Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsplatzsicherung. Vorübergehende Tarifabsenkung. arbeitsvertragliche Bezugnahme auf Tarifvertrag. Gleichstellungsabrede. Tarifkonkurrenz. Vereinbarkeit von Tarifnormen mit höherrangigem Recht

 

Leitsatz (amtlich)

Der Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA, der zur Sicherung von Beschäftigungsmöglichkeiten für die Zeit vom 1. August 1997 bis zum 31. Juli 2003 die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit und die Vergütung von unter den Geltungsbereich des BAT-O fallenden vollbeschäftigten Lehrkräften an allgemeinbildenden Schulen des Landes Sachsen-Anhalt auf je 87 % herabsetzt, verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.

 

Orientierungssatz

1. Wird im Arbeitsvertrag auf die für den Betrieb jeweils fachlich und räumlich einschlägigen Tarifregelungen Bezug genommen, liegt im Zweifel eine sog. „Gleichstellungsabrede” vor.

2. Wird im Anschluß an eine Gleichstellungsabrede im Arbeitsvertrag auf eine tarifliche Arbeitszeitregelung besonders hingewiesen, ist darin mangels besonderer Anhaltspunkte keine rechtsbegründende arbeitsvertragliche Vereinbarung über die regelmäßige Arbeitszeit zu sehen, sondern nur ein deklaratorischer Hinweis auf die jeweilige tarifliche Regelung.

3. Das Verhältnis zwischen BAT-O und Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA bestimmt sich nach den Regeln der Tarifkonkurrenz. Es gilt der Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA, soweit er gegenüber dem BAT-O und den diesen ergänzenden Tarifverträgen (zB Vergütungstarifvertrag) speziellere Regelungen trifft.

4. Die Tarifvertragsparteien sind nach Art. 9 Abs. 3 GG befugt, durch die Vereinbarung von Inhalts- und Beendigungsnormen iSd. § 1 Abs. 1 TVG die Arbeitsplätze der tarifunterworfenen Arbeitnehmer zu sichern.

5. Eine Tarifregelung, die wegen Arbeitsmangels regelmäßige Arbeitszeit und Vergütung herabsetzt, greift in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der Arbeitnehmer ein. Sie trifft die Arbeitnehmer härter, die ohne die arbeitsplatzsichernde Tarifregelung eine Kündigung nicht zu befürchten hätten, während sie die begünstigt, die ohne die Tarifregelung mit einer Kündigung rechnen müßten. Die Regelung ist jedoch durch sachbezogene Gründe nach Art. 12 Abs. 1 GG in Verb. mit Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 20 Abs. 1 GG gerechtfertigt.

6. Auf die Unterschiede, die sich für die Befugnis der Tarifpartner zum Eingriff in Grundrechte der Tarifunterworfenen daraus ergeben könnten, daß die Tarifautonomie nicht als staatlich delegierte Normsetzungskompetenz (vgl. BAG 15. Januar 1955 – 1 AZR 305/54 – BAGE 1, 258), sondern als privatautonome, auf den Verbandsbeitritt der Mitglieder gegründete Legitimation aufzufassen ist (vgl. BAG 25. Februar 1998 – 7 AZR 641/96 – BAGE 88, 118, 123; 11. März 1998 – 7 AZR 700/96 – BAGE 88, 162), kommt es im vorliegenden Fall nicht an.

 

Normenkette

Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA vom 3. Februar 1997 § 1 Protokollnotizen 1 und 4; Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA vom 3. Februar 1997 § 2 Protokollnotizen 1 und 4; Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA vom 3. Februar 1997 § 3 Protokollnotizen 1 und 4; Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA vom 3. Februar 1997 § 9 Protokollnotizen 1 und 4; Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA vom 3. Februar 1997 § 10 Protokollnotizen 1 und 4; TVG § 1 Abs. 1, § 4 Abs. 3; GG Art. 9 Abs. 3, Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LAG Sachsen-Anhalt (Urteil vom 27.10.1999; Aktenzeichen 4 (3) Sa 341/98)

ArbG Halle (Saale) (Urteil vom 03.03.1998; Aktenzeichen 2 Ca 5075/97 E)

 

Tenor

1. Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 27. Oktober 1999 – 4 (3) Sa 341/98 – aufgehoben.

2. Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Halle vom 3. März 1998 – 2 Ca 5075/97 E – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreit hat die Klägerin zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob für die Klägerin in der Zeit vom 1. August 1997 bis zum 31. Juli 2003 eine gekürzte regelmäßige Arbeitszeit und eine entsprechend abgesenkte Vergütung gelten.

Die Klägerin ist im Schuldienst des beklagten Landes als Sonderschullehrerin beschäftigt. Sie gehört keiner Gewerkschaft an. In § 1 des Arbeitsvertrags vom 25. März 1992 ist bestimmt, daß die Klägerin ab 1. Juli 1991 als vollbeschäftigte Lehrkraft im Angestelltenverhältnis auf unbestimmte Zeit weiterbeschäftigt wird. § 2 des Arbeitsvertrags lautet:

„Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem ersten Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – (BAT-O) vom 10.12.1990 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge und die Sonderregelung für Angestellte als Lehrkräfte (SR 2 L I BAT-O) Anwendung.

Die Arbeitszeit richtet sich nach den für beamtete Lehrer geltenden Vorschriften.”

In gleichlautenden Tarifverträgen zur Sicherung von Arbeitsplätzen an allgemeinbildenden Schulen Sachsen-Anhalts (Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA) zwischen der TdL einerseits und der GEW – Bundesvorstand –, der DAG – Landesverband Sachsen-Anhalts/Thüringen – sowie der GGVÖD andererseits ist für die Zeit vom 1. August 1997 bis zum 31. Juli 2003 eine Herabsetzung der regelmäßigen Arbeitszeit an Grundschulen auf 81 % und an den übrigen allgemeinbildenden Schulen auf 87 % sowie eine entsprechende Absenkung der Vergütung vereinbart. Der Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA lautet:

„Präambel

Die vertragsschließenden Parteien sind sich darüber einig, daß Personalausgabenreduktionen im Land Sachsen-Anhalt wegen des rückläufigen Bedarfs an Lehrkräften möglichst sozialverträglich gestaltet werden sollen.

Auf Grund der Situation auf dem Arbeitsmarkt werden die Gewerkschaften und die Landesregierung Sachsen-Anhalt ihrer sozialpolitischen Verantwortung dadurch gerecht, daß sie hiermit ihren Beitrag zum Bündnis für Arbeit leisten. Insbesondere durch Arbeitsplatzteilung sollen Beschäftigungsmöglichkeiten im Landesdienst gesichert werden.

Die Landesregierung wird darüber hinaus weitere personalwirtschaftliche Maßnahmen ergreifen, die die mit diesem Tarifvertrag geschlossenen Vereinbarungen flankierend absichern werden.

Abschnitt I

Allgemeines

§ 1

Geltungsbereich

(1) Der Tarifvertrag gilt für die unter den Geltungsbereich des BAT-O fallenden vollbeschäftigten Lehrkräfte an den allgemeinbildenden Schulen des Landes Sachsen-Anhalt.

(2) Arbeitnehmern, die einen Teilzeitvertrag nach der Vereinbarung vom 5.11.1992 mit mehr als vierjähriger Laufzeit abgeschlossen haben, wird vom Arbeitgeber zum 1.8.1997 die Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses nach § 2 Abs. 1 angeboten.

(3) Der Tarifvertrag gilt nicht für Schulleiter sowie für die vollbeschäftigten Lehrkräfte, die spätestens bis 27.3.1997 einen Auflösungsvertrag zum 30.9.1997 abgeschlossen haben.

Abschnitt II

Arbeitszeitregelungen, Vergütung, Kündigungsschutz

§ 2

Durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit, Kündigungsschutz

(1) Zur Sicherung von Beschäftigungsmöglichkeiten wird die regelmäßige Arbeitszeit vom 1.8.1997 bis zum 31.7.2003 für die in § 1 Abs. 1 genannten Arbeitnehmer

  • an Grundschulen auf 81 v.H.
  • an den übrigen allgemeinbildenden Schulen auf 87 v.H.

herabgesetzt (durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit).

(2) Der Arbeitnehmer, für den eine durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit nach Absatz 1 vereinbart worden ist, erhält von der Summe der Vergütung (§ 26 BAT-O) und der in Monatsbeträgen festgelegten Zulagen, die ohne Anwendung dieses Tarifvertrages gezahlt würden, den in Absatz 1 bestimmten Vomhundertsatz. Diese Bezüge sind Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 SGB IV.

(3) Solange für den Arbeitnehmer eine durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit nach Absatz 1 gilt, kann ihm nicht betriebsbedingt gekündigt werden.

§ 3

Bedarfsbedingte regelmäßige Arbeitszeit

(1) Die durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit nach § 2 Abs. 1 kann nach Maßgabe des jeweiligen Bedarfs auf Anordnung des Arbeitgebers bis zur Höhe der regelmäßigen Arbeitszeit einer vollbeschäftigten Lehrkraft ohne Anwendung dieses Tarifvertrages überschritten oder bis zu 50 v.H. der regelmäßigen Arbeitszeit eines entsprechenden Vollbeschäftigten ohne Anwendung dieses Tarifvertrages unterschritten werden.

(2) Die bedarfsbedingte regelmäßige Arbeitszeit in den einzelnen Schulformen ist durch den Arbeitgeber für die Dauer eines Schuljahres nach dem jeweils prognostizierten Lehrkräftebedarf festzulegen.

(3) Schulformspezifische Abweichungen vom durchschnittlichen Bedarf sollen nur durch geeignete Maßnahmen mit dem Ziel einer gleichmäßigen bedarfsbedingten regelmäßigen Arbeitszeit ausgeglichen werden.

(4) Die Bestimmungen zur Anordnung von Mehrarbeit und zum flexiblen Unterrichtseinsatz sowie die personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsrechte bleiben von dieser Regelung unberührt.

Abschnitt III

Arbeitszeitausgleich

§ 4

Einrichtung und Führung von Konten über den Arbeitszeitausgleich

(1) Für die in § 1 Abs. 1 genannten Arbeitnehmer, die keine Altersteilzeitregelung in Anspruch nehmen, werden Konten über den Arbeitszeitausgleich eingerichtet. Für Arbeitnehmer, die das Angebot gemäß § 1 Abs. 2 nicht angenommen haben, gilt Satz 1 nicht.

(2) Auf dem Konto über den Arbeitszeitausgleich sind die durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit (§ 2) und die bedarfsbedingte regelmäßige Arbeitszeit (§ 3) zu verbuchen; aus vom Arbeitnehmer zu vertretenden Gründen nicht geleistete Arbeitszeit ist abzuziehen.

(3) Überschreitet die bedarfsbedingte regelmäßige Arbeitszeit die durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit, so ergibt die Differenz die Höhe des Zeitguthabens. Unterschreitet die bedarfsbedingte regelmäßige Arbeitszeit die durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit, so ergibt die Differenz die Höhe des Zeitdefizits.

(4) Die Nachweisführung über den Arbeitszeitausgleich erfolgt an der Stammschule in Verantwortung des Schulleiters.

(5) Der Stand seines Kontos über den Arbeitszeitausgleich wird jedem Arbeitnehmer mit dem Ende des jeweiligen Schuljahres mitgeteilt.

§ 5

Obergrenzen für Zeitdefizite

Das Zeitdefizit darf 20 v.H. – in begründeten Ausnahmefällen bis zu 50 v.H. –, der ohne diesen Tarifvertrag von einem vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer in einem Jahr zu leistenden regelmäßigen Arbeitszeit nicht überschreiten.

§ 6

Ausgleich von Zeitguthaben und Zeitdefizit

(1) Der Arbeitszeitausgleich soll bis zum Ende des Vertragszeitraums erfolgen.

(2) Kann der Arbeitnehmer aus dienstlichen Gründen oder anderen von ihm nicht zu vertretenden persönlichen Gründen bis zum Ende der Laufzeit dieses Vertrages bzw. bis zum Zeitpunkt einer vorherigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Zeitguthaben nicht ausgleichen, ist der Geldwert des Arbeitszeitguthabens, der durch den Bruchteil der Vergütung (§ 26 BAT-O) für die der Fälligkeit vorausgehenden 12 Monate einschließlich der Zuwendung, der der Stundenzahl des Zeitguthabens entspricht, bestimmt wird, spätestens drei Monate nach Ende des Zeitraumes der Führung von Arbeitszeitkonten bzw. nach dem Ausscheiden auszuzahlen.

(3) Die Rückforderung des Geldwertes von Zeitdefiziten, die vom Arbeitnehmer zu vertreten sind, richtet sich nach § 12 BBesG. Für die Geldwertbestimmung gilt Absatz 2 entsprechend.

Abschnitt IV

Allgemeine Regelungen

§ 7

Sprachliche Gleichstellung

Soweit für die Bezeichnung der Beschäftigten die männliche oder weibliche Form gewählt ist, gilt diese Bezeichnung in gleicher Weise für die Arbeitnehmer des jeweils anderen Geschlechts.

§ 8

Weitergeltung von Tarifverträgen

Dieser Tarifvertrag ersetzt für die in § 1 Abs. 1 genannten Arbeitnehmer den Rahmentarifvertrag zu § 15 c BAT-O/§ 15 c MTArb-O für den Bereich der Landesverwaltung Sachsen-Anhalts vom 8.3.1995.

§ 9

Inkrafttreten

Dieser Tarifvertrag tritt am 1.8.1997 in Kraft und mit Ablauf des 31.7.2003 außer Kraft.

§ 10

Kündigung

Dieser Tarifvertrag kann mit einer Frist von einem Jahr jeweils zum 31.7. eines Jahres schriftlich gekündigt werden, frühestens zum 31.7.1999.

Die Nachwirkung gemäß § 4 Abs. 5 Tarifvertragsgesetz wird mit Ablauf des 31.7.2003 ausgeschlossen.

Protokollerklärung:

1. Die Tarifvertragsparteien erklären übereinstimmend, daß sie bei Veränderungen der gesetzlichen oder manteltariflichen Regelungen, die die Regelungen dieses Tarifvertrages berühren, bereit sind, Verhandlungen mit dem Ziel der Anpassung an die neue Rechtslage aufzunehmen.

2. Die Tarifvertragsparteien bekräftigen ihren Willen, vor einer eventuellen Kündigung dieses Tarifvertrages in Verhandlungen einzutreten mit dem Ziel der einvernehmlichen Vertragsänderung.

3. Die Tarifvertragsparteien sind sich darüber einig, daß die Möglichkeiten des Altersteilzeitgesetzes vom 23.7.1996 (BGBl. I Nr. 38 S. 1078) soweit wie möglich genutzt werden sollten, soweit dienstliche Gründe dem nicht entgegenstehen und die Erstattung der Beträge nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und b Altersteilzeitgesetz durch die Bundesanstalt für Arbeit gewährleistet ist.

4. Die Tarifvertragsparteien erklären übereinstimmend, daß sie bei wesentlichen Veränderungen der Grundlagen der Lehrerbedarfsfestlegung unverzüglich Verhandlungen aufnehmen werden mit dem Ziel, die nach § 2 vereinbarte durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit für die verbleibende Laufzeit des Vertrages den veränderten Bedingungen anzupassen.

Im übrigen erfolgt eine Überprüfung erstmals zum 1.8.1999.

5. Die Tarifvertragsparteien erklären ihre Bereitschaft, den zeitweisen Einsatz von Lehrkräften in anderen Schulformen zur Sicherung der Unterrichtsversorgung zu unterstützen.

6. Die v. H.-Sätze in § 2 Abs. 1 beziehen sich auf die Regelstundenzahl in § 3 der ArbZVO-Lehrer. Der Arbeitgeber beabsichtigt nicht, während der Laufzeit des Tarifvertrages die Regelstundenzahl zu erhöhen.

7. Die Tarifvertragsparteien sind sich darüber einig, daß rechtzeitig vor Ablauf dieses Tarifvertrages, spätestens zum Januar 2002, Verhandlungen über einen entsprechenden Anschlußtarifvertrag aufgenommen werden. Auch dieser Vertrag soll sich nach den Grundsätzen richten, daß

  • grundsätzlich eine Vergütung nur im Umfang erforderlicher und tatsächlich geleisteter Arbeit zu erfolgen hat,
  • die vorhandene Arbeit auf die vorhandenen Lehrerinnen und Lehrer so verteilt werden soll, daß betriebsbedingte Kündigungen wegen mangelnden Bedarfs nicht erfolgen müssen,
  • geeignete Maßnahmen zur Reduktion des Lehrerbestandes ergriffen werden sollen, um ein am Arbeitszeitbedarf orientiertes, ausreichendes Vergütungsniveau für alle Lehrerinnen und Lehrer zu erreichen,
  • Konten bedarfsbedingte Mehr- oder Minderarbeitszeiten während der Laufzeit des Vertrages (bei gleichbleibender Vergütung) ausgeglichen werden können.”

Die Klägerin hat gemeint, ihr Arbeitsverhältnis sei von den Regelungen des Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA nicht betroffen. Die Bezugnahme im Arbeitsvertrag auf die für beamtete Lehrer geltenden Vorschriften, die keine vergleichbaren Kürzungen der Arbeitszeit und der Arbeitsvergütung enthielten, gehe vor. Außerdem sei der Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA unwirksam.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

  1. das beklagte Land zu verurteilen, sie gemäß dem Arbeitsvertrag vom 25. März 1992 zu unveränderten Bedingungen als vollzeitbeschäftigte Lehrkraft ohne Herabsetzung der durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit auf 87 % zu beschäftigen,
  2. festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, ihr ab dem 1. September 1997 eine ungekürzte Vergütung – 100 % statt 87 % – nach der für sie maßgeblichen Vergütungsgruppe II a BAT-O nebst 4 % Zinsen auf die jeweiligen Nettodifferenzbeträge seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
  3. das beklagte Land zu verurteilen, an sie für den Monat August 1997 782,06 DM brutto als rückständiges Arbeitsentgelt nebst 4 % Zinsen seit dem 16. August 1997 aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag zu zahlen.

Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt.

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision bittet das beklagte Land weiterhin um Klageabweisung.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des beklagten Landes hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils. Die Klage ist im Gegensatz zur Auffassung der Vorinstanzen unbegründet.

A. Die regelmäßige Arbeitszeit und die Vergütung der Klägerin sind in der Zeit zwischen dem 1. August 1998 und dem 31. Juli 2003 auf 87 % herabgesetzt. Dies ergibt sich aus § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA. Die Klägerin gehört zu den in § 1 Abs. 1 dieses Tarifvertrags bezeichneten Arbeitnehmern. Sie ist vollbeschäftigte Lehrkraft an einer allgemeinbildenden Schule des beklagten Landes (§ 1 des Arbeitsvertrags).

B. Der Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA ist auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden und regelt während seiner Geltungsdauer Arbeitszeit und Vergütung der Klägerin.

I. Die Vereinbarung in § 2 Satz 1 des Arbeitsvertrags, in der auf die dort genannten Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung verwiesen wird, enthält eine wirksame dynamische Verweisung, die den Zweck verfolgt, die nicht organisierte Klägerin den tarifgebundenen Angestellten gleichzustellen. Eine solche „Gleichstellungsabrede” ist im Zweifel anzunehmen, wenn, wie hier, die für den Betrieb fachlich und räumlich einschlägigen Tarifverträge in Bezug genommen werden(vgl. BAG 1. Juni 1995 – 6 AZR 922/94 – BAGE 80, 152; 4. September 1996 – 4 AZR 135/95 – BAGE 84, 97; 4. August 1999 – 5 AZR 642/98 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Papierindustrie Nr. 14 = EzA BGB § 613 a Nr. 184). Daraus folgt, daß der Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA als ein nach § 1 Abs. 1 den BAT-O ergänzender Tarifvertrag Anwendung findet.

Die dynamische Bezugnahme bewirkt, daß die Auslegung der normativen Regelung, auf die verwiesen wird, nach den Grundsätzen der Tarifauslegung zu erfolgen hat. Nur soweit die Bedeutung der Inbezugnahme unklar ist, muß der Wille der Arbeitsvertragsparteien erforscht werden (BAG 6. Dezember 1990 – 6 AZR 268/89 – BAGE 66, 322). Entgegen der Auffassung der Klägerin enthält § 2 des Arbeitsvertrags keine rechtsbegründende einzelvertragliche Vereinbarung über die Anwendung der Arbeitszeit der beamteten Lehrer.

1. Nach § 2 Satz 2 des Arbeitsvertrags findet die Sonderregelung für Angestellte als Lehrkräfte Anwendung (SR 2 l I BAT-O). Diese bestimmt in Nr. 3 Satz 2, daß anstelle der allgemeinen Arbeitszeitregelungen des BAT-O die Bestimmungen für die entsprechenden Beamten gelten. Es bestehen jedoch keine Anhaltspunkte dafür, daß die Arbeitszeitregelung dieser Beamten durch diese Vereinbarung einzelvertraglich zugesagt wurde. In ihr ist, wie sich aus § 2 Satz 1 und § 2 Satz 2 erster Halbsatz des Arbeitsvertrags ergibt, die beide auf die „jeweils geltende” Tarifregelung verweisen, nur ein Hinweis auf die derzeit geltende tarifliche Arbeitszeitregelung zu sehen. Daß diese arbeitsvertraglich weitergelten soll, wenn die tarifliche Arbeitszeitregelung der Lehrer sich ändert, ist § 2 Satz 2 des Arbeitsvertrags nicht zu entnehmen. Dagegen spricht insbesondere, daß die Sonderregelung ohne besondere Hervorhebung im unmittelbaren Anschluß an die für den Arbeitgeber „jeweils” geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge genannt wird.

2. Auch in § 2 Satz 3 des Arbeitsvertrags wurde keine eigenständige, von den jeweiligen tariflichen Bestimmungen unabhängige Vereinbarung dahingehend begründet, daß die Arbeitszeit sich nach der beamtenrechtlichen Arbeitszeitregelung richtet.

Das Landesarbeitsgericht hat in § 2 Satz 3 des Arbeitsvertrags allerdings eine von den vorangegangenen Sätzen der Bestimmung unabhängige und eigenständige Vereinbarung gesehen. Es hat gemeint, der Wortlaut lasse nicht verbindlich darauf schließen, daß hinsichtlich der für die Arbeitszeit maßgeblichen Bestimmungen in § 2 Satz 3 nur deklaratorisch und überflüssigerweise die tarifliche Rechtslage wiedergegeben werde. Dem ist nicht zu folgen.

Die Parteien haben keine von der jeweiligen Tarifregelung unabhängige Regelung der Arbeitszeit getroffen. Dies ergibt die Auslegung des Arbeitsvertrags nach §§ 133, 157 BGB. § 2 Satz 3 des Arbeitsvertrags verweist nur deklaratorisch auf die Arbeitszeitregelung für beamtete Lehrer, macht diese jedoch nicht unabhängig vom Inhalt des Tarifvertrags zum Inhalt des Arbeitsvertrags. Der Wortlaut der Vorschrift ist allerdings nicht eindeutig.

Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht darauf hingewiesen, daß sprachlich eine Hervorhebung des nur deklaratorischen Charakters der Vertragsbestimmung fehlt. Anders als in § 4 des Arbeitsvertrags, wo es heißt „danach ist … eingruppiert”, ist in § 2 Satz 3 nicht in entsprechender Form auf die anderen Sätze des § 2 des Arbeitsvertrags Bezug genommen worden. Andererseits fehlt es aber auch an einer sprachlichen Klarstellung, daß trotz der umfassenden Verweisung auf die die Arbeitszeit regelnden Tarifbestimmungen eine von diesen unabhängige Arbeitszeitregelung einzelvertraglich gelten soll. Auch das hätte deutlich gemacht werden können. Wer neben einer Bezugnahme auf den maßgeblichen Tarif auch eine davon unabhängige Vereinbarung treffen will, kann dies zB durch Voranstellung dieser Vereinbarung tun mit der Klarstellung, daß „im übrigen” der maßgebliche Tarifvertrag gilt(vgl. Etzel NZA 1987 Beilage 1, 19, 26).

Der erkennbare Zweck der Bezugnahmeregelungen in § 2 Satz 1 und 2 spricht dafür, daß auch § 2 Satz 3 des Arbeitsvertrags keine rechtsbegründende Bedeutung zukommt. Im Hinblick auf die Funktion der Gleichstellungsabrede, die in § 2 Satz 1 und 2 enthalten ist (vgl. oben B I), kann ein im Zusammenhang mit der Verweisungsklausel aufgenommener Hinweis auf die Arbeitszeit oder das Entgelt, ohne daß dies sprachlich besonders deutlich gemacht wird, nicht als selbständig rechtsbegründend angesehen werden. Das zeigt schon der Blick auf vergleichbare Fallgestaltungen. Das Bundesarbeitsgericht geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß zB durch die Benennung der Vergütungsgruppe im Arbeitsvertrag im Zweifel nicht die tariflichen Vorschriften über die Eingruppierung des Arbeitnehmers ausgeschaltet werden sollen. Vielmehr geben die Arbeitsvertragsparteien durch die Bezeichnung der Vergütungsgruppe nur zu erkennen, welche Eingruppierung sie im Einzelfall für zutreffend halten(vgl. zB BAG 1. September 1982 – 4 AZR 951/79 – BAGE 39, 358, 371). Entsprechendes wird angenommen, soweit ein Arbeitsvertrag Mitteilungen über die Arbeitszeit enthält. Im Zweifel ist nicht anzunehmen, daß die Angabe der im Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden tariflichen Arbeitszeit diese damit losgelöst vom Tarifvertrag festschreibt. Die Erwähnung der Wochenarbeitszeit und der Bezüge im Einzelvertrag hat regelmäßig nur die Funktion, den Arbeitnehmer über die zur Zeit geltende Rechtslage zu unterrichten(Bauer/Diller NZA 1994, 353, 354; Hanau NZA 1985, 73, 74). Demgemäß hat der Erste Senat(BAG 23. Juni 1992 – 1 AZR 57/92 – AP BGB § 611 Arbeitszeit Nr. 1 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 12) eine individuelle Arbeitszeitvereinbarung, die gegenüber einer späteren Veränderung der betrieblichen Arbeitszeit durch Betriebsvereinbarung Bestand hat, abgelehnt, wenn in den Arbeitsvertrag lediglich das aufgenommen wurde, was im Zeitpunkt seines Abschlusses im Betrieb galt. Dafür spricht das Interesse des Arbeitgebers an einheitlichen Arbeitsbedingungen. Diese Grundsätze gelten auch hier und schließen es aus, in § 2 Satz 3 des Arbeitsvertrags eine rechtsbegründende Vereinbarung zu sehen.

Dagegen kann nicht mit dem Landesarbeitsgericht eingewendet werden, § 2 Satz 3 des Arbeitsvertrags sei als bloße Wiedergabe dessen, was ohnehin gilt, überflüssig. Das Berufungsgericht verkennt, daß Sinn und Zweck des § 2 Satz 3 des Arbeitsvertrags sich zwanglos aus dessen Informationsgehalt herleiten lassen. Nr. 3 Satz 2 SR 2 I I BAT-O sieht die Anwendung der Bestimmungen für entsprechende Beamte und Nr. 3 Satz 3 SR 2 l I BAT-O die Vereinbarung einer Arbeitszeit im Arbeitsvertrag vor, falls entsprechende Beamte, also beamtete Lehrer, nicht vorhanden sind. Dadurch, daß in § 2 Satz 3 des Arbeitsvertrags auf die Regelung für beamtete Lehrer hingewiesen wird, wird klargestellt, daß es einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung der Arbeitszeit nicht bedarf, weil es entsprechende Beamte und in Gestalt der Verordnung über die Arbeitszeit der Lehrkräfte an öffentlichen Schulen (ArbZVO-Lehr) vom 18. Februar 1992 (GVBl. LSA S 128) für sie geltende Arbeitszeitbestimmungen gibt. Einer besonderen Hervorhebung des nur deklaratorischen Charakters des § 2 Satz 3 des Arbeitsvertrags bedurfte es somit nicht; umgekehrt hätte vielmehr der rechtsbegründende Inhalt des § 2 Satz 3 des Arbeitsvertrags, wenn er gewollt gewesen wäre, im Arbeitsvertrag zum Ausdruck gebracht werden müssen.

Zu dieser Auslegung des Arbeitsvertrags war der erkennende Senat berechtigt, weil es sich um einen typischen Vertrag handelt, der vom Revisionsgericht uneingeschränkt und selbständig gem. §§ 133, 157 BGB ausgelegt werden kann(BAG 1. Juni 1995 – 6 AZR 922/94 – BAGE 80, 152, 155; Matthes in Germelmann/Matthes/Prütting ArbGG 3. Aufl. § 73 Rn. 15). Dem erkennenden Senat ist aus zahlreichen Parallelverfahren bekannt, daß die Beklagte diesen Vertragswortlaut in einer größeren Zahl von Fällen gleichlautend verwendet hat.

II. Der Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA regelt für die Dauer seiner Geltung die Arbeitszeit und die Vergütung der Klägerin. Er ist gegenüber dem BAT-O und der SR 2 I I BAT-O die speziellere Tarifregelung. Anders als der BAT-O gilt er nicht für alle Lehrkräfte, deren Arbeitsverhältnisse im Beitrittsgebiet begründet sind (§ 1 BAT-O), sondern nur für Lehrkräfte des Landes Sachsen-Anhalt, und anders als die SR 2 I I BAT-O erfaßt er nur die Lehrer an allgemeinbildenden Schulen im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 1 des Schulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt, nicht aber auch die an anderen Schulen. Als der speziellere Tarifvertrag geht der Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA somit nach den vom Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung vertretenen Grundsätzen der Tarifkonkurrenz(vgl. BAG 20. März 1991 – 4 AZR 455/90 – BAGE 67, 330; 24. Januar 2001 – 4 AZR 655/99 – EzA TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 14) den anderen genannten Tarifregelungen vor. Dieser Vorrang gilt auch gegenüber der Bestimmung des § 15 c BAT-O, nach der bis zum 31. Dezember 1997 erlaubt war, durch bezirkliche oder örtliche Tarifverträge die regelmäßige Arbeitszeit (§ 15 Abs. 1 BAT-O) für längstens drei Jahre auf bis zu 32 Stunden wöchentlich herabzusetzen. Der Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA mit seiner diesen damals geltenden Drei-Jahres-Zeitraum um weitere drei Jahre überschreitenden Laufzeit wird dadurch in seiner Geltung nicht berührt. Die selbständigen, über Tariffähigkeit und Tarifzuständigkeit für das Land Sachsen-Anhalt verfügenden Verbände, die den Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA geschlossen haben, konnten von Vereinbarungen ihrer Spitzenverbände im BAT-O abweichen. Eine Rangordnung der Berufsverbände in der Legitimation zum Abschluß von Tarifverträgen vergleichbar dem verfassungsrechtlichen Grundsatz „Bundesrecht bricht Landesrecht” besteht nicht. Ist daher der Vorrang des Zentraltarifs im Untertarif nicht angeordnet, so gelten die Tarifregelungen in der Reihenfolge Orts-, Bezirks-, Landes- und Bundestarif(vgl. Wiedemann/Wanck TVG 6. Aufl. § 4 Rn. 291).

Der Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA hat somit in seinem sachlichen, persönlichen und zeitlichen Geltungsbereich den BAT-O und die ihn ergänzenden Tarifregelungen abgelöst. Die Tarifvertragsparteien können einen Tarifvertrag abändern, einschränken oder aufheben(vgl. Wanck aaO Rn. 261 mwN). Sie können Tarifnormen zugunsten wie zum Nachteil der betroffenen Arbeitnehmer ändern(BAG 10. Oktober 1989 – 3 AZR 28/88 – BAGE 63, 111, 118 mwN). Für die Geltungsdauer des Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA gelten somit die auf je 87 % abgesenkte Arbeitszeit und Vergütung.

III. Der Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA verstößt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht gegen höherrangiges Recht.

1. Die Regelung in § 2 Abs. 1 Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA über die Herabsetzung der regelmäßigen Arbeitszeit verstößt nicht gegen die ArbZVO-Lehr, die in § 3 die für vollbeschäftigte Lehrkräfte geltende und damit eine von dieser Tarifregelung abweichende Regelstundenzahl für Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen vorsieht. Diese Rechtsverordnung gilt nur für beamtete Lehrerinnen und Lehrer. Zwar ist der Klägerin zuzugeben, daß der „alle Lehrkräfte an öffentlichen Schulen” des Landes Sachsen-Anhalt bezeichnende Wortlaut des § 1 der Verordnung die Annahme nahelegt, auch die Arbeitszeit der angestellten Lehrer sei dort geregelt, die Bestimmung habe also auch, ohne daß in einem Tarifvertrag oder einem Arbeitsvertrag auf sie Bezug genommen wird, einen arbeitsrechtlichen Inhalt. Dem steht jedoch entgegen, daß die Rechtsverordnung nur auf die beamtenrechtliche Ermächtigungsgrundlage des § 72 Abs. 4 des Beamtengesetzes Sachsen-Anhalt gestützt ist und eine nach Art. 79 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt erforderliche Bezugnahme auf eine arbeitsrechtliche und damit auch Angestellte umfassende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage fehlt.

2. Die Regelungen des Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA verstoßen nicht gegen zwingendes gesetzliches Kündigungsschutzrecht.

a) Das Kündigungsschutzgesetz schützt gegen Änderungen des Arbeitsvertrags, die der Arbeitgeber einseitig verfügt (BAG 25. Oktober 2000 – 4 AZR 438/99 – EzA TVG § 1 Arbeitszeit Nr. 1), nicht jedoch gegen Änderungen der Arbeitszeit und/oder der Höhe des Arbeitsentgelts durch tarifliche Regelungen. Allerdings verbieten §§ 1 und 2 KSchG, durch Tarifvertrag dem Arbeitgeber Rechte einzuräumen, die mit dem Schutz des Arbeitnehmers vor einseitiger Änderung des Arbeitsvertrags, wie er durch das Kündigungsschutzgesetz gewährleistet wird, nicht mehr vereinbar sind. Sowohl der erkennende als auch der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts haben tarifliche Regelungen wegen Verstoßes gegen zwingendes Kündigungsschutzrecht als unwirksam angesehen, die die Einführung von Kurzarbeit durch den Arbeitgeber für zulässig erklärt hatten, ohne die dafür erforderlichen Voraussetzungen im Tarifvertrag zu regeln (BAG 27. Januar 1994 – 6 AZR 541/93 – BAGE 75, 327, 331; 18. Oktober 1994 – 1 AZR 503/93 – AP BGB § 615 Kurzarbeit Nr. 11 = EzA BGB § 615 Kurzarbeit Nr. 2).

b) Unter diesem Gesichtspunkt erweist sich der Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA als mit dem Kündigungsschutzgesetz vereinbar. Er regelt die wesentlichen Elemente der Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich selbst. Die Befugnisse, die er dem Arbeitgeber einräumt, halten sich im Rahmen der dem gesetzlichen Kündigungsschutzrecht zu entnehmenden Wertungen.

Die herabgesetzte regelmäßige Arbeitszeit ist in § 2 Abs. 1, also im Tarifvertrag selbst, geregelt. Dasselbe gilt für das Entgelt, das in § 2 Abs. 2 Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA entsprechend dem Vomhundertsatz der Arbeitsleistung festgelegt ist. Zwar ist dem Arbeitgeber durch § 3 des Tarifvertrags die Befugnis eingeräumt worden, jeweils jährlich eine von der in § 2 Abs. 1 festgelegten durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit abweichende bedarfsbedingte Arbeitszeit festzulegen. Diese einseitige Befugnis ist aber an normative Voraussetzungen geknüpft. § 3 Abs. 2 Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA bestimmt, daß die bedarfsbedingte regelmäßige Arbeitszeit in den einzelnen Schulformen durch den Arbeitgeber nach dem jeweils prognostizierten Lehrkräftebedarf festzulegen ist. § 3 Abs. 1 legt die Ober- und Untergrenze fest. Voraussetzungen und Grenzen dieses Bestimmungsrechts des Arbeitgebers sind also tariflich geregelt, was einen Verstoß gegen das gesetzliche Kündigungsschutzrecht ausschließt.

3. Die Regelung des Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA verstößt nicht gegen Verfassungsrecht.

a) Die Vereinbarung von Tarifregelungen, durch die Arbeitsbedingungen abgesenkt werden, fällt auch insoweit in die Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien, als sie dem Zweck dient, Arbeitsplätze der tarifgebundenen Arbeitnehmer zu sichern. Nach Art. 9 Abs. 3 GG sind die Tarifvertragsparteien für die Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen ihrer Mitglieder zuständig. Darunter fallen alle Faktoren, die im Zusammenwirken die Voraussetzungen und Bedingungen abhängiger Arbeit beeinflussen(vgl. ErfK/Dieterich 2. Aufl. Einl. GG Rn. 52 mwN) und somit auch die Regelungen des Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA, durch die im Wege der vorübergehenden Absenkung der tariflichen Arbeitszeit und Vergütung aller Lehrer an allgemeinbildenden Schulen bei zeitweiligem Kündigungsausschluß, also durch Inhalts- und Beendigungsnormen im Sinne des § 1 Abs. 1 TVG, die nach Einschätzung der dazu berufenen Tarifvertragsparteien sonst unvermeidliche betriebsbedingte Kündigung eines Teils der Arbeitsverhältnisse dieser Arbeitnehmergruppe verhindert werden soll.

Dem kann von der Klägerseite nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, den Tarifvertragsparteien stehe kein beschäftigungspolitisches Mandat zu mit dem Recht, grundrechtseinschränkende Tarifregelungen dieser Art zu treffen, ein solches besäßen seines Gesamtbezugs wegen nur die demokratisch gewählten bzw. legitimierten Staatsorgane. Dieser im Schrifttum vertretenen Auffassung (vgl. Zöllner DB 1989, 2121 f.; Rieble ZTR 1993, 54; Löwisch BB 2000, 821, 824) halten Hanau/Thüsing (ZTR 2001, 1, 6) und Zachert (DB 2001, 1198, 1199) entgegen, daß die Sicherung von Beschäftigung dem historisch überkommenen Verständnis der Tarifautonomie entspricht. Dem ist jedenfalls insoweit zu folgen, als es um die hier in Frage stehende Legitimation der Tarifvertragsparteien geht, tarifvertragliche Normen zu setzen, die beschäftigungssichernde Auswirkungen auf die Arbeitsverhältnisse der dem Tarifvertrag unterfallenden Arbeitnehmer haben(so auch Hanau/Thüsing aaO S 6). Beschäftigungspolitisch intendiert ist in diesem Sinne praktisch jede nach § 1 Abs. 1 TVG zulässige Tarifregelung, die in der Erwartung getroffen wird, durch sie würden vorhandene Arbeitsplätze erhalten oder neue geschaffen. Die Verknappung des Arbeitsangebots mag dazu geführt haben, daß dieses Tarifziel nach Einschätzung der dafür zuständigen Tarifpartner nicht mehr allein durch Vereinbarungen über die Höhe des Lohns erreicht werden kann, sondern daß außerdem durch Absenkung von regelmäßiger Arbeitszeit die Arbeit auf mehr Arbeitnehmer verteilt werden und so dem Beschäftigungsmangel entgegengewirkt werden muß. Auch solche Regelungen sind durch Art. 9 Abs. 3 GG gedeckt. Dies zeigt sich auch darin, daß der Gesetzgeber gerade diese auf Verschlechterung der Arbeitsbedingungen von Arbeitsplatzbesitzern gerichtete Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien umfassend gegen die unberechtigte Ausübung durch Dritte geschützt hat. Die Betriebspartner sind durch § 77 Abs. 3 BetrVG an der Vereinbarung entsprechender betrieblicher Normen gehindert. Arbeitsvertragliche Vereinbarungen dieses Inhalts sind durch § 4 Abs. 3 TVG ebenso ausgeschlossen wie dahingehende schuldrechtliche Regelungsabreden der Betriebspartner und auf ihnen beruhende einzelvertragliche Einheitsregelungen(vgl. BAG 20. April 1999 – 1 ABR 72/98 – BAGE 91, 210). Änderungskündigungen, die auf die Absenkung tariflicher Arbeitsbedingungen abzielen, sind nach § 13 Abs. 3 KSchG, § 4 TVG, § 134 BGB unwirksam, so daß auch auf diese Weise das Ziel der Beschäftigungssicherung nicht verfolgt werden kann(vgl. BAG 10. Februar 1999 – 2 AZR 422/98 – BAGE 91, 22).

b) Der Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA verstößt nicht gegen Art. 12 GG.

Durch die Absenkung der Arbeitszeit und des Lohns auf je 87 % wird in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der Klägerin eingegriffen. Diese Verfassungsbestimmung schützt den Einzelnen nicht nur darin, eine konkrete Beschäftigungsmöglichkeit in einem gewählten Beruf zu ergreifen, sondern schützt auch seinen Willen, diese Beschäftigung beizubehalten oder aufzugeben(BAG 25. Februar 1998 – 7 AZR 641/96 – BAGE 88, 118, 123; vgl. auch 25. Oktober 2000 – 4 AZR 438/99 – aaO). Von einem die Arbeitsbedingungen aller tarifgebundenen Arbeitnehmer gleichermaßen verschlechternden ablösenden Tarifvertrag, der grundsätzlich rechtlich unbedenklich ist, unterscheidet sich die hier streitige Regelung dadurch, daß durch sie die Arbeitsbedingungen mit dem Ziel der Beibehaltung des manteltariflichen Systems (vgl. zB Protokollnotiz Nr. 1) und der Vergütungsregelung nur auf Zeit geändert werden, dabei in die Rechtsstellung der Tarifunterworfenen aber unterschiedlich hart eingegriffen wird. Die zeitweilige Einführung der faktischen Höchstarbeitszeit von 87 % unter Ausschluß betriebsbedingter Kündigungen trifft die Arbeitnehmer härter, die von den andernfalls notwendig werdenden betriebsbedingten Kündigungen bei ordnungsgemäßer Sozialauswahl nicht betroffen würden, während sie die begünstigt, denen gegenüber wirksam betriebsbedingt gekündigt werden könnte. Jene, zu denen die Klägerin, wie ihre Rechtsverfolgung erkennen läßt, sich selbst zählt, müssen durch die Einbuße von Arbeit und Vergütung Opfer bringen, obwohl der in § 2 Abs. 3 Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA vereinbarte Kündigungsausschluß sich faktisch nicht zu ihren Gunsten auswirkt. Diese hingegen werden durch den Kündigungsausschluß begünstigt, da sie ihren Arbeitsplatz behalten, den sie als sozial Stärkere durch die andernfalls zu erwartende betriebsbedingte Kündigung verlieren würden. Die Regelung ist jedoch durch sachbezogene Gründe gerechtfertigt.

aa) Der durch das Sinken der Schülerzahlen zu erwartende Wegfall von Arbeitsplätzen würde ohne die Regelungen des Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA allein die treffen, deren Arbeitsplätze durch das geltende Kündigungsschutzrecht nicht gesichert sind. Das entspräche zwar dem in Art. 12 Abs. 1 GG angelegten Prinzip des freien beruflichen Wettbewerbs. Unberücksichtigt bliebe dabei aber, daß der Arbeitsplatz für den Arbeitnehmer die Grundlage seiner wirtschaftlichen und sozialen Existenz und auch eine wesentliche Grundlage der Entfaltung seiner Persönlichkeit bildet, daß ein Mangel an Arbeitsplätzen deshalb zu unsozialen Härten führt, die nicht um des Prinzips des freien Wettbewerbs Willen hingenommen werden können.

(1) Der erkennende Senat folgt damit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, das es schon in der Entscheidung vom 13. September 1983 (– 1 ABR 69/81 – BAGE 44, 141) als zulässig angesehen hat, in einem Tarifvertrag eine Arbeitnehmergruppe deren Arbeitsplätze gefährdet sind, aus sozialen Gründen bei Ausübung des Grundrechts der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) auf Zeit gegenüber einer anderen Arbeitnehmergruppe zu begünstigen. Zu Recht hat der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts in dieser Entscheidung die Problematik, die sich im Bereich der abhängigen Arbeit bei Arbeitsplatzmangel ergibt, mit der beim Zugang zum Hochschulstudium verglichen. Nach der durch das Urteil vom 18. Juli 1972 (– 1 BvL 32/70 und 25/71 – BVerfGE 33, 303, 337 f., 345 f. = AP GG Art. 12 Nr. 46) eingeleiteten, das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG als Teilhaberecht begreifenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG 8. Februar 1977 – 1 BvF 1/76 ua. –, 3. November 1981 – 1 BvR 632/80 ua. – und 3. November 1982 – 1 BvR 900/78 ua. – BVerfGE 43, 291, 313 f.; 59, 1, 30 f.; 62, 117, 146 ff.) müssen Auswahlvorschriften für zulassungsbeschränkte Studiengänge stets an Art. 12 Abs. 1 iVm. Art. 3 Abs. 1 GG und auch in Verbindung mit dem in Art. 20 Abs. 1 GG verankerten Sozialstaatsprinzip gemessen werden. Die Auswahl muß auf Grund sachgerechter Kriterien mit einer Chance für jeden hochschulreifen Bewerber erfolgen, wobei auch soziale Gesichtspunkte sachgerechte Auswahlkriterien abgeben können. Diese Grundsätze hat der Erste Senat zu Recht auf das Gebiet der abhängigen Arbeit übertragen. Er hat zutreffend gebilligt, daß Tarifbestimmungen über die Auswahl von Bewerbern für bestimmte Arten von Arbeitsplätzen auch an sachnahe soziale Gesichtspunkte anknüpfen dürfen, sofern die dadurch erfolgte Einschränkung des freien Wettbewerbs um die vorhandenen Arbeitsplätze nicht außer Verhältnis zu den angestrebten sozialen Schutzzwecken steht.

(2) Diese Erwägungen, mit denen das Bundesarbeitsgericht eine Tarifregelung gebilligt hat, die Fachkräften der Druckindustrie, deren Arbeitsplätze durch die Einführung rechnergesteuerter Textsysteme weggefallen waren, für einen Zeitraum von acht Jahren zu Lasten anderer Arbeitnehmer den Zugang zu Arbeitsplätzen gesichert hat, die die Qualifikation einer Fachkraft der Druckindustrie nicht voraussetzten, gelten nicht nur für den Zugang zum Beruf. Sie sind auch als Maßstab für die Zulässigkeit des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit und damit in den hier betroffenen Sektor der Berufsfreiheit der Klägerin heranzuziehen.

(3) Der stärkere Eingriff durch den Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA in die Berufsfreiheit der Angestellten, die keine betriebsbedingte Kündigung zu befürchten haben, ist nicht unverhältnismäßig. Die vorübergehende Herabsetzung der Arbeitszeit und der Vergütung auf 87 % ist geeignet und erforderlich, um die Beschäftigung der im Landesdienst tätigen Lehrer an allgemeinbildenden Schulen zu sichern.

Die Eignung des gewählten Mittels setzt voraus, daß mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Eine Verkürzung der Arbeitszeit unter entsprechender Absenkung der Vergütung ermöglicht es, die knapper gewordene Arbeit auf die bisherigen Beschäftigten ohne Steigerung der Arbeitskosten zu verteilen und damit jedem von ihnen einen Arbeitsplatz zu erhalten, bis die arbeitsplatzsichernde Tarifregelung ausläuft.

Auch die Erforderlichkeit des Eingriffs ist zu bejahen. Sie ist gegeben, wenn kein anderes, gleich wirksames, aber das Grundrecht nicht oder doch weniger fühlbar einschränkendes Mittel gewählt werden konnte, wobei den Tarifvertragsparteien bei der Bestimmung der zur Verfolgung ihrer Ziele geeigneten und erforderlichen Maßnahmen ein weiter Gestaltungsspielraum zusteht. Ein Mittel, das die Tarifvertragsparteien hätten als weniger einschneidend ansehen müssen, ist vorliegend nicht ersichtlich. Die einzige Alternative wäre die Kündigung von Arbeitsverhältnissen gewesen oder die – vielleicht weniger starke dafür aber dauerhafte – Absenkung der Arbeitsbedingungen der Lehrer an allgemeinbildenden Schulen. Dazu haben die Tarifvertragsparteien sich jedoch nicht entschlossen, weil sie das von ihnen nach wie vor als interessengerecht angesehene manteltarifliche System nach Ablauf der Geltungsdauer des Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA in Bezug auf die Lehrer offenbar glauben weiterführen zu können. Diese Entscheidung hält sich im Rahmen der den Tarifvertragsparteien zustehenden Einschätzungsprärogative.

Die Regelung ist auch nach Lage der Dinge als angemessen, den betroffenen Arbeitnehmern also zumutbar und damit als verhältnismäßig im engeren Sinne anzusehen. Arbeitszeit und Vergütung sind nicht mehr als nötig abgesenkt worden. Dies folgt daraus, daß der Arbeitsbedarf im zeitlichen Verlauf und in bestimmten Bereichen offenbar noch geringer als 87 % sein kann und deshalb die durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit nach § 3 Abs. 1 Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA durch eine bedarfsbedingte regelmäßige Arbeitszeit ersetzt werden kann, die allerdings nicht zu einer Absenkung der Vergütung unter den Satz von 87 % führt. Eine inhaltliche Umgestaltung des Arbeitsverhältnisses in ein Teilzeitarbeitsverhältnis hat nicht stattgefunden. Vereinbart ist die Herabsetzung der Arbeitszeit der vollbeschäftigten Angestellten. Nach dem Ende der Geltung des Tarifvertrags, dessen Nachwirkung mit Ablauf des 31. Juli 2003 ausgeschlossen ist (§ 10 Abs. 2 Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA), gelten automatisch wieder die durch ihn abgelösten tariflichen Bestimmungen. Auf eine bevorzugte Berücksichtigung nach § 9 TzBfG ist die Klägerin nach Ablauf der Geltungsdauer des Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA somit nicht angewiesen. Außerdem sieht der Tarifvertrag in § 2 Abs. 3 den Ausschluß der betriebsbedingten Kündigung für die Zeit vor, in der für den Arbeitnehmer die abgesenkte Arbeitszeit gilt, wodurch sichergestellt ist, daß der mit dem Grundrechtseingriff bezweckte Erfolg eintritt, das Opfer also nicht „umsonst” ist. Schließlich tritt der Tarifvertrag mit Ablauf des 31. Juli 2003 ohne Nachwirkung außer Kraft (§ 9, §10 Abs. 2), so daß der Eingriff in die Berufsfreiheit nur vorübergehend wirkt, wobei die Tarifpartner vereinbart haben, daß bei wesentlichen Veränderungen der Grundlagen der Lehrerbedarfsfestlegung unverzüglich verhandelt wird (Nr. 4 Abs. 1 Protokollnotiz), erstmals am 1. August 1999 eine Überprüfung erfolgt (Nr. 4 Abs. 2 Protokollnotiz) und der Tarifvertrag mit einer Frist von einem Jahr jeweils zum 31. Juli eines Jahres gekündigt werden kann (§ 10). Es ist auch nicht als unverhältnismäßig anzusehen, daß der Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA außer den Arbeitsverhältnissen der Lehrer an Grundschulen, auf die sich der Rückgang der Schülerzahlen zuerst auswirkt, auch die Arbeitsverhältnisse der Lehrer an den übrigen allgemeinbildenden Schulen, also der Lehrer an Sekundarschulen, Gymnasien und Sonderschulen, erfaßt, die erst zeitlich später von dem Rückgang der Schülerzahlen betroffen werden. Es war Sache der Tarifvertragsparteien, denen auch insoweit die Einschätzungsprärogative zukommt, den persönlichen Geltungsbereich des Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA so zu bilden, daß während dessen sechsjähriger Laufzeit die Sicherung der Beschäftigung möglichst gelingt. Daß die Tarifvertragsparteien die Lehrer aller Schulformen erfaßt haben, die den Geburtenrückgang zu spüren bekommen, läßt eine unzumutbare Regelung nicht erkennen.

bb) Zum gleichen Ergebnis gelangt man, wenn man mit der neueren Rechtsentwicklung die Tarifautonomie iSd. Art. 9 Abs. 3 GG nicht mehr als durch § 1 TVG staatlich delegierte Normsetzungskompetenz(so erstmals: BAG 15. Januar 1955 – 1 AZR 305/54 – BAGE 1, 258) auffaßt, die nur Grundrechtseingriffe erlaubt, die auch der Gesetzgeber regeln dürfte(so: BAG 23. Januar 1992 – 2 AZR 470/91 – BAGE 69, 257, 269 f.), sondern als privatautonome Legitimation, die sich auf den Verbandsbeitritt der Mitglieder gründet, die durch diesen ihre Freiheit – vor allem ihre Vertrags- und Berufsfreiheit – als Grundrechtsträger freiwillig selbst beschränken (vgl. ErfK/Dieterich 2. Aufl. Einl. GG Rn. 47, 64, 67; BAG 25. Februar 1998 – 7 AZR 641/96 – BAGE 88, 118, 123; 11. März 1998 – 7 AZR 700/96 – BAGE 88, 162). Die Grundrechtsbindung der Tarifvertragsparteien ergibt sich bei dieser Betrachtung nicht unmittelbar aus der Abwehrfunktion der Grundrechte, sondern aus deren Schutzpflichtfunktion(ErfK/Dieterich aaO Rn. 69), die den Gesetzgeber (hilfsweise den Richter) verpflichtet, dafür zu sorgen, daß Arbeitnehmer und Arbeitgeber als Normadressaten nicht durch die Vereinbarungen, die die Tarifvertragsparteien in Ausübung ihres kollektiven Grundrechts aus Art. 9 Abs. 3 GG treffen, in ihren Grundrechten (zB aus Art. 12 Abs. 1 GG) beeinträchtigt werden. Es ist zwar streitig, welcher Prüfungsmaßstab für die bei dieser Betrachtung nach den Grundsätzen der praktischen Konkordanz vorzunehmende Abwägung gilt(ausdrücklich offengelassen in BAG 25. Februar 1998 – 7 AZR 641/96 – aaO und 11. März 1998 – 7 AZR 700/96 – aaO), ob die Tarifvertragsparteien wegen des in dem Verbandsbeitritt liegenden Grundrechtsverzichts in die Berufsfreiheit bis zur Grenze der „Unerträglichkeit” eingreifen dürfen (so ErfK/Dieterich aaO Rn. 56), oder ob die Abwägung von Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 3 GG) einerseits und Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) andererseits nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erfolgen muß, und ob es für dessen Beachtung ausreicht, daß die Tarifvertragsparteien einem Grundrechtseingriff eine „Gegenleistung” des durch ihn Begünstigten gegenübergestellt haben(so auch BAG 25. Oktober 2000 – 4 AZR 438/99 – aaO). Diese Fragen können jedoch dahinstehen. Der Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA greift – wie dargelegt – in die Berufsfreiheit der Klägerin nicht unverhältnismäßig ein.

c) Der Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA verstößt nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG. Die grundsätzliche Abgrenzung der Schutzbereiche von Art. 14 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG ist dahin zu ziehen, daß Art. 14 Abs. 1 GG das Erworbene, auch als Ergebnis einer beruflichen Betätigung, schützt, Art. 12 Abs. 1 GG dagegen den Erwerb, die Betätigung selbst(vgl. zB BVerfG 14. November 1989 – 1 BvL 14/85 – und 1 BvR 1276/84 – BVerfGE 81, 70, 96). Da Arbeitszeit und Vergütung der Klägerin wirksam auf 87 % herabgesetzt sind, fehlt es an einer Forderung, die als Vermögensgegenstand dem Schutz des Art. 14 GG unterliegen könnte. Soweit die Klägerin über die herabgesetzte Arbeitszeit hinaus arbeiten muß, weil nach § 3 Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA eine höhere bedarfsbedingte Arbeitszeit festgelegt ist, erhält sie als Gegenleistung eine Gutschrift auf ihrem Arbeitszeitkonto (§ 4 Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA).

C. Die Anwendung des Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil er überraschende und für die Klägerin bei Unterschrift unter den Arbeitsvertrag nicht vorhersehbare Regelungen enthält.

Zwar wird die Auffassung vertreten, dynamische Verweisungen auf Tarifverträge erfaßten deren Änderungen nicht, soweit sie bei Abschluß des Arbeitsvertrages nicht vorhersehbar gewesen sind (Löwisch NZA 1985, 170, 171, 317; Wiedemann/Oetker TVG 6. Aufl. § 3 Rn. 247; Löwisch/Rieble TVG § 3 Rn. 127; aA Etzel NZA 1987 Beilage 1, 19, 27; Gamillscheg Kollektives Arbeitsrecht I S 737).

Auch wenn man einen Schutz vor überraschenden Regelungen grundsätzlich bejaht, kann dieser nur in Ausnahmefällen durchgreifen. Sinn einer dynamischen im Gegensatz zu einer statischen Verweisung ist es, die Anpassung der Arbeitsbedingungen an veränderte Verhältnisse zu ermöglichen. Die Annahme, eine Tarifänderung werde von der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel nicht erfaßt, ist allenfalls bei Tarifentwicklungen gerechtfertigt, die schlechterdings nicht mehr voraussehbar waren(Löwisch/Rieble aaO § 3 Rn. 127), oder wenn ein Vertragsinhalt entstehen würde, mit dem die Arbeitsvertragsparteien billigerweise nicht rechneten oder nicht rechnen konnten(Wiedemann/Oetker TVG 6. Aufl. § 3 Rn. 247). Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Es steht außer Streit, daß in den neuen Bundesländern von Anfang an ein erheblicher Personalüberhang im öffentlichen Dienst allgemein und im Lehrerbereich im besonderen bestand und besteht, was dazu führte, daß im Einigungsvertrag vom 31. August 1990 – auch für den Lehrkräftebereich – im öffentlichen Dienst ein Sonderkündigungstatbestand – Bedarfskündigung nach Anlage I Kapitel XIX – vorgesehen war. Mithin erschienen schon seit Anfang der Neunziger Jahre auch einschneidende tarifliche Regelungen, die der Beschäftigungssituation und der finanziellen Lage der öffentlichen Arbeitgeber Rechnung tragen würden, denkbar.

D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Peifer, Dr. Armbrüster, Gräfl, H. Schmidt, W. Zuchold

 

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 28.06.2001 durch Schneider, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

 

Fundstellen

Haufe-Index 662754

BAGE, 175

DB 2002, 274

FA 2002, 95

NZA 2002, 331

ZTR 2002, 121

AP, 0

EzA

MDR 2002, 220

NJ 2002, 165

PersR 2002, 267

PersR 2003, 1

RiA 2002, 275

AUR 2002, 76

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