1 Systematische Einordnung

Bei der grenzüberschreitenden Arbeitnehmer-Überlassung verleiht ein in dem einen Staat ansässiges Unternehmen gewerbsmäßig Arbeitnehmer an ein in dem anderen Staat ansässiges Unternehmen. Für die steuerliche Behandlung der Arbeitnehmer-Überlassung ist zwischen dem Besteuerungsrecht nach DBA und dem LSt-Abzug zu unterscheiden, für die jeweils unterschiedliche Regeln gelten. Während die Arbeitnehmer-Überlassung an den Besteuerungsrechten für den Arbeitslohn der Arbeitnehmer grundsätzlich nichts ändert, bei Bestehen eines DBA also die dem Art. 15 OECD-MA entsprechende Regelung gilt, allerdings mit Sonderregelungen in einigen DBA, wirft die grenzüberschreitende Arbeitnehmer-Überlassung im LSt-Verfahren Probleme auf. Arbeitgeber i. S. d. Lohnsteuerrechts ist nämlich nur derjenige, der dem Arbeitnehmer den Lohn in eigenem Namen und für eigene Rechnung auszahlt[1], also nicht das entleihende Unternehmen. Da das verleihende Unternehmen im Staat des Entleihers regelmäßig keine Einrichtungen unterhält, ist es kein "inländischer Arbeitgeber" im Staat des entleihenden Unternehmens, muss also auch keine LSt einbehalten. Für den Fall, dass das entleihende Unternehmen in der Bundesrepublik ansässig ist, wurde daher durch § 38 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG die Pflicht zur Abführung der LSt für diese Fälle erweitert.[2]

2 Inhalt

Ist das verleihende Unternehmen in der Bundesrepublik ansässig, ist es bereits nach § 38 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG "inländischer Arbeitgeber" und zum LSt-Abzug verpflichtet, wenn ein deutsches Besteuerungsrecht besteht.

Ist das verleihende Unternehmen nicht in der Bundesrepublik ansässig, gilt eine besondere Regelung. Nach § 38 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG muss der ausl. Verleiher von Arbeitnehmern die LSt für die entliehenen Arbeitnehmer einbehalten und abführen, wenn der Arbeitnehmer entweder in der Bundesrepublik ansässig oder hier tätig ist. "Ausländischer Verleiher" ist ein Unternehmen, das gewerbsmäßig Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung im Inland überlässt, ohne "inländischer Arbeitgeber" zu sein (vgl. "Arbeitgeber (inländischer/ausländischer)"). "Gewerbsmäßig" ist eine Tätigkeit, die nicht nur gelegentlich, sondern auf Dauer zur Erzielung wirtschaftlicher Vorteile betrieben wird. Nicht maßgebend ist, ob dem Verleiher eine Erlaubnis nach dem Arbeitnehmer-Überlassungsgesetz erteilt worden ist.

Der Arbeitnehmer muss zur Arbeitsleistung bei dem entleihenden Unternehmen überlassen worden sein. Das bedeutet, dass das Direktionsrecht hinsichtlich Art, Umfang und Durchführung der Tätigkeit bei dem entleihenden Unternehmen liegt.

In diesem Fall besteht keine Pflicht zur Einbehaltung der LSt nach § 38 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG. Dafür dehnt § 38 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 die Pflicht zum LSt-Abzug auf den ausl. Verleiher aus. Diese Regelung gilt aber nur, wenn die Arbeitgeber-Eigenschaft nicht auf das entleihende Unternehmen übergegangen ist. Ob das geschehen ist, ist Tatfrage und nach den abgeschlossenen Verträgen zu beurteilen. Es gilt nationales Recht, nicht der weite Begriff des "wirtschaftlichen Arbeitgebers" nach DBA-Recht.[1]

Hat das verleihende Unternehmen im Inland LSt einzubehalten und abzuführen, unterhält es aber keine Betriebsstätte im Inland, gilt nach § 41 Abs. 2 S. 2 letzter Satzteil EStG derjenige Ort im Inland als Betriebsstätte, an dem die Arbeitsleistung ganz oder vorwiegend stattfindet. Eine besondere Aktivität des Verleihers braucht an diesem Ort nicht stattzufinden. Die LSt ist an das für diesen Ort zuständige FA abzuführen (Betriebsstätten-FA). Diese Fiktion der Betriebsstätte gilt aber nur für den LSt-Abzug. I. S. d. § 12 AO und der DBA bildet dieser Ort, wenn sich dort keine feste Einrichtung des verleihenden Unternehmens befindet, keine Betriebsstätte.

Ist die Arbeitgebereigenschaft auf das inländische entleihende Unternehmen übergegangen, ist dieses nach § 38 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG "inländischer Arbeitgeber", sodass keine Notwendigkeit der Erweiterung der LSt-Abzugspflicht nach § 38 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG besteht.

Die LSt-Abzugsverpflichtung besteht nur, wenn der Bundesrepublik nach dem anzuwendenden DBA das Besteuerungsrecht für die Tätigkeit des Arbeitnehmers im Inland zusteht.

3 Praxisfragen

Für den LSt-Abzug bei der Arbeitnehmer-Überlassung ist streng zwischen dem rechtlichen und dem wirtschaftlichen Arbeitgeberbegriff zu unterscheiden. Für die Frage, wer Arbeitgeber ist und daher den LSt-Abzug vorzunehmen hat, ist der rechtliche Arbeitgeberbegriff zugrunde zu legen. Der wirtschaftliche Arbeitgeberbegriff, der u. a. im DBA-Recht anzuwenden ist, ist insoweit nicht anzuwenden, da das einschlägige DBA den LSt-Abzug nicht behandelt und die DBA-Begriffe daher keinen Einfluss auf das LSt-Abzugsverfahren haben. Die Pflicht zum LSt-Abzug greift aber nur ein, wenn Deutschland das Besteuerungsrec...

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