Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung einer pädagogischen Unterrichtshilfe

 

Leitsatz (amtlich)

1. Aus der Angabe der Vergütungsgruppe im Arbeitsvertrag mit einer Lehrkraft, die nach § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O und Nr. 3 a SR 2 1 I BAT-O einzugruppieren ist, folgt grundsätzlich kein von den entsprechenden Eingruppierungsbestimmungen unabhängiger vertraglicher Vergütungsanspruch.

2. Erweist sich die im Arbeitsvertrag angegebene Vergütungsgruppe bei Anwendung der beamtenrechtlichen Vorschriften der 2. BesÜV bzw. der anzuwendenden Lehrerrichtlinien als unzutreffend, kann der Arbeitgeber einseitig eine Rückgruppierung vornehmen. Dies folgt für die Änderung von Eingruppierungen bis zum 31. Dezember 1992 auch aus dem Rechtsgedanken der Übergangsvorschrift zu § 22 BAT-O.

3. Wird der Personalrat bei einer derartigen Rückgruppierung nicht beteiligt, führt eine Verletzung des Mitbestimmungsrechts nicht zu einem Anspruch auf Fortzahlung der bisherigen Vergütung. Der Vergütungsanspruch richtet sich vielmehr nach den vertraglichen oder tariflichen Bestimmungen einer zutreffenden Eingruppierung (Bestätigung von BAGE 65, 163; 71, 139 = AP Nr. 31 und 37 zu § 75 BPersVG).

 

Leitsatz (redaktionell)

Rückgruppierung einer pädagogischen Unterrichtshilfe von VergGr. IV b BAT-O nach VergGr. V b BAT-O bzw. V c BAT-O unter Anwendung der Lehrerrichtlinien im Land Berlin.

 

Normenkette

Änderungstarifvertrag Nr. 1 zum BAT-O § 2 Nr. 3; PersVG Berlin § 87 Nr. 6

 

Verfahrensgang

LAG Berlin (Urteil vom 07.06.1994; Aktenzeichen 5 Sa 116/93)

ArbG Berlin (Urteil vom 04.08.1993; Aktenzeichen 70 Ca 29050/92)

 

Tenor

1. Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 7. Juni 1994 – 5 Sa 116/93 – aufgehoben.

2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 4. August 1993 – 70 Ca 29050/92 – wird zurückgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.

Die Klägerin ist ausgebildete Säuglingspflegerin, Säuglings- und Kinderkrankenschwester sowie Hebamme. Mit Wirkung vom 30. Juni 1975 erhielt sie die staatliche Anerkennung als Krippenerzieherin. In der Zeit vom 2. Oktober 1980 bis zum 4. Juni 1981 nahm die Klägerin an einem Grundlehrgang mit 84 Unterrichtsstunden und in der Zeit vom 17. September 1981 bis zum 17. Juni 1982 an einem Aufbaulehrgang mit 126 Unterrichtsstunden für Erzieher der rehabilitationspädagogischen Einrichtungen teil. Seit dem 1. September 1988 arbeitete die Klägerin als Erzieherin beim Rat des Stadtbezirks Berlin-Prenzlauer Berg.

Das beklagte Land teilte der Klägerin mit Schreiben vom 4. Juli 1991 mit, daß sich ihre Vergütung ab dem 1. Juli 1991 nach dem „BAT-O” richte und sie als Erzieherin vorläufig eine Vergütung nach VergGr. VII erhalte. Nachdem die Klägerin der Eingruppierung in die VergGr. VII mit Schreiben vom 9. September 1991 unter Hinweis darauf, daß sie als pädagogische Unterrichtshilfe eingesetzt werde, widersprochen hatte, teilte das beklagte Land der Klägerin unter dem 14. Oktober 1991 mit, der Widerspruch sei eingehend geprüft worden und die Eingruppierung werde in die VergGr. IV b/IV a rückwirkend ab 1. Juli 1991 vorgenommen.

Nach dem Arbeitsvertrag vom 17. Oktober 1991 wird die Klägerin ab 1. Februar 1991 als pädagogische Unterrichtshilfe an einer Schule für geistig Behinderte weiterbeschäftigt. Gemäß § 3 bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Ersten Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 und den diesen ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträgen. In § 5 des formularmäßigen Arbeitsvertrages heißt es:

„Ab 1. Juli 1991 ist die Angestellte

- in der VergGr. IV b der Anlage 1 a

zum BAT-O eingruppiert.”

Unter dem 27. Januar 1992 teilte das beklagte Land der Klägerin mit, sie werde ab dem 1. März 1992 nach VergGr. V b BAT-O vergütet. Dem widersprach die Klägerin mit Schreiben vom 10. März 1992. Das beklagte Land lehnte eine Korrektur mit Schreiben vom 31. März 1992 ab. Mit einem weiteren Schreiben vom 28. Oktober 1992 wurde der Klägerin mitgeteilt, sie erhalte ab dem 1. Dezember 1992 Vergütung nach VergGr. V c BAT-O.

Die Klägerin nahm in der Zeit vom 14. Oktober 1991 bis zum 18. November 1991 mit 12 Doppelstunden an einem Kurs zur Fort- und Weiterbildung für Pädagoginnen und Pädagogen mit dem Thema „Unterricht und Erziehung – Fortbildungsseminar für pädagogische Unterrichtshilfen/Erzieher in Sonderschulen” teil. In der Zeit vom 24. September 1991 bis zum 11. Februar 1992 belegte sie einen Fort- und Weiterbildungskurs für Pädagoginnen und Pädagogen mit neun Doppelstunden Unterricht zum Thema „Kulturtechniken in der Schule für geistig Behinderte”. Außerdem nahm sie im Zeitraum von März 1992 bis November 1992 an einer 200stündigen Fortbildung zum Themenbereich „Psychomotorische Entwicklungsförderung auf neurophysiologischer Grundlage (sensorische Integration)” erfolgreich teil.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, ihr stehe ab 1. März 1992 weiterhin Vergütung nach VergGr. IV b BAT-O zu. Dies folge aus der arbeitsvertraglichen Vereinbarung vom 17. Oktober 1991. Diese hätte das beklagte Land nur durch eine Änderungskündigung ändern können. Die einseitige Änderung sei auch deshalb unwirksam, weil der Personalrat nicht beteiligt worden sei.

Die Klägerin meint, ihr stehe ab 1. Dezember 1992 mindestens ein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. V b BAT-O nach den Richtlinien über die Eingruppierung der unter den Geltungsbereich des BAT-O fallenden Lehrkräfte (LehrerRL-O) in der ab 1. Januar 1992 geltenden Fassung zu. Sie verfüge über eine abgeschlossene Ausbildung als Erzieherin und habe insgesamt eine mehr als zweijährige sonderpädagogische Zusatzausbildung erhalten.

Die Klägerin hat zunächst die Vergütungsdifferenz zwischen einer Vergütung nach VergGr. IV b BAT-O und V b BAT-O für die Zeit vom 1. März 1992 bis zum 31. Oktober 1992 mit einem Zahlungsantrag geltend gemacht.

Die Klägerin hat beantragt,

  1. das beklagte Land zu verurteilen, an sie 4.291,32 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 6. November 1992 zu zahlen,
  2. festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, an sie seit dem 1. März 1992 Vergütung nach VergGr. IV b BAT-O zu zahlen,

hilfsweise,

festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, an sie seit dem 1. März 1992 Vergütung nach VergGr. V b BAT-O zu zahlen.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es vertritt die Auffassung, die Klägerin werde den LehrerRL-O entsprechend zutreffend nach VergGr. V c BAT-O vergütet.

Ein arbeitsvertraglicher Anspruch auf eine Vergütung nach VergGr. IV b BAT-O sei durch die Angabe der Vergütungsgruppe im Arbeitsvertrag vom 17. Oktober 1991 nicht begründet worden. Es habe sich um eine vorläufige Eingruppierung gehandelt, die nach der Übergangsvorschrift zu § 22 BAT-O keinen arbeitsvertraglichen Anspruch unabhängig von den Tätigkeitsmerkmalen der LehrerRL-O begründet habe und deshalb einseitig ohne Änderungskündigung habe geändert werden können. Insoweit habe auch kein Mitbestimmungsrecht des Personalrates bestanden. Die Zustimmung des Personalrates sei außerdem nicht Wirksamkeitsvoraussetzung für die Änderung der Vergütungsgruppe.

Der Klägerin stehe auch kein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. V b BAT-O nach den LehrerRL-O zu, da sie nicht über eine mindestens zweijährige sonderpädagogische Zusatzausbildung verfüge.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Klägerin, mit der sie nur ihre Feststellungsanträge weiterverfolgt hat, der Klage im Hauptantrag stattgegeben. Mit der Revision begehrt das beklagte Land weiterhin Klageabweisung. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen. Dabei hat sie ihren Hilfsantrag auf die Zeit ab 1. Dezember 1992 beschränkt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des berufungsgerichtlichen Urteils und zur Wiederherstellung des die Klage abweisenden erstinstanzlichen Urteils. Der Klägerin steht weder ein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IV b BAT-O noch ein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. V b BAT-O zu.

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe ein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IV b BAT-O aufgrund der arbeitsvertraglichen Vereinbarung vom 17. Oktober 1991 zu. Dies folge daraus, daß das beklagte Land der Klägerin nach ihrem Widerspruch vom 9. September 1991 eine Vergütung nach dieser Vergütungsgruppe verbindlich zugesagt habe. Diese arbeitsvertragliche Vereinbarung habe das beklagte Land nicht einseitig ändern können, da es sich nicht um eine Eingruppierung nach der Anlage 1 a zum BAT-O, für die die Übergangsvorschrift zu § 22 BAT-O gelte, sondern um eine Vereinbarung nach Nr. 3 a Unterabs. 2 SR 2 1 I BAT-O gehandelt habe.

II. Diesen Ausführungen vermag der Senat nicht zu folgen. Der Klägerin steht ab 1. März 1992 weder ein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IV b BAT-O aufgrund der Vereinbarung im Arbeitsvertrag vom 17. Oktober 1991 zu, noch ergibt sich ein über eine Vergütung nach VergGr. V c BAT-O hinausgehender Anspruch aus der Anwendung der LehrerRL-O.

1. Die Vereinbarung im Arbeitsvertrag, die Klägerin sei ab 1. Juli 1991 in VergGr. IV b der Anlage 1 a zum BAT-O eingruppiert, kann nicht dahingehend ausgelegt werden, daß der Klägerin ein eigenständiger, von den tariflichen Bestimmungen unabhängiger Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IV b BAT-O zustehen soll. Vielmehr handelt es sich um die nach § 22 Abs. 3 BAT-O erforderliche Angabe der Vergütungsgruppe im Arbeitsvertrag, die nur wiedergibt, welche Vergütungsgruppe das beklagte Land bei Anwendung der maßgeblichen Eingruppierungsbestimmungen als zutreffend ansieht. Daraus folgt ohne das Hinzutreten weiterer Umstände nicht zwangsläufig die Begründung eines eigenständigen, von der zutreffenden Eingruppierung unabhängigen, vertraglichen Anspruchs auf die angegebene Vergütung.

a) Nach der Rechtsprechung des Vierten Senats des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG Urteil vom 23. August 1995 – 4 AZR 352/94 – ZTR 1996, 169, 170, m.w.N.) läßt sich der für Arbeitsverträge im öffentlichen Dienst tariflich in § 22 Abs. 3 BAT/BAT-O vorgeschriebenen und deshalb typischen Angabe der Vergütungsgruppe nicht eine Willenserklärung des öffentlichen Arbeitgebers entnehmen, auch unabhängig von den tariflichen Bestimmungen, die angegebene Vergütung zahlen zu wollen. Dieser Rechtsprechung folgt der Senat.

Mit dem Hinweis auf die tariflichen Bestimmungen bringt der Arbeitgeber zum Ausdruck, daß er diejenige Vergütung gewähren wolle, die sich aus der Anwendung der tariflichen Bestimmungen ergibt. Daraus kann keine eigenständige Vergütungsvereinbarung entnommen werden, die angegebene Vergütung solle auch unabhängig von den tariflichen Bestimmungen, gegebenenfalls als übertarifliche Vergütung, gezahlt werden. Diese Bedeutung kann ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes ohne Hinzutreten weiterer Umstände der Angabe der Vergütungsgruppe auch deshalb nicht entnehmen, weil der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes regelmäßig keine übertarifliche Vergütung, sondern nur das gewähren will, was dem Arbeitnehmer tarifrechtlich zusteht (vgl. BAG, aaO, m.w.N.).

b) Dieser Rechtsprechung zur Auslegung der Angabe der Vergütungsgruppe in einem formularmäßigen Arbeitsvertrag im öffentlichen Dienst entspricht auch die Übergangsvorschrift zu § 22 BAT-O. Diese tarifliche Bestimmung hat folgenden Wortlaut:

„Bis zum 31. Dezember 1992 begründen fehlerhafte Eingruppierungen keinen arbeitsvertraglichen Anspruch; zuviel gezahlte Bezüge werden nicht zurückgefordert. Tarifliche Ansprüche bleiben unberührt.

…”

Mit dieser Übergangsvorschrift, die zum 31. August 1995 aufgehoben wurde, wollten die Tarifvertragsparteien dem Umstand Rechnung tragen, daß im öffentlichen Dienst in den neuen Bundesländern eine Vielzahl von Eingruppierungen vorgenommen werden mußte, über deren Grundlagen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht große Unsicherheit bestand. Deshalb wurde klargestellt, daß einerseits durch Eingruppierungen bis zum 31. Dezember 1992 keine arbeitsvertraglichen Ansprüche unabhängig von den tariflichen Bestimmungen begründet werden sollten. Den öffentlichen Arbeitgebern wurde damit die Möglichkeit eröffnet, derartige Eingruppierungen einseitig, ohne Änderungskündigung oder Änderungsvereinbarung zu korrigieren (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT-O/ATB-Ang, Stand Mai 1996, § 22 Erl. 3). Andererseits wurde zugunsten der von einer Korrektur der Vergütungsgruppe betroffenen Angestellten bestimmt, daß auf die Rückforderung zuviel gezahlter Bezüge verzichtet werde.

Die tarifliche Bestimmung betrifft damit Eingruppierungen, die in den Arbeitsverträgen in der Übergangszeit unter Anwendung der tariflichen Bestimmungen vorgenommen wurden. Nicht erfaßt werden davon Vergütungsvereinbarungen, die im Hinblick auf besondere Umstände des Einzelfalles bewußt über die tariflichen Bestimmungen hinaus getroffen wurden.

c) Umstände, die den Schluß darauf zulassen, das beklagte Land habe der Klägerin mit der Vereinbarung einer Vergütung nach VergGr. IV b BAT-O im Arbeitsvertrag eine von den anzuwendenden Eingruppierungsbestimmungen unabhängige Vergütung zusagen wollen, liegen nicht vor.

Das Landesarbeitsgericht folgert eine eigenständige Vergütungsvereinbarung aus dem Umstand, daß die Klägerin zunächst in VergGr. VII BAT-O eingruppiert war, sie dieser Eingruppierung mit Schreiben vom 9. September 1991 widersprochen hatte und das beklagte Land ihr mit Schreiben vom 14. Oktober 1991 vor Abschluß des Arbeitsvertrages am 17. Oktober 1991 mitgeteilt habe, sie werde nach eingehender Prüfung des Widerspruchs eine Vergütung nach VergGr. IV b BAT-O erhalten.

Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Mit Recht rügt das beklagte Land nämlich, das Landesarbeitsgericht habe bei seiner Auslegung dieses Schriftwechsels wesentliche Umstände außer acht gelassen.

Die Eingruppierung in VergGr. VII BAT-O erfolgte nämlich aufgrund der Annahme des beklagten Landes, die von der Klägerin auszuübenden Tätigkeit sei die einer Erzieherin. In ihrem Widerspruch wies die Klägerin jedoch darauf hin, sie solle als pädagogische Unterrichtshilfe eingesetzt werden. Nach Prüfung dieses Umstandes erfolgte dann eine Eingruppierung in VergGr. IV b BAT-O. Diese betraf damit die erstmalige Eingruppierung der Klägerin als pädagogische Unterrichtshilfe. Deshalb ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts nicht gerechtfertigt, die Vereinbarung einer Vergütung nach VergGr. IV b BAT-O sei einer Korrektur durch das beklagte Land nicht mehr zugänglich gewesen, weil sie auf einer Überprüfung des Widerspruchs der Klägerin beruht habe.

2. Soweit die Klägerin der Vereinbarung der Vergütungsgruppe im Arbeitsvertrag deshalb besondere Bedeutung beimißt, weil sich ihre Eingruppierung als Lehrkraft nicht nach §§ 22, 23 BAT-O unter Anwendung der Anlage 1 a zum BAT-O, sondern nach § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O und Nr. 3 a SR 2 1 I BAT-O richte, kann sie damit keinen Erfolg haben.

a) Die Klägerin ist als pädagogische Unterrichtshilfe Lehrkraft i.S.v. § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Juni 1991 und der Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte (SR 2 1 I BAT-O), da sie im Rahmen eines Schulbetriebes Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt. Deshalb ist für ihre Eingruppierung nach § 2 Nr. 3 Satz 1 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 die Anlage 1 a zum BAT-O nicht anzuwenden.

Die Eingruppierung erfolgt gem. § 2 Nr. 3 Satz 2 des Änderungs-TV Nr. 1 vielmehr in die Vergütungsgruppe, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher der Angestellte eingruppiert wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde. Dabei verweisen die Tarifvertragsparteien in Nr. 3 a Unterabs. 1 SR 2 1 I BAT-O auf die 2. BesÜV.

Nach § 2 Nr. 3 Satz 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 ist die Eingruppierung der angestellten Lehrkräfte „gegebenenfalls nach näherer Maßgabe von Richtlinien” vorzunehmen, während nach Nr. 3a Unterabs. 2 SR 2 1 I BAT-O die Vergütung unter Berücksichtigung der Ausbildung der Lehrkraft auf der Grundlage der 2. BesÜV arbeitsvertraglich zu regeln ist, soweit in der 2. BesÜV Ämter für entsprechende Lehrkräfte nicht ausgebracht sind.

Nach der Auslegung dieser tariflichen Bestimmungen durch den Vierten Senat, der sich der Senat angeschlossen hat (vgl. Urteile vom 13. Juni 1996 – 6 AZR 858/94 – und – 6 AZR 972/94 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmt) regeln beide tariflichen Bestimmungen im Ergebnis nichts unterschiedliches. Für die Eingruppierung ist in erster Linie die 2. BesÜV maßgebend. Ist danach eine Eingruppierung nicht möglich, weil ein Amt i.S.d. 2. BesÜV für entsprechende Lehrkräfte nicht ausgebracht ist, bedarf es einer arbeitsvertraglichen Regelung, die unter Heranziehung der entsprechenden Richtlinien zu treffen ist (BAG Urteil vom 26. April 1995 – 4 AZR 97/95 – AP Nr. 7 zu § 11 BAT-O, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Ist die ergänzende Geltung der Richtlinien bereits arbeitsvertraglich vereinbart, so ergibt sich daraus eine entsprechender arbeitsvertraglicher Vergütungsanspruch. Liegt eine solche arbeitsvertragliche Vereinbarung, wie vorliegend, nicht vor, ist der Arbeitgeber verpflichtet, eine den Richtlinien entsprechende Vergütungsvereinbarung anzubieten.

b) Für die Eingruppierung der Lehrkräfte gemäß der Verweisung der tariflichen Bestimmungen auf die beamtenrechtlichen Vorschriften und gegebenenfalls auf eine arbeitsvertragliche Vereinbarung auf der Grundlage der entsprechenden Richtlinien, ergeben sich keine Besonderheiten, die es rechtfertigen, der Angabe der Vergütungsgruppe im Arbeitsvertrag eine weitergehende Bedeutung beizumessen, als in den Fällen, in denen sich die Eingruppierung nach §§ 22, 23 BAT-O unter Anwendung der Anlage 1 a zum BAT-O (sog. Tarifautomatik) ergibt.

Soweit die tariflichen Bestimmungen auf die 2. BesÜV verweisen, enthalten sie eine zwingende materielle Eingruppierungsregelung, die in den von der 2. BesÜV unmittelbar erfaßten Fällen abschließend ist (vgl. BAG Urteil vom 26. April 1995 – 4 AZR 97/95 –, aaO). Mit der Angabe der Vergütungsgruppe im Arbeitsvertrag bringt der öffentliche Arbeitgeber in gleicher Weise wie bei Anwendung der Anlage 1 a zum BAT-O auf der Grundlage der §§ 22, 23 BAT-O nur zum Ausdruck, welche Vergütungsgruppe er in Anwendung der beamtenrechtlichen Vorschriften der 2. BesÜV für zutreffend hält, ohne darüber hinaus eine arbeitsvertragliche Zusage machen zu wollen.

Ergibt sich wegen der Unvollständigkeit der für Beamte geltenden Regelung kein Amt in der 2. BesÜV, so ist die Vergütung auf der Grundlage der Richtlinien arbeitsvertraglich zu vereinbaren (vgl. BAG Urteil vom 26. April 1995 – 4 AZR 97/95 –, aaO). Damit wird in diesen Fällen zwar kein tariflicher Vergütungsanspruch begründet, es handelt sich aber gleichwohl wie bei der Eingruppierung nach §§ 22, 23 BAT-O um die Zuordnung einer Tätigkeit zu den abstrakten Tätigkeitsmerkmalen einer vom öffentlichen Arbeitgeber in Form der Richtlinien angewendeten Vergütungsordnung. Vereinbart der Arbeitgeber auf dieser Grundlage eine Vergütung im Arbeitsvertrag, so soll diese Vereinbarung nur das widerspiegeln, was bei Anwendung der Richtlinien gewährt werden soll. Deshalb ist die Annahme der Klägerin nicht gerechtfertigt, der Arbeitgeber wolle einer Lehrkraft, für die in der 2. BesÜV kein Amt ausgebracht sei, unabhängig von den Richtlinien die angegebene Vergütung gewähren.

Insoweit gilt auch der in der Übergangsvorschrift zu § 22 BAT-O zum Ausdruck gekommene Rechtsgedanke. Zwar betrifft diese tarifliche Bestimmung wegen ihres Regelungszusammenhangs mit § 22 BAT-O nur Eingruppierungen, die unter Anwendung der Anlage 1 a zum BAT-O erfolgen. Tritt jedoch an deren Stelle die tarifliche Regelung für Lehrkräfte mit einer entsprechenden Tarifautomatik, in den Fällen, in denen ein Amt in der 2. BesÜV ausgebracht ist, und ansonsten die tariflich vorgesehene Eingruppierung auf arbeitsvertraglicher Grundlage durch Anwendung der Richtlinien, so ist auch der Schluß gerechtfertigt, daß eine entsprechende Vergütungsvereinbarung im Arbeitsvertrag keinen eigenständigen, von den Ämtern der 2. BesÜV bzw. von den Richtlinien unabhängigen arbeitsvertraglichen Vergütungsanspruch begründen soll.

3. Ist damit ein arbeitsvertraglicher Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach VergGr. IV b BAT-O nicht entstanden, bedurfte es zur Korrektur der Eingruppierung mit Schreiben des beklagten Landes vom 27. Januar 1992 ab 1. März 1992 in VergGr. V b BAT keiner Änderungskündigung. Eine Änderungskündigung ist nur zur Beseitigung arbeitsvertraglicher Ansprüche erforderlich. Wird eine zu hohe Vergütung rechtsgrundlos gezahlt, so kann die Zahlung einseitig vom Arbeitgeber eingestellt werden (vgl. BAG Urteil vom 23. April 1986 – 4 AZR 90/85 – AP Nr. 118 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Urteil vom 23. August 1995 – 4 AZR 352/94 –, aaO).

Gleiches gilt für die Rückgruppierung der Klägerin von VergGr. V b BAT-O nach VergGr. V c BAT-O mit Schreiben des beklagten Landes vom 28. Oktober 1992 zum 1. Dezember 1992.

4. Die fehlende Beteiligung des Personalrats bei den Rückgruppierungen der Klägerin führt nicht dazu, daß das beklagte Land die bisherige Vergütung weiterzahlen muß.

a) Zwar steht dem Personalrat nach § 87 Nr. 6 PersVG Berlin bei der Herabgruppierung eines Angestellten ein Mitbestimmungsrecht zu. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts führt eine Verletzung des Mitbestimmungsrechtes bei Rückgruppierungen jedoch nicht dazu, daß ein Anspruch auf die bisherige Vergütung fortbesteht. Der Vergütungsanspruch richtet sich vielmehr nach den vertraglichen oder tariflichen Bestimmungen einer zutreffenden Eingruppierung (BAGE 65, 163; 71, 139 = AP Nr. 31 und 37 zu § 75 BPersVG).

Dies folgt daraus, daß das Mitbestimmungsrecht des Personalrates bei Ein-, Um-, Höher- und Rückgruppierungen, die in bezug auf eine unveränderte Tätigkeit erfolgen, nur in Form eines Mitbeurteilungsrechtes besteht. Dem Personalrat wird bei der in der Zuordnung einer Tätigkeit zu den Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungsgruppe liegenden Rechtsanwendung durch den Arbeitgeber ein Mitbeurteilungsrecht eingeräumt, um sicherzustellen, daß die oftmals schwierige Prüfung, welcher Vergütungsgruppe die Tätigkeit des Angestellten entspricht, möglichst zutreffend erfolgt. Das Mitbestimmungsrecht in Form des Mitbeurteilungsrechtes dient damit der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit und bietet dem Angestellten eine größere Gewähr für die Richtigkeit der vorgenommenen Zuordnung, als wenn sie vom Arbeitgeber allein vorgenommen wird (BAGE 65, 163, 166 = AP Nr. 31 zu § 75 BPersVG; BAG Beschluß vom 3. Mai 1994 – 1 ABR 58/93 – AP Nr. 2 zu § 99 BetrVG 1972 Eingruppierung, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).

Von dieser Funktion des Mitbestimmungsrechts sind jedoch die individualrechtlichen Rechtsfolgen zu unterscheiden. Ein nach den vertraglichen oder tariflichen Bestimmungen nicht gegebener Vergütungsanspruch kann durch eine Verletzung des Mitbestimmungsrechtes nicht begründet werden (vgl. BAGE 71, 139 = AP Nr. 37 zu § 75 BPersVG).

b) Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt dem Mitbestimmungsrecht des Personalrats keine weitergehende Bedeutung zu, weil die Rückgruppierung nicht auf der Anwendung der Anlage 1 a zum BAT-O, bezogen auf ihre Tätigkeit als pädagogische Unterrichtshilfe, sondern auf der Anwendung der LehrerRL-O beruhte.

Unter Eingruppierung ist die Zuordnung einer von dem Arbeitnehmer auszuübenden Tätigkeit zu den Tätigkeitsmerkmalen einer im Betrieb geltenden Lohn- oder Vergütungsordnung zu verstehen (ständige Rechtsprechung vgl. BAGE 65, 163, 165 = AP Nr. 31 zu § 75 BPersVG). Herabgruppierung bzw. Rückgruppierung ist damit die Zuordnung zu den Tätigkeitsmerkmalen einer niedrigeren Vergütungsgruppe, auch wenn die Tätigkeit unverändert bleibt. Diese Zuordnung als Akt der Rechtsanwendung ist auch dann gegeben, wenn eine im Betrieb bestehende Vergütungsordnung nicht auf einem Tarifvertrag beruht, sondern aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarung im Betrieb allgemein zur Anwendung kommt oder vom Arbeitgeber einseitig geschaffen wurde (vgl. BAGE 54, 147 = AP Nr. 42 zu § 99 BetrVG 1972). Auch in diesen Fällen kommt dem Mitbestimmungsrecht keine weitergehende Bedeutung als bei der Anwendung einer tariflichen Vergütungsordnung zu, die zudem nur bei beiderseitiger Tarifgebundenheit unmittelbar und zwingend gilt, ohne die Tarifbindung des Arbeitnehmers jedoch einer einzelvertraglichen Bezugnahme bedarf.

Vorliegend wendet das beklagte Land entsprechend den tariflichen Bestimmungen des § 2 Nr. 3 Satz 2 Änderungs-TV Nr. 1 bzw. Nr. 3 a Unterabs. 2 SR 2 1 I BAT-O in den Fällen, in denen sich die Eingruppierung einer Lehrkraft nicht aus der Anwendung der 2. BesÜV ergibt, die LehrerRL-O an. Diese enthalten abstrakte Tätigkeitsmerkmale, denen die von der Lehrkraft auszuübende Tätigkeit i.S. einer Rechtsanwendung zuzuordnen ist. Deshalb besteht auch hierbei ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats nur in Form eines Mitbeurteilungsrechtes mit der Folge, daß eine Verletzung des Mitbestimmungsrechtes nicht zur Begründung eines Vergütungsanspruches führen kann, der nach den LehrerRL-O nicht gegeben ist.

5. Ein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IV b BAT-O ab 1. März 1992 steht der Klägerin bei Anwendung der LehrerRL-O nicht zu.

Da für die Tätigkeit der Klägerin als pädagogische Unterrichtshilfe ein Amt in der 2. BesÜV nicht ausgebracht ist, ist die Vergütung auf der Grundlage der LehrerRL-O arbeitsvertraglich zu regeln.

Die LehrerRL-O in der ab 1. Januar 1992 beim beklagten Land geltenden Fassung sehen jedoch für pädagogische Unterrichtshilfen eine Vergütung nach VergGr. IV b BAT-O nicht vor.

6. Die Klägerin hat nach den LehrerRL-O auch ab 1. Dezember 1992 keinen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. V b BAT-O. Nach Nr. 6a LehrerRL-O haben Anspruch auf Vergütung nach VergGr. V b

„Angestellte mit erfolgreich abgeschlossener Ausbildung als Erzieher(in), Kindergärtner(in), Hortner(in), Kinderdiakon(in), Krankenschwester oder mit erfolgreich abgeschlossener entsprechender Ausbildung mit einer mindestens zweijährigen sonderpädagogischen Zusatzausbildung als pädagogische Unterrichtshilfe an Sonderschulen.”

Die Klägerin verfügt nicht über eine mindestens zweijährige sonderpädagogische Zusatzausbildung. Die Klägerin hat im Zeitraum von 1980 bis 1992 an Grund-, Aufbau-, Fort- und Weiterbildungslehrgängen für Teilaspekte des sonderpädagogischen Bereichs teilgenommen. Insoweit ist schon zweifelhaft, ob diese insgesamt als sonderpädagogische Zusatzausbildung angesehen werden können. Abgesehen davon erreichte aber der zeitliche Umfang der Unterrichtsstunden auch nicht das Maß, das mit einer mindestens zweijährigen Zusatzausbildung gefordert wird.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Peifer, Dr. Freitag, Richter Dr. Armbrüster hat Erholungsurlaub und kann deshalb nicht unterzeichnen., Dr. Peifer, Soltau, Matiaske

 

Fundstellen

Haufe-Index 440600

NZA 1997, 271

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