Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrensrecht/Abgabenordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Streitwertgrenze im Revisionsverfahren ist nach dem Antrag zu bemessen, der bis zum Ablauf der Revisionsbegründungsfrist gestellt wird. Eine erst nach dem Ablauf dieser Frist vorgenommene Erhöhung des früheren Antrags ist für die Frage, ob die Revision wegen Erreichens der Streitwertgrenze zulässig ist, ohne Bedeutung.

 

Normenkette

AO § 286 Abs. 1; FGO § 115 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Stpfl., eine KG, betreibt den Handel mit Kraftfahrzeugen. Die Betriebswagen nehmen die Gesellschafter der Stpfl. auch für private Fahrten in Anspruch. In der Steuererklärung 1960 setzte die Stpfl. den auf den Komplementär entfallenden privaten Kostenanteil mit 400 DM an. Das FA erhöhte diesen Betrag in dem Gewinnfeststellungsbescheid auf 1.200 DM. In der Einspruchsentscheidung wurde der Betrag weiter auf 4.000 DM erhöht, weil bisher außer Betracht geblieben sei, daß der Komplementär zum Wochenende regelmäßig in sein Wochenendhaus an der Ostsee fahre. Die Berufung, mit der die Stpfl. eine Herabsetzung auf 400 DM beantragte, blieb erfolglos.

Mit ihrer Revision rügt die Stpfl. unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts. In der Revisionsbegründung stellte sie zunächst den Antrag, den vom FG festgestellten Gewinn um 2.435 DM auf 106.964 DM herabzusetzen. Nachdem das FA darauf hingewiesen hatte, daß bei einem streitigen Gewinn von 2.435 DM der Streitwert nur 730 DM betrage, die Revision also unzulässig sei, beantragte die Stpfl., ihren Gewinn um 3.580 DM auf 105.819 DM herabzusetzen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig. Das angefochtene Urteil, das der Stpfl. am 20. Dezember 1965 zugestellt worden ist, ist vor dem Inkrafttreten der FGO ergangen. In einem solchen Fall bestimmt sich nach § 184 Abs. 2 Ziff. 1 FGO der Lauf der Rechtsbehelfsfrist noch nach früherem Recht, weil die Frist bereits vor dem Inkrafttreten der FGO zu laufen begonnen hatte. Nach § 184 Abs. 2 Ziff. 2 FGO ist die Zulässigkeit der am 18. Januar 1966, also nach dem Inkrafttreten der FGO eingelegten Revision ebenfalls noch nach früherem Recht zu beurteilen.

Nach § 286 Abs. 1 AO a. F. war ein Urteil des FG nur anfechtbar, wenn entweder der Streitwert mehr als 1.000 DM betrug oder das FG die Rb. wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache besonders zugelassen hatte. Beide Voraussetzungen sind im vorliegenden Falle nicht erfüllt.

Was die Höhe des Streitwerts angeht, so bestimmt sich der Streitwert nach dem Antrag, den der Stpfl. gestellt hat. In Fällen der einheitlichen Gewinnfeststellung ist der Streitwert nach einem Hundertsatz des streitigen Gewinns zu bemessen, der normalerweise 25 v. H. beträgt, unter Umständen aber höher oder niedriger angesetzt werden kann (Urteile des BFH I 207/55 U vom 9. Oktober 1956, BFH 63, 484, BStBl III 1956, 382; VI 24/64 vom 2. April 1965, HFR 1965, 517). Davon ist auch das FG ausgegangen. Es hat wegen der Höhe der Einkünfte des Gesellschafters, um dessen Autonutzung es geht, den Satz von 30 v. H. angesetzt. Diese Schätzung erscheint auch dem Senat zutreffend. Infolgedessen beträgt der Streitwert, je nachdem ob man den in der Revisionsbegründung zunächst gestellten Antrag oder den später in dem Schriftsatz vom 26. August 1966 gestellten Antrag zugrunde legt, (30 % von 2.435 DM =) 730 DM oder (30 % von 3.580 DM =) 1.074 DM.

Nun können zwar auch nach der FGO die Prozeßbeteiligten ihren Antrag erweitern oder beschränken, ohne daß darin eine nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässige Klageänderung liegt (vgl. § 67 FGO in Verbindung mit § 155 FGO und § 268 ZPO). Für die Beurteilung, ob die Revision zulässig ist, d. h. ob die Streitwertgrenze von 1.000 DM überschritten ist, kann jedoch nur der Antrag maßgebend sein, den der Beteiligte innerhalb der Revisions- bzw. Revisionsbegründungsfrist gestellt hat (vgl. Urteile des BFH VI 136/59 vom 21. August 1959, HFR 1964, 213; II 188/63 U vom 26. Mai 1965, BFH 82, 675, BStBl III 1965, 490; Rosenberg, Lehrbuch des Deutschen Zivilprozeßrechts, Aufl. 1960, § 134 Anm. 2 S. 663). Denn spätestens mit dem Ablauf der Revisionsbegründungsfrist müssen die Tatsachen, die für die Zulässigkeit der Revision gegeben sein müssen, vorliegen. Stellt der Stpfl. erst nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist einen Antrag, der die Streitwertgrenze übersteigt, so kann dadurch die mit dem Ablauf der Revisionsbegründungsfrist feststehende Unzulässigkeit der Revision nicht nachträglich wieder beseitigt werden.

Danach ist im Streitfall der erste innerhalb der Revisionsbegründungsfrist gestellte Antrag maßgebend, mit dem die Stpfl. ihr Begehren konkretisiert hat. Demgemäß beträgt der Streitwert nur 730 DM, so daß die Revision unzulässig ist.

über die Unzulässigkeit ist durch Beschluß zu entscheiden (§ 126 Abs. 1 FGO). Ein Beschluß kann, auch wenn wie im Streitfall mündliche Verhandlung beantragt ist, ohne mündliche Verhandlung ergehen (§ 121 in Verbindung mit § 90 Abs. 1 Satz 2 FGO; vgl. auch den Beschluß des BFH V R 177/66 vom 16. Februar 1967, BFH 88, 304, BStBl III 1967, 368).

 

Fundstellen

Haufe-Index 424219

BStBl III 1967, 470

BFHE 1967, 514

BFHE 88, 514

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