Leitsatz

Eine für den Anspruch auf Kindergeld schädliche Änderung der Verhältnisse i. S. des § 70 Abs. 2 EStG tritt nicht deshalb ein, weil das Kind einen 1 EUR-Job wahrnimmt, da es sich dabei nicht nur um eine Maßnahme zur Verbesserung der Eingliederungsaussichten für Arbeitslose und Arbeitssuchende, sondern auch um eine Maßnahme handeln kann, die den Berücksichtigungstatbestand für die Zahlung von Kindergeld - Warten auf einen Ausbildungsplatz - erfüllt.

 

Sachverhalt

Die Klägerin hat für ihren im Jahr 1982 geborenen Sohn im Streitjahr 2006 laufend Kindergeld erhalten, da der Sohn ohne Ausbildungs- und Arbeitsplatz war. Nach dem der Familienkasse bekannt wurde, dass der Sohn ab März 2006 einen 1 EUR-Job ausübte und nach Überzeugung der Familienkasse auch keinen Ausbildungsplatz mehr anstrebte, wurde die Kindergeldfestsetzung nach § 70 Abs. 2 EStG aufgehoben. Im Klageverfahren macht die Klägerin geltend, dass der Sohn zunächst seine deutschen Sprachkenntnisse habe verbessern müssen, um sich dann wieder erfolgreich um einen Ausbildungsplatz zu bemühen. Außerdem habe der Sohn ab März 2006 einen 1 EUR-Job abgeleistet.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des FG hat die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung zu Unrecht unter Berufung auf § 70 Abs. 2 EStG aufgehoben. Den Nachweis dafür, dass die für eine Änderung eines Kindergeldbescheids erforderlichen tatsächlichen Voraussetzungen vorliegen, hat regelmäßig die Familienkasse zu führen. Dass es sich bei dem von dem Sohn der Klägerin ausgeübten 1-EUR Job in einer Schreinerei nicht um einen Berücksichtigungstatbestand i. S. des § 32 Abs. 4 S. 1c EStG (Warten auf einen Ausbildungsplatz), sondern nur um Maßnahmen zur Verbesserung der Eingliederungsaussichten für Arbeitslose und von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitssuchende gehandelt hat, ist nach Auffassung des FG nicht ersichtlich. Die Behauptung der Familienkasse, dass diese Maßnahmen nicht für Ausbildungsstellensuchende angeboten würden, ist nämlich zweifelhaft. Wie dem am 23.11.2004 unterzeichneten Kindergeldantrag der Klägerin zu entnehmen ist, war ihrem Sohn auch schon von Oktober 2004 bis Dezember 2004 ein 1 EUR-Job zugewiesen worden. Dennoch gewährte die Familienkasse damals auch für diese Zeit Kindergeld mit dem Hinweis, dass der Sohn als "Kind ohne Ausbildungsplatz" i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 1c EStG berücksichtigt werde. Das SGB II hält ein umfassendes Instrumentarium zur Vermittlung in Arbeit oder Ausbildung zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund lässt sich nicht feststellen, dass der Sohn der Klägerin von März bis Juli 2006 nicht mehr "in Ausbildung zum Tischler" vermittelt werden sollte bzw. eine Ausbildung nicht mehr angestrebt hat.

 

Hinweis

Entscheidend ist, dass nachgewiesen werden kann, dass das Kind auch während der Ausübung eines 1 EUR-Jobs weiter eine Ausbildung anstrebt. Ist dies der Fall, führt der 1 EUR-Job nicht zur Versagung des Kindergeldes. Das Urteil des FG Rheinland Pfalz ist rechtskräftig.

 

Link zur Entscheidung

FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29.11.2007, 5 K 2580/06

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