Leitsatz (amtlich)

Der Rechtsstreit über eine verbindliche Zolltarifauskunft, die gemäß § 23 Abs. 3 ZG außer Kraft getreten ist, ist dann nicht in der Hauptsache erledigt, wenn der Kläger die Feststellung, daß die verbindliche Zolltarifauskunft rechtswidrig war, beantragt.

 

Normenkette

FGO § 100 Abs. 1; ZG § 23 Abs. 3

 

Streitjahr(e)

1963

 

Gründe

Die Klage führt zur Aufhebung der Einspruchsentscheidung.

Gegen die verbindliche Zolltarifauskunft vom 26. Juli 1963 hat die Klägerin am 26. August 1963 Einspruch eingelegt. Die Einspruchsentscheidung vom 27. Januar 1964 ist am 31. Januar 1964 zugestellt worden. Sie hat die verbindliche Zolltarifauskunft bestätigt. Die verbindliche Zolltarifauskunft und die Einspruchsentscheidung gründen sich auf den Abschöpfungstarif 1963 in der Fassung vom 17. Juli 1963 (Bundeszollblatt 1963 S. 641 - BZBl 1963, 641 -).

Der hier in Betracht kommende Teil der Tarifnr. 02.02 lautet bis zum 31. Dezember 1963:

02.02 Hausgeflügel, nicht lebend, und genießbarer Schlachtabfall hiervon (ausgenommen Lebern), frisch, gekühlt oder gefroren:

A ............... B - Teile von Geflügel:

I - von Perlhühnern:a - Rücken und Hälse b - andere

II - andere:a - Rücken und Hälse b - andere C - genießbarer Schlachtabfall.

Mit Wirkung vom 1. Januar 1964, also während des Laufes des Einspruchsverfahrens wurde diese Tarifposition geändert. Sie lautete nunmehr:

02.02 Hausgeflügel, nicht lebend, und genießbarer Schlachtabfall hiervon (ausgenommen Lebern), frisch, gekühlt oder gefroren:

(A)............ (B) - Teile von Geflügel:

I - Rücken und Hälse

II - andere(C) - genießbarer Schlachtabfall.

Die Änderung besteht darin, daß die Perlhühner nicht mehr gesondert behandelt werden und die Unterteilung bei der Tarifstelle B - II in die Positionen a und b weggefallen ist. Die in der verbindlichen Zolltarifauskunft angewandte Tarifstelle 02.02 - B - II - b entspricht nunmehr der Tarifstelle 02.02 - B - II. Nach Auffassung des Senats ist durch die vorbezeichnete Änderung des Gebrauchsabschöpfungstarifs nicht - wie die Klägerin meint - lediglich eine formelle, sondern eine materielle Änderung der in der verbindlichen Zolltarifauskunft angewandten Vorschriften eingetreten, da die ursprüngliche Tarifposition nicht mehr vorhanden ist. Diese materielle Änderung der in der verbindlichen Zolltarifauskunft angewandten Vorschriften hat bewirkt, daß die verbindliche Zolltarifauskunft zum 1. Januar 1964 gemäß § 2 des Abschöpfungserhebungsgesetzes vom 25. Juli 1962 (Bundesgesetzblatt I 1962 S. 453 - BGBl I 1962, 453 -, BZBl 1962, 650) in Verbindung mit § 23 Abs. 3 des Zollgesetzes (ZG) außer Kraft getreten ist (vgl. Bail-Schädel-Hutter, Kommentar zum Zollgesetz, Anm. 3 zu § 23).

Nach der damaligen Rechtslage hätte die OFD die Hauptsache für erledigt erklären und nur noch über die Kosten des Einspruchsverfahrens entscheiden dürfen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - VII 134/54 S vom 26. November 1958, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 68 S. 141 - BFH 68, 141 -, BStBl III 1959, 53).

Die Einspruchsentscheidung, die den Einspruch als unbegründet zurückgewiesen hat, war daher schon aus diesem Grunde aufzuheben.

Bis zum Inkrafttreten der FGO am 1. Januar 1966 gab es, wenn eine verbindliche Zolltarifauskunft während des Rechtsmittelverfahrens außer Kraft getreten war, für den Fall, daß sie unrichtig gewesen war, keinen Anspruch auf Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit. Nur aus der Kostenentscheidung und ihrer Begründung ließ sich entnehmen, ob der Kläger Erfolg gehabt hätte. § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO bestimmt aber nunmehr, daß das Gericht, falls ein rechtswidriger (den Kläger in seinen Rechten verletzender) Verwaltungsakt sich erledigt hat, auf Antrag dessen Rechtswidrigkeit auszusprechen hat, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Diese verfahrensrechtliche, im Streitfall anzuwendende Bestimmung ermöglicht also den Übergang von der Anfechtungsklage zur Feststellungsklage. Macht der Kläger von dieser Möglichkeit Gebrauch, ist der Rechtsstreit nicht in der Hauptsache erledigt.

Im Streitfall kann dem Vorbringen der Klägerin der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der außer Kraft getretenen verbindlichen Zolltarifauskunft entnommen werden. Auch ein Interesse der Klägerin an der Feststellung der etwaigen Rechtswidrigkeit der verbindlichen Zolltarifauskunft, die trotz ihres Außerkrafttretens von der Verwaltung als maßgebend für etwaige Einfuhren angesehen wurde, kann nicht in Abrede gestellt werden. Das danach zulässige Begehren der Feststellung der Rechtswidrigkeit erweist sich auch als begründet.

 

Fundstellen

Haufe-Index 425754

BFHE 1968, 383

BFHE 90, 383

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