Leitsatz

Kein häusliches Arbeitszimmer i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG ist ein büromäßig eingerichteter Arbeitsbereich, der durch einen Raumteiler vom Wohnbereich abgetrennt ist (Anknüpfung an den Beschluss des Großen Senats des BFH vom 27.7.2015, GrS 1/14, BFHE 251, 408, BStBl II 2016, 265).

 

Normenkette

§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b, Abs. 4 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger erzielte in den Streitjahren Einkünfte als selbstständiger Architekt. Er übte seine Tätigkeit ausschließlich in seiner Wohnung aus. Das FA ­berücksichtigte als Betriebsausgaben die Mietaufwendungen für die als Büro und Archivraum genutzten Kellerräume. Die Aufwendungen für den im ­Ob­ergeschoss liegenden gemischt genutzten Raum und der anteilig auf Flächen in Küche, Diele und Bad entfallenden Aufwendungen ließ es dagegen nicht zum Abzug zu. Bei dem gemischt genutzten Raum handelte es sich um einen sowohl zu Wohnzwecken als auch als Büro genutzten Raum. Die als Büro genutzte Fläche war durch ein Sideboard vom Wohnzimmerteil abgetrennt. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg (FG Düsseldorf, Urteil vom 1.2.2012, 7 K 87/11 E, Haufe-Index 3253222, EFG 2012, 1830).

 

Entscheidung

Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen. Weder waren die Aufwendungen für Küche, Bad und Flur noch für die Arbeitsecke anteilig abziehbar.

 

Hinweis

1. Die Entscheidung reiht sich ein in die Folgeentscheidungen zum Grundsatzbeschluss des Großen Senats des BFH zur Berücksichtigung von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer (BFH/NV 2016, 447, BFHE 251, 408, BStBl II 2016, 265).

2. Wie der BFH bereits in seinem Urteil vom 17.2.2016 (X R 26/13, BFH/NV 2016, 1205, BFH/PR 2016, 265) entschieden hat, sind Aufwendungen für Nebenräume wie Küche, Bad und Flur der Wohnung nicht als Betriebsausgaben zu berücksichtigen, wenn sie nicht in nennenswertem Umfang betrieblich genutzt werden. Davon ist auszugehen, wenn in der Wohnung weder in größerem Umfang Kunden empfangen noch Angestellte beschäftigt werden, die Küche und Bad mitbenutzen könnten.

3. Zum Leidwesen der Steuerpflichtigen hat der Große Senat in seiner Entscheidung klargestellt, dass Aufwendungen für eine Arbeitsecke steuerlich nicht abziehbar sind. Der VIII. Senat ist diesem obiter dictum des Großen Senats in der Besprechungsentscheidung gefolgt. Denn die nahezu ausschließliche betriebliche Nutzung lässt sich bei einem – zwar durch einen Raumteiler – abgetrennten Arbeitsbereich in einem auch zu privaten Wohnzwecken genutzten Zimmer nicht objektiv feststellen. Nur ein durch Wände und Türen abgeschlossener Raum ist ein häusliches Arbeitszimmer i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG. Ein solcher Raum ist die kleinste Einheit, über die sich eine nachprüfbare Aussage für die nahezu ausschließlich berufliche Nutzung treffen lässt.

4. Der BFH hat der Aufteilung der Aufwendungen für gemischte Räume somit eine Absage erteilt. Eine solche ist sowohl bei einer zeitlichen als auch bei einer räumlichen gemischten Nutzung eines häuslichen (Arbeits-)zimmers ausgeschlossen. Eine gemischte Nutzung eines Arbeitsraums führt folglich zu einem vollumfänglichen Ausschluss des Betriebsausgaben- bzw. Werbungskostenabzugs.

5. In der Besprechungsentscheidung hat sich der BFH ausführlich mit der Verfassungsmäßigkeit des Abzugsverbots auseinandergesetzt. Das objek­tive Nettoprinzip gebietet nicht, dass sog. gemischte Aufwendungen steuerlich zu berücksichtigen sind. Diese fallen unter das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG. Verfassungsrechtlich zu berücksichtigen ist dabei auch, dass eine effektive Kontrolle der tatsächlichen Nutzung häuslicher Arbeitszimmer wegen des engen Zusammenhangs zur Sphäre der privaten Lebensführung und des Schutzes durch Art. 13 des Grundgesetzes wesentlich eingeschränkt oder gar unmöglich ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 22.3.2016 – VIII R 10/12

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