Leitsatz

1. Die Verschmelzung zweier Kapitalgesellschaften kann zu einem steuerfreien Auflösungsgewinn i.S. des § 8b Abs. 2 Satz 3 KStG führen, von dem 5 % als nicht abziehbare Betriebsausgaben gelten.

2. Die Verschmelzung einer Mutterkapitalgesellschaft, deren Anteilseignerin im Ausland ansässig ist, auf ihre Tochtergesellschaft (Abwärtsverschmelzung) kann nur dann ohne Aufdeckung stiller Reserven vollzogen werden, wenn die Besteuerung der stillen Reserven der Muttergesellschaft sichergestellt ist.

3. Da bei einer Abwärtsverschmelzung die zum Vermögen der Muttergesellschaft gehörende Beteiligung an der Tochtergesellschaft von der Muttergesellschaft auf deren Anteilseigner übergeht, kommt es für den Buchwertansatz in der steuerlichen Schlussbilanz der Muttergesellschaft darauf an, ob beim Anteilseigner die stillen Reserven des auf ihn übergegangenen Wirtschaftsguts "Beteiligung" weiterhin dem deutschen Besteuerungsrecht unterliegen.

4. Das Diskriminierungsverbot aus Art. 24 Abs. 4 DBA USA 1989 steht dem Ansatz nicht abziehbarer Betriebsausgaben in Höhe von 5 % des Auflösungsgewinns nicht entgegen, wenn Anteilseignerin der übertragenden Muttergesellschaft eine US-ameri­kanische Kapitalgesellschaft ist.

5. Gleiches gilt im Hinblick auf die Fusionsrichtlinie und die unionsrechtlichen Grundfreiheiten.

 

Normenkette

§ 8b Abs. 2 Satz 3 KStG, § 11 Abs. 1, Abs. 2 UmwStG 2006, Art. 24 Abs. 4 DBA USA 1989

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine luxemburgische Kapitalgesellschaft in der Rechtsform der S.á.r.l. Ihre Anteile wurden zunächst vollständig von der A GmbH ("Mutter") mit Sitz im Inland gehalten. Die "Mutter" wurde nach Maßgabe eines im August 2009 beurkundeten Verschmelzungsplans auf die Klägerin ("Tochter") verschmolzen. Mit Eintragung in das Register am Sitz der Klägerin in Luxemburg im September 2009 wurde die grenzüberschreitende Verschmelzung wirksam. Auf eine Kapitalerhöhung bei der übernehmenden Klägerin wurde im notariellen Verschmelzungsvertrag unwiderruflich verzichtet. Mit Wirksamwerden der Verschmelzung ging das Vermögen der "Mutter" im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Klägerin über. Die von der "Mutter" gehaltenen Anteile an der Klägerin wurden an die in den USA ansässige A Corporation, die bisher sämtliche Anteile an der "Mutter" hielt, ausgekehrt.

Die Verschmelzung erfolgte mit steuerrechtlicher Rückwirkung. Steuerlicher Übertragungsstichtag war der 31.7.2009, 24:00 Uhr. In der steuerlichen Schlussbilanz der "Mutter" zum 31.7.2009 wurden sämtliche Aktiva und Passiva mit dem Buchwert angesetzt. Die Anteile an der Klägerin wurden ebenfalls mit ihrem Buchwert angesetzt und zu diesem Wert erfolgsneutral ausgebucht. Der gemeine Wert dieser Anteile an der Klägerin betrug zu diesem Zeitpunkt ... EUR.

Das FA ging davon aus, dass die Anteile an der Klägerin in der steuerlichen Schlussbilanz der "Mutter" mit dem gemeinen Wert hätten angesetzt werden müssen. Dies sei zur Wahrung des inländischen Besteuerungsrechts erforderlich. Der Ansatz des gemeinen Werts der Anteile führte zu einem Gewinn, den das FA zwar nach § 8b Abs. 2 KStG außer Ansatz ließ. Jedoch wurden gemäß § 8b Abs. 3 KStG 5 % des Gewinns als nicht abziehbare Betriebsausgaben angesetzt. Das zu versteuernde Einkommen der "Mutter" erhöhte sich.

Das FG gab der Klage statt (FG Düsseldorf, Urteil vom 22.4.2016, 6 K 1947/14 K,G, Haufe-Index 9460295, EFG 2016, 951).

 

Entscheidung

Der BFH hat auf die Revision des FA das Urteil des FG aufgehoben und die Klage abgewiesen.

 

Hinweis

1. Es ging um eine grenzüberschreitende Abwärtsverschmelzung: Die inländische Kapitalgesellschaft (mit einer Anteilseigner-Kapitalgesellschaft in den USA) wird ("downstream") auf ihre luxemburgische Tochter-Kapitalgesellschaft verschmolzen; dabei gehen die Anteile der "Mutter" an ihrer "Tochter" auf die US-amerikanische Gesellschafterin der "Mutter" über. Das FA setzt einen "gemeinen Wert" an und ermittelt einen inländischen Auflösungsgewinn (§ 8b Abs. 2 Satz 3 KStG) bei der (ehemaligen) "Mutter", der zwar steuerfrei ist, aber der sog. Schachtelstrafe unterfällt. Gegen diese Festsetzung klagt die (ehemalige) "Tochter" als Rechtsnachfolgerin der (ehemaligen) "Mutter".

Rechtsfrage: Wird die Anwendbarkeit des § 11 Abs. 2 Satz 2 UmwStG, der sich konkret auf den Wertansatz von Anteilen an der übernehmenden Gesellschaft ("Tochter") in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Gesellschaft ("Mutter") bezieht, durch § 11 Abs. 1 oder Abs. 2 Satz 1 UmwStG eingeschränkt oder modifiziert?

Diese Rechtsfrage (dort: inländische Abwärtsverschmelzung) ist auch Gegenstand der ebenfalls am 30.5.2018 ergangenen "NV"-Entscheidung des BFH (BFH, Urteil vom 30.5.2018, I R 35/16, Haufe-Index 12339662): "Gehören die bei einer Abwärtsverschmelzung auf die Gesellschafter der übertragenden Körperschaft übergehenden Anteile an der übernehmenden Körperschaft zu den übergehenden Wirtschaftsgütern i.S.v. § 11 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006, mit der Folge, dass im Falle von ausländischen Gesellschaftern die Anteile i...

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