Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Abzugsfähigkeit von Bereitstellungsgebühren und ähnlichen Aufwendungen für hypothekarisch gesicherte Darlehen.

 

Normenkette

EStG § 9 Ziff. 1, § 11 Abs. 2, § 21

 

Tatbestand

Der Steuerpflichtige (Stpfl.) hat bei der Städtischen Sparkasse in X. zur Durchführung des Wiederaufbaus seines Hauses im Jahre 1953 ein hypothekarisch gesichertes Darlehen von 63 000 DM aufgenommen, das voll ausgezahlt wurde. Es ist mit 6 1/2 v. H. zu verzinsen und mit 1 1/2 v. H. jährlich zurückzuzahlen. Der Stpfl. mußte sich außerdem zur Zahlung einer einmaligen Bereitstellungsgebühr in Höhe von 4 v. H. der Darlehnssumme verpflichten, die zinslos mit jährlich 1 1/2 v. H. des Darlehnsbetrages zu tilgen ist mit der Maßgabe, daß für die Dauer dieser Zahlungen die Tilgung des Darlehens ruht. Am 20. Juli 1956 hat die Sparkasse das Darlehen zum nächstmöglichen Termin gekündigt, gleichzeitig aber erklärt, daß die Kündigung nicht gelten solle, wenn der Stpfl. sich zur zusätzlichen Zahlung von 6 v. H. des Darlehnsbetrages verpflichte, die nach Abdeckung der Bereitstellungsgebühr unter den gleichen Bedingungen wie diese getilgt werden sollte. Der Stpfl. übernahm diese Verpflichtung. Am 1. Januar 1956 schuldete er von der Bereitstellungsgebühr noch 1568,78 DM. Unter der Bezeichnung "Disagio Städt. Sparkasse" faßte er diese Schuld mit der im Laufe des Jahres 1956 übernommenen Zusatzzahlung von 3780 DM zu einem Schuldposten von 5348,78 DM zusammen, von dem er in diesem Jahr 945 DM (1,5 v. H. von 63 000 DM) tilgte. Diesen Betrag machte er in seiner Einkommensteuererklärung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Das Finanzamt ließ jedoch davon nur 167 DM zum Abzug zu, da nach seiner Auffassung die geschuldeten 5348,78 DM auf die restliche Laufzeit des Darlehens von 32 1/2 Jahren zu verteilen seien.

Der Stpfl. hatte mit der hiergegen eingelegten Sprungberufung Erfolg. Das Finanzgericht nahm an, daß die Bereitstellungsgebühr und die Zusatzforderung von 6 v. H. bei der Besteuerung gleichzubehandeln seien. Beide Schuldverpflichtungen seien nicht dinglich gesichert und erstreckten sich nicht auf die Laufzeit des Darlehens, sondern seien vor der Darlehnsschuld zu tilgen. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Bereitstellungsgebühr als zusätzlicher Zins oder als Unkostenbetrag anzusehen sei und ob die Zusatzforderung als ein nachträgliches Damnum oder als Mehrzinsforderung aufzufassen sei. Wirtschaftlich handle es sich um eine zusätzliche Vergütung für die Gewährung des Darlehens, also für die Kapitalnutzung, und damit um Werbungskosten. Da der Stpfl. keine Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich vornehme, sondern den überschuß seiner Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung über die Werbungskosten feststelle, sei für die Beurteilung der Abzugsfähigkeit § 11 Abs. 2 EStG maßgebend. Danach sei der im Jahre 1956 für diese Schuld gezahlte Betrag von 945 DM bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dieses Jahres abzuziehen. Eine Verteilung der Bereitstellungsgebühr und der im Jahre 1956 begründeten zusätzlichen Schuld auf die Laufzeit des Darlehens komme nicht in Betracht.

Das Finanzamt hält mit seiner Rb. seine bisherige Auffassung aufrecht, daß die Bereitstellungsgebühr zu den bei der Aufnahme des Darlehens entstehenden Kosten gehöre. Die zinslose Zusatzforderung von 6 v. H. sei auf Veränderungen des Zinsgefüges auf dem Kapitalmarkt zurückzuführen. Für die steuerliche Beurteilung könne die Schuld des Bf. nicht in Darlehnsbetrag, Bereitstellungsgebühr und Zusatzforderung aufgeteilt werden. Es liege vielmehr wirtschaftlich eine Darlehnsschuld vor, die mit einem Damnum ausgezahlt worden sei. Demgemäß sei von jeder Tilgungsleistung nur ein Teil den Werbungskosten zuzurechnen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist im Streitpunkt nicht begründet.

Daß die vom Stpfl. für die Erlangung und für die Verlängerung des hypothekarisch gesicherten Darlehens gemachten Aufwendungen als Werbungskosten abzugsfähig sind, ist an sich zwischen den Beteiligten nicht streitig. Streit besteht lediglich über den Zeitraum, in dem der Abzug vorzunehmen ist. Das Finanzamt ist der Auffassung, daß der streitige Betrag auf die Laufzeit des Darlehens verteilt werden muß, also auf 32 1/2 Jahre. Der Stpfl. ist demgegenüber der Ansicht, daß er bis zur Tilgung der für die Hypothekenbeschaffung gemachten Aufwendungen den nach dem Vertrag mit der Hypothekengläubigerin jährlich entrichteten Betrag von 1 1/2 v. H. des Darlehnsbetrags - also 945 DM jährlich - bei der Ermittlung seiner Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung absetzen kann. Für die Entscheidung dieser Streitfrage ist nach § 11 Abs. 2 EStG entscheidend, wann die Beträge bei dem Stpfl. abgeflossen sind. Das Finanzamt ist der Meinung, daß es sich bei den Aufwendungen des Stpfl. für die Beschaffung und Verlängerung der Hypothek um ein Damnum handelt, das nach dem Urteil des Reichsfinanzhofs IV 172/38 vom 25. November 1938 (RStBl 1939 S. 233, Slg. Bd. 45 S. 248) auf die Laufzeit des Darlehens zu verteilen sei. Das Finanzgericht hat in der Vorentscheidung verneint, daß im vorliegenden Fall zwischen dem Stpfl. und der Hypothekengläubigerin ein Damnum vereinbart wurde. Es ist der Auffassung, daß es sich bei diesen Aufwendungen wirtschaftlich um eine zusätzliche Vergütung für die Darlehnsgewährung handelt, die steuerlich ebenso zu behandeln ist wie die Zahlung von Zinsen. Diese Entscheidung des Finanzgerichts beruht auf einer Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse, an die der Bundesfinanzhof nach § 288 Ziff. 1 AO gebunden ist, wenn sie nicht auf einem Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten oder gegen das geltende Recht beruht. Im Streitfall ist ein solcher Verstoß nicht festzustellen. Das Finanzgericht konnte nach Lage des Falles zu dieser Beurteilung kommen. Für seine Auffassung spricht insbesondere, daß die Höhe der Hypothek von 63 000 DM nach der Kündigung nicht geändert wurde und daß die zusätzliche Schuld, die der Stpfl. nach der Kündigung der Hypothek übernommen hat, ebenso wie die Bereitstellungsgebühr nicht dinglich gesichert wurde. Das Finanzgericht hat auch zutreffend darauf hingewiesen, daß die Bereitstellungsgebühr und die vom Stpfl. übernommene Zusatzschuld nach den gleichen Grundsätzen zu tilgen sind, und zwar vor dem Darlehen. Auf Grund dieser Erwägungen konnte es zu der Auffassung gelangen, daß diese Aufwendungen eine zusätzliche Vergütung für das hypothekarisch gesicherte Darlehen darstellen und daß sie wie Zinsen zu behandeln sind. Das vom Finanzamt angeführte Urteil, das zwar einen im wirtschaftlichen Ergebnis ähnlichen, in der rechtlichen Gestaltung jedoch anderen Fall betrifft, hat daher für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits keine Bedeutung. Das Ergebnis, zu dem die Vorentscheidung gelangt ist, entspricht vielmehr den Grundsätzen, die der Senat über die Abzugsfähigkeit von Geldbeschaffungskosten in dem Urteil VI 19/57 U vom 24. April 1959 (BStBl 1959 III S. 236, Slg. Bd. 68 S. 619) aufgestellt hat. Im Streitpunkt kann die Rb. daher keinen Erfolg haben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409738

BStBl III 1960, 347

BFHE 1961, 261

BFHE 71, 261

BB 1960, 929

DB 1960, 1056

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