BMF, 11.9.2002, IV A 2 - S 1910 - 194/02

Nach dem Ergebnis einer Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die Auslegung des § 20 Abs. 1 Nr. 10 EStG, soweit Betriebe gewerblicher Art (BgA) Schuldner der in der Vorschrift genannten Kapitalerträge sind, Folgendes:

 

A. Allgemeines

1

Durch das Steuersenkungsgesetz (StSenkG) vom 23.10.2000 (BStBl 2000 I S. 1428) und das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz (UntStFG) vom 20.12.2001 (BStBl 2002 I S. 35) sind in § 20 Abs. 1 Nr. 10 EStG für juristische Personen des öffentlichen Rechts neue Einkommenstatbestände eingeführt worden.

2

Nach dieser Vorschrift werden zu Kapitaleinkünften der Trägerkörperschaft qualifiziert

  • Leistungen eines nicht von der Körperschaftsteuer befreiten BgA mit eigener Rechtspersönlichkeit, z.B. Sparkassen (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a EStG) und
  • der durch Betriebsvermögensvergleich ermittelte Gewinn eines nicht von der Körperschaftsteuer befreiten BgA ohne eigene Rechtspersönlichkeit (soweit der Gewinn nicht den Rücklagen zugeführt wird) und verdeckte Gewinnausschüttungen sowie die Auflösung von Rücklagen des BgA zu Zwecken außerhalb des BgA, die Gewinne i.S. d. § 21 Abs. 3 UmwStG und die Gewinne aus Werbesendungen durch inländische öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG).

3

Diese Einkunftstatbestände führen nach § 2 Nr. 2 KStG zu einer beschränkten Steuerpflicht mit einer Kapitalertragsteuerbelastung von 10 % (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 7b und 7c EStG i.V.m. § 43a Abs. 1 Nrn. 5 und 6 EStG). Damit wird die wirtschaftliche Betätigung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts unabhängig davon, ob sie in der Form eines BgA oder einer Kapitalgesellschaft ausgeübt wird, im Ergebnis der gleichen Steuerbelastung unterworfen.

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Die Körperschaftsteuer für diese – dem Kapitalertragsteuerabzug unterliegenden – Einkünfte ist in der Regel nach § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG durch den Steuerabzug abgegolten. Die Kapitalertragsteuer von 10 % ist somit nicht anrechenbar (vgl. aber Rdnrn. 7 und 11). Die nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 7b und 7c EStG zu erhebende Kapitalertragsteuer von 10 % kann nicht nach § 44c Abs. 2 Nr. 2 EStG zur Hälfte erstattet werden. Erfüllt die Trägerkörperschaft des BgA die Voraussetzungen des § 44a Abs. 7 Satz 1 Nrn. 2 und 3 EStG, ist der Kapitalertragsteuerabzug nicht vorzunehmen.

 

B. Leistungen eines Betriebes gewerblicher Art mit eigener Rechtspersönlichkeit § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a EStG)

 

I. Persönlicher Anwendungsbereich

5

Die Leistungen (Kapitalerträge) müssen von einem nicht von der Körperschaftsteuer befreiten BgA (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 6i.V.m. § 4 KStG) stammen, der eine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt. Er muss alle Merkmale einer juristischen Person des öffentlichen Rechts erfüllen, insbesondere im vollen Umfang rechtsfähig sein. Teilrechtsfähigkeit, wie sie bei öffentlich-rechtlichen Sondervermögen oder bei Landesbetrieben bzw. Eigenbetrieben die Regel ist, reicht nicht aus.

6

Von den Regelungen erfasst werden BgA mit eigener Rechtspersönlichkeit (z.B. in der Rechtsform des Zweckverbandes oder einer nach Kommunalrecht errichteten Anstalt des öffentlichen Rechts), die der Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, Gas, Elektrizität oder Wärme (= Versorgungsbetriebe), dem öffentlichen Verkehr oder dem Hafenbetrieb dienen § 4 Abs. 3 KStG). Als weitere Beispiele kommen in Betracht: die öffentlich-rechtlich als rechtsfähige Anstalten betriebenen Sparkassen, Landesbanken und Versicherungen sowie Kreditinstitute, die nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 KStG steuerbefreit sind. Sind Teilbereiche öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute von der Körperschaftsteuer befreit (z.B. Landesbanken mit den in § 5 Abs. 1 Nr. 2 KStG genannten steuerbefreiten Förderbereichen), ist § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a EStG auf den nicht steuerbefreiten Bereich anzuwenden.

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§ 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a EStG findet auch dann Anwendung, wenn eine juristische Person aus ihrem BgA ohne eigene Rechtspersönlichkeit Leistungen an eine andere juristische Person des öffentlichen Rechts (insbesondere an deren BgA) erbringt.

Beispiel:

Ein Zweckverband, der neben der Wasserversorgung (BgA) auch der Entsorgung (Hoheitsbetrieb) dient, und Leistungen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a EStG aus dem BgA erbringt, die in den Eigenbetrieb einer Mitgliedsgemeinde des Verbandes fließen.

 

II. Sachlicher Anwendungsbereich

8

Der sachliche Anwendungsbereich des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a EStG erstreckt sich auf Leistungen, die zu Einnahmen führen, die mit Gewinnausschüttungen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG wirtschaftlich vergleichbar sind. Dazu gehören auch verdeckte Gewinnausschüttungen § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG) sowie Gewinnübertragungen, die aus steuerfreien Zuflüssen (z.B. nach § 8b Abs. 1 KStG) stammen. Nicht zu den Einnahmen gehören Leistungen des BgA, für die Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto i.S. d. § 27 KStG als verwendet gelten (§ 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a letzter Halbsatz EStG).

Beispiele:

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