1 Systematische Einordnung

Bei einem Advanced Pricing Agreement (Vorabverständigungsverfahren) handelt es sich um ein Instrument des internationalen Steuerverfahrensrechts. Eine idealtypische Beschreibung erfolgt in Tz. 4.124ff. der OECD Transfer Pricing Guidelines for Multinational Enterprises and Tax Administrations samt Anhang sowie in Tz. 2.4f. der Mitteilung der Kommission der EU v. 26.2.2007[1] samt Anhang (sog. Leitlinien). Bis dato wurde die Möglichkeit von APA in zahlreichen Steuerrechtsordnungen implementiert – in Deutschland fußend auf § 178a AO und konkretisiert durch ein BMF-Schreiben.[2] Der deutsche Gesetzgeber hat hierzu inzwischen in § 89a AO umfangreiche Regelungen und insbesondere eine nationale Rechtsgrundlage für diese Verfahren geschaffen.

2 Inhalt

Ein APA ist eine Verständigung zwischen einem oder mehreren Stpfl. und einer oder mehreren Steuerverwaltungen, um i. d. R. vor Verwirklichung einer Geschäftsbeziehung zwischen verbundenen Unternehmen verschiedener Staaten eine dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechende Verrechnungspreismethode (nicht eines konkreten Verrechnungspreises) für bestimmte Geschäftsvorfälle in einem bestimmten Zeitraum zu vereinbaren. Ziel des APA ist es, Rechtssicherheit über die anzuwendende Verrechnungspreismethode zu erlangen. Ein APA kann bi- oder unilateral vereinbart werden. Der Vorteil der letzteren Lösung ist deutlich geringer, weil damit unverändert unsicher bleibt, ob der andere Staat die angewendete Verrechnungspreismethode anerkennt. Einige Staaten verzichten auf Sanktionen, wenn es trotz Vorliegens eines APA zu Verrechnungspreiskorrekturen kommt. Aus Sicht der Finanzverwaltung besteht der Vorteil darin, dass sich damit die Prüfung der Verrechnungspreise deutlich vereinfacht.

3 Praxisfragen

Es erfolgt zunächst ein (ggf. anonymes) Vorgespräch zwischen dem Stpfl. (bzw. einem Berater) und der Finanzverwaltung (sog. Prefiling), das den Inhalt und den möglichen Verfahrensgang zum Gegenstand hat. Das eigentliche Verfahren wird durch einen Antrag des Stpfl. (in Deutschland an das BZSt zu richten) eingeleitet, welcher die Verrechnungspreismethode vorschlägt und begründet, die Gültigkeitsbedingungen definiert und dem die erforderlichen Unterlagen beigefügt sind. Mit Antragstellung wird nach § 89a Abs. 2 Satz 5 AO eine Gebühr i. H. v. 30.000 EUR erhoben, in den Fällen der Verlängerung von 15.000 EUR. Unter den Voraussetzungen des Satz 7 bzw. des Satzes 8 kann eine Verringerung dieser Gebühr erfolgen. In einigen Staaten ist ein solcher Antrag unentgeltlich möglich.

Im Rahmen des Vorprüfungsverfahrens untersucht die Finanzverwaltung die formalen Anforderungen des APA-Verfahrens. Im Anschluss daran leitet sie nach pflichtgemäßem Ermessen das zwischenstaatliche Vorabverständigungsverfahren ein. Der Stpfl. hat nur dann einen Anspruch auf die Durchführung eines APA, wenn dieses nach pflichtgemäßem Ermessen geboten ist, bzw. es beginnt bei einem unilateralen APA mit den Verhandlungen mit dem Stpfl. Bei einem bilateralen APA handelt es sich um ein Verfahren auf der Grundlage von Art. 25 Abs. 1 und 2 OECD-MA nachgebildeten Regelungen in dem jeweiligen DBA. Hieran schließen sich die eigentlichen APA-Verhandlungen an. Diese werden bei unilateralen DBA zwischen der Finanzverwaltung und dem Stpfl. geführt. Bei bilateralen DBA ist der Gesprächspartner der deutschen Finanzverwaltung die ausl. Finanzbehörde, wobei sich die konkrete Zuständigkeit nach den ausl. Regelungen richtet. Sind diese Verhandlungen, an denen der Stpfl. nicht beteiligt ist, abgeschlossen, werden die Ergebnisse dem Stpfl. vorgelegt. Will er die verhandelten Ergebnisse für sich nutzen können, muss er den Rechtsmittelverzicht gem. § 354 Abs. 1a AO erklären. I. d. R. wird der Stpfl. keine Möglichkeit haben, das verhandelte Ergebnis abzulehnen. Schließlich besteht für die beteiligten Finanzbehörden kein Verwertungsverbot der im Rahmen des APA-Prozesses erlangten Informationen und der gefundenen Ergebnisse. Dies gilt auch, wenn das Verfahren nicht zu einer Verständigung zwischen den Finanzverwaltungen führt.

Tritt das APA in Kraft, bindet es die beteiligten Finanzverwaltungen. Der Antragsteller ist nicht verpflichtet, den im APA dargestellten Sachverhalt überhaupt oder in der dargestellten Weise zu verwirklichen. Damit kann u. a. veränderten (wirtschaftlichen) Rahmenbedingungen Rechnung getragen werden. Die Laufzeit des APA beginnt i. d. R. mit Beginn des Jahrs, in dem der Antrag gestellt wurde, beträgt regelmäßig 3 bis 5 Jahre und kann ggf. in einem vereinfachten Verfahren verlängert werden. Während der Laufzeit (aber auch bereits mit Antragstellung) treffen den Antragsteller Mitwirkungspflichten: Er hat über die Erfüllung der Gültigkeitsbedingungen (sog. Critical Assumptions) – also Umstände, welche die Geschäftsbeziehung maßgeblich beeinflussen – i. d. R. jährlich zu berichten. In der Praxis haben die Finanzverwaltungen auch eine rückwirkende Anwendung des APA-Ergebnisses vor dem...

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