Leitsatz

1. Ein Verzicht des Gesellschafters auf ein Gesellschafterdarlehen gegen Besserungsschein kann für Schuldzinsen, die auf ein Refinanzierungsdarlehen gezahlt werden, bis zum Eintritt des Besserungsfalls zu einem Wechsel des Veranlassungszusammenhangs der Aufwendungen hin zu den Beteiligungserträgen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG führen. Ein Wechsel des Veranlassungszusammenhangs tritt insbesondere ein, wenn der Gesellschafter durch den Verzicht auf Zins- und Tilgungsansprüche aus dem Gesellschafterdarlehen die Eigenkapitalbildung und Ertragskraft der Gesellschaft stärken will.

2. Das Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 Satz 1 2. Halbsatz EStG kommt für Aufwendungen, die im Zusammenhang mit Kapitalerträgen aus einem Gesellschafterdarlehen (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG) stehen, gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b Satz 1, § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 EStG grundsätzlich auch dann nicht zur Anwendung, wenn die geschuldeten Kapitalerträge von der Gesellschaft nicht gezahlt werden.

 

Normenkette

§ 20 Abs. 1 Nrn. 1 und 7, Abs. 9, § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b Satz 1 und Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG

 

Sachverhalt

Streitig war im vorliegenden Fall die steuerliche Berücksichtigung von Schuldzinsen für verschiedene Darlehen, die von den Klägern im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung an einer GmbH aufgenommen worden waren. Der Kläger war zu 66 % und die Klägerin zu 8 % an der GmbH beteiligt. Ein Darlehen diente der Finanzierung des Erwerbs des Gesellschaftsanteils. Mit weiteren Darlehen finanzierten die Kläger Gesellschafterdarlehen an die GmbH, auf die sie später ge­gen Besserungsabrede teilweise verzichteten. Die Wirkung des Verzichts sollte jeweils entfallen, wenn die Befriedigung der Kläger ohne Gefährdung anderer Gläubiger möglich gewesen wäre oder die Eigenkapitalquote der GmbH 20 % erreicht hätte. In den Streitjahren waren diese Bedingungen nicht erfüllt. Zudem waren den Klägern im Zusammenhang mit den Kapitaleinkünften Steuerberatungs- und Finanzierungskosten sowie Aufwendungen für Fachliteratur und Bankgebühren entstanden. Das FA versagte den Schuldzinsenabzug für die Darlehen, auf die die Kläger gegen Besserungsabrede verzichtet hatten und den Werbungskostenabzug für die weiteren Aufwendungen. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg (FG Düsseldorf, Urteil vom 24.5.2016, 13 K 3369/14 E, Haufe-­Index 9837694, EFG 2016, 1781).

 

Entscheidung

Der BFH hat der Revision der Kläger stattgegeben, das FG-Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Grund hierfür war, dass das FG keine hinreichenden Feststellungen zu dem Veran­lassungszusammenhang der Schuldzinsen und der sonstigen Aufwendungen getroffen hatte.

 

Hinweis

1. Nach § 20 Abs. 9 EStG ist der Abzug von Werbungskosten und damit auch der Schuldzinsen für Refi­nanzierungskosten von Gesellschafterdarlehen ausgeschlossen und lediglich der Sparer-Pauschbetrag i.H.v. 801 EUR zu gewähren. Dieses Werbungskostenabzugsverbot kann jedoch bei einer Gesellschafterfremdfinanzierung nach § 32d EStG unter bestimmten Voraussetzungen entfallen.

2. So ist das Werbungskostenabzugsverbot nach § 32d Abs. 2 Nr. 1b) Satz 2 EStG kraft Gesetzes ausgeschlossen, wenn eine Kapitalgesellschaft Zinsen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG (Zinsen) aufgrund eines Gesellschafterdarlehens an einen zumindest zu 10 % beteiligten Anteilseigner zahlt. Dies gilt nach der Rechtsprechung des BFH unabhängig davon, ob vom Gesellschafter aus dem Gesellschafterdarlehen tatsächlich Kapitalerträge erzielt werden. Als Werbungskosten unbeschränkt abziehbar sind in diesem Zusammenhang auch Steuerberatungskosten, Fachliteratur und Bankgebühren, wenn sie mit den Kapitalerträgen in Zusammenhang stehen.

3. Bei einem Verzicht des Gesellschafters auf das Gesellschafterdarlehen gegen Besserungsabrede, ändern sich der Veranlassungszusammenhang und damit auch die Bedingungen für die Abziehbarkeit der ­Werbungskosten. Es besteht nun kein wirtschaftlicher ­Zusammenhang mehr zu künftigen oder ehemaligen Kapitalerträgen (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG) aus dem Gesellschafterdarlehen, sondern zu Beteiligungserträgen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Dies hat zur Folge, dass der Ausschluss des Werbungskostenabzugsverbots nur noch unter den Voraussetzungen des § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG möglich ist. Dies setzt einen Antrag auf Anwendung des Teileinkünfteverfahrens voraus. Hierfür erforderlich ist, dass der Gesellschafter an der Gesellschaft zu mindestens 25 % oder zu 1 % beteiligt ist und durch seine berufliche Tätigkeit maßgeblichen unternehmerischen Einfluss ausüben kann.

4. Wird die Anschaffung des Gesellschaftsanteils fremdfinanziert, so setzt der Schuldzinsenabzug auch insoweit einen Antrag nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG auf Anwendung des Teileinkünfteverfahrens voraus. Die Schuldzinsen stehen in diesem Fall in unmittelbarem Zusammenhang zu Kapitaleinkünften nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, die der Besteuerung nach § 32d Abs. 1 EStG unterliegen. Erforderlich für den Wegfall des Werbungskostenabzugsverbots nach § 20 Abs. 9 EStG ist somit ei...

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