Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung einer Gleichstellungsbeauftragten. Angestellte als Gleichstellungsbeauftragte nach § 6a GemO NW

 

Leitsatz (amtlich)

  • Die Eingruppierung einer Gleichstellungsbeauftragten richtet sich nicht nach der allgemeinen gesellschaftspolitischen Bedeutung, sondern nach den ihr im Einzelfall übertragenen Aufgaben.
  • Eine Gleichstellungsbeauftragte hebt sich nicht durch besondere Schwierigkeit aus VergGr. IVb BAT/VKA Fallgruppe 1a heraus, wenn ihr nach dem Arbeitsvertrag und der Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses keine Aufgaben übertragen sind, aus denen sich entnehmen läßt, daß an ihr Fachwissen Anforderungen gestellt werden, die über gründliche, umfassende Fachkenntnisse hinausgehen. Nicht ausreichend ist, daß sie bei der Erledigung ihrer Aufgaben Eigeninitiative, Fantasie, Ausdauer und Verhandlungsgeschick aufbringen muß.
 

Normenkette

BAT 1975 §§ 22-23; BAT Anlage 1a (VKA) VergGr. Vb Fallgruppe 1a, VergGr. IVb Fallgruppe 1a , VergGr. IVa Fallgruppe 1a, VergGr. IVa Fallgruppe 1b; GemO NW § 6a

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Urteil vom 25.05.1990; Aktenzeichen 18 (4) Sa 1585/89)

ArbG Herne (Urteil vom 29.08.1989; Aktenzeichen 2 Ca 1424/89)

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 25. Mai 1990 – 18 (4) Sa 1585/89 – wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die als Gleichstellungsbeauftragte beschäftigte Klägerin Anspruch auf Eingruppierung nach der VergGr. III BAT, hilfsweise nach der VergGr. IVa BAT hat.

Die 1939 geborene Klägerin ist als Rechtsanwalts- und Notargehilfin ausgebildet. Sie war zunächst elf Jahre in einer Anwalts- und Notariatskanzlei tätig, davon neun Jahre als Bürovorsteherin. Von August 1972 bis September 1979 arbeitete sie als Sachbearbeiterin im Liegenschafts- und Wirtschaftsförderungsamt der Beklagten. In dieser Zeit war sie nach der VergGr. Vb BAT eingruppiert. Anschließend war sie wiederum in einem Anwaltsbüro tätig. Am 1. Januar 1981 wurde sie erneut von der Beklagten eingestellt und zwar als Sachbearbeiterin im Steueramt, Abteilung Gewerbesteuer. Auch in dieser Tätigkeit war sie in die VergGr. Vb BAT eingruppiert.

Nach § 2 des Dienstvertrages vom 12. Dezember 1980/2. Januar 1981 und kraft Organisationszugehörigkeit beider Parteien richtet sich das Arbeitsverhältnis nach den Regelungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) in der für die Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände gültigen Fassung.

Durch Beschluß des Rates der Beklagten vom 14. März 1985 wurde die Klägerin als Gleichstellungsbeauftragte im Sinne von § 6a Abs. 4 der GemO Nordrhein-Westfalen bestellt. Diese Vorschrift hat folgenden Wortlaut:

“Die Verwirklichung des Verfassungsauftrages der Gleichberechtigung von Mann und Frau ist auch eine Aufgabe der Gemeinde. Zur Wahrnehmung dieser Aufgaben kann die Gemeinde Gleichstellungsbeauftragte bestellen.”

Sie wurde danach in die VergGr. IVb BAT eingruppiert. Als solche ist sie seitdem tätig. Ihre Vorgesetzte ist die Sozialdezernentin der Beklagten. Zu ihrer Unterstützung ist der Klägerin eine in die VergGr. VIb BAT eingruppierte Sachbearbeiterin, die gleichzeitig die Schreibarbeiten erledigt, zugeteilt. Ferner arbeitet mit der Klägerin eine Sozialwissenschaftlerin zusammen, die im Rahmen einer zweijährigen Arbeitsbeschaffungsmaßnahme den Auftrag hat, einen Familienbericht über die Lebenssituation der Frauen in der Stadt M… zu erstellen.

Durch Dienstanweisung vom 26. April 1985 sind der Klägerin folgende Aufgaben übertragen:

“I. Allgemeine Aufgabenstellung

Aufzeigen von örtlichen Gleichstellungsproblemen, Entwickeln von Lösungsmöglichkeiten, um der Benachteiligung der Frau im öffentlichen Leben, im Arbeitsleben und im sozialen Umfeld entgegenzuwirken.

II. Tätigkeitsfelder

  • Öffentlichkeitsarbeit/Kontaktpflege

    Kontakte zu und Zusammenarbeit mit anderen Gleichstellungsstellen, Verwaltungseinrichtungen, Verwaltungsgremien, Verbänden, Gewerkschaften, Personal-, Betriebsvertretungen, Initiativen, Unternehmen, Frauengruppen und allen gesellschaftlich relevanten Gruppen mit dem Ziel, die Situation der Frauen in M… durch Anregungen, Verhandlungen, Vermittlungsbemühungen gegenüber den jeweils Verantwortlichen zu verbessern.

  • Sprechstunden, Beratung, Hilfestellung

    Die Gleichstellungsbeauftragte ist Ansprechperson, die in regelmäßigen Sprechstunden, Anregungen und Beschwerden über Ungleichbehandlungen und Diskriminierungen aus der Bevölkerung entgegennimmt, diesen nachgeht und soweit möglich, Abhilfe schafft. Sie arbeitet mit den verschiedenen städtischen und nichtstädtischen Beratungseinrichtungen eng zusammen.

  • Mitwirkung bei der Vorbereitung von Verwaltungs-, Ausschuß- und Ratsentscheidungen
  • Erstellen eines jährlichen Tätigkeitsberichtes

III. Organisatorische Eingliederung

Die Gleichstellungsbeauftragte ist unmittelbar dem Sozialdezernenten unterstellt. Sie erhält die Kurzbezeichnung IV/G. Für Schreibdienstleistungen ist der Schreibdienst des Dezernates IV zuständig.”

Mit Schreiben vom 14. Juli 1987 beantragte die Klägerin ihre Höhergruppierung in die VergGr. III BAT. Dies lehnte die Beklagte ab. Mit der am 16. Juni 1989 erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Höhergruppierungsbegehren weiterverfolgt. Sie hat vorgetragen, sie benötige für ihre Arbeit weitreichende Fachkenntnisse sowohl über öffentliches wie privates Recht und über Inhalt und Ziel der Gleichstellung von Männern und Frauen. Ihre Arbeit liege in einem Spannungsfeld zwischen den Interessen der Frauen einerseits und der Kommunalverwaltung andererseits und werde deshalb stets intensiv und kritisch beobachtet, infolgedessen sei sie schwierig. Sie habe Informationsmaterial und Pressemitteilungen gefertigt und herausgegeben. Die darin enthaltenen Angaben zu Rechts- und Verwaltungsvorschriften habe sie jedoch zuvor von den Verwaltungsjuristen des Rechtsamtes der Stadt M… überprüfen lassen. Sowohl die Sachbearbeiterin wie die Sozialwissenschaftlerin habe sie eingearbeitet, angeleitet, beaufsichtigt und fortgebildet, diese Frauen auch beurteilt und Zeugnisse ausgestellt. Das gleiche gelte auch für Praktikantinnen.

Im einzelnen habe sie insbesondere erarbeitet oder miterarbeitet die Durchsetzung des Anspruches der in der städtischen Paracelsusklinik beschäftigten Frauen auf einen Hausarbeitstag, ein Konzept zur Verbesserung der Chancengleichheit von Frauen und zur Förderung der Familienfreundlichkeit in der Stadtverwaltung M…, den von der Sozialwissenschaftlerin erstellten M… Familienbericht, einen Antrag auf eine Koordinierungs- und Beratungsstelle “Frau und Beruf”, die M… Frauenkulturtage 1988 in Zusammenarbeit mit dem Frauenforum und der Volkshochschule M…, einen Plan zur Durchführung einer Frauengeschichtsforschung und die Einrichtung von Frauenparkplätzen im städtischen Parkhaus. Zu ihrer Arbeit an den einzelnen Projekten gehöre auch der Entwurf eines Finanzierungsplanes, der mit den unterschiedlichen Dienststellen abgestimmt werden müsse. Insgesamt habe sie bisher elf Informationsschriften und einige Flugblätter gleichstellungsrelevanten Inhalts erarbeitet und veröffentlicht. Für den internationalen Frauentag habe sie im einzelnen eine Bildausstellung der EG mit dem Titel “Frauen Europas” kostenlos angeschafft und mit Darstellungen entsprechender Situationen der Frauen in M… ergänzt, sowie die Ausstellungsstücke in M… und R… präsentiert. Darüber hinaus beteilige sie sich regelmäßig an der Arbeit der Kreisfrauenausschüsse des Deutschen Gewerkschaftsbundes und der Gewerkschaft ÖTV. Dabei seien Stellungnahmen zum geplanten Frauenförderungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen sowie Empfehlungen für ein Frauenförderungskonzept für Betriebe und Verwaltungen erarbeitet worden. Die Vorlagen hierzu habe sie selbst gemacht. Auch an der Informationsarbeit anderer Gruppierungen habe sie mitgewirkt, z.B. einen praktischen Ratgeber zur Errichtung und Arbeit kommunaler Frauenbüros erstellt. Nach Dienstschluß und an ihren Wochenenden kooperiere sie mit Gewerkschaftsfrauen der IG Chemie-Papier-Keramik.

Die Klägerin hat weiter vorgetragen, mit ihrer Arbeit beeinflusse sie Entscheidungen, die sich auf den Innendienst der Stadtverwaltung, aber auch auf die Lebensverhältnisse Dritter und auf die Allgemeinheit auswirkten. Ihr würden alle Verwaltungsentscheidungen sowie Rats- und Ausschußvorlagen im Entwurfsstadium vorgelegt, damit sie Änderungs- und Alternativvorschläge einbringen und so auf die Meinungsbildung Einfluß nehmen könne. Auf diese Weise beeinflusse sie das Leben der Bürgerinnen der Stadt M… und trage die Verantwortung für die Durchsetzung der Gleichstellung der Frauen gegenüber den Männern. Zwar stimme sie alle Angelegenheiten von Bedeutung mit ihrer Dienstvorgesetzten ab, doch sei sie in ihrer täglichen Arbeit eigenverantwortlich. Wegen ihrer quantitativen Arbeitsüberlastung müsse sie Prioritäten setzen, dem Erwartungsdruck gerecht werden und ein überaus hohes Maß an Flexibilität, Einsatzbereitschaft und Verantwortung zeigen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Gesamttätigkeit sei ein einheitlicher Arbeitsvorgang. Das Arbeitsergebnis sei die Erfüllung der durch § 6a Abs. 4 GemO NW gestellten Aufgabe. Diese erfordere gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen, die besonders verantwortungsvoll seien. Darüber hinaus hebe sich ihre Tätigkeit durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der VergGr. IVb BAT Fallgr. 1a heraus und erfülle durch das Maß der mit ihrer Tätigkeit verbundenen Verantwortung auch die Voraussetzungen der VergGr. III BAT. Das besondere Maß der Verantwortung ergebe sich schon aus der Aufgabenstellung des Gesetzes, da sie für einen Großteil der Bürgerinnen der Beklagten in ihrer Funktion und Tätigkeit eine über das übliche Maß hinausgehende Verantwortung trage.

Im Wege des vierjährigen Bewährungsaufstieges stehe ihr zumindest ein Anspruch auf Eingruppierung in die VergGr. III BAT Fallgruppe 1b zu.

Die Klägerin hat beantragt

festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, sie ab 1. August 1987 nach der Vergütungsgruppe III BAT/VKA, Fallgruppe 1b zu vergüten

hilfsweise

nach der Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 1a.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, die Kontaktpflege und Öffentlichkeitsarbeit der Klägerin unterscheide sich nicht von der anderer Angestellten, mit deren Hilfe die Beklagte Beratungen anbiete, sei es durch Sprechstunden, sei es durch anderweitige Hilfestellung. Die Klägerin werde zwar bei Entscheidungen beteiligt, habe aber kein Mitbestimmungsrecht. Sie habe weder Rederecht im Rat noch in den Ausschüssen. An Personalauswahlgesprächen nehme sie lediglich mit beratender Stimme teil. Die Beklagte hat weiter – insoweit unbestritten – vorgetragen, alle Angelegenheiten von Bedeutung müsse die Klägerin mit ihrer Vorgesetzten besprechen. Diese müsse auch jede Angelegenheit mit finanzieller Auswirkung genehmigen, ebenso wie die Dienstreisen der Klägerin und ihre Teilnahme an Veranstaltungen. Ebenso müsse die Vorgesetzte alle für die Öffentlichkeit bestimmten Informationsmaterialien genehmigen. Die Tätigkeitsberichte der Klägerin würden der vorgesetzten Dezernentin vorgelegt, mit ihr abgestimmt und notfalls korrigiert. Irgendwelche Befugnisse gegenüber Amtsleitern habe die Klägerin nicht.

Im übrigen sei die Tätigkeit der Klägerin als Gleichstellungsbeauftragte kein einheitlicher Arbeitsvorgang. Jedes von ihr durchgeführte Objekt sei als einzelner Arbeitsvorgang anzusehen. Mit Rücksicht hierauf sei die Klage bereits unschlüssig. Unabhängig hiervon sei die Klägerin darauf angewiesen, daß man ihren Anregungen folge, da sie keine Entscheidungsbefugnisse habe. Insoweit fehle es an der Bedeutung ihres Aufgabengebietes.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Die Klägerin hat weder Anspruch auf Vergütung nach VergGr. III BAT noch auf Vergütung nach VergGr. IVa BAT.

I. Die Klägerin erstrebt Vergütung nach VergGr. III, hilfsweise nach VergGr. IVa der Anlage 1a zum BAT/VKA mit einer Eingruppierungsfeststellungsklage. Diese ist in Eingruppierungsprozessen des öffentlichen Dienstes allgemein üblich und begegnet keinen prozeßrechtlichen Bedenken (BAGE 37, 155, 163 = AP Nr. 52 zu §§ 22, 23 BAT 1975, m.w.N.).

II.1.a) Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT/VKA) unmittelbar und zwingend Anwendung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG). Demgemäß hängt die Entscheidung des Rechtsstreits davon ab, ob die Hälfte der Gesamtarbeitszeit der Klägerin ausfüllende Arbeitsvorgänge einem Tätigkeitsmerkmal der von ihr in Anspruch genommenen Vergütungsgruppe III BAT, hilfsweise IVa BAT, entsprechen (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 1 und Unterabs. 2 Satz 1 BAT). Dabei ist von dem in der Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorganges auszugehen. Danach ist Arbeitsvorgang ein unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen (BAGE 51, 59, 65; 282, 287; 356, 360 = AP Nr. 115, 116 und 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Tatsächlich trennbare Tätigkeiten mit unterschiedlicher tariflicher Wertigkeit können nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefaßt werden (BAG Urteil vom 12. November 1986 – 4 AZR 718/85 – AP Nr. 129 zu §§ 22, 23 BAT 1975, m.w.N.).

b) Das Landesarbeitsgericht nimmt an, die gesamte Tätigkeit der Klägerin als Gleichstellungsbeauftragte sei als ein einheitlicher Arbeitsvorgang anzusehen. Alle der Klägerin übertragenen Tätigkeiten dienten bei zwangloser und lebensnaher Betrachtungsweise einem konkreten Arbeitsergebnis, nämlich der Erfüllung der in § 6a Abs. 4 GemO NW vorgegebenen Aufgaben. Bei einer Aufteilung in einzelne Aufgaben bleibe das gesetzlich vorgesehene einheitliche Ziel der Tätigkeit unberücksichtigt. Eine Aufgliederung in jeweils objektbezogene Arbeitsvorgänge sei nicht möglich.

c) Dies begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Als Arbeitsergebnisse sind nicht die einzelnen in der Dienstanweisung der Klägerin angegebenen Aufgabengebiete der Öffentlichkeitsarbeit/Kontaktpflege, Sprechstunden, Beratung, Hilfestellung, Mitwirkung bei der Vorbereitung von Verwaltungs-, Ausschuß- und Ratsentscheidungen sowie Erstellung eines jährlichen Tätigkeitsberichtes anzusehen. Arbeitsergebnis der der Klägerin übertragenen Tätigkeit ist vielmehr die Erfüllung der Aufgaben einer Gleichstellungsbeauftragten der Stadt M… im Sinne von § 6a Abs. 4 GemO NW. Diesem Ziel dienen alle in der Dienstanweisung niedergelegten und von der Klägerin vorgetragenen Tätigkeiten. Eine weitere Aufspaltung dieser auf ein einheitliches Arbeitsergebnis gerichteten Tätigkeit der Klägerin in einzelne Aufgabenbereiche ist schon deshalb nicht möglich, weil die Klägerin nach der gesetzlichen Bestimmung des § 6a Abs. 4 GemO NW gerade die Erledigung aller Angelegenheiten in diesem Rahmen obliegt. Bei einer Abgrenzung einzelner Aufgaben bliebe deshalb das gesetzlich vorgesehene einheitliche Ziel der Tätigkeit unberücksichtigt. Sie ist auch rechtlich selbständig bewertbar.

2.a) Für die Eingruppierung der Klägerin kommen danach folgende Tätigkeitsmerkmale der Anl. 1a zum BAT/VKA in Betracht:

Vergütungsgruppe Vb

Tätigkeitsmerkmale

    • Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert.

      (Gründliche, umfassende Fachkenntnisse bedeuten gegenüber den in der Fallgruppe 1b der Vergütungsgruppe VII und in den Fallgruppen 1a der Vergütungsgruppen VIb und Vc geforderten gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen eine Steigerung der Tiefe und der Breite nach).

Vergütungsgruppe IVb

Tätigkeitsmerkmale

    • Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 1a heraushebt, daß sie besonders verantwortungsvoll ist.

      (Hierzu Protokollerklärung Nr. 1)

Vergütungsgruppe IVa

Tätigkeitsmerkmale

    • Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich mindestens zu einem Drittel durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 1a heraushebt.

      (Hierzu Protokollerklärung Nr. 1)

    • Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 1a heraushebt.

      (Hierzu Protokollerklärung Nr. 1)

Vergütungsgruppe III

Tätigkeitsmerkmale

    • Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich durch das Maß der damit verbundenen Verantwortung erheblich aus der Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 1b heraushebt,

      (Hierzu Protokollerklärung Nr. 1)

    • Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 1a heraushebt,

      nach vierjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 1b.

      (hierzu Protokollerklärung Nr. 1).

Daraus folgt, daß die Fallgruppen 1a der VergGr. Vb, 1a der VergGr. IVb, 1a und b der VergGr. IVa und 1a und b der VergGr. III aufeinander aufbauen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats muß daher zunächst das Vorliegen der Merkmale der Ausgangsfallgruppen und anschließend der Reihe nach jeweils das Vorliegen der weiteren qualifizierenden Tätigkeitsmerkmale überprüft werden (vgl. BAGE 51, 282, 292 = AP Nr. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAGE 29, 416, 421 = AP Nr. 3 zu §§ 22, 23 BAT 1975, m.w.N.). Da die Klägerin nach der VergGr. IVb BAT vergütet wird, kann sich der Senat insoweit jedoch auf eine pauschale Überprüfung beschränken (BAGE 29, 364, 375 = AP Nr. 2 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

b) Das Landesarbeitsgericht grenzt tarifgerecht und der ständigen Rechtsprechung des Senats entsprechend die gründlichen, umfassenden Fachkenntnisse und selbständigen Leistungen, die die VergGr. Vb BAT Fallgruppe 1a erfordert, von den vorangehenden Vergütungsgruppen ab, ebenso das nach der VergGr. IVb BAT Fallgruppe 1a erforderliche weitere Qualifizierungsmerkmal der besonders verantwortungsvollen Tätigkeit. Es ist, insoweit auch von der Revision nicht angegriffen, von den zutreffenden Rechtsbegriffen ausgegangen und hat sie auch bei seiner Subsumtion nicht wieder aufgegeben. Wenn das Landesarbeitsgericht das Heraushebungsmerkmal einer verantwortungsvollen Tätigkeit bejaht, ist dies revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn insoweit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Das Revisionsgericht kann deshalb nur überprüfen, ob die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Beurteilung gegen die Denkgesetze und allgemeinen Erfahrungssätze verstößt oder wesentliche Tatumstände unberücksichtigt läßt. Solche Rechtsfehler sind jedoch nicht erkennbar.

3. Das Landearbeitsgericht hat jedoch eine Heraushebung der Tätigkeit durch besondere Schwierigkeit (VergGr. IVa BAT Fallgruppen 1a und b) verneint. Es hat insoweit ausgeführt, die Schwierigkeit der Tätigkeit eines Angestellten betreffe die Anforderungen an dessen fachliche Qualifikation. Schwierige Tätigkeiten erforderten den Einsatz qualifizierter Fähigkeiten, nämlich erhöhtes – besonders breites oder vertieftes – fachliches Wissen und Können, Spezialkenntnisse, außergewöhnliche Erfahrung, höherer Aufwand an gedanklicher Arbeit, sonstige Anforderungen an den Verstand, die Überlegungen oder die Konzentrationsfähigkeit. Dies sei nur dann der Fall, wenn die zu bearbeitende Materie kompliziert sei, wenn außergewöhnliche fachliche Differenzierungen in Rede ständen, wenn die Verhältnisse ungewöhnlich seien oder außergewöhnlich viele Beteiligte eingeschaltet und angehört werden müßten, wenn sich besondere rechtliche Schwierigkeiten ergäben oder eine große Zahl von Vorschriften, die häufig wechseln, anzuwenden seien. Es müsse sich um eine beträchtliche, gewichtige Heraushebung aus der Schwierigkeit der niedrigeren Vergütungsgruppe handeln. Der Schwierigkeitsgrad müsse beträchtlich denjenigen übersteigen, der den Tätigkeiten der niedrigeren Vergütungsgruppen immanent sei.

4. Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts begegnen keinen rechtlichen Bedenken. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. zuletzt Urteil vom 16. April 1986 – 4 AZR 595/84 – AP Nr. 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975, m.w.N.) erfordert die VergGr. IVa BAT eine gewichtige Heraushebung durch die Schwierigkeit der Tätigkeit und außerdem eine deutlich wahrnehmbare Heraushebung durch die Bedeutung des Aufgabengebietes.

So verlangt die VergGr. IVa BAT Fallgruppe 1b zunächst einmal eine beträchtliche, gewichtige Heraushebung durch das Maß der Schwierigkeit der Tätigkeit über die Anforderungen der VergGr. IVb BAT Fallgruppe 1a hinaus. Darüber hinaus muß sich die Tätigkeit noch durch ihre Bedeutung deutlich wahrnehmbar aus der Summe der Anforderungen der VergGr. IVb BAT Fallgruppe 1a herausheben. Dabei knüpfen die Tarifvertragsparteien bei der “Bedeutung” des Aufgabengebietes an die Auswirkungen der Tätigkeit an, so daß es bei der Anwendung der Merkmale der VergGr. IVa BAT Fallgruppe 1b lediglich darauf ankommt, ob gemessen an den Anforderungen der VergGr. IVb BAT Fallgruppe 1a die Auswirkungen bzw. die Tragweite der Tätigkeit der Klägerin, aus welchem Grunde auch immer, deutlich wahrnehmbar bedeutungsvoller sind (BAGE 51, 282, 297 ff. = AP Nr. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bezieht sich danach die tarifliche Anforderung der besonderen Schwierigkeit der Tätigkeit auf die fachliche Qualifikation des Angestellten, also sein fachliches Können und seine fachliche Erfahrung. In der VergGr. IVa BAT Fallgruppe 1b wird somit ein Wissen und Können verlangt, das die Anforderungen der VergGr. IVb BAT Fallgruppe 1a in gewichtiger Weise, d.h. beträchtlich übersteigt. Diese erhöhte Qualifikation kann sich im Einzelfalle aus der Breite und Tiefe des geforderten fachlichen Wissens und Könnens ergeben, aber auch aus außergewöhnlichen Erfahrungen oder einer sonstigen gleichwertigen Qualifikation, etwa besonderen Spezialkenntnissen. Dabei ist zu beachten, daß die Tarifvertragsparteien die Anforderung der besonderen Schwierigkeit der Tätigkeit gegenständlich in keiner Weise beschränkt haben. Sie fordern lediglich, daß die Tätigkeit des Angestellten selbst die entsprechende Qualifikation verlangt. Demgemäß muß sich ihre Schwierigkeit unmittelbar aus der Tätigkeit selbst ergeben, so daß eine Tätigkeit nicht etwa deswegen als besonders schwierig im tariflichen Sinne angesehen werden kann, weil sie unter belastenden oder in sonstiger Weise unangenehmen Bedingungen geleistet werden muß.

Diese Voraussetzungen liegen aber schon nach dem eigenen Vortrag der Klägerin hier nicht vor. Es mag zwar richtig sein, daß für ihre Tätigkeit besondere Eigeninitiative, Fantasie, Ausdauer, Verhandlungsgeschick und Kontaktbereitschaft erforderlich sind. Es mag weiter zutreffen, daß die Klägerin unter erschwerenden Umständen arbeiten mußte, da sie sich ihren Arbeitsplatz gewissermaßen selbst einrichten mußte, sie mit vielfältigen Schwierigkeiten sowohl allgemeingesellschaftlicher wie behördeninterner Art zu kämpfen hat. Damit hat die Klägerin aber nichts vorgetragen, was die Anforderungen an das bei Erledigung ihrer Aufgaben erforderliche Fachwissen über gründliche, umfassende Fachkenntnisse hinaushebt. Diese sind nämlich, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat, schon im Sinne der VergGr. Vb erforderlich, wenn ein breites, dem quantitativen Umfang der Kenntnisse nach bedeutsames Wissen für die Bearbeitung des Aufgabenkreises des Angestellten verlangt wird. In diesem Zusammenhang beruft sich die Klägerin aber selbst nur auf weitgehende Fachkenntnisse über öffentliches und privates Recht. Inwiefern darüber hinaus auch ein vertieftes Fachwissen erforderlich ist, ist von ihr dagegen nicht dargelegt worden. Eine derartige Heraushebung ist für den Arbeitsbereich der Klägerin auch nicht erforderlich. Denn nach der allgemeinen Aufgabenstellung, ihrem eigenen Vortrag und ihrer sonstigen Tätigkeitsbeschreibung in der Dienstanweisung hat die Klägerin keinerlei Entscheidungsbefugnisse, sondern allenfalls Mitwirkungsrechte bei der Vorbereitung von Verwaltungs-, Ausschuß- und Ratsentscheidungen. Es mag zwar zutreffen, daß diese Tätigkeit ein breites Erfahrungswissen erfordert, jedoch keine außergewöhnlichen fachlichen Differenzierungen. Entgegen der Auffassung der Revision kann diese besondere fachliche Qualifikation auch nicht durch besondere Eigeninitiative und Fantasie bei der Ausübung der Tätigkeit ersetzt werden. Es mag tarifpolitisch wünschenswert sein, bei Vorliegen dieser Eigenschaften eine höhere Vergütung zu gewähren, das geltende Tarifrecht knüpft hieran jedoch nicht an.

III. Da nach alledem schon eine Vergütung nach der VergGr. IVa BAT ausscheidet, bedarf es keiner Prüfung mehr, ob die Klägerin Anspruch auf die VergGr. III BAT hat.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Schaub, Dr. Freitag, Schneider, Peter Jansen, Lehmann

 

Fundstellen

RdA 1991, 255

Streit 1992, 27

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge