Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Die Begriffsbestimmungen für Eigenheime, Kaufeigenheime und Kleinsiedlungen in §§ 7, 9 und 10 des II. WoBauG gelten auch für die Grunderwerbsteuerbefreiung gemäß Artikel 1 Nr. 4 Buchstabe a des unten angeführten GrESWG.

Der Erwerber eines Eigenheimes muß in dem Zeitpunkt, in dem der grunderwerbsteuerbare Erwerbsvorgang verwirklicht wird, ernstlich gewillt sein, das Eigenheim bestimmungsgemäß zu verwenden.

Die Fremdnutzung eines Eigenheims kann nicht als für die Dauer gelten, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in nicht allzu ferner Zeit mit der Eigen- (wieder-) benutzung zu rechnen ist. Das ist der Fall, wenn der Erwerber das Eigenheim von einem bestimmten Zeitpunkt an innerhalb von fünf Jahren, gerechnet ab dem Zeitpunkt des grunderwerbsteuerbaren Erwerbs, voraussichtlich in der gebotenen Weise selbst nutzen wird und dann auch tatsächlich nutzt.

 

Normenkette

GrESWGBY 1/4/a

 

Tatbestand

Der Kläger erwarb durch notariell beurkundeten, Anfang Mai 1960 genehmigten Kaufvertrag von Ende März 1960 ein Grundstück in X, dessen im Rohbau befindliches, als Kaufeigenheim bezeichnetes Einfamilienhaus der Veräußerer zu Anfang Juni 1960 fertigzustellen hatte. Den Antrag auf Steuerbefreiung gemäß Artikel 1 Nr. 4 Buchstabe a des bayerischen Gesetzes über die Grunderwerbsteuerbefreiung für den sozialen Wohnungsbau vom 12. November 1958 - GrESWG - (GVBl S. 330) lehnte das FA ab, da der Kläger das Haus ab Bezugsfertigkeit vermietet habe. Mit dem Einspruch gegen den Steuerbescheid machte der Kläger - damals seit 1955 Vorstand einer Bankniederlassung in Y - geltend, er habe das Grundstück erworben, um in X eine eigene Wohnung zu haben. Er betreibe seine Rückversetzung in die Bankzentrale in X und habe bereits eine entsprechende Zusage. Das FA verblieb in seiner Einspruchsentscheidung bei der Auffassung, ein Familienheim im Sinne des § 7 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WoBauG) liege nicht vor, da der Kläger für sich und seine Angehörigen lediglich ein Zimmer freigehalten, das Haus im übrigen aber an Fremde vermietet habe.

Während des Berufungsverfahrens legte der Kläger den Mitte Oktober 1962 erteilten Anerkennungsbescheid über die Grundsteuervergünstigung (§§ 82, 83 des II. WoBauG) vor. Anfang Januar 1963 trat der Kläger eine leitende Stellung in der Bankzentrale in X an. Anfang Mai 1963 bezog er mit seiner Familie sein Haus.

Das FG stellte den Kläger nach Beweiserhebungen von der angeforderten Grunderwerbsteuer frei. Die Tatsache, daß bei einem Eigenheim eine Wohnung zum Bewohnen durch den Eigentümer oder seine Angehörigen bestimmt sein müsse (§§ 7, 9 des II. WoBauG), verpflichte den Eigentümer nicht, sein Haus stets tatsächlich selbst zu bewohnen. Eine (durch das GrESWG zeitlich nicht abgegrenzte) vorübergehende Vermietung müsse nach den Umständen des Falles unschädlich sein. Dies müsse bei der gebotenen weitgehenden Auslegung des Begriffs "bestimmt sein" im vorliegenden Fall bejaht werden. Spätestens auf Grund seiner Vorsprache im Mai 1960 bei dem Vorstandsvorsitzenden der Bankzentrale habe der Kläger mit genügender Sicherheit damit rechnen dürfen, in der Zentrale verwendet zu werden. Die Verzögerung sei für alle Beteiligten nicht voraussehbar gewesen. Auch die Klausel im Mietvertrag, die dem Kläger auch innerhalb der dreijährigen Mietzeit eine vierteljährliche Kündigung bei Eigenbedarf ermöglicht habe, in Verbindung mit der Kündigung im Dezember 1962 rechtfertige den Schluß, die Vermietung als vorübergehend und hinsichtlich des Charakters des Hauses als Familien- (Eigen) heim als unschädlich anzusehen.

Das FA (Beklagter) hält es in seiner Rechtsbeschwerde unter Bezugnahme auf die enge Verbindung des Artikel 1 Nr. 4 Buchstabe a GrESWG mit § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c GrEStG und auf das Urteil des BFH II 148/58 vom 30. August 1961 (HFR 1963 Nr. 108 S. 112) für fraglich, ob die weite Auslegung des Begriffs des Bestimmtseins zum Bewohnen durch den Eigentümer im Rahmen des Grunderwerbsteuerrechts vertretbar ist. Im übrigen könne die Vermietung bei der damals bloß vagen Aussicht des Klägers auf Rückversetzung nach X. nicht nur als vorübergehend, sondern müsse als auf unbestimmte Zeit erfolgt angesehen werden.

 

Entscheidungsgründe

Die Prüfung der Rb. - jetzt Revision - ergibt folgendes.

Der erste Erwerb eines Eigenheimes, eines Kaufeigenheims oder einer Kleinsiedlung im Sinne des II. WoBauG ist gemäß Artikel 1 Nr. 4 Buchstabe a GrESWG von der Grunderwerbsteuer ausgenommen, sofern das Gebäude nach § 92 Abs. 2 des II. WoBauG grundsteuerbegünstigt ist. Artikel 1 Nr. 4 Buchstabe a GrESWG verweist also nicht nur hinsichtlich der Grundsteuervergünstigung, sondern ausdrücklich auch zur Bestimmung der Begriffe "Eigenheim", "Kaufeigenheim" und "Kleinsiedlung" auf das II. WoBauG. Der Verzicht auf eine eigene grunderwerbsteuerrechtliche Abgrenzung dieser Begriffe bedeutet, daß auch für die Anwendung der grunderwerbsteuerrechtlichen Befreiungsvorschriften auf dem Gebiet des sozialen Wohnungsbaues kraft landesrechtlicher Verweisung (vgl. Artikel 123 Abs. 1, Artikel 105 Abs. 2 Nr. 1 mit Artikeln 124, 125 GG) die jeweils geltenden bundesrechtlichen allgemeinen Begriffe des II. WoBauG (vgl. Artikel 74 Nr. 18 mit Artikel 125 GG) gelten (vgl. insoweit - wenn auch zu § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c GrEStG - Urteile des Senats II 88/62 U vom 13. Oktober 1965 zu II 2, BFH 83, 538, BStBl III 1965, 694; II 171/62 vom 19. Januar 1966, BFH 85, 38, BStBl III 1966, 226). In dem Anerkennungsbescheid gemäß §§ 82, 83 des II. WoBauG ist das Einfamilienhaus des Klägers als Familienheim bezeichnet. Ein solcher Anerkennungsbescheid ist - wiederum kraft landesrechtlicher Koppelung der Grunderwerbsteuerbefreiung mit der Grundsteuervergünstigung nach § 92 des II. WoBauG - auch im Verfahren über die Gewährung der Grunderwerbsteuerbefreiung insofern und insoweit bindend, als zu beurteilen ist, ob eine Wohnung die Voraussetzungen für die Gewährung der Grundsteuervergünstigung erfüllt (§ 92 Abs. 2 des II. WoBauG; vgl. bereits Urteil des Senats II 89/62 vom 9. Dezember 1964, HFR 1965, 276). Aus der Natur der Sache können jedoch Besonderheiten für die Grunderwerbsteuerbefreiung eine zusätzliche eigene Beurteilung im Grunderwerbsteuerverfahren erfordern, wie der Senat ebenfalls zu Artikel 1 GrESWG in dem Urteil II 92/65 vom 1. August 1967 (BStBl III 1967, 709) entschieden hat.

Abgesehen davon, daß eine besondere Anerkennung als Familienheim nicht vorgesehen ist (vgl. Ehrenforth, Kommentar zum II. Wohnungsbaugesetz, § 7 Anmerkung 5 a, § 9 Anmerkung 1; Fischer- Dieskau-Pergande-Schwender, Kommentar zum II. Wohnungsbaugesetz, § 7 Anmerkung 6 und 10 S. 234 f und n), hat der Anerkennungsbescheid die "Anerkennung von Wohnungen als steuerbegünstigte Wohnungen nach den §§ 82 und 83 des II. WoBauG" schlechthin zum Inhalt. Es sind also Fälle denkbar, in denen die Grunderwerbsteuerbefreiung verneint werden muß, ohne daß zuvor die Anerkennung einer Wohnung als steuerbegünstigt (also auch die weitere Gültigkeit des Anerkennungsbescheids) und somit die Grundsteuervergünstigung berührt worden wären; so z. B., wenn ein Familienheim diese seine Eigenschaft verliert, aber gleichwohl als steuerbegünstigte Mietwohnung weiterbenutzt oder wenn ein solches Familienheim innerhalb der Fünfjahresfrist (Artikel 4 GrESWG) veräußert wird, in der Person des Erwerbers aber die Voraussetzungen der Grundsteuervergünstigung ebenfalls erfüllt sind (vgl. Ehrenforth, a. a. O., § 7 Anmerkung 5 zu b; vgl. auch Fischer-Dieskau-Pergande-Schwender, a. a. O., § 7 Anmerkung 6 S. 234 f, Anmerkung 10, § 83 Anmerkung 5 S. 963/4; Troll, Verwaltungsanordnung - II. Wohnungsbaugesetz Abschnitt 11 Anmerkung 1, Deutsche Steuer-Zeitung, Ausgabe C, lfd. Lfg. 187; Oberverwaltungsgericht Münster, Urteil vom 31. Juli 1962, II A 457/62, Der Betriebs-Berater, 1962 S. 1238).

Es erweist sich demgemäß als unvermeidbar, daß das Grunderwerbsteuer-FA - trotz Vorliegens eines Anerkennungsbescheids - erforderlichenfalls selbst nachprüfen muß, ob die grunderwerbsteuerrechtlichen Befreiungsvoraussetzungen für ein Familienheim - Eigenheim, Kaufeigenheim, Kleinsiedlung; § 7 des II. WoBauG - (noch) vorliegen. Die Zweckbestimmung, daß ein Familienheim - bei einem Eigenheim: eine Wohnung - zum Bewohnen durch den Eigentümer oder seine Angehörigen, bei einem Familienheim auch durch seine oder seines Angehörigen Familie "bestimmt" sein muß (§ 7 Abs. 1, § 8, § 9 Abs. 1 des II. WoBauG), muß wohnungsbaurechtlich in der Regel bei Errichtung, schon vor Bezugsfertigkeit vorliegen (vgl. Ehrenforth, a. a. O., § 9 Anmerkung 2; Fischer-Dieskau-Pergande-Schwender, a. a. O., § 7 Anmerkung 6). Für die Grunderwerbsteuer, die den Erwerb als Eigenheim befreien will, muß grundsätzlich gefordert werden, daß der Erwerber in dem grunderwerbsteuerrechtlich maßgebenden Zeitpunkt, in dem der steuerbare Erwerbsvorgang verwirklicht wird, also z. B. bei Abschluß eines Kaufvertrags, bei genehmigungspflichtigen Verträgen im Zeitpunkt der Genehmigung (§ 3 Abs. 5 Nr. 5 Buchstabe b StAnpG), ernstlich gewillt ist, das Eigenheim bestimmungsgemäß zu verwenden (vgl. insoweit - wenn auch zu § 4 Abs. 2 Satz 2 GrEStG - Urteil des Senats II 114/64 vom 18. Mai 1966, BFH 86, 262, BStBl III 1966, 399). Wenn auch das FG vom Zeitpunkt der Fertigstellung des Eigenheims als dem der Beendigung des Erwerbsvorgangs ausgeht (wohl wegen der Verpflichtung des Verkäufers, das Eigenheim bis Anfang Juni 1960 fertigzustellen), so ist dies unerheblich; denn das FG kommt auf Grund seiner Feststellungen selbst zu dem Ergebnis, daß der Kläger schon bei Abschluß des Kaufvertrags, also noch vor dessen Genehmigung, die Absicht hatte, das Eigenheim selbst zu beziehen. Der Kläger hat im Beweistermin unwidersprochen vorgetragen, daß er seine von Anfang an erstrebte Rückversetzung nach X bereits ab der Jahreswende 1959/60 verstärkt betrieben und sich wegen seiner günstigen Aussichten zum Erwerb des Eigenheims entschlossen hatte. An die ebenso schwer beweisbare wie widerlegbare subjektive Voraussetzung der Verwendungsabsicht werden - schon um Zufallsentscheidungen zu vermeiden - keine allzu strengen Anforderungen gestellt werden können, zumal wenn im weiteren Verlauf die behauptete Absicht objektiv bestätigt wird. Zutreffend konnte das FG auf das Vorliegen der Verwendungsabsicht auch daraus schließen, daß die geschäftskundigen Parteien, die sich der Bedeutung ihrer rechtlichen Erklärung bewußt sein mußten, das Grundstück als Kaufeigenheim bezeichneten, Grunderwerbsteuerbefreiung beantragten und daß der Verkäufer sich verpflichten mußte, dem Kläger den Anerkennungsbescheid zu beschaffen.

Die weitere Frage, ob die Grunderwerbsteuerbefreiung voraussetzt, daß der Erwerber das Eigenheim sofort selbst bewohnen muß und allenfalls nur wegen zwingender Umstände kurzfristig vermieten darf, hat das FG zutreffend verneint. Der Begriff des "Bestimmtseins" fordert nicht, daß der Eigentümer sein Eigenheim stets tatsächlich selbst bewohnt. Nach § 7 Abs. 2 des II. WoBauG, der auch für die erstmalige Nutzung nach Bezugsfertigkeit (Fischer-Dieskau-Pergande-Schwender, § 7 Anmerkung 6 S. 234 c/d) und für Eigenheime (§ 9 des II. WoBauG; Ehrenforth, a. a. O. § 9 Anmerkung 2) entsprechend anzuwenden ist, verliert ein Familienheim seine Eigenschaft erst, wenn es für die Dauer nicht seiner Bestimmung gemäß verwendet wird. Das II. WoBauG selbst setzt keine zeitliche Grenze. Ob eine Zweckentfremdung auf Dauer vorliegt, kann deshalb anhand des erklärten Willens des Eigentümers, jedoch in Verbindung mit objektiven Merkmalen nur nach den gesamten Umständen des Einzelfalles beurteilt werden. Allgemein wird gelten können, daß eine dauernde Fremdnutzung anzunehmen ist, wenn sie sich über eine unbestimmte oder doch eine so lange Zeit erstreckt, daß im Beurteilungszeitpunkt die Frage der eigenen (Wieder)- Benutzung völlig offen ist; anders ausgedrückt wird eine Fremdnutzung in der Regel dann als unschädlich gelten können, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in nicht allzu ferner Zeit mit der Eigen- (wieder-) benutzung zu rechnen ist. Bei längerer zweckwidriger Nutzung über mehrere Jahre kann ein "zwingender (wichtiger) Grund", z. B. unerwartete berufliche Versetzung, Erkrankung, ein guter Anhaltspunkt für die Unschädlichkeit der Fremdnutzung sein; es erscheint dem Senat aber angesichts der wechselvollen Gestaltung der modernen Lebensführung nicht geboten, die Unschädlichkeit der längeren Fremdnutzung zwingend davon abhängig zu machen, ob der Eigentümer sie zu "vertreten" hat oder nicht. Eine engherzige Auslegung wäre nicht nur u. U. einer gesunden beruflichen Entwicklung des einzelnen, sondern auch der allgemeinen Förderung des Eigenheimgedankens hinderlich. Der Senat hat deshalb keine Bedenken, die Rechtsgrundsätze, wie sie für das Wohnungsbaurecht, für die Grundsteuervergünstigung und auch für die Vergünstigung nach § 7 b EStG in dieser oder ähnlicher Weise gebildet worden sind (vgl. Verwaltungsgerichtshof Kassel vom 13. Juni 1960 OS IV 105/58, Bundesbaublatt 1960 S. 726 = Kommunale Steuer-Zeitschrift 1961 S. 17; Oberverwaltungsgericht Münster II A 1103/58 vom 17. Januar 1961, Deutsche Steuer-Zeitung 1961 S. 141; Bundesminister für Wohnungsbau, Rundschreiben vom 17. August 1959, Bundesbaublatt 1959 S. 474; Ehrenforth, a. a. O., § 7 Anmerkung 4 zu a; Fischer-Dieskau-Pergande-Schwender, § 7 Anmerkung 6 und 10 S. 234 c und m; Neufassung des Abschnitts 6 zu a der Verwaltungsanordnung - II. Wohnungsbaugesetz vom 18. Mai 1967, Bundesanzeiger Nr. 95 vom 24. Mai 1967; zu § 7 b EStG: BFH- Urteil VI 157/65 U vom 20. Oktober 1965, BFH 84, 41, BStBl III 1966, 15), entsprechend für die Grunderwerbsteuerbefreiung auf dem Gebiet des sozialen Wohnungsbaus weiter zu entwickeln. Bei dem Vergleich mit der Vergünstigung gemäß § 7 b EStG kann es angesichts der insoweit gleichlaufenden steuerrechtlichen Förderungsabsichten keinen entscheidenden Unterschied bedeuten, daß es sich bei der Einkommensteuer nur um eine zeitliche Verlagerung der Besteuerung, bei der Grunderwerbsteuer aber um eine endgültige Befreiung von der Steuer handelt. Im Grunderwerbsteuerrecht ist bei zweckabhängigen Befreiungsvorschriften allgemein für die Erfüllung bzw. Nichtaufgabe des steuerbegünstigten Zweckes eine Frist von fünf Jahren gesetzt (vgl. § 4 Abs. 2 GrEStG und durchweg die Ländergesetze zum sozialen Wohnungsbau). Auch gemäß Artikel 4 Abs. 1 GrESWG unterliegen Erwerbsvorgänge nach Artikel 1 Nr. 4 GrESWG der Steuer mit Aufgabe des begünstigten Zwecks innerhalb von fünf Jahren. Diese Frist bietet nach Auffassung des Senats auch für Fälle der streitigen Art einen Anhalt für die Vorstellung des Gesetzes, bis zu welchem Zeitpunkt eine Fremdnutzung grunderwerbsteuerrechtlich noch als unschädlich gelten kann.

Die Anwendung dieser Grundsätze wird für die Fälle, in denen eine längere Fremdnutzung nicht schon zu einem früheren Zeitpunkt feststeht, in der Regel dazu führen, daß eine, wenn auch längere, so doch letztlich vorübergehende Fremdnutzung dann als unschädlich behandelt werden kann, wenn der Erwerber versichert, daß er das Eigenheim von einem bestimmten Zeitpunkt an innerhalb von fünf Jahren, gerechnet ab dem Zeitpunkt des grunderwerbsteuerbaren Erwerbs, in der gebotenen Weise selbst nutzen werde und dann auch tatsächlich nutzt. Dieses Ergebnis stimmt überein mit der ständigen Rechtsprechung des Senats in neuerer Zeit, wonach Befreiungsvorschriften - insbesondere auf dem Gebiet des sozialen Wohnungsbaus - nicht schon wegen ihrer Eigenschaft als Befreiungsvorschriften eng auszulegen sind (vgl. zuletzt Urteil des Senats II 68/63 vom 9. Mai 1967, BFH 89, 567, BStBl III 1967, 493).

Unter den gegebenen Umständen - Mietvertrag über drei Jahre, vierteljährliche Kündigungsmöglichkeit bei Eigenbedarf, von Anfang an erstrebte, nach rund drei Jahren erzielte Eigennutzung - hat das FG die Fremdnutzung im Streitfall zutreffend als unschädlich gewürdigt. Auch die Auffassung des FG, daß seine Entscheidung nicht den Urteilen des Senats II 250/57 U vom 9. Dezember 1959 (BFH 70, 542, BStBl III 1960, 202) und II 48/61 U vom 10. Oktober 1962 (BFH 76, 45, BStBl III 1963, 17) widerspreche, ist zu billigen, da in den dort zu beurteilenden Befreiungsvorschriften - bei anderem Wortlaut, wie im erstgenannten Urteil ausdrücklich unter Bezugnahme auf die anderslautenden Vorschriften des II. WoBauG hervorgehoben - die "übernahme" als Eigenheim gefordert wurde. Außerdem hatte der Erwerber im erstgenannten Fall das Eigenheim überhaupt nicht bezogen, im zweitgenannten Fall weiterveräußert. Da das bayerische GrESWG 1954 in Artikel 1 Nr. 4 ebenfalls nur die übernahme als Eigenheim begünstigte, gilt dies auch für das Urteil des Senats zu dieser Vorschrift II 148/58 vom 30. August 1961 (HFR 1963, S. 112), das sich auf das o. a. Urteil II 250/57 U beruft. Anders als im GrESWG 1958 war im GrESWG 1954 übrigens eine Nachversteuerungsvorschrift für die Fälle des Artikel 1 Nr. 4 nicht vorgesehen.

Die Meinung des FG, daß auch die weitere Voraussetzung der Grunderwerbsteuerbefreiung hinsichtlich der Grundsteuervergünstigung wegen der Bindewirkung des Anerkennungsbescheids ohne weiteres zu bejahen sei, trifft allerdings, wie sich bereits aus den obigen Darlegungen des Senats zur Bindewirkung des Anerkennungsbescheides ergibt, nicht zu. Der Senat hat schon in dem o. a. Urteil II 89/62, erneut in dem o. a. Urteil II 92/65 und in dem Urteil II 238/65 vom 1. August 1967 (BStBl III 1967, 710) entschieden, daß die Grunderwerbsteuerbefreiung nach Artikel 1 GrESWG grundsätzlich nur beansprucht werden kann, wenn die Grundsteuervergünstigung nach § 92 des II. WoBauG stets tatsächlich beantragt und gewährt worden ist. Wegen der Gründe wird auf diese Entscheidungen verwiesen.

Das FG, an das die insoweit nicht spruchreife Sache nach Aufhebung der Vorentscheidung zurückzuverweisen war, wird zu prüfen haben, ob auch diese Voraussetzung erfüllt ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412701

BStBl III 1967, 706

BFHE 1967, 540

BFHE 89, 540

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