Entscheidungsstichwort (Thema)

NZB; Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung

 

Leitsatz (NV)

1. Zur ordnungsgemäßen Begründung der behaupteten grundsätzlichen Bedeutung gehört die Darlegung, daß die herausgestellte Rechtsfrage durch den Rechtsstreit überhaupt aufgeworfen wird.

2. Eine Aussetzung des Verfahrens über eine Nichtzulassungsbeschwerde nach § 74 FGO kommt in Hinblick auf anhängige Verfassungsbeschwerden jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn die Verfassungsbeschwerden materiell-rechtliche Fragen betreffen und die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen ist.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 3

 

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig, da ihre Begründung nicht den gesetzlichen Anforderungen (§ 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) entspricht.

1. Der Kläger macht als Verfahrensmangel geltend, das Finanzgericht (FG) habe unter Verstoß gegen die ,,Offizialmaxime" nicht alle rechtlichen Gesichtspunkte gewürdigt. Es hätte sich ,,auch mit anderen Rechtsgründen befassen müssen". Mit dieser Behauptung wird - wie sich aus der Begründung ergibt - allenfalls ein materieller Fehler des Urteils des FG gerügt, nicht aber ein Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr.3 FGO schlüssig dargelegt. Damit ist die Nichtzulassungsbeschwerde insoweit nicht ordnungsgemäß begründet (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).

2. Auch soweit der Kläger grundsätzliche Bedeutung als Grund zur Zulassung der Revision geltend macht, genügt die Beschwerdebegründung nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO.

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Es muß sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27. Juni 1985 I B 27/85, BFHE 144, 137, BStBl II 1985, 625). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen für eine grundsätzliche Bedeutung muß in der Beschwerdebegründung ,,dargelegt" werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Dazu ist es u.a. erforderlich, in der Beschwerdebegründung eine bestimmte durch den Rechtsstreit aufgeworfene Rechtsfrage hinreichend deutlich herauszustellen.

Diesen Anforderungen entspricht die Beschwerdebegründung nicht. Der Kläger hat zwar die Frage nach den Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen § 119 Abs. 3 2. Halbsatz der Abgabenordnung (AO 1977) als klärungsbedürftig herausgestellt, er hat es jedoch versäumt, einen rechtlichen Zusammenhang dieser Rechtsfrage mit dem Rechtsstreit darzustellen. Im FG-Urteil ist die vom Kläger herausgestellte Rechtsfrage nicht angesprochen. Der Kläger setzt sich in der Beschwerdebegründung auch nicht mit der Frage auseinander, ob es im Hinblick auf die Bestimmung des § 119 Abs. 4 AO 1977 im Streitfall überhaupt einer Unterschrift oder der Namenswiedergabe bedurfte. Der Kläger hat mithin nicht dargelegt - wie es zu einer ordnungsgemäßen Begründung der Beschwerde erforderlich gewesen wäre -, daß die von ihm herausgestellte Rechtsfrage durch den Rechtsstreit überhaupt aufgeworfen wird.

3. Soweit der Kläger als Zulassungsgrund eine Abweichung des FG-Urteils von dem Urteil des BFH vom 26. September 1990 II R 99/88 (BFHE 161, 489, BStBl II 1990, 1043) geltend macht, entspricht die Begründung nicht den gesetzlichen Anforderungen. Nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO ist die Entscheidung des BFH, von der das Urteil des FG nach Auffassung des Klägers abweicht, zu bezeichnen. Dazu ist es u.a. erforderlich, daß aus der Entscheidung des FG ein diese Entscheidung tragender allgemeiner Rechtssatz herausgestellt wird, der zu einem ebenfalls die Entscheidung tragenden allgemeinen Rechtssatz in der angezogenen BFH-Entscheidung im Widerspruch steht. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Der Kläger stellt zwar einen allgemeinen Rechtssatz aus der angezogenen BFH-Entscheidung heraus, stellt diesem jedoch nicht - wie es erforderlich gewesen wäre - einen aus der Entscheidung des FG abgeleiteten allgemeinen Rechtssatz gegenüber. Keinesfalls kann eine Abweichung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr.2 FGO mit der abweichenden Auffassung des Finanzamts (FA) begründet werden.

4. Auf die vom Kläger ursprünglich geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken wird die Beschwerde im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 27. Dezember 1991 2 BvR 72/90 (BStBl II 1992, 212) nicht mehr gestützt. Über sie ist daher im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde vom Senat nicht mehr zu befinden.

5. Der Senat ist nicht nach § 74 FGO an einer Entscheidung gehindert.

Die vom Kläger genannten Verfassungsbeschwerdeverfahren haben für das vorliegende Verfahren keine Relevanz. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, so daß es schon deshalb auf die in der Verfassungsbeschwerde angesprochenen materiell-rechtlichen Fragen nicht ankommt. Soweit mit den Verfassungsbeschwerden geltend gemacht wird, die Entscheidung des BFH über die Nichtzulassung der Revision sei willkürlich falsch und deshalb verfassungswidrig, wirkt sich eine Entscheidung des BVerfG in den dort anhängigen Verfahren auf den hier entschiedenen Fall nicht aus. Denn die jeweiligen Beschwerdebegründungen sind nicht identisch. Im Streitfall führt die unzureichende Begründung dazu, daß die Nichtzulassungsbeschwerde - anders als in den dem BVerfG vorliegenden Fällen - als unzulässig zu verwerfen ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 418929

BFH/NV 1993, 736

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