Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung einer Prozesserklärung; gewerblicher Grundstückshandel

 

Leitsatz (NV)

1. Als Prozesserklärung ist eine Rechtsmittelschrift so auszulegen, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht.

2. Die Abgrenzung des gewerblichen Grundstückhandels von der privaten Vermögensverwaltung erfordert eine einzelfallbezogene Gesamtwürdigung aller Umstände, die für die Beurteilung der in Frage stehenden Betätigung (der damit verfolgten Absicht) von Bedeutung sind.

 

Normenkette

BGB § 133; EStG § 15; FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 2-3, § 116 Abs. 3 S. 3

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG (Urteil vom 08.06.2005; Aktenzeichen 7 K 572/01, 257/03, 611/03)

 

Gründe

1. Der Senat legt die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erhobene Nichtzulassungsbeschwerde dahin aus, dass sie nur das Streitjahr 1996 umfasst. Dies entspricht dem aus der Beschwerdebegründung deutlich werdenden Interesse des Klägers. Seine Angriffe auf das Urteil des Finanzgerichts (FG) betreffen nur die für das Streitjahr 1996 bedeutsame Frage, ob ein gewerblicher Grundstückshandel vorliegt und deshalb der in diesem Zusammenhang geltend gemachte Verlust bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb anzusetzen ist. Als Prozesserklärung ist eine Rechtsmittelschrift so auszulegen, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 8. November 1996 VI R 37/94, BFH/NV 1997, 363).

2. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

a) Eine Entscheidung des BFH ist nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2  2. Alternative der Finanzgerichtsordnung --FGO--) wegen Divergenz notwendig (vgl. zu diesem Zulassungsgrund z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz. 40 f., m.w.N.). Die Entscheidung der Vorinstanz weicht nicht von der in der Beschwerdebegründung benannten BFH-Rechtsprechung ab. Nach dieser ist bei der Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb einerseits und der nicht steuerbaren Sphäre sowie anderen Einkunftsarten andererseits auf das Gesamtbild der Verhältnisse und die Verkehrsanschauung abzustellen (z.B. BFH-Urteile vom 18. September 2002 X R 183/96, BFHE 200, 293, BStBl II 2003, 238; vom 13. August 2002 VIII R 14/99, BFHE 199, 551, BStBl II 2002, 811). Hiervon ist auch die Vorinstanz ausgegangen (vgl. Bl. 3 f. FG-Urteil).

Die Abgrenzung des gewerblichen Grundstückshandels von der privaten Vermögensverwaltung erfordert eine einzelfallbezogene Gesamtwürdigung aller Umstände, die für die Beurteilung der in Frage stehenden Betätigung (der damit verfolgten Absicht) von Bedeutung sind (BFH-Beschluss vom 20. Dezember 2001 X B 91/01, BFH/NV 2002, 775). Eine solche Gesamtwürdigung im (jeweiligen) konkreten Einzelfall hat der BFH auch in den vom Kläger benannten Urteilen vorgenommen. Der Kläger macht zu Unrecht geltend, diesen Entscheidungen sei ein festgelegter Katalog von Kriterien zu entnehmen, die das FG nicht angewandt habe und von denen es deshalb abgewichen sei. Nach dem tatsächlichen Gehalt seines die Frage der Divergenz betreffenden Beschwerdevorbringens rügt er nur eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch das FG, die eine Zulassung der Revision aber nicht rechtfertigt.

b) Die Revision ist auch nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2  2. Alternative FGO wegen einer Willkürentscheidung zuzulassen. Dieser Zulassungsgrund ist nur gegeben, wenn die Entscheidung des FG schwerwiegende Rechtsfehler aufweist und deshalb objektiv willkürlich erscheint oder greifbar gesetzeswidrig ist. Diese besonderen Umstände sind in der Beschwerdeschrift auszuführen. Der bloße Hinweis auf (nach Ansicht des Klägers) erhebliche Rechtsfehler reicht nicht aus (z.B. BFH-Beschluss vom 7. Juli 2005 IX B 13/05, BFH/NV 2005, 2031). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Sie lässt nur erkennen, dass das FG nach Ansicht des Klägers den Streitfall rechtsfehlerhaft entschieden hat.

c) Die vom Kläger geltend gemachte Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 96 Abs. 2 FGO; Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) liegt --wie der Beklagte und Beschwerdegegner in der Beschwerdeerwiderung zutreffend im Einzelnen ausgeführt hat-- nicht vor.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1587723

BFH/NV 2006, 2269

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