Leitsatz

Dem Verpächter eines Rohbaus steht der Abzug von AfA ab dem Beginn der Verpachtung zu. Dabei ist es unerheblich, ob der Pächter den Rohbau unmittelbar bezogen hat oder welche Arbeiten im Einzelnen noch vor "Bezug" erfolgt sind.

 

Sachverhalt

Der Kläger errichtete ein Bürogebäude, das er als Rohbau ab September 1999 an die D-GmbH verpachtete. Ab diesem Zeitpunkt machte er Gebäude-AfA als Werbungskosten geltend.

Das Finanzamt ließ die Gebäude-AfA unberücksichtigt. Es begründete dies damit, dass der Rohbau vor der Herrichtung des Gebäudes durch die Pächterin D für deren Zwecke nicht in relevantem Umfang genutzt worden sei.

 

Entscheidung

Das FG hat dem Kläger die AfA erklärungsgemäß gewährt. Denn die AfA ist auch bei einem Rohbau so vorzunehmen, wie sie vorzunehmen wäre, wenn das Gebäude auch im Inneren zu Beginn der Verpachtung fertiggestellt gewesen wäre.

Bei Wirtschaftsgütern, deren Nutzung zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt, sind die Herstellungskosten auf die Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts zu verteilen. Bei Gebäuden richtet sich die AfA nach § 7 Abs. 4 bis 5a EStG.

Mit der Verpachtung hat der Kläger begonnen, den Rohbau zur Einkünfteerzielung zu nutzen. Vom Zeitpunkt der Nutzungsüberlassung steht ihm die AfA zu, unabhängig davon, ob man den Zweck der AfA in der Verteilung der bereits entstandenen Herstellungskosten sieht oder im Ausgleich des (wirtschaftlichen) Wertverzehrs. Denn auch bei einem Rohbau beginnt mit dem Einsatz zur Einkünfteerzielung die Abnutzung und zwar unabhängig davon, ob die Pächterin den Rohbau unmittelbar bezogen hat oder welche Arbeiten im Einzelnen noch vor Bezug erfolgt sind.

 

Hinweis

Die Entscheidung des FG überzeugt. Offenbar war sich das Finanzamt seiner Sache auch nicht ganz sicher, denn es hat gegen den zuvor ergangenen Gerichtsbescheid "lediglich" mündliche Verhandlung beantragt, obwohl das FG im Gerichtsbescheid die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen hatte.

Zum Bewertungsrecht hat der BFH jedenfalls mit Urteil v. 18.4.2012, II R 58/10, BFH/NV 2012 S. 1208, entschieden, dass ein neu errichtetes Bürogebäude, das nach seiner Funktion zur Vermietung einzelner, entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Mieter gestalteter Büros dienen soll, (bereits) bezugsfertig i. S. v. § 146 Abs. 4 Satz 1 i. V. m. § 145 Abs. 1 Satz 3 BewG ist, wenn die für das Gebäude wesentlichen Bestandteile fertiggestellt sind und zumindest eine Büroeinheit benutzbar ist. Die Berücksichtigung einer Alterswertminderung daher erfordert nicht, dass in einem neu errichteten, zur Vermietung vorgesehenen Bürogebäude bereits alle Büroeinheiten mietergerecht ausgebaut und benutzbar sind.

 

Link zur Entscheidung

FG des Saarlandes, Urteil vom 09.05.2012, 2 K 1073/10

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