Leitsatz

1. Der Gewinn aus der Veräußerung an der Börse gehandelter Inhaberschuldverschreibungen, die einen Anspruch gegen die Emittentin auf Lieferung physischen Goldes verbrieften und den aktuellen Goldpreis abbildeten (z.B. "Gold Bullion Securities"), ist jedenfalls dann nicht nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 i.V.m. Abs. 1 Nr. 7 EStG steuerpflichtig, wenn die Emittentin verpflichtet ist, das ihr zur Verfügung gestellte Kapital nahezu vollständig zum Erwerb von Gold einzusetzen (Anschluss an Senatsurteil vom 12.05.2015 ‐ VIII R 35/14, BFHE 250, 71, BStBl II 2015, 834).

2. Dies gilt auch dann, wenn nach den Emissionsbedingungen der Inhaber bei der Kündigung der Schuldverschreibungen statt der Lieferung des verbrieften Goldes die Auszahlung des Erlöses aus dem Verkauf des für ihn hinterlegten Goldes verlangen kann. Auch in diesem Fall wird primär eine Sachleistung geschuldet (entgegen BMF-Schreiben vom 18.01.2016 ‐ IV C 1‐S 2252/08/10004:017, BStBl I 2016, 85, Rz 57).

 

Normenkette

§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Abs. 1 Nr. 7, § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger erwarb im Jahr 2008 "Gold Bullion Securities" (WKN A0LP78) Inhaberschuldverschreibungen, die er im Jahr 2011 mit einem Gewinn in Höhe von 9.248,97 EUR an der Börse veräußerte. Bei den "Gold Bullion Securities" handelte es sich nach den Emissionsbedingungen um durch physisches Gold besicherte, unbefristete Schuldverschreibungen ohne Verzinsung und ohne Endfälligkeit. Dabei verbrieft jede einzelne "Gold Bullion Security" Schuldverschreibung einen effektiven Anspruch auf Gold. Das den Wertpapieren zugewiesene physische Gold wurde im Namen der Emittentin treuhänderisch in einem Tresor in London als identifizierbare Goldbarren aufbewahrt. Die Haftung der Emittentin war auf das hinterlegte Gold beschränkt. Die Emittentin war verpflichtet, das ihr zur Verfügung gestellte Kapital nahezu vollständig zum Erwerb von Gold einzusetzen. Der Zeichner hatte nach einer jederzeit möglichen Kündigung das Recht, die Auslieferung des Goldes auf ein Konto bei einem Londoner Bullion-Händler zu verlangen. Alternativ hatte er die Möglichkeit, das Gold auf dem Londoner Goldmarkt zu veräußern und sich den dabei erzielten Veräußerungserlös auszahlen zu lassen. Nach den Emissionsbedingungen konnten die Schuldverschreibungen grundsätzlich nicht der Emittentin zurückgegeben werden, sondern mussten über die Börse verkauft werden.

Das FA legte den von dem Kläger erzielten Gewinn aus dem Verkauf der "Gold Bullion Securities" in Höhe von 9.248,97 EUR der Besteuerung als Kapitalerträge i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 i.V.m. Abs. 1 Nr. 7 EStG zugrunde. Das FG gab der hiergegen erhobenen Klage statt (Thüringer FG, Urteil vom 27.6.2017, 2 K 60/16, Haufe-Index 11348753, EFG 2018, 110).

 

Entscheidung

Der BFH hat die Revision des FA als unbegründet zurückgewiesen.

 

Hinweis

1. Nach Auffassung des BFH ist der Verkauf von an der Börse gehandelten "Gold Bullion Securities" Inhaberschuldverschreibungen wie ein unmittelbarer Verkauf physischen Goldes zu beurteilen. Denn sie verbriefen einen Anspruch gegen die Emittentin auf Lieferung physischen Goldes, bei dem es sich nicht um eine Kapitalforderung i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG handelt. Voraussetzung ist jedoch, dass sich die Emittentin verpflichtet, das ihr zur Verfügung gestellte Kapital nahezu vollständig zum Erwerb von Gold einzusetzen. In diesem Fall hat sie kein eigenständiges Kapitalnutzungsrecht i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG.

2. Dass der Kläger nicht Eigentümer des Goldes war, sondern nur einen schuldrechtlichen Lieferanspruch besaß, ändert daran nichts. Der BFH ­beurteilt diese Goldgeschäfte auch nach der Einführung der Abgeltungsteuer als private Veräußerungsgeschäfte i.S.v. § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG; vgl. Senatsurteile zu den XETRA-Gold Inhaberschuldverschreibungen: BFH, Urteil vom 12.5.2015, VIII R 35/14 (BFH/NV 2015, 1467, BFHE 250, 71, BStBl II 2015, 834), BFH, Urteil vom 12.5.2015, VIII R 19/14 (BFH/NV 2015, 1559) und BFH, Urteil vom 12.5.2015, VIII R 4/15 (BFH/NV 2015, 1468, BFHE 250, 75, BStBl II 2015, 835); ferner: BFH, Urteil vom 6.2.2018, IX R 33/17 (BFH/NV 2018, 574, BFHE 260, 485, BStBl II 2018, 525). Im Streitfall ist die insoweit maßgebliche Jahresfrist zwischen Anschaffung und Veräußerung überschritten worden, sodass die Voraussetzungen für eine Besteuerung nach § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht erfüllt waren.

3. Der Anspruch des Klägers auf die Lieferung von Gold wird auch nicht dadurch zu einem Anspruch auf Geld, weil der Kläger die Möglichkeit hatte, die "Gold Bullion Securities"Inhaberschuldverschreibungen am Sekundärmarkt zu veräußern. Die Veräußerung begründet lediglich ein weiteres Rechtsverhältnis, das unabhängig vom schuldrechtlichen Lieferanspruch auf Gold, der Gegenstand der Inhaberschuldverschreibungen ist, zu beurteilen ist.

4. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger nach den Emissionsbedingungen berechtigt war, zur Erfü...

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