Leitsatz

1. Zum Gewerbeertrag einer Personengesellschaft gehört nach § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG auch der Gewinn eines Fiskalerben aus der Aufgabe des von einer verstorbenen natürlichen Person ererbten Mitunternehmeranteils.

2. Der durch den Wegfall eines negativen Kapitalkontos, das der ohne Abfindung ausscheidende Kommanditist nicht ausgleichen muss, entstehende Aufgabegewinn wird durch gleich hohe Verluste der verbleibenden Gesellschafter, auf die das negative Kapitalkonto des Ausgeschiedenen zu verteilen ist, betragsmäßig ausgeglichen mit der Folge, dass der Gewerbeertrag der Personengesellschaft rechnerisch unberührt bleibt.

 

Normenkette

§ 7 Satz 2 Nr. 2, § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1, § 16, § 52 Abs. 24 Sätze 3 und 4 EStG, § 45 Abs. 1 Satz 1 AO, § 738 Abs. 1 Satz 1, § 1922, § 1936 Abs. 1 Satz 1, § 1942 Abs. 2, § 2346 BGB

 

Sachverhalt

Zwei Kommanditisten einer Immobilienfonds-KG mit negativen Kapitalkonten waren vom Fiskus beerbt worden. Im Streitjahr 2010 schieden die betroffenen Bundesländer als Rechtsnachfolger der Kommanditisten aus, ohne die negativen Kapitalkonten auffüllen zu müssen. Das FA ermittelte für die Ausscheidenden Aufgabegewinne i.H.d. negativen Kapitalkonten und bezog diese bei der Festsetzung des GewSt-Messbetrags in den Gewerbeertrag ein.

Mit der Klage gegen den GewSt-Messbescheid machte die KG geltend, die Verstorbenen seien ­natürliche Personen gewesen, weshalb Aufgabegewinne in ihrer Person nicht Bestandteil des Gewerbeertrags gewesen wären. Durch Erbschaft des Fiskus dürfe sich daran nichts ändern. Das FG folgte dem nicht und wies die Klage ab (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6.9.2016, 6 K 6066/13, Haufe-Index 9876736, EFG 2016, 1896).

 

Entscheidung

Der BFH gab der Revision statt. Zwar seien die Fiskalerben Mitunternehmer geworden und ein Gewinn bei ihrem Ausscheiden infolge der Nichtauffüllung der negativen Kapitalkonten erhöhe den Gewerbeertrag der KG. Insgesamt habe sich der Gewerbeertrag durch das Ausscheiden aber nicht erhöht. Denn die negativen Kapitalkonten der Ausgeschiedenen seien von den verbleibenden Gesellschaftern übernommen worden, was für diese zu einem Verlust führe.

 

Hinweis

1. Seit dem Jahr 2002 wird der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Mitunternehmeranteils durch eine nichtnatürliche Person ­gemäß § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG der GewSt unterworfen. Weil Schuldner der GewSt die Gesellschaft ist, tragen wirtschaftlich die verbleibenden Gesellschafter die GewSt-Last. Das ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfG, Urteil vom 10.4.2018, 1 BvR 1236/11, Haufe-Index 11632832, BStBl II 2018, 303) und macht zivilrechtliche Vereinbarungen erforderlich, um die GewSt-Last wirtschaftlich auf den ausgeschiedenen Gesellschafter zu verlagern.

2. Verstirbt jemand, ohne einen Erben zu hinterlassen bzw. so überschuldet, dass alle Erben die Erbschaft ausschlagen, wird der Fiskus in Gestalt eines Bundeslandes gesetzlicher Erbe. Der Fiskus tritt dann auch an die Stelle des Verstorbenen als Gesellschafter einer Personengesellschaft, wenn dort gesellschaftsvertraglich bei Tod der Eintritt des Rechtsnachfolgers vorgesehen ist (sog. Nachfolgeklausel). Scheidet der Fiskus später aus, handelt es sich gewerbesteuerrechtlich um das Ausscheiden einer nichtnatürlichen Person. Dass diese als Rechtsnachfolger an die Stelle einer natürlichen Person getreten ist, ändert an der gewerbesteuerlichen Handhabung nichts. Auch der Fiskus ist von dieser Regelung nicht ausgenommen. Die anderen Gesellschafter tragen dann die GewSt auf den Gewinn, wenn gesellschaftsvertraglich keine Vorsorge durch Erstattungsverpflichtungen getroffen worden ist.

3. Scheidet ein Gesellschafter aus einer Personengesellschaft aus, ohne ein negatives Kapitalkonto auffüllen zu müssen, ergibt sich daraus für ihn ein Gewinn. Wer anstelle des Ausscheidenden tritt, hat das negative Kapitalkonto fortzuführen. Ist der Gesellschaftsanteil veräußert worden, hat der Erwerber (auch) in Höhe des negativen Kapitalkontos Anschaffungskosten, die in einer Ergänzungsbilanz abzubilden sind. Im Fall des schlichten Ausscheidens eines Gesellschafters ohne Abfindung wächst das anteilige Vermögen des Ausscheidenden einschließlich seines negativen Kapitalkontos den verbleibenden Gesellschaftern an. Diesen entstehen dabei keine Anschaffungskosten, sondern es ist ihnen in dieser Höhe ein Verlust zuzurechnen.

4. Einkommensteuerlich, aber nicht gewerbesteuerlich ist bei Kommanditisten § 15a EStG zu beachten. Einem negativen Kapitalkonto wird i.d.R. ein verrechenbarer Verlust nach § 15a Abs. 2 EStG gegenüberstehen, mit dem der Aufgabegewinn ausgeglichen wird. Übernimmt ein Kommanditist mit bereits negativem Kapitalkonto zusätzlich ein negatives Kapitalkonto des Ausscheidenden, ist der ihm dadurch zugerechnete Verlust i.d.R. lediglich mit künftigen Gewinnen verrechenbar.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 19.9.2019 – IV R 50/16

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