Leitsatz

Kosten für eine heterologe künstliche Befruchtung mit Fremdsamen erwachsen bei Zeugungsunfähigkeit des Ehemannes krankheitsbedingt und sind daher als außergewöhnliche Belastungen abziehbar.

 

Sachverhalt

Im Streitfall war der Ehemann aufgrund einer inoperablen organisch bedingten Sterilität nicht in der Lage, auf natürlichem Weg selbst Kinder zu zeugen. Da bei diesem Befund auch eine homologe künstliche Befruchtung keinen Erfolg hatte, entschlossen sich die Eheleute, ihren Kinderwunsch durch Übertragung von Spendersamen zu verwirklichen.

Die auf das Krankheitsbild des Ehemanns abgestimmte, medizinisch indizierte Behandlungsmethode erfüllte die berufsrechtlichen Voraussetzungen der im Streitfall maßgeblichen ärztlichen Berufsordnung. Leistungen von Krankenversicherern erfolgten nicht. Die Gesamtkosten von 21.345 EUR machten die Steuerpflichtigen erfolglos als außergewöhnliche Belastungen (§ 33 EStG) geltend.

 

Entscheidung

Das FG entschied, dass nicht nur Kosten für eine homologe, sondern auch Kosten für eine heterologe künstliche Befruchtung bei vorliegender Zeugungsunfähigkeit des Ehemanns zwangsläufig erwachsen und daher nach § 33 EStG berücksichtigungsfähig sind. Denn eine inoperable Sterilität erfüllt den Krankheitsbegriff. Die nach erfolglos versuchter homologer Befruchtung durchgeführte heterologe Insemination ist als Teil einer auf das spezielle Krankheitsbild des Ehemanns abgestimmten, medizinisch indizierten und ärztlich zulässigen Heil- und Therapiemaßnahme anzusehen, die mit dem Ziel durchgeführt wird, die Krankheitsfolgen (ungewollte Kinderlosigkeit) abzumildern.

Das FG greift insoweit auf den Heilbehandlungsbegriff zurück, den der BGH[1] zur homologen künstlichen Befruchtung entwickelt hat und der bei der heterologen künstlichen Befruchtung gleichermaßen Anwendung finden müsse

 

Hinweis

Das FG hat damit gegen den BFH entschieden, der[2] die Aufwendungen einer empfängnisfähigen verheirateten Frau für die Befruchtung mit Spermien eines Dritten nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt hat. Kinderlosigkeit als solche ist nach Auffassung des BFH die persönliche und soziale Folge der Sterilität und kann daher nicht selbst als Krankheit angesehen werden.

Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung weiter entwickeln wird. Betroffene Steuerpflichtige sollte die Kosten als außergewöhnliche Belastung geltend machen und bei ablehnender Entscheidung durch die Finanzverwaltung unter Hinweis auf die Entscheidung des Niedersächsischen FG Einspruch einlegen:

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Urteil vom 05.05.2010, 9 K 231/07

[1] BGH, Urteil v. 3.3.2004, IV R ZR 25/03, NJW 2004 S. 1658
[2] BGH, Urteil v. 18.5.1999, III R 46/97, BStBl. 1999 II S. 761

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