Entscheidungsstichwort (Thema)

NZB; mangelhafte Sachaufklärung; grundsätzliche Bedeutung: Zur Beurteilung "freiwilliger Elternbeiträge" als Schulgeld

 

Leitsatz (NV)

1. Rügt der Kläger mangelhafte Sachaufklärung, ist vorzutragen, inwiefern der nach Auffassung des Klägers zutreffende Sachverhalt auch unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können.

2. Aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Privatschulförderung ergeben sich keine neuen Gesichtspunkte, die eine erneute Überprüfung der Rechtsprechung zu § 10 b EStG erforderlich machten.

 

Normenkette

EStG § 10b; FGO § 115 Abs. 3

 

Verfahrensgang

FG Hamburg

 

Gründe

1. Mit dem Vortrag, das Finanzgericht (FG) habe sich nicht ausreichend mit ihrem rechtlichen Vorbringen auseinandergesetzt, rügen die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sinngemäß das -- teilweise -- Fehlen einer Begründung des Urteils (§ 119 Nr. 6, § 116 Abs. 1 Nr. 5 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Sie machen damit einen Verfahrensmangel geltend, der nur mit der zulassungsfreien Revision gerügt werden kann (z. B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 116 Rz. 5, 6 mit Rechtsprechungsnachweisen). Im übrigen ist ein FG-Urteil nur dann "nicht mit Gründen versehen" i. S. des § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO, wenn nicht erkennbar ist, auf welchen Feststellungen, Erkenntnissen und rechtlichen Erwägungen es beruht. Nicht ausreichend ist deshalb, wenn die Kläger nur darlegen, das FG habe sich nicht mit allen von ihnen vorgetragenen rechtlichen Erwägungen auseinandergesetzt (vgl. z. B. Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 17. Mai 1989 II R 154/88, BFH/NV 1990, 244).

2. Die Rüge mangelhafter Sachaufklärung ist nicht schlüssig erhoben. Die Revision darf nur zugelassen werden, wenn das Urteil des FG auf dem Verfahrensmangel beruhen konnte. Das ist nur der Fall, wenn ausgehend vom Rechtsstandpunkt des FG -- selbst wenn dieser unzutreffend wäre -- ohne den gerügten Verfahrensmangel das Urteil anders ausgefallen wäre (z. B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 33, 34). Eine schlüssige Verfahrensrüge hätte deshalb schon vorausgesetzt, daß die Kläger vorgetragen hätten, inwiefern der ihrer Auffassung nach zutreffende Sachverhalt auch unter Berücksichtigung der Rechtsaufassung des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können. Die unsubstantiierte Behauptung, das Urteil beruhe auf den geltend gemachten Verfahrensmängeln, genügt hierfür grundsätzlich nicht.

Im übrigen ist nicht erkennbar, inwiefern die konkrete Verwendung der Bauumlagen für die Beurteilung der Frage, ob es sich um Leistungen mit Entgeltcharakter handelt, von Bedeutung sein könnte. Wenn die Kläger weiter rügen, es sei "abwegig" die laufenden Bauumlagen, zu denen sie sich in "völliger Freiwilligkeit" verpflichtet hätten, als Leistungen mit Schuldgeldcharakter zu beurteilen, und insoweit nicht näher substantiierte weitere Sachaufklärung für erforderlich halten, wenden sie sich lediglich gegen die vermeintliche Fehlerhaftigkeit des Urteils, die allein eine Revisionszulassung nicht rechtfertigt.

3. Hat das FG die Entscheidung kumulativ auf mehrere selbständig tragende Gründe gestützt, so ist die Zulassung der Revision nur möglich, wenn für jeden der Gründe ein Zulassungsgrund vorliegt (z. B. BFH- Beschluß vom 2. Mai 1974 IV B 3/74, BFHE 112, 337, BStBl II 1974, 524; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 11 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Eine schlüssige Revisionsrüge setzt deshalb voraus, daß hinsichtlich eines jeden selbständig tragenden Grundes ein Zulassungsgrund geltend gemacht wird. Diesen Voraussetzungen genügt die Beschwerde nicht. Das FG hat die Berücksichtigung der Elternbeiträge an die Privatschule als Spenden i. S. des § 10 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) aus zwei selbständig tragenden Gründen verneint,

-- zum einen, weil die Kläger keine den Anforderungen des § 48 Abs. 3 Nr. 2 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung entsprechende Spendenbescheinigung vorgelegt haben, nachdem der Empfänger der Zuwendung ausdrücklich erklärt hat, eine "Spenden"-Bescheinigung nicht erteilen zu wollen,

-- zum anderen, weil es sich bei den Elternbeiträgen der Sache nach um Schulgeld handelt.

Lediglich hinsichtlich der zweiten Begründung haben die Kläger einen Zulassungsgrund (grundsätzliche Bedeutung) geltend gemacht.

Im übrigen ergeben sich aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 8. April 1987 BvL 8/84 u. 16/84 (Neue Juristische Wochenschrift 1987, 2359) keine Gesichtspunkte, die eine erneute Überprüfung der Rechtsprechung zur Auslegung des § 10 b EStG erforderlich machten. Danach ist Art. 7 Abs. 4 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) zwar auch als eine Verpflichtung des Gesetzgebers zu verstehen, die privaten Ersatzschulen zu schützen und zu fördern. In welcher Weise der Gesetzgeber seiner Förderungspflicht nachkommt, schreibt ihm das GG nicht vor. Das BVerfG hat in seiner Entscheidung deshalb ausdrücklich die Gestaltungsfreiheit der grundsätzlich für die Gesetzgebung und Verwaltung im Bereich des Schulwesens ausschließlich zuständigen Länder auch hinsichtlich der Art und Weise der Förderung betont. Auch wenn Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG als verbindliche Verfassungsnorm dazu zwingt, die Ersatzschulgenehmigung zu versagen, wenn überhöhte Schulgelder eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern auch nur fördern würde, ergeben sich daraus für die Auslegung des § 10 b EStG keine neuen Gesichtspunkte. Selbst wenn die Förderung der Schule unzureichend sein sollte und diese deshalb gezwungen wäre, ein im Sinne der Entscheidung des BVerfG überhöhtes Schulgeld zu verlangen, kann dies zu keiner anderen steuerrechtlichen Beurteilung der Leistungen führen.

Der Beschluß ergeht im übrigen gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 419962

BFH/NV 1995, 114

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