Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristetes Arbeitsverhältnis. Lehrauftrag. Verwirkung

 

Orientierungssatz

1. Ein öffentlich-rechtliches Lehrauftragsverhältnis im Sinne des § 56 WissHSchulG NW ist kein Dienstverhältnis im Sinne des § 625 BGB.

2. Materielle Verwirkung im Anschluß an BAG Beschluß vom 14. November 1978, 6 ABR 11/77 = AP Nr 39 zu § 242 BGB Verwirkung.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 625; WissHSchulG NW § 56 Abs. 1 S. 3

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Entscheidung vom 24.02.1987; Aktenzeichen 11 (8) Sa 1173/86)

ArbG Köln (Entscheidung vom 10.09.1986; Aktenzeichen 10 Ca 5960/86)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht. In der Revisionsverhandlung hat die Klägerin die Revision hinsichtlich ihres Antrags, vom beklagten Land weiterbeschäftigt zu werden, zurückgenommen.

Die 1954 geborene Klägerin hat das Erste und Zweite Staatsexamen für das Lehramt u. a. im Fach Deutsch abgelegt. Sie wurde vom beklagten Land im Akademischen Auslandsamt der Universität zu Köln erstmals ab WS 1982/83 zur Erteilung von Deutschunterricht für ausländische Studenten eingesetzt.

Im WS 1982/83, im SS 1983 und im WS 1983/84 war die Klägerin im Rahmen von Lehraufträgen tätig. Diese Lehraufträge sind jeweils dadurch zustande gekommen, daß das Akademische Auslandsamt beim Rektor der Universität zu Köln einen Antrag auf Erteilung eines Lehrauftrags für die Klägerin gestellt und der Rektor den beantragten Lehrauftrag jeweils erteilt hat. Vom 1. März 1984 bis 31. Juli 1985 hat die Klägerin Deutschunterricht im Rahmen einer Beschäftigung als wissenschaftliche Mitarbeiterin erteilt, und zwar aufgrund von fünf aufeinanderfolgenden, jeweils befristeten sogenannten Dienstverträgen. Der letzte dieser befristeten Dienstverträge für die Zeit vom 1. April 1985 bis 31. Juli 1985 datiert vom 5. Juli 1985. Er lautet auszugsweise:

"Zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen, vertreten

durch den Kanzler der Universität zu Köln,

und Frau R B

wird folgender Dienstvertrag geschlossen:

§ 1

(1) Frau R B wird entsprechend den mit Erlaß

des Ministers für Wissenschaft und Forschung vom

18.12.1985 - I B 4 3812 - getroffenen und noch

ergehenden Bestimmungen über die Beschäftigung und

Vergütung wissenschaftlicher und studentischer

Hilfskräfte an den wissenschaftlichen Hochschulen

einschließlich Gesamthochschulen und den Fachhochschulen

für die Zeit

vom 1.4.1985 bis 31.7.1985 als wissenschaftliche

Hilfskraft bei Herrn Professor Dr. W ,

Akademisches Auslandsamt der Universität zu Köln,

eingestellt. Das Dienstverhältnis ist befristet,

damit die Mitarbeiterin Kenntnisse und Fähigkeiten

für ihre spätere außeruniversitäre Tätigkeit erwerben

kann (vgl. Schreiben des Akademischen Auslandsamtes

vom 10.6.1985).

(2) Die Hilfskraft wird während der Vertragsdauer mit

einer Arbeitszeit von durchschnittlich 19 Stunden

in der Woche beschäftigt.

........

§ 3

(1) Für die Dauer der Beschäftigung wird eine

Pauschalvergütung nach den Bestimmungen des in

§ 1 Abs. 1 genannten Erlasses in der jeweils

gültigen Fassung zum Monatsende gezahlt. Die

Vergütung beträgt z.Z. monatlich 1.515,25 DM."

Im Rahmen dieses Vertrages hatte die Klägerin in der Woche zehn Unterrichtsstunden im Lehrbereich Deutsch als Fremdsprache für ausländische Studenten zu erteilen.

Durch diesen Unterricht sollen ausländische Studenten auf ihr jeweiliges Fachstudium vorbereitet werden. Diese Aufgabe wird vom Akademischen Auslandsamt der Universität seit etwa 15 Jahren wahrgenommen. Hierzu werden vier bis fünf hauptberufliche Mitarbeiter, denen auch Verwaltungstätigkeit obliegt, beschäftigt; daneben wurden für Unterrichts- und Prüfungstätigkeit wissenschaftliche Mitarbeiter und Lehrbeauftragte eingesetzt. Nach dem unbestrittenen Vortrag des beklagten Landes ist beabsichtigt, jene Tätigkeiten, soweit sie nicht von den hauptberuflich tätigen Mitarbeitern erledigt werden können, nur noch in Form von Lehraufträgen durchführen zu lassen. Dabei werden die zur Verfügung stehenden Lehrbeauftragten den einzelnen während des gleichen Semesters abzuhaltenden Kursen zugeordnet; eigene Wünsche der Mitarbeiter werden im Rahmen des Möglichen berücksichtigt. Den einzelnen Semestern sind sogenannte Vor- oder Nachsemester von der Dauer eines Monats zugeordnet. Die nicht hauptberuflich tätigen Lehrkräfte werden auch für diese Vorsemester eingesetzt, und zwar in der Regel alternativ für ein Vor- oder ein Nachsemester. Weitere Tätigkeiten fallen für die Lehrbeauftragten in den Semesterferien nicht an, auch erhalten sie keine regelmäßige Monatsvergütung. Vielmehr wird auf der Grundlage von 33,-- DM Honorar pro erteilter Unterrichtsstunde abgerechnet. Zusätzlich werden je ein Klausurtag und ein Prüfungstag stundenweise mit 33,-- DM honoriert. Zeitaufwand für Korrekturen, Vorbesprechungen oder sonstige mit Prüfungen im Zusammenhang stehende Besprechungen wird nicht gesondert vergütet.

Um den 31. Juli 1985 herum, insbesondere am 6. August 1985, wurden zwischen der Klägerin und Mitarbeitern des Akademischen Auslandsamts Gespräche über die weitere rechtliche Gestaltung der Mitarbeit der Klägerin geführt. Unstreitig hat die Klägerin dabei ihre Weiterbeschäftigung als wissenschaftliche Mitarbeiterin begehrt, während das beklagte Land eine solche rechtliche Gestaltung - nach seinem Vortrag - ablehnte. Nach dem Vortrag der Klägerin hat es zugesagt, eine solche rechtliche Möglichkeit zu prüfen. Schließlich teilte das beklagte Land der Klägerin unter dem 28. August 1985 folgendes mit:

"Betr.: Weiterbeschäftigung als wissenschaftliche

------ Hilfskraft

Sehr geehrte Frau B ]

Im Anschluß an das Gespräch vom 6.8.1985 zwischen

Ihnen ./. Herrn Dr. N muß ich Ihnen heute

leider mitteilen, daß eine Weiterbeschäftigung als

wissenschaftliche Hilfskraft über den 31.7.1985

hinaus nicht möglich ist.

Zweck des befristeten Vertrages war in Ihrem Falle

die Intention, Ihnen Gelegenheit zur erweiterten

Ausbildung zu geben, durch die Sie Kenntnisse und

Fähigkeiten im Unterrichten der deutschen Sprache

als Fremdsprache erlangen sollten, die für Ihre

spätere Berufstätigkeit, z.B. bei Volkshochschulen,

Goethe-Instituten, evtl. auch als Lektor im Ausland,

erforderlich sind.

Unabhängig davon, daß die Zielsetzung des Vertrages

als erfüllt anzusehen ist, ist leider nunmehr auch

aus haushaltsrechtlichen Gründen die Fortsetzung der

Beschäftigung als Hilfskraft nicht mehr möglich.

Denn die Ausgabenentwicklung bei den Bezügen für

studentische und wissenschaftliche Hilfskräfte

verläuft sehr ungünstig, wobei die Universität

zusätzliche Ausgaben bei diesem Personenkreis wegen

der angespannten Haushaltslage vermeiden muß. Die

vorhandenen Mittel reichen gerade aus, bereits

eingegangene Verpflichtungen zu erfüllen.

Sofern vom Akademischen Auslandsamt im Rahmen der

verfügbaren Haushaltsmittel jedoch eine Beschäftigung

in Form eines Unterrichtsauftrages gewünscht wird,

steht einer solchen Beschäftigung nichts im Wege."

Ebenfalls unter dem 28. August 1985 stellte das Akademische Auslandsamt beim Rektor der Universität zu Köln schriftlich einen Antrag auf Erteilung eines Lehrauftrages mit Lehrvergütung für das WS 1985/86 zur Durchführung der Lehrveranstaltung Deutsch II/III-2 mit acht (v. 16) Semesterwochenstunden.

Unabhängig hiervon wurde die Klägerin in den bereits im Juli 1985 erstellten Kursplan für das WS 1985/86 sowie in das Vorlesungsverzeichnis aufgenommen; auch wurden ihr die Klausur- und Prüfungstermine sowie die zu verwendenden Lehrwerke mitgeteilt. Die Unterrichtstätigkeit der Klägerin in jenem Semester begann am 2. September 1985. Mit dem Schreiben des Rektors der Universität zu Köln vom 19. September 1985, welches der Klägerin über das Fach zugegangen ist, erhielt die Klägerin die Bestätigung des für sie beantragten und erteilten Lehrauftrages für das WS 1985/86 mit folgendem Zusatz:

"Die Wahrnehmung eines Lehrauftrags, auch über

mehrere Jahre, begründet keinen Anspruch auf

eine dauernde Beschäftigung im öffentlichen

Dienst."

In gleicher Art und Weise wurde der Lehrauftrag der Klägerin für das SS 1986 verlängert (Antrag vom 12. Februar 1986, Lehrauftragserteilung vom 27. Februar 1986) und bekanntgegeben. Die darin genannten Deutschkurse hielt die Klägerin in beiden Semestern ab.

Im Juli 1986 zeigte die Klägerin auf ihr zur Verfügung gestellten Formularen die Abhaltung ihrer Lehrveranstaltungen im WS 1985/86 und im SS 1986 an. Dabei fügte sie den vorgedruckten Worten "Hiermit zeige ich an, daß ich im abgelaufenen Semester folgende Lehrveranstaltungen abgehalten habe" handschriftlich hinzu: "vorbehaltlich der Überprüfung, daß es sich nicht um einen Lehrauftrag, sondern um ein Arbeitsverhältnis gehandelt hat." Diese Vordrucke reichte sie am 21. Juli 1986 beim Akademischen Auslandsamt ein. Am selben Tag reichte sie dort einen weiteren Vordruck vom 12. Juli 1986 ein, worin sie das Akademische Auslandsamt bittet, für sie für das SS 1986/87 (mit Vorsemester) einen Lehrauftrag zu beantragen. In dem Vordruck heißt es:

"Über folgendes bin ich mir im klaren:

- Die Entgegennahme dieses 'Wunschzettels'

durch das Akad. Auslandsamt kann nicht als

Lehrauftragzusage verstanden werden. Die

Erteilung von Lehraufträgen erfolgt durch

den Rektor der Universität.

- Kursplanwünsche können nur begrenzt - und

nur unter Änderungsvorbehalt berücksichtigt

werden.

- 'Der Lehrauftrag ist ein öffentlich-rechtliches

Rechtsverhältnis eigener Art; er

begründet kein Dienstverhältnis.' (§ 56, 1

WissHG)"

Unter dem 25. Juli 1986 bestätigte der Kanzler der Universität zu Köln der Klägerin den Eingang ihrer Mitteilungen über die durchgeführten Lehrveranstaltungen, kündigte die Überweisung der Lehrvergütung für die nächsten Tage an und teilte ihr ferner mit:

"Zu Ihrem Vorbehalt möchte ich Ihnen mitteilen,

daß der Rektor der Universität Ihnen sowohl für

das Wintersemester 1985/86 als auch für das

Sommersemester 1986 einen Lehrauftrag erteilt

hat. Der Lehrauftrag ist nach § 56 Abs. 1 WissHG

ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis

eigener Art; er begründet kein Dienstverhältnis.

Im übrigen nehme ich auf mein Schreiben vom

28.08.1985 - 41.5.1 - Bezug."

Am 4. August 1986 hat die Klägerin Klage mit dem Ziel eingereicht festzustellen, daß zwischen ihr und dem beklagten Land ein unbefristetes und ungekündigtes Arbeitsverhältnis besteht und daß das beklagte Land verpflichtet ist, sie zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Deutschlehrerin für ausländische Studenten mit 20 Wochenstunden weiterzubeschäftigen.

Sie hat geltend gemacht, ihre Tätigkeit sei während der gesamten Zeit ihrer Beschäftigung immer dieselbe gewesen. Deshalb sei ihre Beschäftigung insgesamt als Arbeitsverhältnis zu werten. Das Akademische Auslandsamt habe einen dauerhaften Bedarf an Lehrkräften, der die Zahl der hauptberuflich tätigen Mitarbeiter erheblich übersteige. Schon deswegen sei die Befristung der mit wissenschaftlichen Mitarbeitern abgeschlossenen Arbeitsverträge unzulässig. Die Anträge auf Erteilung der Lehraufträge für das WS 1985/86 und für das SS 1986 seien ohne Mitwirkung der Klägerin gestellt worden. Eine Einigung über die Erteilung eines Lehrauftrages sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Das Schreiben des beklagten Landes vom 28. August 1985 sei unbeachtlich, weil sie, die Klägerin, zu diesem Zeitpunkt bereits wieder tätig geworden sei. Die Befristung des letzten Arbeitsvertrages bis 31. Juli 1985 sei irrelevant, da sie bei Erhalt dieser Vereinbarung am 5. Juli 1985 wegen des Fortbestehens früherer Abreden bereits unbefristet als Angestellte beschäftigt gewesen sei. Sie habe die Verlängerungsvereinbarung auch nicht unterzeichnet. Für eine frühere Klageerhebung habe für sie schon deswegen kein Anlaß bestanden, weil sie in gleicher Weise wie zuvor weiterbeschäftigt worden sei. Deswegen habe das beklagte Land auch nicht davon ausgehen können, daß sie sich nicht mehr auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses berufen werde. Auch ab 31. Juli 1985 habe zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestanden. Ab 2. September 1985 sei sie - wie in den früheren Semestern - in den Dienstplan und den dienstlichen Ablauf voll integriert gewesen. Nur im Rahmen der vorgegebenen Kurszeiten habe sie einige Wünsche äußern können; dies werde an keiner Schule anders gehandhabt. Eine Absprache im Einzelfall finde nicht statt. Durch die vom beklagten Land vorgegebenen Termine für Klausuren und Prüfungen habe auch eine zeitliche Bindung betreffend Vorbereitung, Durchführung und Korrekturen bestanden. Der Einsatz sogenannter Lehrbeauftragter gehe über den Anwendungsbereich von § 56 WissHG NW hinaus. Durch die Öffnung der Universität für Ausländer sei der Lehrbereich Deutsch für ausländische Studenten als Fremdsprache zu einer dauernden und regelmäßig anfallenden Aufgabe geworden, deren Durchführung kontinuierlich und langjährig tätige Mitarbeiter erfordere, wie dies in einem Artikel des Jahrbuches 1985 der Universität zu Köln hervorgehoben worden sei.

Die Klägerin hat beantragt,

unter Abänderung des Urteils des

Arbeitsgerichts Köln vom 10. September

1986 - 10 Ca 5960/86 - festzustellen,

daß zwischen den Parteien ein unbefristetes

und ungekündigtes Arbeitsverhältnis

besteht;

das beklagte Land zu verurteilen, die

Klägerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen

als Deutschlehrerin für ausländische

Studenten mit 20 Wochenstunden

weiterzubeschäftigen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat entgegnet, die Klägerin habe zwar auch nach dem 31. Juli 1985 ihren Wunsch zum Ausdruck gebracht, im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses als wissenschaftliche Hilfskraft beschäftigt zu werden. Das beklagte Land habe aber immer wieder betont, daß eine Unterrichtstätigkeit künftig nur noch im Rahmen eines Lehrauftrags möglich sei. Das Schreiben des beklagten Landes vom 28. August 1985 sei der Klägerin am 29., spätestens am 30. August 1985 zugegangen. Am 2. September 1985 habe sie ihre Unterrichtstätigkeit als Lehrbeauftragte aufgenommen. Die Klägerin habe den Lehrauftrag auch nicht abgelehnt. Sie könne sich auf den Kursplan und das Schreiben über die Lehrwerke nicht berufen. Diese seien bereits im Juli 1985 erstellt worden und zudem unverbindlich und vorbehaltlich späterer Änderungen erfolgt. Es handele sich um allgemein verteilte Vordrucke, die nicht speziell für die Klägerin bestimmt gewesen seien.

Zwischen einer wissenschaftlichen Hilfskraft und einem Lehrbeauftragten bestünden auch grundsätzliche Unterschiede in der Tätigkeit. Nur bei einer wissenschaftlichen Hilfskraft bestehe die Möglichkeit, Anweisungen hinsichtlich der Unterrichtszeit, des Unterrichtsinhalts und der Methodik zu geben. Zusätzlich zur Unterrichtszeit habe die wissenschaftliche Hilfskraft Sprechstunden für Studenten einzurichten und zusätzliche Koordinierungs- und Verwaltungsaufgaben wahrzunehmen. Demgegenüber sei ein Lehrbeauftragter nur verpflichtet, den im einzelnen vereinbarten Unterricht zu erteilen. Komme es insoweit nicht zu einer Einigung, so sei die Verpflichtung auf bestimmte Zeiten nicht möglich. Bedingt durch Umfang und Belegung der Kurse des Akademischen Auslandsamtes bestehe ein ständig schwankender Bedarf an Lehrkräften, der es nicht angemessen erscheinen lasse, ausschließlich hauptberufliche Kräfte einzusetzen. Künftig sei beabsichtigt, für den Sprachunterricht im Akademischen Auslandsamt in erster Linie die vier bis fünf vollbeschäftigten Lehrkräfte einzusetzen und darüber hinaus nur noch Lehraufträge zu erteilen. Arbeitsverhältnisse mit wissenschaftlichen Mitarbeitern werde das beklagte Land zu diesem Zweck nicht mehr vereinbaren.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen, gleichzeitig hat es die Revision zugelassen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihren klargestellten Feststellungsantrag, wonach das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien mit dem Inhalt des Vertrags vom 5. Juli 1985 unbefristet fortbestehe, weiter, während das beklagte Land bittet, die Revision zurückzuweisen. Hinsichtlich des Weiterbeschäftigungsantrags hat die Klägerin die Revision zurückgenommen; insoweit stellt das beklagte Land den Antrag, die Kosten der Klägerin aufzuerlegen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat das Feststellungsbegehren zu Recht abgewiesen. Allerdings ist ihm nicht in allen Teilen der Begründung seines Urteils zu folgen.

I. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, daß ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nicht schon nach Maßgabe von § 625 BGB zustande gekommen ist.

1. Das Landesarbeitsgericht hat gemeint, § 625 BGB greife nicht ein, weil die Klägerin in Kenntnis des Schreibens des beklagten Landes vom 28. August 1985 am 2. September 1985 die Lehrtätigkeit ohne Vorbehalt aufgenommen habe, jedenfalls aber daraus, daß sie ihre Tätigkeit ohne erkennbaren Widerspruch auch nach Erhalt der Bestätigung des Lehrauftrags am 19. September 1985 fortgesetzt habe. Unter Berücksichtigung der "um den 31. Juli 1985 herum" geführten Gespräche sowie des Schreibens vom 28. August 1985 habe das beklagte Land die vorbehaltlose Aufnahme bzw. Fortsetzung der Tätigkeit nur als konkludente Annahme des Angebots auf Fortsetzung der Vertragsbeziehungen im Rahmen eines freien Mitarbeiterverhältnisses verstehen können. Die Interessenlage der Parteien sei insoweit vergleichbar derjenigen bei mehreren nacheinander abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträgen. Ohne besonderen Vorbehalt liege im Abschluß eines befristeten Vertrags zugleich konkludent die Aufhebung eines früheren unbefristeten Arbeitsvertrags. Gleiches müsse gelten, wenn sich an ein früheres Arbeitsverhältnis nicht ein befristeter Arbeitsvertrag, sondern ein freies Mitarbeiterverhältnis anschließen solle.

2. Dem Landesarbeitsgericht ist darin zu folgen, daß in der Mitteilung des beklagten Landes in dessen Schreiben vom 28. August 1985 ein Widerspruch im Sinne des § 625 BGB liegt.

a) Die Voraussetzungen des § 625 BGB sind nicht schon dadurch erfüllt, daß die Klägerin am 2. September 1985 ihre Lehrtätigkeit fortgesetzt hat. Denn das beklagte Land hat der Durchführung der Lehrtätigkeit im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses durch sein Schreiben vom 28. August 1985 rechtzeitig widersprochen. Dieses Schreiben ist der Klägerin nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen des beklagten Landes im Berufungsrechtszug am 29., spätestens am 30. August 1985 zugegangen. Damit hat das beklagte Land im Sinne des § 625 BGB der stillschweigenden Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses rechtzeitig widersprochen, so daß die Rechtsfolge des § 625 BGB gerade nicht ausgelöst worden ist.

b) Die Klägerin hat zwar im Berufungsrechtszug gemeint, sie habe ihre Tätigkeit für die Erteilung des Deutschunterrichts bereits "im August" aufgenommen. Tatsächlich hat sie jedoch ihren Unterricht erst am 2. September 1985 aufgenommen. Es bleibt völlig unerklärlich, inwieweit die Klägerin ihre Unterrichtstätigkeit bereits "im August" in Kenntnis der Kündigungsberechtigten der Universität zu Köln des beklagten Landes aufgenommen haben will, ferner auch, wann dies geschehen sein soll und worin die Tätigkeit bestanden haben soll. Eine etwaige rein tatsächliche Beschäftigung der Klägerin, etwa im Rahmen der Vorbereitung auf den Deutschunterricht, die ohne Kenntnis der Kündigungsberechtigten erfolgt ist, ist jedoch nicht geeignet, die Rechtsfolge des § 625 BGB auszulösen. Vielmehr setzt § 625 BGB das Wissen des anderen Teiles, nämlich des dort Kündigungsberechtigten, voraus.

3. Dagegen kann dem Landesarbeitsgericht nicht insoweit gefolgt werden, als die Klägerin den Deutschunterricht im WS 1985/86 und im SS 1986 als freie Mitarbeiterin erteilt haben soll. Sie hat jene Tätigkeit vielmehr als Lehrbeauftragte und aus diesem Grund nicht in einem Dienstverhältnis i. S. des § 625 BGB geleistet.

a) Bereits § 56 Abs. 1 Satz 3 WissHG NW steht der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin sei als freie Mitarbeiterin tätig geworden, entgegen. Nach dieser Bestimmung ist ein "Lehrauftrag ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis eigener Art; er begründet kein Dienstverhältnis". Das beklagte Land hat die vom Akademischen Auslandsamt gestellten Anträge auf Erteilung bzw. Verlängerung des Lehrauftrages für die Klägerin durch die Bescheide des Rektors der Universität zu Köln angenommen. Die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 WissHG NW liegen insoweit auch vor, als die Lehraufträge für einen durch hauptberufliche Kräfte nicht gedeckten Lehrbedarf erteilt werden konnten und erteilt worden sind. Die Erteilung der Lehraufträge ist durch Verwaltungsakte der Hochschule erfolgt und nicht etwa im Wege eines privatrechtlichen Vertragsabschlusses. Dabei sind die Verwaltungsakte insoweit zustimmungsbedürftig, als der Lehrbeauftragte sich zumindest durch schlüssiges Handeln hiermit einverstanden erklären muß. Dementsprechend ist zwischen der Klägerin und dem beklagten Land für die Lehrveranstaltungen im WS 1985/86 und im SS 1986 ein öffentlich-rechtliches Lehrauftragsverhältnis im Sinne des § 56 WissHG NW zustande gekommen.

b) Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Es hat mehrfach festgestellt, daß Lehrbeauftragte an Hochschulen in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis eigener Art stehen, wenn der Lehrauftrag - wenn auch mit Zustimmung des Lehrbeauftragten - durch einseitigen Akt der Hochschule erteilt wird und nicht im Wege eines privatrechtlichen Vertragsabschlusses (vgl. Urteil vom 15. April 1982 - 2 AZR 1111/79 - BAGE 38, 259 = AP Nr. 27 zu § 611 BGB Lehrer, Dozenten; Urteil vom 27. Juni 1984 - 5 AZR 567/82 - BAGE 46, 218, 223 f. = AP Nr. 42 zu § 611 BGB Lehrer, Dozenten, zu II der Gründe). Im Anschluß an diese Rechtsprechung des Zweiten und Fünften Senats hat der erkennende Senat bereits mehrfach entschieden, daß Verwalter einer Professorenstelle, soweit die Hochschulgesetze der Länder nichts anderes bestimmen, jedenfalls dann in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis eigener Art stehen, wenn es durch eine einseitige Maßnahme begründet und im wesentlichen öffentlich-rechtlich ausgestaltet ist (vgl. Urteil vom 30. November 1984 - 7 AZR 511/83 - BAGE 47, 275, 282 ff. = AP Nr. 43 zu § 611 BGB Lehrer, Dozenten, zu II 5 der Gründe; Urteil vom 13. März 1985 - 7 AZR 12/84 - n.v.; Urteil vom 18. November 1986 - 7 AZR 447/84 - n.v.).

c) Zwar hebt die Klägerin hervor, der Antrag auf Erteilung des Lehrauftrages wie auch der Antrag auf Verlängerung des Lehrauftrages seien vom Akademischen Auslandsamt ohne ihr Mitwirken und ohne ihre Zustimmung gestellt worden. Dies ist jedoch nicht erheblich. Aufgrund jener Anträge ist der Lehrauftrag für das WS 1985/86 erteilt und sodann für das SS 1986 verlängert worden. Diese Mitteilungen sind der Klägerin nach ihrem eigenen Vorbringen auch während bzw. vor der Aufnahme der Tätigkeit zugegangen. Es wäre nunmehr Sache der Klägerin gewesen, ihre Zustimmung zu so erteilten Lehraufträgen rechtzeitig zu verweigern. Hierzu hätte sie eine rechtzeitige Erklärung abgeben müssen, weil sie andererseits tatsächlich den Deutschunterricht, der Gegenstand der Lehraufträge gewesen ist, erteilt hat. Vielmehr hat sie mit der widerspruchslosen Erteilung des Deutschunterrichts konkludent ihre Zustimmung zu den erteilten Lehraufträgen abgegeben.

d) Daran ändert auch nichts, daß die Klägerin nach Durchführung beider Lehrveranstaltungen, nämlich erst im Juli 1986, bei der Abrechnung der Lehrauftragsstunden einen Vorbehalt erklärt hat. Der nachträgliche Vorbehalt war nicht mehr geeignet, den rechtzeitigen Widerspruch des beklagten Landes i. S. von § 625 BGB oder das Zustandegekommensein der Lehrauftragsverhältnisse zu beseitigen.

II. Die Klägerin ist unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Verwirkung gehindert, sich erstmals mit ihrer am 4. August 1986 eingereichten und dem beklagten Land am 12. August 1986 zugestellten Klage auf die angebliche Unwirksamkeit der Befristungsabrede aus dem Vertrag vom 5. Juli 1985 zu berufen. Dies hat das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision greifen nicht durch.

1. Aus der allgemeinen Geltung des Grundsatzes von Treu und Glauben im Sinne des § 242 BGB ist auch der Grundsatz der Verwirkung materieller Rechte (wie auch deren prozessualer Geltendmachung) herzuleiten. Materiell-rechtliche Verwirkung liegt vor, wenn mehrere Voraussetzungen dieses Ausnahmetatbestandes erfüllt sind: Einmal muß der Gläubiger mit der Geltendmachung des Anspruchs gezögert haben. Er muß weiterhin durch das Zuwarten beim Schuldner die Ansicht hervorgerufen haben, seinen Anspruch nicht mehr geltend zu machen, so daß der Schuldner sich darauf einstellen durfte und eingestellt hat, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Schließlich muß dem Schuldner gegenwärtig die Erfüllung des Anspruchs unter Berücksichtigung aller Umstände nach Treu und Glauben nicht mehr zuzumuten sein (vgl. statt vieler: BAG Beschluß vom 14. November 1978 - 6 ABR 11/77 - AP Nr. 39 zu § 242 BGB Verwirkung m.w.N.).

2. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

a) Das Zeitmoment ist erfüllt. Die Klägerin hat erstmals mit ihrer am 12. August 1986 zugestellten Klage gegenüber dem beklagten Land geltend gemacht, in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zu stehen. Zwar hat die Klägerin vor Aufnahme der Lehrtätigkeit im WS 1985/86 unstreitig begehrt, ihre Tätigkeit als Arbeitnehmerin ausüben zu dürfen. Dies ist jedoch vom beklagten Land durch sein Schreiben vom 28. August 1985 eindeutig abgelehnt worden. Während der Dauer der Lehrauftragsverhältnisse für das WS 1985/86 und für das SS 1986 hat die Klägerin ihre Auffassung bzw. ihr Begehren, mit dem beklagten Land in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zu stehen, gegenüber dem beklagten Land nicht wiederholt. Erstmals in der Abrechnung beider Lehraufträge, die dem beklagten Land beim Akademischen Auslandsamt der Universität zu Köln am 21. Juli 1986 zugegangen ist, hat die Klägerin den Vorbehalt gemacht, daß sie für die Dauer ihrer Tätigkeit im WS 1985/86 und im SS 1986 nicht in einem Lehrauftragsverhältnis, sondern in einem Arbeitsverhältnis gestanden habe. Damit hat sie aber immer noch nicht geltend gemacht, sich in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zu befinden. Dies ist erstmals durch Zustellung der Klage am 12. August 1986 geschehen und damit mehr als ein Jahr nach Ablauf der Befristung (31. Juli 1985) aus dem Vertrag, auf den die Klägerin jetzt zurückgreift.

b) Auch das Umstandsmoment ist erfüllt. Die Klägerin hat durch ihr langes Zuwarten von mehr als einem Jahr und durch ihr Verhalten bei dem beklagten Land die Ansicht hervorgerufen, sie werde ihr Begehren, in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis auf der Basis des zum 31. Juli 1985 befristeten Vertrages zu stehen, nicht mehr verfolgen. Das beklagte Land durfte sich hierauf einrichten und hat es auch getan. Dies ergibt sich wesentlich daraus, daß die Klägerin nach ihrem befristeten Arbeitsverhältnis während zweier Semester als Lehrbeauftragte tätig geworden ist, ohne daß sie jemals geltend gemacht hätte, in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zu stehen. Sogar bei der Abrechnung der Lehraufträge für das WS 1985/86 und das SS 1986 hat die Klägerin dies nicht geltend gemacht, sondern nur einen Vorbehalt hinsichtlich der beiden abgelaufenen Semester erklärt. Insgesamt konnte und durfte sich das beklagte Land darauf einrichten, mit der Klägerin überhaupt nicht (mehr) in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, geschweige denn in einem Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit. Dementsprechend hat sich das beklagte Land auch eingestellt. Für das beklagte Land ist dieser Eindruck zudem objektiv noch dadurch verstärkt worden, daß die Klägerin selbst für das WS 1986/87 beim Akademischen Auslandsamt der Universität zu Köln hinsichtlich der Erteilung von Deutschunterricht für Ausländer einen Antrag gestellt hat, für sie einen Lehrauftrag zu beantragen. Diesen Antrag hat die Klägerin am 21. Juli 1986 eingereicht; in ihm hat sie wiederum auch nicht einmal andeutungsweise geltend gemacht, wegen dieser Tätigkeit in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zum beklagten Land zu stehen. Vielmehr hat sie darin selbst erklärt, sich "darüber im klaren zu sein", daß "der Lehrauftrag ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis eigener Art ist und er kein Dienstverhältnis begründet".

c) Dem beklagten Land ist es auch objektiv unzumutbar, dem Begehren der Klägerin, mit ihm in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Erteilung von Deutschunterricht im Akademischen Auslandsamt der Universität zu Köln zu stehen, nachzukommen. Denn nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag des beklagten Landes sollte jener Sprachunterricht ab WS 1985/86 durch die vier bis fünf hauptamtlichen Mitarbeiter des Akademischen Auslandsamtes erteilt und darüber hinausgehender Unterrichtsbedarf nur noch durch Vergabe von Lehraufträgen gedeckt werden. Dementsprechend hat sich das beklagte Land bei der Feststellung des Haushaltsplans der Universität zu Köln eingerichtet. Die haushaltsmäßige Belastung ist bei einem Lehrauftrag sehr viel geringer als bei einem entsprechenden Arbeitsverhältnis, weil bei einem Lehrauftrag grundsätzlich keine Personalnebenkosten anfallen, insbesondere keine Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung oder gar zur zusätzlichen Alterssicherung. Auch die Klägerin hat sich seit dem WS 1985/86 entsprechend dieser Grundhaltung des beklagten Landes verhalten, denn sie ist im Rahmen von Lehraufträgen tätig gewesen. Sie hat sich gerade auch hinsichtlich der Bezahlung nicht wie ein Arbeitnehmer verhalten, sondern wie eine Lehrbeauftragte. Denn sie hat nicht etwa eine monatliche Gehaltszahlung, wie sie arbeitsvertraglich geschuldet wäre, verlangt, sondern stattdessen ihre Lehraufträge nachträglich für sogar zwei Semester abgerechnet. Überdies hat sie, wie bereits dargelegt, selbst für das WS 1986/87 um die Erteilung eines weiteren Lehrauftrags angetragen. Aus dem Gesamtverhalten der Klägerin und der Einlassung des beklagten Landes folgt, daß dem beklagten Land die Durchführung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses weder für die Vergangenheit ab WS 1985/86 noch für die Zukunft zugemutet werden kann.

III. Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des zurückgenommenen Teiles der Revision auf den §§ 566, 515 Abs. 3 ZPO, im übrigen auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Dr. Seidensticker Dr. Becker Schliemann

Kleeschulte Neuroth

 

Fundstellen

Haufe-Index 441208

RzK, I 9a Nr 29 (ST1)

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