Leitsatz

1. Ein Arbeitnehmer, der zunächst für drei Jahre und anschließend wiederholt befristet von seinem Arbeitgeber ins Ausland entsandt worden ist, begründet dort keine regelmäßige Arbeitsstätte i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG, auch wenn er mit dem ausländischen Unternehmen für die Dauer des Entsendungszeitraums einen unbefristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen hat.

2. Wird der Arbeitnehmer bei seiner Auswärtstätigkeit von Familienangehörigen begleitet, sind Aufwendungen für Übernachtungen nur anteilig als Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG zu berücksichtigen.

 

Normenkette

§ 9 Abs. 1 Satz 1, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG

 

Sachverhalt

Der Arbeitgeber (AG) entsandte ab April 2006 an seine ausländische Tochtergesellschaft T in X seinen Arbeitnehmer K zunächst für 3 Jahre; nach Schwierigkeiten vor Ort blieb K aber letztlich bis Dezember 2011 dort und war erst dann wieder in Deutschland tätig. Im Entsendungsvertrag war vereinbart, dass K seine gesamte Arbeitskraft der AG und T zur Verfügung stelle. Neben dem Entsendungsvertrag hatte K auch mit T einen auf zwei Jahre befristeten Arbeitsvertrag geschlossen, der sodann unbefristet verlängert wurde. Das von T gezahlte ausländische Gehalt rechnete die AG auf das deutsche Gehalt an und zahlte dem Kläger sein insoweit gekürztes inländisches Gehalt. K gründete zusammen mit seiner Ehefrau und den beiden schulpflichtigen Kindern einen Wohnsitz in X. Die Kinder besuchten dort die deutsche Schule. Die Wohnung in Deutschland wurde beibehalten und während der Schulferien für 2-3 Wochen pro Jahr genutzt. Das FA berücksichtigte die Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung in X nicht. Auch die Klage blieb erfolglos (FG Düsseldorf, Urteil vom 14.1.2013, 11 K 3180/11 E, Haufe-Index 3609575, EFG 2013, 429).

 

Entscheidung

Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück. Dort sind nun sowohl die Fahrtkosten festzustellen als auch der auf K entfallende (berufliche) Wohnaufwand zu ermitteln.

 

Hinweis

Das Besprechungsurteil behandelt zu der bis 2013 geltenden Rechtslage die Frage, inwieweit eine – vorübergehende – Tätigkeit im Ausland eine regelmäßige Arbeitsstätte begründet.

1. K war angesichts der beibehaltenen Wohnung in Deutschland weiterhin unbeschränkt steuerpflichtig; mangels Doppelbesteuerungsabkommen mit X waren die im Ausland erzielten Lohneinkünfte den inländischen hinzuzurechnen, die dafür entrichtete Einkommensteuer anzurechnen. Die Tätigkeit in X war allerdings eine "Auswärtstätigkeit", nämlich außerhalb der Wohnung und der regelmäßigen Arbeitsstätte (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG), vergleichbar mit dem jüngsten Urteil zur "Kettenabordnung" (vgl. BFH, Urteil vom 24.9.2013, VI R 51/12, BFH/NV 2014, 220, BFH/PR 2014, 75). Denn der Auslandseinsatz war befristet und der Arbeitsvertrag in Deutschland ruhte nur, bestand grundsätzlich aber fort. Dies gilt trotz unbefristetem Arbeitsvertrag mit der ausländischen Tochtergesellschaft. Denn der gründet seinerseits auf der maßgeblichen Entsendungsvereinbarung. Nur unter Berücksichtigung dieser Vereinbarungen insgesamt lässt sich beurteilen, ob aus ex ante Sicht der Arbeitnehmer lediglich "vorübergehend" oder dauerhaft an den neuen Beschäftigungsort entsandt wurde. Angesichts dessen war hier K offenkundig nicht dauerhaft, sondern vielmehr nur vorübergehend in X tätig.

2. Mit der Auswärtstätigkeit waren nicht nur Ks Fahrtkosten nach Dienstreisegrundsätzen mit den tatsächlichen Kosten zu bemessen und als Werbungskosten zu berücksichtigen, sondern auch die Unterkunftskosten in X. Denn Unterkunftskosten am Ort der Auswärtstätigkeit begründen keine doppelte Haushaltsführung (BFH, Urteil vom 13.6.2012, VI R 47/11, BFH/NV 2012, 1861, BFH/PR 2012, 385). Allerdings sind auch diese Kosten nur insoweit als Werbungskosten zu berücksichtigen, soweit sie beruflich veranlasst sind; soweit sie auf die Unterbringung der Familie des K entfallen, sind sie nicht abzugsfähig. Die beruflich und privat veranlassten Anteile sind vom FG nun zu schätzen; es gelten die Grundsätze des Großen Senats des BFH zur Aufgabe des Aufteilungs- und Abzugsverbots (BFH, Beschluss vom 21.9.2009, GrS 1/06, BFH/NV 2010, 285, BFH/PR 2010, 85).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 10.4.2014 – VI R 11/13

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