Leitsatz

Fordert das Lagefinanzamt vom Steuerpflichtigen innerhalb der Feststellungsfrist eine Feststellungserklärung für Zwecke der Grunderwerbsteuer an, führt dies unabhängig vom Zeitpunkt der Erstattung der Anzeige nach §§ 18 und 19 GrEStG zu einer Anlaufhemmung der Feststellungsfrist.

 

Normenkette

§ 138 BewG a.F., § 153 BewG, § 1 Abs. 1 Nr. 3, § 18, § 19 GrEStG; § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 171 Abs. 10 Satz 1, § 181 AO, § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG

 

Sachverhalt

Durch einen 2005 geschlossenen Verschmelzungsvertrag wurde die Verschmelzung der I-GmbH, die Eigentümerin zahlreicher Grundstücke war, auf die Klägerin, eine GmbH, vereinbart. Die Verschmelzung wurde am 21.7.2005 für die Klägerin in das Handelsregister eingetragen. Die Klägerin zeigte den mit der Verschmelzung verbundenen Übergang der Grundstücke der I-GmbH im Jahr 2005 der Grunderwerbsteuerstelle des zuständigen FA an. Die vom FA im April 2009 angeforderte Erklärung zur Feststellung u.a. des Grundbesitzwerts gab die Klägerin im November 2009 ab. Da FA stellte den Grundbesitzwert für dieses Grundstück durch Bescheid vom 5.1.2010 auf den 21.7.2005 für Zwecke der Grunderwerbsteuer gesondert fest. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das FG folgte nicht dem Vorbringen der Klägerin, hinsichtlich des Feststellungsbescheids sei die Feststellungsfrist nicht gewahrt (FG Düsseldorf vom 3.11.2011, 11 K 1849/10 BG, Haufe-Index 2970541, EFG 2012, 908).

 

Entscheidung

Die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Der BFH hat aus den in den Praxis-Hinweisen erläuterten Gründen angenommen, dass die Feststellungsfrist beim Erlass des Feststellungsbescheids noch nicht abgelaufen war.

 

Hinweis

Soweit sich die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer nach den Grundbesitzwerten (§§ 138ff. BewG) bestimmt (vgl. § 8 Abs. 2 GrEStG), sind diese gesondert festzustellen. Die Steuerfestsetzung nach dem GrEStG ist Gegenstand eines eigenen Besteuerungsverfahrens. Dieses Nebeneinander beider Verfahren hat zur Folge, dass Feststellungsfrist und Festsetzungsfrist jeweils gesondert zu bestimmen ist. Dies gilt sowohl für die Rechtslage bis 31.12.2006 (nach Maßgabe des § 138 BewG a.F.) als auch für die Zeit ab 1.1.2007 (nach Maßgabe des § 153 BewG n.F.).

1. Für die Feststellung von Grundbesitzwerten galten bis zum 31.12.2006 sinngemäß die Vorschriften der AO über die Feststellung von Einheitswerten des Grundbesitzes (§ 138 Abs. 5 Satz 3 BewG a.F.). Das FA konnte von jedermann, für dessen Besteuerung eine Bedarfsbewertung erforderlich ist, die Abgabe einer Feststellungserklärung innerhalb einer von ihm zu bestimmenden Frist verlangen (§ 138 Abs. 6 BewG a.F.). Dieses Verlangen führte gem. § 181 Abs. 3 Satz 2 AO zur Anlaufhemmung der Feststellungsfrist. Die Feststellungsfrist begann mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Erklärung eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, auf dessen Beginn die Wertfeststellung vorzunehmen ist.

2. Die Frist für die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen ist unabhängig von der Festsetzungsfrist für die Folgesteuern zu ermitteln. Die Feststellungsfrist kann später beginnen als die Festsetzungsfrist für die Grunderwerbsteuer und daher noch laufen, nachdem die reguläre Festsetzungsfrist bereits abgelaufen ist. § 171 Abs. 10 Satz 1 AO sieht für diesen Fall eine Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist für die Folgesteuern vor.

Daraus folgt, dass die durch die Anforderung der Feststellungserklärung (§ 138 Abs. 6 BewG a.F.) ausgelöste Anlaufhemmung der Feststellungsfrist nicht von dem Zeitpunkt abhängig ist, zu dem die nach §§ 18 und 19 GrEStG erforderliche Anzeige erfolgte.

4. Keine Änderung dieser Rechtslage ist dadurch eingetreten, dass sich die Befugnis des FA, die Abgabe einer Feststellungserklärung zu verlangen, nunmehr aus § 153 Abs. 1 Satz 1 BewG n.F. ergibt. Für die Feststellungsfrist gelten jetzt § 181 Abs. 1 und 5 AO entsprechend (§ 153 Abs. 5 BewG n.F.). Damit findet auch § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO Anwendung. Wenn also das FA die Abgabe einer Feststellungserklärung verlangt, beginnt die Feststellungsfrist in sinngemäßer Anwendung des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO regelmäßig mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Feststellungserklärung eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist. Für die Feststellungsfrist ist eine nach §§ 18 und 19 GrEStG bereits früher erstattete Anzeige unerheblich.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 17.4.2013 – II R 59/11

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