Entscheidungsstichwort (Thema)

Beweiskraft einer Quittung

 

Leitsatz (NV)

  1. Zur grundsätzlichen Bedeutung der Frage, ob eine schriftliche Bestätigung als Quittung i.S.d. § 368 BGB anzusehen sei.
  2. Eine ordnungsgemäß erteilte Quittung genießt zwar die formelle Beweiskraft des § 416 ZPO, hinsichtlich ihres materiellen Inhalts gilt aber der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO).
 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1; ZPO §§ 286, 416; BGB § 368

 

Gründe

Die Beschwerde kann keinen Erfolg haben. Die erhobenen Rügen sind zum Teil unzulässig, im Übrigen aber unbegründet, so dass die Beschwerde insgesamt als unbegründet zurückzuweisen ist.

1. Soweit der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) seine Ausführungen zur grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache auf Bl. 4 seiner Beschwerdebegründung vom 20. Juli 1999 im Konjunktiv formuliert hat, bestehen bereits Zweifel an einer ordnungsgemäßen Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze ―2.FGOÄndG― vom 19. Dezember 2000, BGBl I 2000, 1757). Denn eine hypothetische Frage von grundsätzlicher Bedeutung wäre nicht klärungsbedürftig. Diesen Zweifeln muss der Senat jedoch nicht weiter nachgehen, da die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob eine steuerlich anzuerkennende Quittung vom Zivilrecht abweichende Voraussetzungen erfüllen müsse, im Streitfall nicht klärungsfähig und daher nicht von grundsätzlicher Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ist.

Entgegen der Auffassung des Klägers hat das Finanzgericht (FG) eine derartige Behauptung nicht aufgestellt und konnte folglich daraus auch nicht ableiten, die Bestätigungen der beiden nigerianischen Fußballspieler seien keine Quittungen im zivilrechtlichen Sinn. Im Zusammenhang mit dem Begriff der Quittung und unter Hinweis auf § 368 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) hat das FG vielmehr ausgeführt, es entspreche "der Üblichkeit …, die Verwendung von Fremdgeldern nicht nur abzurechnen, sondern auch belegen zu können". Demgegenüber hat das FG den Begriff der Quittung im Zusammenhang mit den auf Englisch abgefassten Erklärungen der beiden Fußballspieler nicht verwendet, sondern die materielle Beweiskraft dieser Erklärungen im Wege der freien Beweiswürdigung in Zweifel gezogen. Ob es sich bei den Erklärungen um schriftliche Empfangsbekenntnisse i.S. des § 368 Satz 1 BGB handelt oder nicht, war für diese Schlussfolgerung ohne Bedeutung. Eine ordnungsmäßig erteilte Quittung genießt zwar die formelle Beweiskraft des § 416 der Zivilprozeßordnung (ZPO), hinsichtlich ihres materiellen Inhalts gilt aber der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO; s. auch § 286 ZPO). Danach aber liegt es auf der Hand, dass einer Erklärung, die etwa 9 Jahre nach der behaupteten Geldübergabe abgegeben wird, eine geringere Beweiskraft zukommt, als eine Zug um Zug, unmittelbar nach Empfang des Geldes, erteilte Quittung.

2. Die Beschwerde ist unzulässig, soweit der Kläger die Zulassung der Revision wegen Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) begehrt.

Insoweit fehlt es schon an der ordnungsgemäßen Bezeichnung einer Divergenzentscheidung mit Datum und Aktenzeichen (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Juni 1988 IV B 135/87, BFH/NV 1989, 700). Aber auch wenn der Senat von den nach der zitierten Fundstelle "BFH/NV 1995, 221" möglichen drei Entscheidungen den Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 28. März 1994 I B 160/93 (BFH/NV 1995, 221) als vom Kläger ins Auge gefasste Divergenzentscheidung ansehen wollte, fehlt es an der Gegenüberstellung eines abstrakten Rechtssatzes, der in dem Urteil des FG enthalten ist und dieses trägt, zu einem ebensolchen Rechtssatz aus der bezeichneten Entscheidung des BFH (s. nur den o.g. Beschluss in BFH/NV 1995, 221). Wenn man der Entscheidung über eine Nichtzulassungsbeschwerde in diesem Beschluss (in BFH/NV 1995, 221) überhaupt einen abstrakten Rechtssatz entnehmen kann, so den, dass der Beweis des ersten Anscheins durch einen atypischen Geschehensablauf widerlegt werden könne, was in jenem Fall aber nicht gelungen ist. Der Kläger hat aber keinen diesen Ausführungen des BFH widersprechenden Rechtssatz aus dem FG-Urteil bezeichnet.

Das FG-Urteil enthält auch tatsächlich keinen derartigen Rechtssatz. Das FG ist vielmehr zutreffend davon ausgegangen, dass es der Üblichkeit entspricht, die Verwendung von Fremdgeldern auch belegen zu können. Daraus folgt aber, dass die Erteilung einer Empfangsbestätigung fast 9 Jahre nach der behaupteten Zahlung nicht als typischer Geschehensablauf einen Anscheinsbeweis begründen kann. Mit dem bloßen Hinweis auf zwei weitere, den Gründen des Beschlusses des BFH (in BFH/NV 1995, 221) entnommene Urteile hat der Kläger ebenfalls keine abstrakten Rechtssätze dargelegt, denen ein entsprechender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung widersprechen würde.

3. Auch wegen einer Verletzung des Rechts des Klägers auf Gehör durch das FG (§ 96 Abs. 2 FGO, Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes ―GG―) kann die Revision nicht zugelassen werden. Dieser Verfahrensmangel ist nicht schlüssig gerügt.

Rechtliches Gehör wird den Beteiligten dadurch gewährt, dass sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem Sachverhalt zu äußern, der einer gerichtlichen Entscheidung zugrunde gelegt werden soll. Inwieweit diese Gelegenheit wahrgenommen wird, ist Sache der Beteiligten (vgl. Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, § 96 Anm. 33, sowie Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 96 FGO Tz. 112, jeweils m.w.N.). Das Recht auf Gehör bezieht sich vor allem auf Tatsachen und Beweisergebnisse. Doch folgt aus § 93 Abs. 1 FGO, wonach der Vorsitzende in der mündlichen Verhandlung die Streitsache tatsächlich und rechtlich zu erörtern hat, dass die Beteiligten auch in rechtlicher Hinsicht vor Überraschungen bewahrt werden sollen (Gräber/von Groll, a.a.O., § 96 Anm. 32). Können die Beteiligten indessen bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt Beweismittel benennen, ist das Gericht grundsätzlich nicht verpflichtet, seine vorläufige Beweiswürdigung während des Verfahrens offen zu legen (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ―BVerfG― vom 8. Juli 1997 1 BvR 1934/93, Neue Juristische Wochenschrift ―NJW― 1997, 2305). Regelmäßig besteht somit weder eine umfassende Aufklärungs- oder Hinweispflicht noch eine Pflicht zum allgemeinen Rechtsgespräch. Vielmehr genügt es, dass die Beteiligten die Möglichkeit zur Stellungnahme erhalten (Senatsbeschluss vom 15. Juni 2000 IV B 6/99, BFH/NV 2000, 1445, m.w.N.).

Im Streitfall hatte der Kläger ausreichend Gelegenheit, sich zu der Streitsache in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu äußern. Er konnte sich zu den dem Urteil zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen äußern und sich auf die möglichen rechtlichen Folgerungen durch das Gericht einstellen. Nachdem der Kläger selbst die englischsprachige Erklärung der beiden Fußballspieler besorgt und in das Verfahren eingeführt hatte, musste ihm spätestens mit dem Aufklärungsschreiben des Gerichts vom 12. Januar 1999 und der darin enthaltenen Aufforderung zur Vorlage weiterer Nachweise zur Verwendung des Geldes klar geworden sein, dass weiterhin Zweifel an seiner Darstellung bestanden, die jedenfalls durch die vorgelegte Erklärung nicht ausgeräumt waren.

Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist damit nicht schlüssig gerügt.

Im Übrigen greift der Kläger mit seinem Hinweis auf die Namensabweichung nur die Beweiswürdigung des FG und damit die Richtigkeit der Vorentscheidung an (vgl. BFH-Beschluss vom 17. Januar 1995 V B 51/94, BFH/NV 1995, 892). Dies rechtfertigt aber nicht die Zulassung der Revision, zumal das FG seine Zweifel nicht allein auf diesen Punkt gestützt, sondern im Besonderen auf die Widersprüchlichkeit des klägerischen Vortrags hingewiesen hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 594978

BFH/NV 2001, 1135

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