Leitsatz

Ein zwar kurzfristig kündbares, jedoch auf eine längere Laufzeit angelegtes, unverzinsliches Darlehen ist abzuzinsen, wenn die Restlaufzeit des Darlehens zum Bilanzstichtag weder bestimmt noch auch nur annähernd bestimmbar ist.

 

Sachverhalt

Die Steuerpflichtige erwarb sie im Rahmen einer Kapitalerhöhung Inhaberaktien an einer AG in Höhe von insgesamt 750.000 Euro und nahm hierzu bei ihrem Alleingesellschafter Darlehen in Höhe von 750.000 Euro auf. Eine Laufzeit dieser Darlehen war nicht ausdrücklich vereinbart; die Darlehen waren jedoch jederzeit mit einer Frist von 30 Tagen kündbar. Der Darlehensvertrag sah vor, dass die Darlehensforderungen ab dem Tage des Geldeingangs bis zur Rückzahlung mit 3 % p.a. „aus den erhaltenen Dividenden zu verzinsen seien; die Verzinsung falle jedoch nur an, wenn die AG auch Dividenden zahle. Eine garantierte Mindestverzinsung sei ausgeschlossen, ebenso die Kumulation der in einem Jahr nicht gezahlten Zinsen. Die Aktien wurden weder weiter veräußert noch kam es zur Zahlung von Dividenden. Vor dem Bilanzstichtag 31.12.2010 vereinbarten die Parteien eine Verzinsung des Darlehens, die jedoch erst zum 1.1.2011 einsetzte. Während die Steuerpflichtige das Darlehen mit dem Nominalbetrag als Verbindlichkeit passivierte, zinste das Finanzamt den Darlehensbetrag nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG ab. Der eingelegte Einspruch blieb erfolglos.

 

Entscheidung

Auch das Finanzgericht war der Meinung, dass der Darlehensbetrag nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG abzuzinsen war und wies die eingelegte Klage als unbegründet zurück. Eine Abzinsung hat gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG nur dann zu unterbleiben, wenn die Verbindlichkeit am Bilanzstichtag eine (Rest-) Laufzeit von weniger als 12 Monaten besitzt oder wenn die Verbindlichkeit verzinslich ist oder wenn sie auf einer Anzahlung oder Vorausleistung beruht. Alle drei Voraussetzungen waren im Streitfall nicht erfüllt. Auch wenn das Darlehen bei seiner ursprünglichen Begebung von den Vertragspartnern als kurzfristig angesehen worden sein sollte, da es der Finanzierung der Anschaffungskosten von Aktien dienen sollte und die Steuerpflichtige eine Weiterveräußerung der Aktien nebst anschließender Darlehenstilgung kurzfristig geplant hatte, war dies nicht eingetreten, so dass nach den Verhältnissen zum Bilanzstichtag nicht von einem kurzfristigen Darlehen auszugehen war.

Auch war das Darlehen zum Bilanzstichtag 31. Dezember 2010 nicht verzinslich, denn ursprünglich stand die Verzinsung unter der aufschiebenden Bedingung einer Dividendenzahlung durch die AG. Diese Bedingung war zum Bilanzstichtag nicht eingetreten.

Auch eine im Streitfall im Nachhinein vor dem Bilanzstichtag wirksam getroffene Verzinsungsvereinbarung änderte nichts an dem Abzinsungsgebot, da die (unbedingte) Verzinslichkeit des Darlehens erst nach dem Bilanzstichtag eingesetzt hatte.

 

Hinweis

Der Kläger hat zwischenzeitlich Revision bei Bundesfinanzhof eingelegt (Az beim BFH I R 23/16). Vergleichbare Fälle sollten entsprechend offen gehalten werden.

 

Link zur Entscheidung

FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10.02.2016, 11 K 12058/13

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