Leitsatz

1. Der BFH ist an die revisionsrechtlich nicht zu beanstandende Gesamtwürdigung des FG gebunden, wonach es sich bei der Verzinsung von Genussrechten u.a. deshalb um Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG und nicht um Kapitaleinkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG handelt, weil die Höhe der Verzinsung völlig unbestimmt ist und von einem aus Arbeitgeber und einem Vertreter der Arbeitnehmer bestehenden Partnerschaftsausschuss bestimmt wird.

2. Die falsche Bezeichnung der Änderungsvorschrift im Änderungsbescheid führt nicht zur Rechtswidrigkeit des geänderten Bescheids.

 

Normenkette

§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO

 

Sachverhalt

Der Kläger erzielte Einkünfte als Arbeitnehmer einer GmbH und Kapitaleinkünfte. Als Arbeitslohn erhielt er neben einem festen Gehalt eine Erfolgsbeteiligung.

Die GmbH räumte ihren Arbeitnehmern die Möglichkeit ein, unverbriefte Genussrechte in der Form A und B an ihrem Unternehmen zu erwerben. Diese unterschieden sich dadurch, dass das Genussrecht der Form A aus Leistungen des Mitarbeiters und einer steuerfreien Verbilligung nach § 19a EStG und das Genussrecht der Form B aus einer Mitarbeitererfolgsbeteiligung und/oder Eigenmitteln des Arbeitnehmers finanziert wurde. Zum Bezug der Genussrechte berechtigt waren grundsätzlich alle Mitarbeiter. Nach den Genussrechtsbedingungen sollte das Genussrechtskapital angemessen verzinst werden. Die Höhe der Verzinsung bestimmte ein Partnerschaftsausschuss, der sich aus einem der Arbeitnehmer, der Genussrechte besaß, einem Altgesellschafter und einem Vertreter der Geschäftsführung zusammensetzte. Die Genussrechte waren entsprechend ihrem Verhältnis zum Gesellschafterkapital auch am Verlust der Gesellschaft beteiligt, wobei sich die Verlustbeteiligung auf die Einlage beschränkte. Im Fall der Liquidation erfolgte die Rückzahlung des Genussrechtskapitals zum Nennwert, abzüglich einer etwaigen Verlustbeteiligung nach Befriedigung der übrigen Gläubiger. Eine Beleihung, Verpfändung und der Verkauf des Genussrechts waren für die gesamte Laufzeit ausgeschlossen. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses führte bei den Genussrechten der Form B automatisch zur Kündigung der Genussrechtsbeteiligung.

Der Kläger erwarb Genussrechte der Form A und der Form B. Das Genussrechtskapital wurde im Jahr 2002 verzinst und die Vergütung im Streitjahr 2003 an den Kläger ausgezahlt. Im Einkommensteuerbescheid für 2003 berücksichtigte das FA diese Einnahmen erklärungsgemäß als Einnahmen aus Kapitalvermögen. Nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung bei der GmbH erließ das FA einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 2003, in dem es die Einnahmen des Klägers aus der Verzinsung der Genussrechte als Arbeitslohn der Besteuerung zugrunde legte, sodass sich der Sparerfreibetrag nicht mehr in voller Höhe steuermindernd auswirkte. Als Rechtsgrundlage für den Änderungsbescheid gab es § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO an.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hat das FG die Klage abgewiesen (FG Köln vom 21.9.2011, 12 K 2152/09, Haufe-Index 2864726, EFG 2012, 234).

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück.

Das FG sei aufgrund einer Gesamtwürdigung der Bedingungen für den Erwerb und die Verzinsung der Genussrechte zu dem Ergebnis gelangt, dass die Einnahmen des Klägers aus den Erträgen der Genussrechte durch das Arbeitsverhältnis veranlasst gewesen seien, da eine untrennbare Beziehung zwischen dem Arbeitsverhältnis und den Genussrechten bestanden habe: Nur Arbeitnehmer der GmbH hätten die Genussrechte erwerben können, und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe bei den Genussrechten der Form B automatisch zur Kündigung der Genussrechtsbeteiligung geführt. Auch seien die Genussrechte nicht zu marktüblichen Konditionen verzinst worden, da sich ein fremder Kapitalgeber auf eine nur als "angemessen" bezeichnete und damit völlig unbestimmte Verzinsung nicht eingelassen hätte.

Diese tatsächliche Würdigung des FG sei möglich und damit für den BFH bindend (§ 118 Abs. 2 FGO).

Das FA sei auch berechtigt gewesen, den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO zulasten des Klägers zu ändern, da dem FA die Bedingungen, zu denen die Genussrechte verzinst wurden, erst nach dem Erlass des Bescheids bekannt geworden seien. Die falsche Bezeichnung der Änderungsvorschrift im Änderungsbescheid führe nicht zur Rechtswidrigkeit des geänderten Bescheids.

 

Hinweis

1. Wenn Arbeitnehmer von ihrem Unternehmen Genussrechte eingeräumt bekommen, so ist häufig unklar, ob die Zinsen aus dem Genussrecht durch das Arbeitsverhältnis veranlasst und damit als Arbeitslohn zu beurteilen sind oder ob es sich um Einnahmen aus Kapitalvermögen handelt. Die Abgrenzung ist oftmals von Einzelheiten des Sachverhalts abhängig.

2. Wenn der Arbeitnehmer sich an dem Kapital seines Arbeitgebers durch den Erwerb von Genussrechten beteiligt, kann das Genussrecht eigenständige Erwerbsgrundlage sein, sodass damit in ...

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