Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur tatsächlichen Durchführung eines Gesellschaftsvertrags; zur Abgrenzung von gewerblichem Grundstückshandel und privater Vermögensverwaltung

 

Leitsatz (NV)

Die tatsächliche Durchführung eines Gesellschaftsvertrags ist ernstlich zweifelhaft, wenn weder jährliche Ertragsabrechnungen an die Gesellschafter noch eine zeitgerechte Verteilung oder Abrechnung der Verkaufsüberschüsse erfolgt ist.

Ein allgemeiner Rechtssatz des Inhalts, ein gewerblicher Grundstückshandel sei bei einer Besitzdauer von mehr als fünf Jahren unter keinen Umständen mehr anzunehmen, ergibt sich weder aus dem Urteil vom 10. Februar 1987 VIII R 167/85 (BFH/NV 1987, 440) noch aus dem Urteil v. 29. März 1973 I R 153/71 (BFHE 109, 431, BStBl II 1973, 661).

Die Auffassung, mehrere Personen hätten sich deshalb nicht am allgemeinen Wirtschaftsverkehr beteiligt, weil sie trotz ihrer Verbundenheit mit dem Bau- und Grundstücksmarkt die Grundstücksobjekte nicht selbst vermarktet, sondern einen Makler damit beauftragt hätten, ist nicht überzeugend. Zur Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr genügt es, wenn sich der Steuerpflichtige eines Maklers bedient (BFH-Urteil vom 20. August 1986 I R 148/83, BFH/NV 87, 646, 647).

 

Normenkette

EStG §§ 15, 21; GewStG § 2

 

Tatbestand

Die Antragsteller, Beschwerdeführer und Beschwerdegegner (Antragsteller) betrieben ein Architekturbüro. Sie errichteten in den Jahren 1969 bis 1979 an verschiedenen Orten Mietwohngebäude. Diese vermieteten sie.

Am 30. März 1977 beauftragten die Antragsteller den Makler Z, Kaufinteressenten für die Mietwohngebäude zu suchen. Mitte 1977 stellten die Antragsteller aus steuerlichen Gründen ihre Verkaufsabsicht zurück.

Am 3. Oktober 1977 schlossen die Antragsteller mehrere Verträge mit Familienangehörigen, durch die diesen Anteile an den einzelnen Mietwohngebäuden im Wege der Schenkung übertragen wurden. Die Familien der Antragsteller blieben dabei zu 1/2 beteiligt. Die beteiligten Familienangehörigen sollten in die jeweiligen Grundstücksgemeinschaften (BGB-Gesellschaften) eintreten. Zur Geschäftsführung und Vertretung waren nur die Antragsteller berechtigt und verpflichtet.

Anfang Dezember 1979 erteilten die Antragsteller einer Vertriebsgesellschaft den Auftrag, sämtliche Objekte bis zum 31. Dezember 1982 für . . . DM zu verkaufen. Von Ende 1980 bis zum 30. September 1982 wurden 17 von 20 Objekten verkauft.

Nach einer 1981 für die Jahre 1977 bis 1979 durchgeführten Außenprüfung ergingen für diese Jahre endgültige Bescheide. In diesen wurden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der aus den Antragstellern und ihren Familienangehörigen gebildeten Grundstücksgemeinschaften angenommen.

Nach einer von Ende 1985 bis Ende 1987 durchgeführten Außenprüfung kam das Finanzamt (FA) zu dem Ergebnis, daß die Gesellschaftsverträge mit den Familienangehörigen steuerlich nicht anzuerkennen seien, weil sie tatsächlich nicht durchgeführt und wirtschaftlich keine entscheidende Änderung der bisherigen Verhältnisse eingetreten sei. Die Antragsteller seien wirtschaftliche Eigentümer der Grundstücke geblieben. Das FA vertrat die Ansicht, die zwischen den Antragstellern bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) habe Einkünfte aus gewerblichem Grundstückshandel erzielt. Diese gewerbliche Tätigkeit umfasse alle Wohnanlagen und das Architekturbüro. Sie habe spätestens am 30. März 1977 begonnen. Das FA erließ am 28. Dezember 1987 geänderte Gewinnfeststellungsbescheide, mit denen es folgende Einkünfte aus Gewerbebetrieb feststellte: . . . Diese Gewinne wurden je zur Hälfte auf die Antragsteller verteilt. Entsprechende Gewerbesteuermeßbeträge wurden für die GbR festgestellt. Es ergingen auch entsprechende Zerlegungsbescheide.

Die Antragsteller haben gegen diese Bescheide Einsprüche eingelegt, über die bis heute noch nicht entschieden worden ist.

Nach Ablehnung entsprechender Anträge durch das FA beantragen die Antragsteller beim Finanzgericht (FG) die Vollziehung der Gewinnfeststellungsbescheide 1980 bis 1984 und der Gewerbesteuermeßbescheide 1980 bis 1984 sowie die Zerlegung der Gewerbesteuermeßbeträge 1980 bis 1984 auszusetzen.

Das FG gab dem Antrag teilweise statt. Es setzte die Vollziehung folgender Bescheide jeweils bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung aus: . . .

 

Entscheidungsgründe

Sowohl die Beschwerde der Antragsteller als auch die Beschwerde des FA sind unbegründet. Die Entscheidung des FG ist rechtsfehlerfrei.

1. Beschwerde der Antragsteller

a) Der Vortrag der Antragsteller, die Außenprüfung sei nicht rechtmäßig gewesen, ist nicht schlüssig; denn es wird nicht vorgetragen, aufgrund welcher Umstände dies der Fall sein soll.

b) Nach der im Rahmen eines Aussetzungsverfahrens gebotenen summarischen Prüfung konnte das FG zu dem Ergebnis kommen, daß die Gesellschaftsverträge tatsächlich nicht durchgeführt worden seien.

Das FG hat die tatsächliche Durchführung verneint, weil weder jährliche Ertragsabrechnungen an die Gesellschafter noch eine zeitgerechte Verteilung oder Abrechnung der Verkaufsüberschüsse erfolgt sei. Die Antragsteller haben auch im Beschwerdeverfahren keine präsenten Beweismittel vorgelegt, die zu einer anderen rechtlichen Wertung führen könnten.

c) Ohne daß damit der Entscheidung im Hauptverfahren vorgegriffen werden soll, ist der erkennende Senat der Ansicht, daß das FG bei summarischer Prüfung zu dem Ergebnis kommen konnte, im Streitfall liege ein gewerblicher Grundstückshandel vor, weil die Antragsteller einen Teil ihrer Grundstücke bereits Anfang 1977 zum Verkauf angeboten, d. h. nach einer Besitzdauer von höchstens sechs Jahren und weil sie nach ihrem Verkaufsentschluß im Jahre 1977 noch weitere Mietwohnobjekte errichtet haben. Die von den Antragstellern hiergegen vertretene Ansicht, ein gewerblicher Grundstückshandel sei bei einer Besitzdauer von mehr als fünf Jahren unter keinen Umständen mehr anzunehmen, ist nicht zutreffend; denn sowohl aus dem von den Antragstellern zitierten Urteil vom 10. Februar 1987 VIII R 167/85 (BFH/NV 1987, 440) als auch aus der in diesem Urteil genannten Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 29. März 1973 I R 153/71 (BFHE 109, 431, BStBl II 1973, 661) kann ein solches nicht entnommen werden.

d) Soweit die Antragsteller geltend machen, es liege im Streitfall kein gewerblicher Grundstückshandel vor, weil die Antragsteller durch besondere Umstände zum Verkauf der Mietwohngrundstücke gezwungen worden seien, kann dies in diesem Verfahren nicht berücksichtigt werden, da keine präsenten Beweismittel vorgelegt worden sind.

e) Der Einwand der Antragsteller, sie hätten sich deshalb nicht am allgemeinen Wirtschaftsverkehr beteiligt, weil sie trotz ihrer Verbundenheit mit dem Bau- und Grundstücksmarkt die Grundstücksobjekte nicht selbst vermarktet, sondern einen Makler damit beauftragt hätten, ist nicht überzeugend. Zur Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr genügt es, wenn sich der Steuerpflichtige eines Maklers bedient (BFH-Urteil vom 20. August 1986 I R 148/83, BFH/NV 87, 646, 647).

2. Beschwerde des FA

Die Beschwerde des FA ist unbegründet.

Bei der gebotenen summarischen Prüfung kann nicht ausgeschlossen werden, daß das FA bei der Berechnung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb von unzutreffenden Werten ausgegangen ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 417456

BFH/NV 1991, 321

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