Leitsatz

Der Wert für die Nutzungsentnahme eines Fahrzeugs aus dem Betriebsvermögen und der Betrag der nicht abziehbaren Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG wird nach der Billigkeitsregelung der Finanzverwaltung (BMF, Schreiben vom 21.1.2002, IV A 6 S 2177, 1/02, BStBl I 2002, 148) durch die "Gesamtkosten des Kraftfahrzeugs" begrenzt; solche "Gesamtkosten" des Kfz sind bei entgeltlicher Überlassung durch einen Gesellschafter an die Gesellschaft nur deren Aufwendungen für das Fahrzeug, nicht aber die Aufwendungen des Gesellschafters.

 

Normenkette

§ 163 AO, § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6, § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG

 

Sachverhalt

Ein Gesellschafter einer Steuerberatersozietät vermietete an diese einen in seinem Eigentum stehenden Pkw der Marke Porsche 911, für den er kein Fahrtenbuch führte und dessen Kosten er selbst trug.

In den Einnahmen-Überschuss-Rechnungen (§ 4 Abs. 3 EStG) für die Streitjahre erfasste die Sozietät das von ihr entrichtete Mietentgelt in vollem Umfang als Betriebsausgabe und setzte korrespondierend bei ihrem Gesellschafter Sonderbetriebseinnahmen in derselben Höhe an. Als Sonderbetriebsausgaben berücksichtigte sie die von ihrem Gesellschafter getragenen laufenden Pkw-Kosten.

Die Privatnutzung des Pkw Porsche 911 durch den Gesellschafter erfasste sie als dessen Sonderbetriebseinnahme. Ihren Wert ermittelte sie nach der 1 %-Regelung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG und setzte ihn sodann auf der Grundlage des BMF-Schreibens vom 21.1.2002, BStBl I 2002, 148 (vgl. dazu OFD München, Verfügung vom 25.5.2005, S 214520 St 41/42) nur in Höhe der tatsächlich vom Gesellschafter getragenen Aufwendungen in der (Sonder‐)Einnahmen-Überschuss-Rechnung an.

Das FA verneinte die Möglichkeit einer Begrenzung der Nutzungsentnahme auf die tatsächlichen Kosten und änderte die Feststellungsbescheide unter Ansatz einer Nutzungsentnahme nach der 1 %-Regelung.

Die dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage der Sozietät ist vor dem FG Berlin-Brandenburg unter dem Aktenzeichen 3 K 3010/08 anhängig.

Unabhängig von den Rechtsbehelfen gegen die Feststellungsbescheide für die Streitjahre beantragte die Klägerin (Sozietät), die streitige Beschränkung der Nutzungsentnahme auf den Betrag der von ihrem Gesellschafter getragenen Pkw-Aufwendungen sowie die von ihr vorgenommene Ermittlung der nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte im Wege abweichender Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen nach § 163 AO zu berücksichtigen.

Das FA lehnte diesen Antrag ab und wies den dagegen gerichteten Einspruch zurück. Die daraufhin erhobene Klage wies das FG ab (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.10.2009, 3 K 3109/08, Haufe-Index 2320284, EFG 2010, 1093).

 

Entscheidung

Die Revision der Klägerin blieb erfolglos. Der BFH führte aus, die Voraussetzungen der Billigkeitsregelung laut BMF ("Kostendeckelung") lägen nicht vor. Die "Gesamtkosten" des Pkw seien die in der Gewinnermittlung der Sozietät zu erfassenden Mietaufwendungen, nicht aber die vom Gesellschafter getragenen Pkw-Kosten. Die Mietaufwendungen seien höher als die nach der 1 %-Regelung ermittelte Nutzungsentnahme.

 

Hinweis

1. Entnahmen des Steuerpflichtigen für sich, seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke sind gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG mit dem Teilwert anzusetzen. Nach der Sonderregelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist für die Entnahme der privaten Nutzung eines (betrieblichen) Kfz für jeden Kalendermonat 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zzgl. der Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen.

2. Abweichend davon kann die private Nutzung mit den auf die Privatfahrten entfallenden Aufwendungen nur angesetzt werden, wenn die für das Kfz insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG).

3. Die Finanzverwaltung hat indessen für eine Sondersituation eine Billigkeitsregelung erlassen, die für die Ermessensausübung gem. § 163 AO eine verbindliche Ermessensrichtlinie darstellt. Der Steuerpflichtige hat gem. Art. 3 Abs. 1 GG einen Anspruch auf gleichmäßige Anwendung dieser Ermessensrichtlinie.

a) Nach dieser Verwaltungsvorschrift (BMF, Schreiben vom 21.1.2002, BStBl I 2002, 148; vgl. dazu OFD München, Verfügung vom 25.5.2005 – S 2145 – 20 St 41/42, sog. "Kostendeckelung") sind der Nutzungswert und der Betrag der nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG nicht abziehbaren Betriebsausgaben höchstens mit dem Betrag der Gesamtkosten des Kfz anzusetzen, wenn im Einzelfall nachgewiesen werden kann, dass der pauschale Nutzungswert nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG sowie die nicht abziehbaren Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG die für das genutzte Kfz insgesamt tatsächlich entstandenen Aufwendungen übersteigen.

b) Vermietet der Gesellschafter einer GbR seinen betrieblich genutzten Pkw, dessen Kosten er selbst trägt, an die ...

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