Entscheidungsstichwort (Thema)

Verzinsung einer mit Berichtigungsmöglichkeit entstandenen Steuer

 

Leitsatz (NV)

Es ist nicht grundsätzlich klärungsbedürftig, ob eine wegen unzutreffenden Steuerausweises in einer Rechnung gemäß § 14 Abs. 2 UStG 1980 entstandene Steuer gemäß § 233 a AO 1977 zu verzinsen ist. Das Gesetz enthält insoweit eine eindeutige Regelung. Danach besteht die aufgrund des Steuerausweises entstandene Umsatzsteuer bis zur -- ohne Rückwirkung eintretenden -- Berichtigung des Betrags.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1; AO 1977 § 233a; UStG 1980 § 14 Abs. 2, § 17 Abs. 1

 

Verfahrensgang

FG Münster

 

Tatbestand

Nach den Feststellungen einer Betriebsprüfung erteilte die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) Abschlagsrechnungen mit offenem Umsatzsteuerausweis. In den den Abschlagsrechnungen folgenden Abschlußrechnungen wies die Klägerin Umsatzsteuer auf den vollen Nettobetrag ge sondert aus, nicht nur nach Maßgabe der Differenz zwischen der Summe der Netto beträge aus den entsprechenden Abschlagsrechnungen einerseits und dem Nettobetrag der Abschlußrechnung andererseits. Diesen Feststellungen folgend, erließ der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) geänderte Umsatzsteuerbescheide 1989 bis 1991, in denen das FA den Steuerausweis in den Abschlußrechnungen in voller Höhe erfaßte, wobei es sich auf § 14 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1980) stützte, soweit ein gesonderter Steuerausweis bereits in den entsprechenden Abschlagsrechnungen enthalten war. Die Änderungsbescheide waren mit Zinsfestsetzungen nach § 233 a der Abgabenordnung (AO 1977) verbunden und wurden unanfechtbar.

Einspruch und Klage gegen die Zinsbescheide blieben erfolglos. Zur Begründung führte das Finanzgericht (FG) aus, die nach der im Dezember 1993 beendeten Außenprüfung vorgenommene Korrektur der zu hoch gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge in den Abschlußrechnungen habe erst im Zeitpunkt der Berichtigung Ende 1993 bzw. Anfang 1994 zu einer negativen Steuerschuld der Klägerin nach § 14 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 17 UStG 1980 geführt. Die Klägerin habe einen Zinsvorteil gehabt, weil sie die gemäß § 14 Abs. 2 UStG 1980 geschuldete Umsatzsteuer für 1989 bis 1991 nicht schon bei Erteilung der Abschlußrechnungen entrichtet habe. Aus dem klaren und unzweideutigen Wortlaut des § 233 a Abs. 1 und Abs. 5 AO 1977 folge, daß Steuernachforderungen zu verzinsen seien. Dabei sei ohne Bedeutung, ob die Steuer in einem Erstbescheid oder in einem Änderungs- bzw. Berichtigungsbescheid festgesetzt worden sei. Ebenfalls sei es unerheblich, daß die Klägerin den in den Abschlußrechnungen überhöht ausgewiesenen Umsatzsteueranteil bis zur Erteilung geä nderter Abschlußrechnungen nicht vereinnahmt habe bzw. daß die Rechnungen von den Rechnungsempfängern nicht zum Vorsteuerabzug verwendet worden seien.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde, die auf grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) gestützt wird. Die Klägerin macht geltend, durch die lediglich aus Vereinfachungsgründen nur ex nunc und nicht ex tunc mögliche Berichtigung der Umsatzsteuer gemäß § 17 Abs. 1 UStG 1980 werde eine Zinsforderung auf eine berichtigte und damit erloschene Steuerschuld erhoben. Die Sache sei von grundsätzlicher Bedeutung, da es sich um eine im Gesetzgebungsverfahren offensichtlich nicht erkannte Problematik handele, die in einer Vielzahl von Fällen, gerade im Bauhandwerk, von erheblicher Relevanz sei und einer grundsätzlichen Klärung bedürfe.

Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.

 

Entscheidungsgründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg.

Die von der Klägerin als grundsätzlich klärungsbedürftig angeführte Rechtsfrage, ob eine wegen unzutreffenden Steuerausweises in einer Rechnung gem äß § 14 Abs. 2 UStG 1980 entstandene Steuer gemäß § 233 a AO 1977 zu verzinsen ist, bedarf keiner Entscheidung in einem Revisionsverfahren. Das Gesetz enthält insoweit eine eindeutige Regelung.

Die Klägerin vertritt die Ansicht, eine gemäß § 14 Abs. 2 UStG 1980 entstandene, bis zur Festsetzung nicht entrichtete Umsatzsteuer führe zu keinem Liquiditätsvorteil. Gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG 1980 sei jederzeit eine Berichtigung möglich. Die Berichtigung sei aufgrund der Gesetzesverweisung auf § 17 Abs. 1 UStG 1980 lediglich aus Vereinfachungsgründen für das Massenbesteuerungsverfahren nicht ex tunc, sondern nur ex nunc zulässig. Die durch den Steuerausweis entstandene Steuer erl ösche jedenfalls mit der Berichtigung und werde ohnehin in der Praxis weder ausgezahlt noch vom Rechnungsempfänger zum Vorsteuerabzug herangezogen.

Da im Streitfall die maßgeblichen Umsatzsteuer-Änderungsbescheide bestandskräftig sind, ist im vorliegenden Verfahren gegen die Zinsbescheide nicht auf möglicherweise mit angesprochene Fragen der Entstehung der in sog. Endrechnungen zuviel ausgewiesenen Steuer nach § 14 Abs. 2 UStG 1980 einzugehen (offengelassen im Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 27. April 1994 XI R 54/93, BFHE 174, 477, BStBl II 1994, 718 unter 2.).

Die hier aufgeworfene, die angefochtenen Zinsbescheide betreffende Frage, ob hinsichtlich einer gemäß § 14 Abs. 2 UStG 1980 mit Berichtigungsmöglichkeit entstandenen Steuer Zinsen gemäß § 233 a AO 1977 festgesetzt werden dürfen, ist aus der Vorschrift wie folgt zu beantworten:

Nach § 233 a AO 1977 in der hier maßgebenden Fassung sind sog. Nachzahlungszinsen auf Steuern, die nach dem 31. Dezember 1988 entstehen, zu erheben, wenn die Festsetzung einer Steuer (hier: Umsatzsteuer) zu einer Steuernachforderung führt. Wie die Rechtsprechung dazu dargelegt hat, ist es ohne Bedeutung, ob die Steuer in einem Erstbescheid oder in einem Änderungs- bzw. Berichtigungsbescheid festgesetzt wird, ebenso, aus welchen Gründen es zu einer Änderung oder Berichtigung der Steuerfestsetzung kommt (vgl. BFH-Beschluß vom 27. September 1994 VIII B 21/94, BFHE 175, 516).

Ob die Berichtigung des Steuerbetrags gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 17 Abs. 1 UStG 1980 nur ex nunc aus Vereinfachungsgründen für die Massenbesteuerung vorgesehen wurde, wie die Klägerin meint, ist ebenfalls unerheblich. Entscheidend ist, daß das Gesetz vom Bestand der aufgrund des Steuerausweises entstandenen Umsatzsteuer bis zur -- ohne Rückwirkung eintretenden -- Berichtigung des Betrags ausgeht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 421695

BFH/NV 1997, 165

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