Entscheidungsstichwort (Thema)

(Rückkaufangebot beim Ersterwerbermodell - Ersterwerbergemeinschaft als Verlustzuweisungsgesellschaft - summarische Prüfung im Aussetzungsverfahren)

 

Leitsatz (amtlich)

Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, daß ein Rückkaufangebot nur dann Bedeutung für die Einkünfteerzielungsabsicht des Anlegers haben kann, wenn feststeht, daß er das Angebot kannte. Die Kenntnis des Vertriebsvermittlers genügt nicht.

 

Orientierungssatz

1. Bei Ersterwerbergemeinschaften, bei denen ein Rückkaufangebot nicht vereinbart wurde, ist zu prüfen, ob es sich um sog. Verlustzuweisungsgesellschaften handelt, bei denen zu vermuten ist, daß es an der Absicht fehlt, einen positiven Gesamtüberschuß zu erzielen (vgl. BFH-Rechtsprechung).

2. Die Grundsätze der summarischen Prüfung im Aussetzungsverfahren gelten auch, wenn die Feststellung eines höheren als des festgestellten Werbungskostenüberschusses im Rahmen einer gesonderten und einheitlichen Feststellung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung begehrt wird (vgl. BFH-Beschluß vom 24.7.1990 IX B 138/89).

 

Normenkette

EStG § 2 Abs. 1, § 9 Abs. 1 S. 1, § 21; FGO § 69 Abs. 2-3; AO 1977 § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a

 

Tatbestand

Die Antragsteller und Beschwerdegegner (Antragsteller) beteiligten sich durch Übernahmeerklärungen vom Mai und Juni 1982 an der Ersterwerbergemeinschaft A (GbR), die ein Hotel errichtete. Sie erwarben --wie auch die übrigen Anleger-- in dem Hotelkomplex Hotelappartements, die sie an eine GmbH vermieteten. Diese vermietete die möblierten Appartements an Hotelgäste weiter. Vertriebsvermittlerin für die Anteile an der Gemeinschaft war die T GmbH, Initiator und Geschäftsbesorgerin der GbR die B AG.

Baubeginn war im Juli 1982, Fertigstellung des Hotels Ende 1983.

In den Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für die Streitjahre 1982 bis 1984 wiesen die Anleger erhebliche Werbungskostenüberschüsse aus, die der Antragsgegner und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) zunächst im wesentlichen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gesondert und einheitlich feststellte.

Nach einer Außenprüfung kürzte das FA in den geänderten Feststellungsbescheiden für die Streitjahre die Werbungskostenüberschüsse. In dem aufgrund der Betriebsprüfung ergangenen geänderten Feststellungssammelbescheid ist vermerkt, daß für eine Reihe von Anlegern, darunter die Antragsteller, keine Einkünfte festzustellen seien, da eine steuerschädliche Rückkaufgarantie eingeräumt worden sei. Der Betriebsprüfer hatte nämlich schriftliche Rückkaufangebote der B vom Juli 1982 gefunden, die an bestimmte Anleger --darunter die Antragsteller-- adressiert sind. Sämtliche Antragsteller haben 1986 von dem Rückkaufangebot Gebrauch gemacht und von der B Rückerwerb der Appartements verlangt. Dazu haben sie vorgetragen, ihnen seien die Rückkaufangebote erst Ende 1985 bekannt geworden. Die Rückkaufangebote der B habe diese an die Vertriebsvermittlerin gesandt. Diese habe bei den Kaufverhandlungen das Rückkaufangebot nicht erwähnt. Erst 1985 habe die Vertriebsvermittlerin sie nach Verhandlungen mit der B wegen bestimmter Kostenerhöhungen im Zusammenhang mit der Errichtung des Hotelkomplexes auf das Bestehen der Rückkaufangebote hingewiesen. Viele Anleger hätten sich daraufhin um einen Verkauf ihrer Appartements bemüht. Alle Antragsteller seien noch heute Eigentümer ihrer Appartements. Die Verkaufswünsche aus 1985 und 1986 seien nicht durch die formnichtige Rückkaufverpflichtung der B, sondern aufgrund persönlicher Umstände veranlaßt gewesen.

Nachdem das FA die Aussetzung der Vollziehung der Feststellungsbescheide für die Antragsteller abgelehnt hatte, haben sie beim Finanzgericht (FG) einen entsprechenden Antrag gestellt, der Erfolg hatte. Das FG hielt die Rechtmäßigkeit der Feststellungsbescheide, soweit sie die Antragsteller betreffen, schon deshalb für ernstlich zweifelhaft, weil ungeklärt sei, ob die Antragsteller bei den Vertragsverhandlungen über die Beteiligung an der Ersterwerbergemeinschaft von dem Rückkaufangebot Kenntnis erhalten haben. Auch aus Rechtsgründen bestünden Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Feststellungsbescheide. Anders als bei den typischen Mietkaufmodellen hätten die Antragsteller aufgrund des Vertragswerkes nicht die Möglichkeit aus der Hand gegeben, über das weitere Schicksal ihrer Appartements selbst zu entscheiden.

Dagegen richtet sich die vom FG zugelassene Beschwerde des FA. Das bloße Bestreiten der Antragsteller, in den Streitjahren von dem Rückkaufangebot gewußt zu haben, führe zu keiner tatsächlichen Ungewißheit. Nach der zeitlich letzten Verwaltungsregelung (z.B. Erlaß des Senators für Finanzen in Berlin vom 26. Januar 1993, Erlaß des Finanzministeriums des Landes Thüringen vom 18. März 1993, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1993, 725, und Finanzministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 10. Mai 1993, Der Betrieb --DB-- 1993, 1325) sei bei einem Rückkaufangebot regelmäßig die Einkünfteerzielungsabsicht zu verneinen. Frühere großzügigere Verwaltungsregelungen, auf die das FG sich bezogen habe (Schreiben des Bundesministers der Finanzen --BMF-- vom 23. Juli 1992, BStBl I 1992, 434), seien überholt.

Das FA beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zurückzuweisen.

Die Antragsteller beantragen, die Beschwerde zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet. Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Feststellungsbescheide, soweit sie die Antragsteller betreffen.

1. Gemäß § 69 Abs.3 i.V.m. Abs.2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts wegen ernstlicher Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit aussetzen. Ernstliche Zweifel liegen nach der ständigen Rechtsprechung vor, wenn neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken. Es ist aufgrund einer summarischen Prüfung der tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen des Feststellungsbescheids zu entscheiden, wobei die Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen soweit erforderlich ist, daß entschieden werden kann, ob ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen. Die Beweisaufnahme ist auf präsente Beweismittel beschränkt. Diese Grundsätze gelten auch, wenn die Feststellung eines höheren als des festgestellten Werbungskostenüberschusses im Rahmen einer gesonderten und einheitlichen Feststellung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung begehrt wird (vgl. Senatsbeschluß vom 24. Juli 1990 IV B 138/89, BFH/NV 1991, 159).

2. Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze auf den Streitfall erweist sich die Vorentscheidung als zutreffend. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, daß Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Einbeziehung der Antragsteller in die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung schon deshalb bestehen, weil sich im summarischen Verfahren der Aussetzung der Vollziehung nicht klären läßt, ob sie das Rückkaufangebot der B kannten bzw. es ihnen zugegangen ist. Die Kenntnis der Anlagevermittlerin genügt jedenfalls nicht, um die Einkünfteerzielungsabsicht der Antragsteller zu verneinen. Die Absicht, Einkünfte zu erzielen oder nicht zu erzielen, ist ein persönliches Besteuerungsmerkmal, das nur in der Person des Steuerpflichtigen selbst erfüllt oder nicht erfüllt sein kann.

Eine abschließende Klärung der Frage des Zugangs der Rückkaufangebote muß dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Sollte sich dort ergeben, daß die Antragsteller keine Kenntnis von den Rückkaufangeboten hatten, wird weiter zu prüfen sein, ob es sich bei der Ersterwerbergemeinschaft um eine sog. Verlustzuweisungsgesellschaft handelt, bei der --auch ohne Rückkaufangebot-- zu vermuten ist, daß es an der Absicht fehlt, einen positiven Gesamtüberschuß zu erzielen (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 21. August 1990 VIII R 25/86, BFHE 163, 524, BStBl II 1991, 564, und vom 10. September 1991 VIII R 39/86, BFHE 165, 406, BStBl II 1992, 328). Außerdem wird dann zu prüfen sein, welche Aufwendungen der Antragsteller nach den Grundsätzen des Senatsurteils vom 14. November 1989 IX R 197/84 (BFHE 158, 546, BStBl II 1990, 299), die auch bei Erwerbermodellen anzuwenden sind (Senatsurteil vom 11. Januar 1994 IX R 82/91, BFHE 174, 127), sofort als Werbungskosten abziehbar sind oder zu den Anschaffungskosten gehören.

 

Fundstellen

Haufe-Index 65123

BFH/NV 1995, 19

BStBl II 1995, 778

BFHE 175, 421

BFHE 1995, 421

BB 1995, 659

BB 1995, 659 (LT)

DB 1995, 253-254 (LT)

DStZ 1995, 182-183 (KT)

HFR 1995, 199-200 (LT)

StE 1995, 2 (K)

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