Zusammenfassung

 
Überblick

Zur Bewertung von Betriebsvermögen bzw. Anteilen am Betriebsvermögen oder Anteilen an Kapitalgesellschaften kann auf das vereinfachte Ertragswertverfahren zurückgegriffen werden. Der nachfolgende Beitrag dient als Anleitung zum Ausfüllen der Anlage Vereinfachtes Ertragswertverfahren nach der Rechtslage ab dem 1.7.2016.

Aus Sicht der Finanzverwaltung sind zum einen die Erbschaftsteuerrichtlinien 2019 zu beachten. Diese finden Anwendung für alle Erwerbsfälle, für die die Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer nach dem 21.8.2019 entsteht. Darüber hinaus gelten die Erbschaftsteuerrichtlinien 2019 auch für Erwerbsfälle, für die die Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer vor dem 22.8.2019 entstanden ist, soweit sie geänderte Vorschriften des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes betreffen, die vor dem 1.5.2019 anzuwenden sind. Ferner müssen auch die Erbschaftsteuerhinweise 2019 beachtet werden. Diese sind auf Erwerbsfälle anzuwenden, für die die Steuer nach dem 21.8.2019 entstanden ist oder entsteht.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Rechtsgrundlage sind die §§ 199 – 203 BewG. Weiterhin zu beachten sind die R B 199.1 ErbStR 2019– R. B 203 ErbStR 2019 sowie die H B 200 ErbStH 2019 – H B 202 ErbStH 2019.

Das vereinfachte Ertragswertverfahren kommt in Betracht, wenn der gemeine Wert von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft nach § 11 Abs. 2 BewG oder der gemeine Wert des Betriebsvermögens oder eines Anteils am Betriebsvermögen nach § 109 Abs. 1 und 3 i. V. m. § 11 Abs. 2 BewG zu ermitteln ist.

Rechtsgrundlage für die Erhebung der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer sind die §§ 3, 7 ErbStG i. V. m. § 12 ErbStG.

Zu beachten sind auch das Jahressteuergesetz 2022, dem der Bundesrat am 16.12.2022 zugestimmt hat; ferner die gleichlautenden Ländererlasse vom 5.10.2022[1]

zu Anwendungsfragen zum KöMoG und den Auswirkungen für die Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie Bewertung von Betriebsvermögen und Anteilsbewertung sowie die gleichlautenden Erlasse v. 13.10.2022[2]

zur Behandlung von (jungem) Verwaltungsvermögen und (jungen) Finanzmitteln bei Umwandlungsvorgängen sowie Folgen von Umwandlungsvorgängen für die Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahren.

Hinzuweisen ist auch auf das BFH, Urteil vom 2.12.2020[3]

zur Sachaufklärungspflicht des Finanzgerichts bei Ermittlung des Anteilswerts einer nicht börsennotierten Kapitalgesellschaft.

Zu den bewertungsrechtlichen Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2022 sind die gleichlautenden Ländererlasse v. 20.3.2023[4] zu beachten.

1 Vorbemerkung

1.1 Allgemeines

Das vereinfachte Ertragswertverfahren wird angewandt zur Ermittlung des gemeinen Werts von

  • nicht notierten Anteilen an Kapitalgesellschaften sowie
  • Betriebsvermögen und Anteilen daran (z. B. Einzelunternehmen oder Anteile an Personengesellschaften).

Sind branchentypisch ertragswertorientierte Verfahren ausgeschlossen, z. B. wenn Multiplikatoren- oder Substanzwertverfahren zur Anwendung kommen, kann das vereinfachte Ertragswertverfahren nicht angewandt werden.

Beim Ertragswertverfahren wird der zukünftig nachhaltig erzielbare Jahresertrag mit einem Kapitalisierungsfaktor multipliziert. Dabei bietet für die Ermittlung dieses Jahresertrags der in der Vergangenheit tatsächlich erzielte Durchschnittsertrag eine wichtige Beurteilungsgrundlage. Dieser ist regelmäßig aus den Betriebsergebnissen der letzten 3 vor dem Bewertungsstichtag abgelaufenen Wirtschaftsjahre herzuleiten.

Bei der Bewertung ausländischer Unternehmen sind die Regelungen des vereinfachten Ertragswertverfahrens entsprechend, insbesondere hinsichtlich der Ermittlung des nachhaltig erzielbaren Jahresertrags, anzuwenden, wenn dies nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt

 
Wichtig

Abweichung vom Wert nach Ertragswertverfahren

Der durch das vereinfachte Ertragswertverfahren ermittelte Wert wird vom Finanzamt immer dann zugrunde gelegt, wenn das Ergebnis nicht offensichtlich unzutreffend ist.

Erkenntnisse über eine offensichtlich unzutreffende Wertermittlung zum gemeinen Wert können z. B. in den nachstehenden Fällen hergeleitet werden[1]:

  • Es liegen zeitnahe Verkäufe vor, wenn diese nach dem Bewertungsstichtag stattgefunden haben.
  • Es liegen Verkäufe vor, die mehr als ein Jahr vor dem Bewertungsstichtag stattgefunden haben.
  • Es wurden Erbauseinandersetzungen durchgeführt, bei denen die Verteilung der Erbmasse Rückschlüsse auf den gemeinen Wert zulässt.

Will das Finanzamt von dem durch das vereinfachte Ertragswertverfahren gefundenen Wert abweichen, trägt es die Feststellungslast für die Ermittlung eines abweichenden Werts. Will jedoch der Steuerpflichtige abweichen, trägt dieser die Feststellungslast für die Ermittlung eines abweichenden Werts.

Nach dem BFH, Urteil v. 2.12.2020[2] hat für die Ermittlung des gemeinen Werts von Anteilen an einer nicht börsennotierten Kapitalg...

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