Leitsatz (amtlich)

1. Der Streitwert in Streitigkeiten, in denen es um die Zulassung zur Steuerbevollmächtigtenprüfung geht, beträgt 8 000 DM (Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung).

2. Im Streitwertbeschwerdeverfahren stehen sich die Parteien nicht als Gegner gegenüber. Der Gegenpartei können daher Kosten nicht auferlegt werden, auch wenn sie der Streitwertänderung widersprochen hat und dabei erfolglos geblieben ist.

 

Normenkette

FGO §§ 135, 140; GKG §§ 10a, 14 a.F., § 46; BRAGO § 9

 

Tatbestand

Der Prozeßbevollmächtigte und Beschwerdeführer (Beschwerdeführer) ist Rechtsanwalt. Sein Mandant (Kläger und Antragsteller), der die Steuerbevollmächtigtenprüfung 1973 nicht bestanden hatte, stritt im Hauptverfahren um die Zulassung zur Wiederholungsprüfung 1974. Nachdem der Zulassungsausschuß bei der Beklagten (OFD) den Mandanten des Beschwerdeführers zur Prüfung zugelassen hatte, erklärten die Parteien die Hauptsache für erledigt. Das FG legte die Kosten des Verfahrens der OFD auf.

Der Kostenbeamte des FG setzte die zu erstattenden Aufwendungen nach § 149 FGO a. F. auf 179,88 DM fest. Der Beschwerdeführer legte im Auftrag seines Mandanten dagegen Erinnerung ein und stellte u. a. den Antrag, das FG möge durch Beschluß den vom Kostenbeamten mit 3 000 DM zugrunde gelegten Streitwert auf 10 000 DM festsetzen. Das FG setzte durch den angefochtenen Beschluß den Streitwert auf 3 000 DM fest. Zur Begründung führte es aus, es sei dem Kostengläubiger nicht verwehrt, neben einer sich auf Kostenerstattungsfragen im engeren Sinne beschränkenden Erinnerung den Antrag nach § 146 Abs. 1 Satz 2 FGO zu stellen (vgl. Beschluß des BFH vom 22. Mai 1970 IV B 81/67, BFHE 99, 443, BStBl II 1970, 724). Das FG halte einen Betrag von 3 000 DM für angemessen und ausreichend, um der Bedeutung der Streitsache gerecht zu werden.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Prozeßbevollmächtigten mit dem Antrag, den Streitwert auf 10 000 DM festzusetzen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist teilweise begründet.

Der angefochtene Beschluß beruht auf § 146 Abs. 1 Satz 2 FGO a. F.; diese Bestimmung ist nach Art. 5 § 2 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Änderung des Gerichtskostengesetzes und anderer Vorschriften (BGBl I 1975, 2189) im vorliegenden Fall noch anwendbar. Gegen ihn ist nach § 146 Abs. 3 FGO a. F. die Beschwerde gegeben, und zwar ohne Beschränkung auf die in § 128 Abs. 3 FGO bei Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen geltende Wertgrenze (vgl. BFH-Beschlüsse vom 19. Dezember 1969 III B 30/69, BFHE 98, 125, BStBl II 1970, 324; vom 1. Juli 1975 VII B 15/74, BFHE 116, 444, BStBl II 1975, 846). Die Beschwerde steht nach § 128 Abs. 1 FGO den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen zu (BFH-Beschluß vom 18. November 1970 I B 29-31/70, BFHE 101, 23 BStBl II 1971, 154). Als Rechtsanwalt konnte der Prozeßbevollmächtigte dieses Rechtsmittel nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BRAGebO aus eigenem Recht einlegen.

Das FG hatte den Streitwert nach § 140 Abs. 3 FGO a. F. unter Berücksichtigung der Sachanträge der Beteiligten nach freiem Ermessen zu bestimmen. Da der Rechtsstreit die Zulassung zur Steuerbevollmächtigtenprüfung zum Gegenstand hatte und daher nichtvermögensrechtlicher Art war, mußte das FG bei der Ausübung des ihm nach § 140 Abs. 3 FGO a. F. eingeräumten Ermessens den Streitwert an einem der allgemeinen Bedeutung einer solchen Streitigkeit Rechnung tragenden Geldbetrag orientieren. Dieser Gedanke liegt auch dem § 14 GKG a. F. und dem § 10 a GKG n. F. zugrunde und ist deshalb nach § 140 Abs. 1 FGO a. F. auch hier maßgebend.

Der erkennende Senat hat bereits in Verfahren, welche die Zulassung zur Steuerberaterprüfung, deren Ergebnis oder die Befreiung von ihr zum Gegenstand hatten, den Streitwert regelmäßig auf 3 000 DM festgesetzt. In entsprechenden Streitsachen in bezug auf die Steuerbevollmächtigtenprüfung hat er wegen der geringeren Bedeutung dieser Angelegenheiten einen Streitwert von 2 000 DM als im allgemeinen angemessen erachtet. Es erscheint dem Senat jedoch geboten, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Die Frage, ob ein Bewerber zur Steuerbevollmächtigtenprüfung zugelassen ist, entscheidet auch darüber, ob dieser später diesen Beruf ausüben kann, also auch zu einem wesentlichen Teil über sein künftiges Einkommen. Es ist zwar nicht möglich, dieses künftige Einkommen auch nur annähernd vorauszuschätzen; es ist aber sicherlich nicht unbedeutend. Allerdings geht es im vorliegenden Rechtsstreit nicht unmittelbar um die Zulassung zum Beruf eines Steuerbevollmächtigten, sondern nur um die Zulassung zur entsprechenden Prüfung, von deren Ergebnis erst die Zulassung abhängt. Bei Berücksichtigung aller Umstände des Falles erscheint dem Senat ein Streitwert in Höhe von 8 000 DM für angemessen.

Im Streitwert-Beschwerdeverfahren stehen sich die Parteien nicht als Gegner gegenüber (Kammergerichtsbeschlüsse vom 20. Februar 1940 10 W 2885/39, Deutsches Recht 1940 S. 1385, und vom 23. November 1934 14 W 7016/34, Juristische Wochenschrift 1935 S. 223; Beschluß des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 6. Dezember 1954 1 W 85/54, Monatsschrift für Deutsches Recht 1955 S. 178; Lauterbach-Hartmann, Kostengesetze, 17. Aufl., § 9 BRAGebO, Anm. 3 c; Tschigale, Kostenentscheidung, Deutsche Richterzeitung 1957 S. 83, 84). Die OFD ist also nicht die unterliegende Partei i. S. des § 135 FGO, obwohl sie der Streitwertänderung widersprochen hat. Für eine Kostenentscheidung durch den Senat ist also kein Raum. Das gilt im vorliegenden Fall auch hinsichtlich der Gerichtskosten, da sich die Kostenfolge des § 46 Abs. 2 GKG a. F. bereits aus dem Gesetz ergibt und der entsprechende Kostenansatz dem dafür vorgesehenen Verfahren vorbehalten bleiben muß.

 

Fundstellen

Haufe-Index 71604

BStBl II 1976, 383

BFHE 1976, 145

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