Leitsatz

Der Befall einer Wohnung mit Hausschwamm stellt eine private Katastrophe dar, die eher mit einem Wohnungsbrand oder mit Wasserschäden vergleichbar ist, als mit Baumängeln. Die Auf-wendungen für die Beseitigung von Hausschwamm können daher als agB abzugsfähig sein.

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist Eigentümerin einer Wohnung im OG eines im Jahr 1900 errichteten Gebäudes, in dem von einem Sachverständigen Hausschwamm entdeckt wurde. Ein amtsärztliches Gutachten wurde vor der Sanierung nicht eingeholt. Die Klägerin machte für das Jahr 2007 die von ihr zu tragenden Kosten für die Beseitigung des Hausschwamms in Höhe von 10.491 EUR als agB geltend. Das FA erkannte die Aufwendungen nicht an und führte zur Begründung aus, dass der Schwammbefall aufgrund seiner Häufigkeit nicht als außergewöhnlich anzusehen sei. Außerdem hätte die Gesundheitsgefährdung durch ein amtsärztliches Attest nachgewiesen werden müssen. Im Klageverfahren trug die Klägerin vor, dass sie gesundheitlich geschädigt worden wäre, wenn sie den Schwamm nicht beseitigt hätte. Ein amtsärztliches Gutachten sei nicht erforderlich gewesen, weil allgemein bekannt sei, dass Hausschwamm eine akute Gesundheitsgefährdung bedeute.

 

Entscheidung

Das FG hat entschieden, dass die Aufwendungen für die Beseitigung des Hausschwamms als agB berücksichtigt werden können. Nach Auffassung des FG stellt der Befall einer Wohnung mit Hausschwamm eine private Katastrophe dar, die eher mit einem Wohnungsbrand oder mit rückgestautem Wasser vergleichbar ist, als mit herkömmlichen Baumängeln. Der Befall einer Wohnung mit Hausschwamm stellt einen besonderen Schicksalsschlag dar, der nicht von der allgemeinen Lebensführung erfasst wird. Aufgrund der von der Klägerin vorgelegten Unterlagen gibt es für das FG keine Zweifel, dass sich die Klägerin den Aufwendungen für die Schwamm-sanierung aus tatsächlichen Gründen nicht entziehen konnte. Im Streitfall sieht das FG den Nachweis der Zwangsläufigkeit durch das vorab erstellte Gutachten des spezialisierten Sachverständigen für Bautenschutz als erbracht an. Die sog. Gegenwerttheorie steht der Berücksichtigung der Aufwendungen nicht entgegen, da durch die Schadensbeseitigung ein verlorener Aufwand entsteht, und erst durch diesen Aufwand der Zustand wiederhergestellt worden ist, den das Objekt früher einmal hatte.

 

Hinweis

Die wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassene Revision wurde eingelegt und wird beim BFH unter dem Az. VI R 70/10 geführt. In vergleichbaren Fällen sollten Betroffene daher die Beseitigung von Hausschwamm in der eigen genutzten Wohnung als private Katastrophe deklarieren und als agB nach § 33 EStG geltend machen, sowie gegen den ablehnenden Bescheid des FA unter Hinweis auf das vorstehende Verfahren beim BFH Einspruch einlegen und auf das Ruhen des Verfahrens nach § 363 Abs. 2 AO verweisen.

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Urteil vom 17.08.2010, 12 K 10270/09

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