Entscheidungsstichwort (Thema)

Darlegungsanforderungen bei geltend gemachter Verfassungswidrigkeit

 

Leitsatz (NV)

Liegen zu einer Rechtsfrage bereits höchstrichterliche Entscheidungen und insbesondere eine Entscheidung des BVerfG vor (hier: zur fristgebundenen Antragsveranlagung), genügt die bloße Behauptung eines Verfassungsverstoßes ohne Auseinandersetzung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht den Darlegungsanforderungen an die Klärungsbedürftigkeit der Rechtssache.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2; EStG § 46 Abs. 2 Nr. 8 S. 2

 

Verfahrensgang

FG München (Urteil vom 16.10.2002; Aktenzeichen 1 K 3330/01)

 

Gründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist, soweit sie zulässig erhoben wurde, jedenfalls unbegründet.

1. Im Hinblick auf die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der Ausschlussfrist des § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist die Beschwerde unzulässig; denn die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) nicht hinreichend dargelegt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat bereits wiederholt entschieden, dass gegen die Ausschlussfristen des § 46 Abs. 2 EStG keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (BFH-Urteile vom 8. April 1986 IX R 212/84, BFHE 147, 122, BStBl II 1986, 790; vom 29. September 1988 IV R 217/85, BFHE 155, 94, BStBl II 1989, 196, und vom 10. Oktober 1991 XI R 31/90, BFHE 165, 534, BStBl II 1992, 197; BFH-Beschluss vom 21. Januar 1998 IV B 34/97, BFH/NV 1998, 846; ferner: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Oktober 1985  1 BvL 17, 19/83, BVerfGE 70, 278, 285; vgl. hierzu im Übrigen auch Blümich/Heuermann, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 46 EStG Rz. 120; Schmidt/Glanegger, Einkommensteuergesetz, 23. Aufl., § 46 Rz. 87). Die Klägerin hat sich mit dieser Rechtsprechung nicht auseinander gesetzt. Sie hat insbesondere nicht dargelegt, inwieweit die aufgeworfene Rechtsfrage darüber hinaus noch klärungsbedürftig ist. Dessen ungeachtet verweist der erkennende Senat darauf, dass den von der Klägerin vorgetragenen Bedenken im Hinblick auf die Gefahr einer Erkrankung des Steuerpflichtigen gegen Ende der zweijährigen Ausschlussfrist durch das verfahrensrechtliche Institut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 der Abgabenordnung --AO 1977--) Rechnung getragen wird.

2. Ein Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) liegt nicht vor. Soweit die Klägerin vorträgt, das Finanzgericht habe ermessensfehlerhaft die besonderen Umstände des Einzelfalles --d.h. die persönliche Situation der Klägerin, das Verhalten ihres Prozessbevollmächtigten und die Vorgehensweise des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt)-- nicht hinreichend gewürdigt bzw. die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in die Frist des § 110 Abs. 2 AO 1977 nicht beachtet, werden keine Verfahrensmängel gerügt, sondern materiell-rechtliche Fehler. Diese können jedoch unabhängig davon, ob die diesbezüglichen Vorwürfe der Klägerin berechtigt sind oder nicht, nur unter den Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zu einer Zulassung der Revision führen (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BFH-Beschlüsse vom 18. Dezember 1998 X B 95/98, BFH/NV 1999, 811, m.w.N.; vom 25. Januar 2000 VI B 384/98, BFH/NV 2000, 868; ferner: Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Tz. 100 und 105 ff.).

 

Fundstellen

Haufe-Index 1239842

BFH/NV 2004, 1664

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