilnehmenlassen des Pferdes am Rennen - muß nicht notwendig vom Belohnungsempfänger (Züchter), sondern kann auch von einem Dritten - dem zufälligen Besitzer des Tieres im Zeitpunkt des Rennens - erbracht sein. Für die Entscheidung kann also nicht die dem Rennpreis zugrunde liegende Leistung maßgeblich sein. Deshalb kann die Anwendung des § 4 Nr. 19 UStG 1951 nicht mit dem in der Revision gegebenen Hinweis ausgeschlossen werden, daß die Aufzucht des Pferdes für den Erfolg des Pferdes im Rennen eine nur mittelbare Bedeutung habe.

Das BFH-Urteil V 230/59 vom 27. September 1962 (a. a. O.), auf das sich das FA beruft, ist mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Dort wurde entschieden, daß Deckgelder an landwirtschaftliche Züchter keine Entgelte seien "für solche Leistungen, die in der Pferdezucht und dem Halten von Vieh" bestehen. Diese Entscheidung könnte höchstens insoweit auf den vorliegenden Fall angewendet werden, als es um die vom Steuerpflichtigen durch den Einsatz seiner Pferde erlangten Rennpreise geht. Für eine Entscheidung über die Züchterprämie ist sie dagegen nicht einschlägig, weil diese Belohnung nicht wie im Vergleichsfall für eine nur im Zusammenhang mit der Aufzucht stehende Handlung, sondern gerade für die Aufzucht selbst gewährt wird.

Da nach den vorstehenden Ausführungen feststeht, daß das Teilnehmenlassen eines Pferdes am Rennen zur umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung der Züchterprämie nicht herangezogen werden kann, hängt die Entscheidung über die Revision des FA davon ab, ob dieser Belohnung überhaupt eine Leistung des Züchters im Sinne des Umsatzsteuerrechts zugrunde liegt. Eine solche Leistung ist nicht erkennbar.

Rechtsirrig ist die Auffassung des FG, daß im vorliegenden Fall die Züchterprämien, weil sie für die Aufzucht gewährt wurden, nach dem Wortlaut des § 4 Nr. 19 UStG als Berechnungsgrundlage der Umsatzsteuer auszuscheiden hätten. Denn § 4 Nr. 19 UStG stellt auf "Leistungen", d. h. auf "sonstige Leistungen" im Sinne des § 1 Nr. 1 UStG ab. Der Steuerpflichtige, der nach den Feststellungen des FG die Rennen mit eigenen Pferden beschickt und Rennpreise sowie Züchterprämien für die Siege seiner eigenen Tiere erhalten hat, hat mit der Aufzucht keine Tätigkeit im Sinne dieses gesetzlichen Merkmals entfaltet. Denn die Gütererzeugung, die ein Unternehmer in seinem Unternehmen für sich selbst betreibt, ist kein Umsatz. Eine "sonstige Leistung" kann auch nicht darin gesehen werden, daß der Unternehmer - wie im vorliegenden Falle der Steuerpflichtige durch die Pferdezucht - einem öffentlichen Interesse dient oder den Wünschen und Bedürfnissen eines durch einen bestimmten Zweck verbundenen Personenkreises (Rennverein) entspricht. Denn auch ein solches Wohlverhalten als Reflex aus der Verfolgung eigener Interessen ist keine umsatzfähige Leistung. Dementsprechend sind auch geldwerte Vorteile in Form von Subventionen, Beihilfen, Förderungsprämien, Geldpreisen und dergleichen, die ein solcher Unternehmer als Anerkennung oder zur Förderung seiner im allgemeinen Interesse liegenden Tätigkeiten ohne Bindung an bestimmte Umsätze erhält, keine Entgelte im Sinne des Umsatzsteuerrechts (vgl. Hartmann-Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, Kommentar - 5. Auflage -, Rdnrn. 82, 83 zu § 5; Urteil des erkennenden Senats V 31/64 vom 24. August 1967, BFH 89, 407, BStBl III 1967, 717).

Nach diesen Grundsätzen sind die Züchterprämien jedenfalls in den Fällen, in denen der Züchter zugleich Eigentümer des siegreichen Pferdes ist, keine Entgelte für steuerbare Leistungen, sondern echte Zuschüsse.

Eine andere Entscheidung rechtfertigt sich auch nicht aus dem Umstand, daß der Prämiengewinn jeweils im tatsächlichen Zusammenhang mit einer entgeltlichen sonstigen Leistung des Steuerpflichtigen, nämlich mit der Abstellung eines eigenen erfolgreichen Pferdes zu einem Rennen gegen einen Rennpreis, gestanden ist. Denn nach den Bestimmungen der Rennordnung kam es - wie schon oben dargelegt wurde - für die Zuwendung der Züchterprämie auf diesen Umsatz nicht an. Der Steuerpflichtige hätte auf die Belohnung auch Anspruch gehabt, wenn die sonstige Leistung gegenüber dem Rennveranstalter mit dem vom Steuerpflichtigen gezüchteten Pferde ein Dritter erbracht hätte. Eine Bindung der Züchterprämie an einen Umsatz gerade des Steuerpflichtigen ist deshalb nicht feststellbar.

In dem vom FG zur Stützung seiner Rechtsauffassung herangezogenen Urteil des RFH V 133/41 vom 13. Februar 1942 (RStBl 1942, 543) ist nicht dargelegt, in welcher Handlung des Züchters der der Prämie entsprechende Umsatz zu erblicken sei. In diesem Vergleichsfall handelte es sich allerdings um Pferde, die nicht der Züchter, sondern ein Dritter dem Rennveranstalter zur Verfügung gestellt hatte. Bei dieser Sachlage konnte es rechtlich vertretbar sein, den steuerbegründenden Umsatz des Züchters in der Aufzucht des siegreichen Pferdes für den Dritten oder in der Lieferung an den Dritten zu sehen und die Züchterprämie als Entgeltauffüllung für derartige Leistungen zu beurteilen. Diese Fragen bedürfen aber im vorliegenden Falle keiner weiteren Erörterung. Nach den vorausgehenden rechtlichen Erwägungen kann der Senat jedenfalls an der im Vergleichsurteil zum Ausdruck gebrachte Auffassung des RFH, daß die Züchterprämien grundsätzlich zu den Besteuerungsgrundlagen der Umsatzsteuer zu rechnen sind, nicht mehr festhalten. Diese Beträge sind vielmehr im vorliegenden Falle nichtsteuerbare Einnahmen. Die Entscheidung des FG hat deshalb im Ergebnis Bestand. Die Revision des FA war somit als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 4 FGO).

2. Das Rechtsmittel des Steuerpflichtigen ist nicht zulässig. Es wird als Revisionsanschließung bezeichnet, erfüllt aber, da die Revisionsfrist eingehalten und die Revision vom FG allgemein zugelassen wurde, auch die Voraussetzung für die Einlegung einer selbständigen Revision. Gleichgültig aber, welchen Charakter es hat, kann es einer sachlichen Prüfung nicht unterzogen werden, weil die Verfasser der Rechtsmittelschrift den Nachweis ihrer Vollmacht zur Vertretung des Steuerpflichtigen in der Revisionsinstanz trotz wiederholter Aufforderung und Fristsetzung durch den Vorsitzenden des Senats nicht vorgelegt haben. Unter diesen Umständen fehlt es nach herrschender Meinung an einer Prozeßvoraussetzung (vgl. den Beschluß des Senats V R 46/66 vom 10. November 1966, BFH 87, 1, BStBl III 1967, 5). Außerdem liegt auch die weitere Prozeßvoraussetzung, daß eine Revision oder eine Revisionsanschließung fristgerecht begründet werden muß (§ 120 Abs. 1 Satz 1, § 155 FGO, § 556 Abs. 2 Satz 2 ZPO) nicht vor. Das Rechtsmittel des Steuerpflichtigen war deshalb als unzulässig zu verwerfen.

3. Die Kosten des Revisionsverfahrens waren nach § 136 Abs. 1 FGO im Verhältnis des Wertes der der Revision und der Anschlußrevision zugrunde liegenden Gegenstände zu teilen. Es waren deshalb dem FA die Kosten zu einem Siebentel aufzuerlegen. Die übrigen Kosten treffen nach den vom Senat im vorerwähnten Beschluß aufgestellten Grundsätzen die vollmachtlosen Vertreter des Steuerpflichtigen. Diese haften dabei in Abweichung von der Regel des § 135 Abs. 5 FGO, die nur auf Beteiligte (§ 57 FGO) anzuwenden ist, nach dem Grundsatz des § 421 BGB als Gesamtschuldner.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68848

BStBl II 1970, 111

BFHE 1970, 263

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