Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässigkeit der Beschwerde eines Beiladungsprätendenten

 

Leitsatz (NV)

Eine Person, die geltend macht, sie sei zu Unrecht nicht zum Verfahren eines Dritten beigeladen worden, kann nicht Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem gegen den Dritten ergangenen Urteil einlegen.

 

Normenkette

FGO §§ 57, 115 Abs. 1

 

Tatbestand

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage der Klägerin, einer Verlustzuweisungsgesellschaft in der Rechtsform der GmbH & Co. KG, gegen den negativen Gewinnfeststellungsbescheid des beklagten FA für das Jahr 1981 als unbegründet abgewiesen. Es hat die Revision nicht zugelassen.

Der Beschwerdeführer hat am 18. Dezember 1989 seine Beiladung zum Verfahren nach § 60 Abs. 1 FGO beantragt. Das FG hat diesen Antrag durch Beschluß vom 6. Februar 1990 abgelehnt. Der erkennende Senat hat durch Beschluß vom heutigen Tage (Az. VIII B 25/90) die Beschwerde gegen die Ablehnung der Beiladung zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des FG, das ihm nicht zugestellt worden ist, mit Schriftsatz vom 19. Januar 1990 Beschwerde eingelegt, der das FG nicht abgeholfen hat. Der Beschwerdeführer macht geltend, das Urteil des FG beruhe auf Verfahrensmängeln. Das FG habe es pflichtwidrig unterlassen, ihn zum Verfahren beizuladen. Der Zulässigkeit der Beschwerde stehe nicht entgegen, daß er nicht als Kläger oder Beigeladener am finanzgerichtlichen Verfahren beteiligt gewesen sei. Das Gebot eines effektiven Rechtsschutzes erfordere, ihm zumindest bis zur Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) über seine Beschwerde gegen die Ablehnung der Beiladung die Rechtsstellung eines Beteiligten im Rechtsmittelverfahren gegen das unter Verstoß gegen die Beiladungsvorschriften ergangene Urteil des FG zuzubilligen.

Der Beschwerdeführer beantragt, die Revision zuzulassen.

Er beantragt ferner, ihm Einsicht in die Gerichtsakten zu gewähren und ihm die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin zur Kenntnisnahme zu übersenden.

Das FA beantragt, die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision als unzulässig zurückzuweisen und die Anträge auf Akteneinsicht und Übersendung der Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin abzulehnen.

 

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist unzulässig.

Sie ist nicht statthaft, weil der Beschwerdeführer nicht zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des FG berechtigt ist.

Die Nichtzulassungsbeschwerde kann nur von einem Beteiligten erhoben werden, der im Fall der Zulassung berechtigt wäre, Revision einzulegen (Hübschmann / Hepp / Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 115 FGO Anm. 72).

,,Beteiligte" i. S. des § 115 Abs. 1 FGO i. V. m. § 57 FGO sind nur der Kläger, der Beklagte, der Beigeladene und die Behörde, die dem Verfahren beigetreten ist. Der Beschwerdeführer ist keiner dieser Gruppen zuzuordnen, wie er selbst eingeräumt hat. Es kommt für die Zulässigkeit der Beschwerde auch nicht darauf an, ob der Beschwerdeführer nach § 60 FGO zum Verfahren hätte beigeladen werden müssen, denn die Rechtsstellung eines Beigeladenen hätte er erst mit dem gerichtlichen Beiladungsbeschluß erlangt (BFH-Urteil vom 18. September 1974 II R 129/73, BFHE 113, 350, BStBl II 1975, 40). Ein entsprechender Gerichtsbeschluß ist jedoch im Streitfall nicht ergangen. Das FG hat den Antrag des Beschwerdeführers auf Beiladung abgelehnt. Die gegen diesen Beschluß erhobene Beschwerde hat der erkennende Senat durch Beschluß vom heutigen Tage (Az. VIII B 25/90) zurückgewiesen.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers erfordert es der verfassungsrechtliche Anspruch auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes - GG -) nicht, ihm die Rechtsstellung eines Beteiligten bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Beiladung einzuräumen. Es ist dem Beiladungsprätendenten zuzumuten, zunächst das Beschwerdeverfahren gegen den die Beiladung ablehnenden Beschluß des FG durchzuführen. Hilft das FG der Beschwerde ab oder gibt der BFH der Beschwerde statt, so erwirbt der Beiladungsprätendent mit der gerichtlichen Anordnung der Beiladung die Stellung eines Beteiligten und kann als solcher gegen das Urteil des FG Nichtzulassungsbeschwerde einlegen. Ist die Beschwerdefrist zu diesem Zeitpunkt bereits verstrichen, kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) beantragt werden (vgl. BFH-Beschluß vom 30. November 1981 GrS 1/80, BFHE 134, 525, BStBl II 1982, 217).

2. Unzulässig sind auch die Anträge auf Einsicht in die Gerichtsakten und Übersendung der Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin. Das Recht auf Akteneinsicht (§ 78 FGO) steht nur den Beteiligten zu. Dritten kann Akteneinsicht allenfalls dann gewährt werden, wenn sämtliche Beteiligte zustimmen (Gräber / Koch, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 78 Rz. 7). An dieser Voraussetzung fehlt es schon deshalb, weil das FA dem Antrag widersprochen hat.

Aus demselben Grund ist es auch nicht möglich, dem Beschwerdeführer die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin zu übersenden. Die im gerichtlichen Verfahren eingereichten Schriftsätze sind nur den Beteiligten zuzustellen (§ 77 FGO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 417323

BFH/NV 1991, 689

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