Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufwendungen für Kleidung auch bei Krebskranken keine außergewöhnliche Belastung

 

Leitsatz (NV)

Das Begehren, Aufwendungen für die Reinigung, Änderung sowie Neuanschaffung von Kleidungsstücken als außergewöhnliche Belastung (§ 33 EStG) anzuerkennen, hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 142 FGO i.V.m. § 114 ZPO). Dies gilt auch für erhöhte Aufwendungen dieser Art, die in Zusammenhang mit einer Krebserkrankung und hierdurch hervorgerufener psychischer Belastungen erwachsen.

 

Normenkette

FGO § 142; ZPO § 114; EStG § 33

 

Verfahrensgang

FG Münster

 

Tatbestand

In den Klageverfahren wegen Einkommensteuer 1979 und 1980 geht es allein noch um die Frage, ob Aufwendungen der Klägerin, Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) für die Reinigung und Änderung von Kleidung und für die Anschaffung neuer Kleidungsstücke als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind. Die Klägerin macht hierzu geltend, sie sei im Streitjahr 1979 an Krebs erkrankt. Durch eine Hormonbehandlung habe sie plötzlich erheblich an Gewicht verloren und kurz darauf wieder stark zugenommen. Deshalb habe sie ihre Kleider ändern lassen und neue Kleider anschaffen müssen. Bei diesen Aufwendungen handle es sich anders als bei dem im Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 17. Juli 1981 VI R 105/78 (BFHE 133, 550) zugrunde liegenden Sachverhalt nicht um ,,mittelbare Krankheitskosten", sondern um ,,unmittelbare Rehabilitationskosten". Anders als bei einer Abmagerungskur habe sich ihr, der Klägerin Aussehen durch die Hormonbehandlung nicht zum Positiven sondern zum Negativen hin verändert. Zur Vermeidung weiterer, durch die Krebsangst hervorgerufener psychischer Belastungen sei es erforderlich gewesen, zumindest die äußerlichen Auswirkungen der Krankheit durch attraktive Kleidung zu vermindern.

Der Beklagte (das Finanzamt) hat es abgelehnt, diese Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

Das Finanzgericht (FG) hat über die Klagen noch nicht entschieden. Den Antrag der Klägerin, ihr für die Durchführung der Klageverfahren Prozeßkostenhilfe zu gewähren, hat das FG mit der Begründung abgelehnt, daß für die Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bestehe.

Hiergegen richten sich die Beschwerden der Klägerin, denen das FG nicht abgeholfen hat. Die Klägerin macht geltend, zu Unrecht habe sich das FG zur Begründung seiner ablehnenden Entscheidung auf das Urteil in BFHE 133, 550 gestützt. Im Gegensatz zu dem Sachverhalt, der jener Entscheidung zugrunde liege, handle es sich in den Streitfällen nicht um bloße Folgekosten einer Krankheit, sondern um unmittelbare Krankheitskosten. Wegen krankheitsbedingten ständigen Gewichtswechsels sei die Anschaffung neuer Garderobe unausweichlich gewesen. Jedenfalls liege eine mißbräuchliche Inanspruchnahme der Steuervergünstigung nicht vor.

Die Klägerin beantragt, ihr Prozeßkostenhilfe zu gewähren.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerden, die der Senat gemäß § 73 Abs. 1 i.V.m. § 121 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur gemeinsamen Entscheidung verbunden hat, sind nicht begründet.

Nach § 142 FGO i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozeßkostenhilfe u. a. unter der Voraussetzung, daß die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Die Rechtsverfolgung verspricht hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit für ein Obsiegen besteht (Hübschmann / Hepp / Spitaler, Kommentar zur Abgabenordung-Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 142 FGO Anm. 3).

Der erkennende Senat folgt der Vorinstanz in der Auffassung, daß im Streitfall bei summarischer Prüfung nicht davon ausgegangen werden kann, daß die Klagen der Klägerin hinreichende Aussicht auf Erfolg versprechen. Der BFH hat die Berücksichtigung von Ausgaben für Kleidung als außergewöhnliche Belastung ausdrücklich auch für den Fall abgelehnt, daß Mehraufwendungen dieser Art Folgekosten einer Krankheit sind (vgl. das Urteil in BFHE 133, 550, 552). Diese Rechtsprechung des BFH wird von den FG (vgl. die Fundstellen in BFHE 133, 550, 551) und auch im Schrifttum - jedenfalls im Ergebnis - weitgehend geteilt (vgl. außer den in BFHE 133, 550, 552 angegebenen Schrifttumshinweisen insbesondere Drenseck in Ludwig Schmidt, Einkommensteuergesetz, 4. Aufl., § 33 Anm. 8; Sunder-Plassmann in Littmann, Einkommensteuerrecht, 14. Aufl., § 33 Anm. 66b; Offerhaus, Betriebs-Berater 1981, 1694). Sie beruht auf der zutreffenden Erwägung, daß zu den als außergewöhnliche Belastung abziehbaren Krankheitskosten nur solche Aufwendungen zählen, die unmittelbar der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen. Hierzu gehören nicht Aufwendungen für bürgerliche Kleidung.

Die Besonderheiten des Streitfalls führen, wie das FG zutreffend entschieden hat, zu keiner anderen Beurteilung. Dies gilt auch für den Umstand, daß die geltend gemachten Aufwendungen dem Zweck dienten, die negativen Auswirkungen der Krankheit der Klägerin auf deren Äußeres zu vermindern und so einer Vermehrung der durch die Krebsangst bereits ausgelösten psychischen Belastung entgegenzuwirken. Jedenfalls bei summarischer Prüfung hält der Senat in Übereinstimmung mit der Vorinstanz für entscheidend, daß durch die streitigen Aufwendungen die Krankheit selbst weder geheilt noch gelindert würde und deshalb keine unmittelbaren Krankheitskosten vorliegen. Diese Auffassung entspricht der Ansicht des VI. Senats des BFH, wonach Aufwendungen, die - ohne daß sie die Krankheit als solche erträglicher machen - lediglich als Folgekosten entstehen, im Hinblick auf den Sinn und Zweck des § 33 des Einkommensteuergesetzes keine außergewöhnliche Belastung darstellen (vgl. BFHE 133, 550, 553).

Aus der gleichen Erwägung kann bei summarischer Prüfung der Einwand der Klägerin nicht durchgreifen, die streitigen Aufwendungen seien dem Bereich der kosmetischen Rehabilitationsmaßnahmen selbst zuzurechnen. Unter im Einzelfall möglicherweise als außergewöhnliche Belastung abziehbare kosmetische Rehabilitationsmaßnahmen fallen jedenfalls nicht Aufwendungen für die Beschaffung und Änderung bürgerlicher Kleidung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 414385

BFH/NV 1986, 285

BFH/NV 1988, 438

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