Entscheidungsstichwort (Thema)

Gilt ,,Drei-Objekt-Grenze" nur für Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen?

 

Leitsatz (NV)

1. Es ist ernstlich zweifelhaft, ob bei der Anwendung der Drei-Objekt-Grenze zur Bestimmung der Gewerblichkeit von Grundstücksgeschäften ein Objekt auch ein Gebäude mit mehreren Wohnungen sein kann, oder ob unter einem ,,Objekt" in diesem Sinne nur ein Einfamilienhaus oder eine Eigentumswohnung zu verstehen ist.

2. Die Drei-Objekt-Grenze gilt auch dann, wenn die Objekte von einer Personengesellschaft veräußert werden, an der ein Gesellschafter beteiligt ist, der Gesellschafter einer anderen Personengesellschaft ist, die sich mit dem An- und Verkauf von Grundstücken beschäftigt, bzw. der selbst Grundstücke an- und verkauft.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG

 

Tatbestand

Die Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) zu 1. und 2. betreiben ein Architekturbüro. Der Antragsteller zu 3. ist Innenarchitekt. Die Antragstellerin zu 4. ist die Ehefrau des Antragstellers zu 3.

Die Antragsteller zu 1. bis 3. errichteten in den Jahren 1978/1979 in . . . zwei Wohnanlagen mit 28 und 22 Wohneinheiten. Die Anlagen waren für 10 Jahre vermietet.

1981 wurde die Antragestellerin zu 4. dadurch an der Grundstücksgemeinschaft beteiligt, daß der Antragsteller zu 3. ihr 1/12 seines 1/3-Anteils schenkte. Vom selben Zeitpunkt an wurde die Grundstücksgemeinschaft in eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GdbR) umgewandelt.

1982 verkauften die Antragsteller beide Wohnanlagen.

Die Antragsteller erklärten für die Streitjahre Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Diese betrugen für 1981 ./. . . . DM, für 1982 ./. . . . DM und für 1983 . . . DM. Die Antragsteller wurden erklärungsgemäß veranlagt.

Nach einer Außenprüfung vertrat der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) die Auffassung, die Vermietung und Veräußerung der beiden Wohnanlagen sei im Rahmen eines Gewerbebetriebs erfolgt. Das FA erließ deshalb geänderte Gewinnfeststellungsbescheide, in denen es für 1981 einen Verlust von . . . DM, für 1982 einen Gewinn von . . . DM und für 1983 einen Gewinn von . . . DM feststellte.

Gegen die vorgenannten Bescheide haben die Antragsteller Einspruch eingelegt; über diese ist noch nicht entschieden worden. Das FA hat die Aussetzung der Vollziehung der Bescheide abgelehnt.

Den daraufhin beim Finanzgericht (FG) gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Gewinnfeststellungsbescheide 1981 bis 1983 und der Gewerbesteuermeßbescheide 1981 bis 1983 lehnte das FG ab.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist begründet, da ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der mit dem Einspruch angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheide 1981 bis 1983 bestehen (§ 69 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - (Urteil vom 11. April 1989 VIII R 266/84, BFHE 156, 476, BStBl II 1989, 621, m. w. N.) liegt bei der Veräußerung von bebauten Grundstücken, die in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Errichtung der Gebäude veräußert werden, dann kein gewerblicher Grundstückshandel vor, wenn nicht mehr als drei Objekte verkauft werden. Im Streitfall sind nur zwei Objekte verkauft worden.

Daß die Antragsteller zu 1. und 2. außerhalb der GdbR andere bebaute Grundstücke verkauft haben, kann bei der Beantwortung der Frage, welcher Art von Einkünften die von den Antragstellern gebildeten GdbR erzielt hat, nicht berücksichtigt werden. Denn nach dem Beschluß des Großen Senats des BFH vom 25. Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 761) wird die Art der Einkünfte der Gesellschafter einer Personengesellschaft in erster Linie durch die Tätigkeit der Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit, mithin durch die Tätigkeit der Gesellschaft bestimmt. Auf das Senats-Urteil VIII R 15/87 vom heutigen Tage, das zur Veröffentlichung bestimmt ist (siehe Anmerkung; Red.), wird verwiesen. Im Streitfall hat die GdbR (= haben die Antragsteller in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit) nur zwei Objekte veräußert.

Allerdings ist der Grundsatz, daß ein gewerblicher Grundstückshandel nicht vorliegt, wenn die Drei-Objekt-Grenze nicht überschritten wird, bisher vom BFH nur dann angewendet worden, wenn es sich bei den Objekten um ,,Wohneinheiten", also um Eigentumswohnungen oder Einfamilienhäuser handelte. Für Objekte, die Wohnblocks mit mehreren Wohnungen sind, fehlt es bisher an einer oberstgerichtlichen Entscheidung. Das FG Düsseldorf aber hat in seinem Urteil vom 13. März 1990 5 K 473/84 E (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1990, 467) entschieden, daß ein Objekt i. S. der Drei-Objekt-Grenze auch ein Gebäude mit mehreren Wohnungen sein könne.

Unter diesen Umständen liegen hinsichtlich der entscheidungserheblichen Rechtsfrage ernstliche Zweifel i. S. des § 69 FGO vor, die eine Vollziehungsaussetzung rechtfertigen (vgl. BFH-Beschluß vom 10. Mai 1968 III B 55/67, BFHE 92, 472, BStBl II 1968, 610).

 

Fundstellen

Haufe-Index 417460

BFH/NV 1991, 304

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