BMF, 10.10.2002, IV A 6 - S 2145 - 35/02

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Einleitung

Die ertragsteuerliche Behandlung von Bestechungsgeldern, Schmiergeldzahlungen und ähnlichen Zuwendungen wie auch deren strafrechtliche Ahndung sind in den vergangenen Jahren mehrfach geändert worden.

Mit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 EStG i.d. Fassung des Jahressteuergesetzes 1996 vom 11.10.1995 (BGBl 1995 I S. 1250) wurde erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 1996 der Betriebsausgabenabzug eingeschränkt. Kern der Regelung war es, die Abzugsmöglichkeit bei Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung des Zuwendenden oder Empfängers oder einer Einstellung (nach § 153 ff. StPO) zu versagen.

Durch die Neufassung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 EStG im Steuerentlastungsgesetz1999/2000/2002 vom 24.3.1999 (BGBl 1999 I S. 402) greift das Abzugsverbot bereits dann ein, wenn die Zuwendung von Vorteilen eine rechtswidrige Tat darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt. Ein schuldhaftes Verhalten des Zuwendenden oder dessen Verurteilung oder eine Einstellung des gegen ihn gerichteten Verfahrens ist nicht mehr erforderlich; auch auf die Verfolgbarkeit kommt es grundsätzlich nicht an (Näheres unter Tz. 9, 12f.).

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Die Strafrechtsnormen, an die die steuerliche Regelung anknüpft, sind durch mehrere Gesetze ausgedehnt worden:

Durch das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 13.8.1997 (KorrbekG, BGBl 1997 I S. 2038), in Kraft getreten am 20.8.1997, wurden die Straftatbestände ausgeweitet und die Sanktionen verschärft.

Durch das EU-Bestechungsgesetz vom 10.8.1998 (EUBestG, BGBl 1998 II S. 2340), in Kraft getreten am 22.9.1998, wurden Amtsträger aus EU-Mitgliedstaaten und Gemeinschaftsbeamte bei Bestechungshandlungen den inländischen Amtsträgern gleichgestellt.

Durch das Gesetz zur Bekämpfung internationaler Bestechung vom 10.9.1998 (IntBestG, BGBl 1998 II S. 2327), in Kraft getreten am 15.2.1999, wurden über das EUBestG hinausgehend auch Zuwendungen an Amtsträger (einschl. Parlamentarier) anderer Staaten und internationaler Organisationen im Zusammenhang mit dem internationalen Geschäftsverkehr erfasst.

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die Abziehbarkeit der Zuwendung von Vorteilen nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 und § 9 Abs. 5 EStG i.d. Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24.3.1999 (BGBl 1999 I S. 402) Folgendes:

 

I. Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 EStG

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Die Regelung gilt unmittelbar für die Gewinneinkunftsarten § 2 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 EStG) und nach § 9 Abs. 5 EStG sinngemäß für die Überschusseinkunftsarten § 2 Abs. 1 Nrn. 4 bis 7 EStG). Die Regelung gilt auch für juristische Personen, die ihren Gewinn nach den Vorschriften des EStG zu ermitteln haben § 8 Abs. 1 KStG i.V. mit § 4 ff. EStG).

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Die Regelung findet nur Anwendung, wenn es sich bei den Aufwendungen um Betriebsausgaben oder Werbungskosten handelt. Sind die Aufwendungen auch privat mitveranlasst, fallen sie unter das Aufteilungs- und Abzugsverbot nach § 12 EStG; bei gesellschaftsrechtlicher Veranlassung handelt es sich um verdeckte Gewinnausschüttungen.

 

II. Abzugsverbot § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 Satz 1 EStG)

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Das Abzugsverbot gilt für die Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen, wenn die Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt. Das Abzugsverbot betrifft nach allgemeinem Sprachgebrauch die Zahlung von Schmier- und Bestechungsgeldern sowie die damit verbundenen Kosten.

 

1. Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen

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Ein Vorteil im Sinne der entsprechenden Straf- oder Bußgeldvorschriften ist jede Leistung des Zuwendenden, auf die der Empfänger keinen rechtlich begründeten Anspruch hat und die ihn materiell oder immateriell in seiner wirtschaftlichen, persönlichen oder rechtlichen Situation objektiv besser stellt.

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Eine Zuwendung von Vorteilen im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 Satz 1 EStG liegt jedoch nur vor, wenn der Steuerpflichtige eine Betriebsausgabe (Geld- oder Sachzuwendung) getätigt hat. Dies ist nicht der Fall, wenn der Steuerpflichtige nichts aufgewendet hat (z.B. bei entgangenen Einnahmen für die Erbringung unentgeltlicher Dienstleistungen, für die Hingabe eines verbilligten oder zinslosen Darlehens, für die Gewährung von Rabatten). Unerheblich ist, ob der Empfänger bereichert ist.

Es muss sich um Vorteilszuwendungen des Steuerpflichtigen oder um solche, die ihm zuzurechnen sind, handeln. Dabei kommt es auf das Verhalten des Unternehmers oder der Mitunternehmer (Gesellschafter) oder der vertretungsberechtigten Personen oder Organe an (Vorstand, Geschäftsführer, Prokuristen, Handlungsbevollmächtigte; vgl. i.e. § 30 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 OWiG).

Haben Mitarbeiter eines Unternehmens gehandelt, ist auf die rechtswidrige Handlung des Unternehmers, eines Mitunternehmers, der vertretungsber...

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