Leitsatz (amtlich)

Ist das Urteil des FG auf mehrere Gründe gestützt, so muß hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Zulassungsgrund vorliegen.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 3

 

Tatbestand

Im Verfahren vor dem FG war streitig, ob die vertraglich vereinbarte Gewinnverteilung bei einer GmbH & Co. KG, der Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin), steuerrechtlich anzuerkennen ist.

Die zur Geschäftsführung und Vertretung berechtigte und verpflichtete Komplementär-GmbH hatte keine Kapitaleinlage an die KG geleistet. Die Geschäftsführung übte sie durch ihre Gesellschafter-Geschäftsführer aus, die zugleich Kommanditisten sind. Zur Abgeltung ihrer Tätigkeit und des Haftungsrisikos als Komplementärin erhielt sie einen Gewinn vorab von 2 v. H. ihres Stammkapitals von 20 000 DM, also 400 DM. Daneben wurden der GmbH sämtliche im Zusammenhang mit der Geschäftsführung entstehenden Aufwendungen von der Klägerin erstattet. An etwaigen Verlusten der Klägerin war sie nicht beteiligt. Bei der einheitlichen und gesonderten Feststellung der gewerblichen Einkünfte beanstandete der Beklagte und Beschwerdeführer (FA) die Höhe des Gewinnanteils der Komplementär-GmbH, den es mit 8 v. H. des Stammkapitals für angemessen hielt. Es rechnete den sich gegenüber der bisherigen Gewinnermittlung ergebenden Mehrbetrag von 1 200 DM als verdeckte Gewinnausschüttung dem Gewinn der Klägerin und den Gewinnanteilen der Gesellschafter der GmbH zu.

Auf die nach erfolglos eingelegtem Einspruch erhobene Klage bestätigte das FG die Ansicht der Klägerin. Es änderte die einheitliche Gewinnfeststellung entsprechend ab. Es war der Ansicht, die vom FA beabsichtigte Änderung der Gewinnverteilung mache nur 3,5 v. H. des Gesamtgewinns der Klägerin aus, die Änderung sei also unerheblich und müsse schon deshalb unterbleiben. Aber auch sachlich sei die vom FA vorgenommene Gewinnverteilung nicht gerechtfertigt. Nach dem Grundsatzurteil des BFH vom 15. November 1967 IV R 139/67 (BFHE 90, 399, 445 f., BStBl II 1968, 152) sei die Übernahme der Geschäftsführung durch die GmbH nicht überzubewerten. Sie sei tatsächlich nur eine mehr formale Angelegenheit. Auch eine GmbH, deren Anteile in der Hand von Personen lägen, die dieser KG nicht nahestünden, würde unter ähnlichen Umständen wirtschaftlich für die Übernahme der nur formalen Geschäftsführung keine erhebliche Tätigkeitsvergütung erwarten können. Ähnliche Überlegungen gälten, wie der BFH in seiner Entscheidung vom 25. April 1968 VI R 279/66 (BFHE 93, 130, BStBl II 1968, 741) weiter ausgeführt habe, für die Würdigung der wirtschaftlichen Belastung, die der Komplementär-GmbH handelsrechtlich aus der Inanspruchnahme als unbeschränkt Haftende drohe. Wirtschaftlich betrachtet sei unter den gegebenen Verhältnissen im Unternehmen der Klägerin das Risiko der GmbH verhältnismäßig eng begrenzt, während die Kommanditisten fast das gesamte Unternehmerrisiko trügen, weil sie eine erheblich höhere Hafteinlage hätten, als das Haftungsrisiko der GmbH ausmache. Bei dieser tatsächlichen Risikoverteilung hätte auch ein Fremdkomplementär keinen wesentlichen höheren Gewinnvorab für das Haftungsrisiko erwarten können.

Das FA legte wegen der Nichtzulassung der Revision gegen dieses Urteil des FG Beschwerde ein mit der Begründung, es häuften sich die Fälle, in denen Personengesellschaften in der Form einer GmbH & Co. KG betrieben würden, bei denen die Komplementär-GmbH weder am Kapital und am Gewinn, noch an den stillen Reserven der KG beteiligt sei und nur eine Risikoprämie und Auslagenersatz erhalte. Die Höhe der Risikoprämie werde von den einzelnen Steuerpflichtigen sehr unterschiedlich bemessen. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle werde sie mit der im allgemeinen Kreditgeschäft der Sparkassen und Banken üblichen Avalprovision bemessen. Das entspreche nicht dem wirtschaftlichen Gehalt der Leistung der geschäftsführenden Komplementär-GmbH. Darüber hinaus schwanke der im allgemeinen Wirtschaftsleben übliche vom-Hundert-Satz nicht unerheblich, so daß im Interesse der Rechtseinheitlichkeit eine Entscheidung des BFH im allgemeinen Interesse liege.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist nicht begründet.

Das FG hat sein Urteil doppelt begründet, nämlich einmal damit, daß eine geringfügige Änderung des Gewinns nicht zulässig sei, und zum anderen damit, daß die der GmbH für die Geschäftsführung und das Haftungsrisiko zuerkannte Vergütung ausreichend sei. Jede dieser Begründungen trägt das Urteil. Das FA macht lediglich hinsichtlich der zweiten Begründung geltend, die vom FG entschiedene Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Obwohl ihm wohl darin zu folgen sein würde, kann die Revision dennoch nicht zugelassen werden. Denn wenn ein Urteil auf mehrere Gründe gestützt ist, muß nach dem Beschluß des BVerwG vom 8. August 1973 IV B 13/73 (HFR 1973, 593; Bayerische Verwaltungsblätter 1973 S. 538) hinsichtlich einer jeden Begründung ein Zulassungsgrund vorliegen. Der erkennende Senat schließt sich dem an. Das BVerwG hat mit Recht ausgeführt, daß es zulassungsrechtlich keinen Unterschied machen kann, ob die Vorinstanz ihre Entscheidung nur auf eine tragende Begründung gestützt hat, die nicht zu einer Zulassung führen kann, oder ob sie eine Begründung hinzugefügt hat, die an sich die Möglichkeit einer Zulassung eröffnete.

Man könnte zwar einwenden, daß die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) den Sinn habe, die Möglichkeit zu eröffnen, die betreffende Frage im Interesse der Fortbildung oder der Einheitlichkeit der Rechtsprechung zu klären, und daß eine solche Klärung auch möglich sei, wenn die Vorinstanz mehrere Begründungen gegeben habe und das Revisionsgericht die grundsätzliche Frage also aufgreifen könne. Nach dem vom Gesetzgeber gewählten System ist es aber auch bei der wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision nicht (die erste) Aufgabe des Gerichts, eine (abstrakte) Rechtsfrage zu klären (sog. Kassationsprinzip). Das Revisionsgericht hat vielmehr die Aufgabe, den Einzelfall und - gegebenenfalls - nur in diesem Rahmen auch eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden. Für die Zulassung der Revision ist daher auch in solchen Fällen Voraussetzung, daß das anzufechtende Urteil auf der Grundsatzfrage beruht, diese also nicht hinweggedacht werden kann, ohne daß das Urteil wegfiele. Das ist aber nicht der Fall, wenn auch bei Wegfall der eine Grundsatzfrage enthaltenden Begründung noch eine weitere, das Urteil tragende Begründung vorhanden ist, hinsichtlich deren die Voraussetzungen einer Zulassung der Revision nicht gegeben sind.

 

Fundstellen

Haufe-Index 70938

BStBl II 1974, 524

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