Leitsatz

Ein Arbeitnehmer, der neben seiner Hauptwohnung eine Unterkunft am Beschäftigungsort hat, kann die Entfernungspauschale nur für die tatsächlich durchgeführten Fahrten ansetzen. Die für die Bemessung der Entfernung maßgebende Wohnung ist die Wohnung, von der die Fahrten zur Arbeitsstätte vorgenommen werden. Für fiktive Fahrten gilt die Entfernungspauschale nicht.

 

Sachverhalt

Der Kläger war Arbeitnehmer und hatte an seinem Arbeitsort ein Zimmer angemietet, von dem er werktags zur Arbeitsstätte fuhr. Seine Hauptwohnung befand sich 182 km vom Arbeitsort entfernt. In seiner Einkommensteuererklärung setzte er für 222 Tage die Entfernungspauschale für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte an, wobei er als Entfernung die Strecke zwischen der Hauptwohnung und der Arbeitsstätte, d.h. 182 km, zugrunde legte. Das Finanzamt lehnte den Ansatz dieser fiktiven Fahrten ab mit der Begründung, die Entfernungspauschale gelte nur für die tatsächlich durchgeführten Fahrten. Maßgeblich sei somit die Strecke zwischen der Unterkunft am Arbeitsort und der Arbeitsstätte. Die Frage, welche der Wohnungen den Lebensmittelpunkt bildete, sei für den Ansatz der Entfernungspauschale ohne Belang. Der gegen den Steuerbescheid erhobene Einspruch hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Das FG folgte der Auffassung des Finanzamts und lehnte den Ansatz der Entfernungspauschale für fiktive Fahrten zwischen der Arbeitsstätte und der weiter entfernt liegenden Hauptwohnung ab. Die Entfernungspauschale könne nur unter der Voraussetzung gewährt werden, dass der Arbeitnehmer tatsächlich den Weg zwischen seiner Wohnung und der Arbeitsstätte zurückgelegt hätte. Dabei sei als Entfernung stets die kürzeste Strecke maßgebend, es sei denn, der Arbeitnehmer würde regelmäßig einen nachweislich verkehrsgünstigeren längeren Weg benutzen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 EStG). Bei Arbeitnehmern, die mehrere Wohnungen hätten und von diesen Wohnungen tatsächlich zur Arbeitsstätte führen, sei grundsätzlich auf die Entfernung zwischen der dem Arbeitsort am nächsten liegenden Wohnung und der Arbeitsstätte abzustellen. Fahrten von einer weiter entfernt liegenden Wohnung könnten nur dann berücksichtigt werden, wenn es sich bei dieser Wohnung um die Hauptwohnung handelte (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 7 EStG). Der Gesetzgeber gehe folglich beim Ansatz der Entfernungspauschale stets davon aus, dass der Arbeitnehmer die jeweiligen Wege tatsächlich zurückgelegt hätte. Für fiktive Fahrten könnte daher keine Entfernungspauschale geltend gemacht werden.

 

Hinweis

Die Entscheidung des FG ist rechtskräftig. Die Entfernungspauschale setzt zwar nicht voraus, dass dem Steuerpflichtigen in derselben Höhe Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte entstanden sind, verlangt jedoch, dass der Arbeitnehmer die Wege, die der Berechnung der Entfernungspauschale zugrunde liegen, tatsächlich zurückgelegt hat. Für fiktive Wege kommt der Ansatz der Entfernungspauschale nicht in Betracht.

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Urteil vom 19.04.2005, 11 K 11705/03

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