1 Systematische Einordnung

Die Anzeigepflichten dienen dem Ziel, die Finanzverwaltung darüber zu informieren, dass der Stpfl. eine grenzüberschreitende Geschäftstätigkeit aufgenommen und damit im Ausland eine Stpfl. begründet hat. Der Stpfl. ist deshalb nach § 138 Abs. 2 AO dazu verpflichtet, die Aufnahme dieser Geschäftstätigkeit der Finanzverwaltung auf amtlich vorgeschriebenem Formular anzuzeigen.[1] Darüber hinaus können nach anderen Steuergesetzen besondere Anzeigepflichten bestehen, z. B. nach den §§ 18ff. GrEStG, die im Weiteren jedoch nicht behandelt werden. Ferner bleibt die Möglichkeit der Finanzverwaltung zur Erlangung ergänzender Auskünfte nach § 90 Abs. 2 AO ("Mitwirkungspflichten, erweiterte") und nach § 17 Abs. 1 AStG unberücksichtigt.[2] Hiervon unabhängig ist die Frage, inwieweit im Ausland Anzeigepflichten begründet werden und ob eine unterlassene Anzeige nach den allgemeinen Regeln des Ordnungswidrigkeitsrechts sanktioniert werden kann. Zugleich hat der Gesetzgeber in den §§ 138d ff. AO spezielle Anzeigepflichten für grenzüberschreitende Steuergestaltungen geschaffen.

[2] Zu den Meldepflichten von Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten i. S. d. KWG und von Versicherungsunternehmen s. BMF v. 26.4.2022, IV B 5 – S 0301/19/10009 :001, BStBl I 2022, 576, Rz. 2.3.2.

2 Inhalt

Anzeigepflichtig sind Stpfl., die ihren Wohnsitz[1], ihren gewöhnlichen Aufenthalt[2], den Ort ihrer Geschäftsleitung[3] oder ihren Sitz[4] im Inland unterhalten. Die Meldepflicht kann in den Fällen des § 138 Abs. 2 Nr. 2 AO auch von der ausl. Personengesellschaft oder einem Treuhänder wahrgenommen werden.[5] Die Anzeige hat beim nach den §§ 18ff. AO zuständigen FA zu erfolgen. Ist eine gesonderte Feststellung nach den §§ 179ff. AO vorzunehmen, kann die Anzeige entweder beim FA, das für die Besteuerung zuständig ist, oder bei dem FA, das den Bescheid nach den §§ 179ff. AO zu erlassen hat, erfolgen.

Die Anzeigepflichten umfassen die folgenden Fälle:

  • die Gründung oder den Erwerb von Betrieben und Betriebsstätten im Ausland,
  • die Beteiligung an ausl. Personengesellschaften oder deren Aufgabe oder Änderung und
  • den Erwerb von Beteiligungen an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse i. S. d. § 2 Nr. 1 KStG, wenn damit unmittelbar eine Beteiligung von mindestens 10 % oder mittelbar eine Beteiligung von mindestens 25 % am Kapital oder am Vermögen der Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse erreicht wird oder wenn die Summe der Anschaffungskosten aller Beteiligungen mehr als 150.000 EUR beträgt
  • die Tatsache, dass sie allein oder zusammen mit nahestehenden Personen i. S. d. § 1 Abs. 2 AStG erstmals unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss auf die gesellschaftsrechtlichen, finanziellen oder geschäftlichen Angelegenheiten einer Drittstaat-Gesellschaft ausüben können;
  • die Art der wirtschaftlichen Tätigkeit des Betriebs, der Betriebstätte, der Personengesellschaft, Körperschaft, Personenvereinigung, Vermögensmasse oder der Drittstaat-Gesellschaft.

3 Praxisfragen

Der Tatbestand der Gründung ist nach tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen zu beurteilen. Hierbei ist auf den jeweils früheren Zeitpunkt abzustellen. Spätestens mit Bestehen einer dauerhaften Verfügungsgewalt über eine ausl. feste Geschäftseinrichtung liegt eine Betriebsstätte vor. Hierbei kommt es auf die Form der Entstehung nicht an.

Das Vorliegen einer ausl. Betriebsstätte richtet sich nach § 12 AO.[1] Hierzu ist auf die Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze[2] sowie auf den Anhang zum BMF-Schreiben zur Anwendung von DBA auf Personengesellschaften[3] zu verweisen. Dort wird für ausgewählte Zweifelsfälle aufgezählt, ob nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung eine ausl. Gesellschaft als (transparent zu besteuernde) Personengesellschaft zu qualifizieren ist.

Bei ausl. Personengesellschaften sind der Erwerb, die Aufgabe und die Änderung[4] der Beteiligung anzuzeigen. Irrelevant ist die Höhe der Beteiligung an der ausl. Gesellschaft, sodass auch sehr geringe Beteiligungen hierunter fallen. Ebenfalls unbedeutend ist die Frage, ob der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der ausl. Personengesellschaft beschränkt oder unbeschränkt haftet.

In den Fällen von § 138 Abs. 2 Nr. 3 AO ist zu prüfen, ob die ausl. Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse nach ihrer rechtlichen und wirtschaftlichen Struktur einer deutschen Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse i. S. d. § 2 Nr. 1 KStG entspricht (sog. Typenvergleich). Es werden auch solche Beteiligungen berücksichtigt, die keine Mehrheit vermitteln. Eine Zusammenrechnung der jeweiligen Beteiligungsquoten ist nicht vorgesehen. Folglich muss die unmittelbare oder die mittelbare Beteiligung den jeweiligen Grenzwert erreichen. Geschieht dies nur durch Kumulation der unmittelbaren mit der mittelbaren Beteilig...

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