Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerabzug: Zuordnung von Räumen in einem Einfamilienhaus zum Unternehmen

 

Leitsatz (NV)

1. Ein Unternehmer darf einen Gegenstand seinem Unternehmen zuordnen, wenn der Gegenstand im Umfang des vorgesehen en Einsatzes für unternehmerische Zwecke in einem objektiven und erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der (beabsichtigten) unternehmerischen Tätigkeit steht und diese fördern soll.

2. Absichtsänderungen des Steuerpflichtigen wirken nicht auf den Zeitpunkt des Leistungsbezugs zurück und führen deshalb nicht dazu, dass für Eingangsleistungen in Rechnung gestellte Umsatzsteuerbeträge nachträglich als Vorsteuerbeträge abziehbar sind.

 

Normenkette

UStG 1999 § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 06.04.2005; Aktenzeichen 1 K 2520/04)

 

Tatbestand

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) gab erstmals am 10. Oktober 2003 eine Umsatzsteuererklärung ab. Darin erklärte sie für das Jahr 2000 (Streitjahr) steuerpflichtige sonstige Leistungen gemäß § 3 Abs. 9 a des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) in Höhe von 109 DM (Umsatzsteuer 17,44 DM) sowie Vorsteuerbeträge in Höhe von 118 541,81 DM. Als Art des Unternehmens gab sie "Finanzdienstleistungen, Unternehmensberatung und Vermietung" an. Beigefügt war ein Schreiben des Steuerberatungsbüros, das ihr Ehemann mit einem weiteren Steuerberater in Form einer Sozietät betreibt. Darin wird unter Berufung auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 8. Mai 2003 C-269/00, Seeling (Slg. 2003, I-04101, BStBl II 2004, 378) der Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten des von der Klägerin und ihrem Ehemann errichteten Einfamilienhauses in G beantragt. Der Einzug sei Ende Dezember 2000 erfolgt, so dass lediglich für drei Tage ein Privatanteil --mithin 109 DM-- anzusetzen sei. Beigefügt war ein Bauplan, in den handschriftlich in einen Trockenraum "Archiv/Lager" und in einen Abstellraum "Büro" eingetragen worden war.

Für dieses Haus war am 4. Januar 2001 ein Antrag auf --später gewährte-- Eigenheimzulage gestellt worden. Dem Antrag war keine unternehmerische Nutzung zu entnehmen; die Frage, ob Teile der Wohnung nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt würden, wurde verneint und die Wohnfläche mit 100 % Wohnzwecken dienend angegeben.

Dem unter dem 31. Januar 2002 abgegebenen Fragebogen zur Feststellung des Einheitswertes des Grundstücks waren Baupläne beigefügt, denen keine Räume zu entnehmen waren, die auf eine unternehmerische Nutzung hinwiesen.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) setzte durch Bescheid vom 1. März 2004 die Umsatzsteuer für 2000 auf 0 DM fest.

Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Einspruch eingelegte Klage der Klägerin ab, weil das FA zu Recht davon ausgegangen sei, dass es zum Zeitpunkt der Errichtung des Einfamilienhauses an objektiven Anhaltspunkten für eine unternehmerische Nutzung fehle. Das FG verwies zur Begründung gemäß § 105 Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf die Einspruchsentscheidung des FA vom 9. Januar 2004. Ergänzend führte es u.a. aus, den vorgelegten Unterlagen lasse sich zum Zeitpunkt der Errichtung des Einfamilienhauses kein Anhaltspunkt für eine unternehmerische Nutzung entnehmen. Entgegen der Auffassung der Klägerin könne nicht eine unterschiedliche Zuordnung für die Einkommen- und Umsatzsteuer getroffen werden. Wenn bereits im Antrag auf Eigenheimzulage im Januar 2001 von einer privaten Nutzung des Gebäudes zu 100 % ausgegangen werde, könne diese Nutzung nicht im Oktober 2003 rückwirkend geändert werden.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der Nichtzulassungsbeschwerde. Sie beantragt, die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO und wegen eines Verfahrensmangels gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO zuzulassen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg.

1. Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Nichtzulassung kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 FGO). Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

2. Die Beschwerde kann nicht --wie von der Klägerin in erster Linie erstrebt-- gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen werden. Die dafür erforderlichen Voraussetzungen sind nicht ordnungsgemäß dargelegt.

Die Klägerin meint, das angegriffene Urteil verstoße gegen die bisherige Rechtsprechung des BFH, hat aber nicht --wie für die Darlegung einer Divergenz erforderlich-- einander widersprechende Rechtssätze aus einem BFH-Urteil und der Vorentscheidung gegenübergestellt (vgl. dazu BFH-Beschlüsse vom 15. Februar 2000 V B 152/99, BFH/NV 2000, 824; vom 27. Juni 2003 V B 75/02, BFH/NV 2003, 1590, unter II. 2. b).

Überdies liegt auch keine Divergenz vor. Das FG ist nicht davon ausgegangen, eine unterschiedliche Zuordnung eines Wirtschaftsgutes für die Einkommensteuer einerseits und für die Umsatzsteuer andererseits sei generell nicht möglich. Vielmehr hat die Klägerin den von ihr beanstandeten Satz aus dem Zusammenhang gerissen. Er ist bei verständiger Würdigung entsprechend dem nachfolgenden Satz so zu verstehen, dass, wenn bereits im Antrag auf Eigenheimzulage im Januar 2001 von einer privaten Nutzung des Gebäudes von 100 % ausgegangen werde, diese Nutzung nicht im Oktober 2003 rückwirkend geändert werden könne. Diese Aussage des FG ist nicht zu beanstanden. Sie steht z.B. im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats im Urteil vom 25. November 2004 V R 38/03 (BFHE 208, 84, BStBl II 2005, 414), wonach Absichtsänderungen nicht zurückwirken und deshalb nicht dazu führen, dass Steuerbeträge nachträglich als Vorsteuer abziehbar sind.

3. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

Es ist bereits geklärt, dass ein Unternehmer einen Gegenstand seinem Unternehmen zuordnen darf, wenn der Gegenstand im Umfang des vorgesehenen Einsatzes für unternehmerische Zwecke in einem objektiven und erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der gewerblichen und beruflichen Tätigkeit steht und diese fördern soll. Maßgebend sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmers im Zeitpunkt des Leistungsbezugs. Er muss in Zweifelsfällen darlegen, dass die bezogene Leistung seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit hat fördern sollen (vgl. BFH-Urteile vom 11. November 1993 V R 52/91, BFHE 173, 239, BStBl II 1994, 335, unter II. 1.; vom 27. Juli 1995 V R 44/94, BFHE 178, 482, BStBl II 1995, 835, unter II. 1. a; vom 17. September 1998 V R 27/96, BFH/NV 1999, 832, unter II. 1.).

Diesen Grundsätzen entspricht die Vorentscheidung. Einen weiter gehenden Klärungsbedarf hat die Klägerin nicht dargelegt.

4. Die Revision kann auch nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO wegen eines Verfahrensmangels zugelassen werden.

a) Die Klägerin meint, das FG habe die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs in ihrer Umsatzsteuererklärung sowie ihren Vortrag gegenüber dem FA nicht berücksichtigt, es seien überdimensionierte Kellerfenster sowie Anschlüsse für Telefon, Fax, PC sowie für den dazugehörigen Strom eingebaut worden.

b) Die schlüssige Rüge eines Verfahrensmangels wegen Nichtberücksichtigung des Inhalts der Akten (§§ 76, 96 FGO) erfordert u.a. die Darlegung, dass die Entscheidung unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des FG auf der Nichtberücksichtigung dieser Aktenteile beruhen kann (vgl. BFH-Beschlüsse vom 21. September 2000 XI B 13/99, BFH/NV 2001, 200; vom 7. April 2005 V B 39/04, BFH/NV 2005, 1585, unter II. 1. b).

Daran fehlt es. Bei dem vorliegenden Sachverhalt sprechen die Gesamtumstände derartig eindeutig gegen die Absicht der Klägerin, einen Teil des Einfamilienhauses für unternehmerische Zwecke zu nutzen, dass das FG nicht ausdrücklich auf die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs sowie ihren Vortrag gegenüber dem FA --der in der vom FG in Bezug genommenen Einspruchsentscheidung vom 9. Januar 2004 wiedergegeben worden ist-- eingehen musste.

Abgesehen davon fehlt es an objektiven Anhaltspunkten dafür, dass die Klägerin mit dem angegebenen Gegenstand ihres Unternehmens "Finanzdienstleistungen, Unternehmensberatung und Vermietung" beabsichtigt hatte, Eingangsleistungen zur Ausführung von steuerpflichtigen Umsätzen zu verwenden (vgl. dazu z.B. BFH-Urteil in BFHE 208, 84, BStBl II 2005, 414). Nach den Feststellungen des FG führte die Klägerin im Streitjahr 2000 und im nachfolgenden Jahr ausschließlich steuerfreie Umsätze aus.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1514437

BFH/NV 2006, 1364

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