Leitsatz

1. Bei der Zusammenrechnung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG sind Vorerwerbe dem letzten Erwerb ohne Bindung an eine dafür bereits ergangene Steuerfestsetzung mit den materiell-rechtlich zutreffenden Werten hinzuzurechnen. Eine bei der Besteuerung des Vorerwerbs zu Unrecht abgezogene sachliche Steuerbefreiung ist nicht zu berücksichtigen.

2. Die Steuervergünstigungen des § 13a ErbStG sind nur zu gewähren, wenn das erworbene Vermögen sowohl auf Seiten des Erblassers oder Schenkers als auch auf Seiten des Erwerbers begünstigtes Vermögen ist. Die Zuwendung von Geld zum Erwerb eines Betriebs ist nicht begünstigt.

 

Normenkette

§ 14 Abs. 1, § 13a ErbStG

 

Sachverhalt

Der Kläger hatte von seiner Mutter 205.000 EUR erhalten; dies entsprach im Streitjahr 2006 dem Freibetrag für Betriebsvermögen nach § 13a ErbStG vor 2009. Mit diesem Geld ersteigerte der Kläger ein Grundstück, auf dem ein Reiterhof betrieben wurde. Im Jahr 2010 übertrug die Mutter dem Kläger ein weiteres Grundstück nebst Hof- und Gebäudefläche.

Für den ersten Erwerb aus 2006 setzte das FA durch Bescheid in 2011 die Steuer zunächst i.H.v. 0 EUR fest wegen der Begünstigung aus § 13a ErbStG vor 2009.

Im Jahr 2011 setzte das FA durch Bescheid Schenkungsteuer für den zweiten Erwerb aus 2010 fest; der Vorerwerb aus 2006 wurde mit einem Erinnerungswert von 1 EUR erfasst. Der Steuerbescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO).

Im Jahr 2014 erließ das FA einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Steuerbescheid; die Begünstigung nach § 13a ErbStG vor 2009 wurde nicht mehr gewährt.

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren vom Kläger erhobene Klage hatte keinen Erfolg (Hessisches FG, Urteil vom 22.3.2016, 1 K 2014/14, Haufe-Index 9520561, EFG 2016, 1277).

 

Entscheidung

Die Revision hat der BFH ebenfalls als unbegründet zurückgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Inanspruchnahme der Steuervergünstigung nach § 13a ErbStG vor 2009.

Gemäß § 14 Abs. 1 Sätze 1 und 2 ErbStG werden mehrere Erwerbe innerhalb von zehn Jahren zusammengerechnet. Aufgrund der Selbstständigkeit der ­Besteuerung der einzelnen Erwerbe sind die entsprechenden Vorerwerbe dem letzten Erwerb mit den materiell-rechtlich zutreffenden Werten hinzuzurechnen. Damit stehen vorausgegangene Bescheide z.B. einer späteren Nichtgewährung einer Steuervergünstigung nicht entgegen.

Und für den ersten Erwerb ist die Steuerbefreiung nach § 13a ErbStG vor 2009 zutreffend nicht angewandt worden. Die Steuervergünstigung ist nur zu gewähren, wenn das Vermögen auf beiden Seiten des Zuwendungsverhältnisses Betriebsvermögen ist. Dies ergibt sich aus dem Zweck der Vorschrift. Im Besprechungsfall fehlt es an dieser Voraussetzung.

 

Hinweis

1. Ein für die Praxis wichtiges Problem im Entscheidungsfall ist die Gewährung der Steuerermäßigung für Betriebsvermögen, § 13a ErbStG vor 2009 (heute im Zusammenhang mit § 13b ErbStG). Der BFH hat entschieden, dass die Begünstigung für Betriebsvermögen bei mittelbaren Schenkungen in der Konstellation des Falles nicht zu gewähren ist.

a) Mittelbare Schenkungen wurden im Bereich der Grundstückszuwendung in der Vergangenheit – insbesondere unter Geltung der Einheitswerte – häufig vorgenommen (vgl. u.a. BFH, Urteil vom 22.6.2010, II R 40/08, BFH/NV 2010, 1935, BStBl II 2010, 843, Rz. 13 m. w. N.). Nach diesem Modell ist es möglich, dem Zuwendungsempfänger einen Geldbetrag zuzuwenden mit der Auflage, ein bestimmtes Grundstück zu erwerben. Der Zuwendungsempfänger hat dann nicht den Geldbetrag, sondern den Grundstückswert zu versteuern.

Dieses Modell ist freilich in der Gegenwart weniger interessant geworden, da sich der Steuerwert des Grundstücks und der Nennwert des Geldbetrags mittlerweile entsprechen sollten.

b) Für den Bereich des Erwerbs von Betriebsvermögen von einem Dritten nach Geldzuwendung hat der BFH eine mittelbare Schenkung abgelehnt. Der BFH betont, dass die Steuervergünstigung des § 13a ErbStG vor 2009 nur zu gewähren ist, wenn das erworbene Vermögen sowohl aufseiten des Schenkers als auch aufseiten des Erwerbers Betriebsvermögen ist.

Diese Erkenntnis leitet der BFH aus dem Zweck der Vorschrift ab. Die in Unternehmen bestehenden Arbeitsplätze sollen davor geschützt werden, dass der Erwerber für die Zahlung der Erbschaftsteuer auf die Vermögenswerte des Betriebes zurückgreifen muss. Die Vergünstigung des § 13a ErbStG vor 2009 soll dagegen nicht allgemein dazu dienen, die Gründung bzw. den Erwerb eines Betriebes zu begünstigen. Der BFH leitet dies aus den Kriterien der "Weiterführung", der "Aufrechterhaltung" und der "Fortführung" des Betriebes ab.

c) Lediglich ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die Finanzverwaltung (R E 13b.2 Abs. 2 ErbStR 2011) eine Privilegierung vorsieht. Denn eine begünstigte Übertragung von Vermögen liegt danach auch vor, wenn der Schenker dem Beschenkten einen Geldbetrag mit der Auflage zuwendet, dass der Erwerber sich damit am Betriebsvermögen des Schenkers beteiligt (mittelbare Schenkung). Allerdings geht es im Entscheidungsfall um den E...

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